Zusammenfassung
Das Etikett “Organisationales Lernen” und entsprechende Veröffentlichungen der Wirtschaftspresse aber auch der Organisationsforschung suggerieren, daß es “das” richtige bzw. effiziente Organisationale Lernen gibt. Diesem sowohl vereinfachten als auch euphemistischen Verständnis wurde in Teil IV ein umfassender konzeptioneller Bezugsrahmen Organisationalen Lernens entgegengesetzt, im Rahmen dessen auch eine differenziertere, aber zugestandenerweise unhandlichere, Betrachtungsweise der Effizienz Organisationalen Lernens i.w.S. erarbeitet wurde (siehe Abschnitt IV.3). Grundsätzlich stellt sich vor diesem konzeptionellen Hintergrund hier die Frage, ob es überhaupt zulässig und sinnvoll ist, konkrete(re) Gestaltungsoptionen zu identifizieren, die für alle Organisationen, unabhängig von ihrer Größe, Rechtsform, Strategie etc., relevant sein können.
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Literatur
Bereits in Abschnitt I1.2.3 wurde vorgeschlagen, OE-Maßnahmen und -Techniken auf der Grundlage dieses Bezugsrahmen zu analysieren und evaluieren (vgl. auch Schreyögg/Noss: 1995 ).
Es hängt also vom Beobachter (Manager, Organisationsforscher, Unternehmensberater) ab, ob die Einzigartigkeit der Lernprozesse erkannt wird (siehe Abschnitt I1.2.3 und IV. 3 ).
Vgl. Staehle (1991a: 74ff.) zur Unterscheidung von Management als Funktion und Management als Institution.
Siehe die entsprechende (konzeptionelle) Zurückhaltung bei der Konzipierung höherwertigen Lernens in Abschnitt IV.3.3. und daß diese Neuorientierung an den individuellen Fähigkeiten und Wissensgenerierungsmöglichkeiten auszurichten ist.
Damit könnte Wolffs (1982: 214) Kritik an der Organisationsforschung zumindest für ein Kon-zept Organisationalen Lernens relativiert werden: “Emotionen stellen für eine ausschließlich an Effizienz orientierte Organisationstheorie lediglich Beiwerk dar. Spontanität interessiert nur, wenn sie in ihrem kreativen Moment funktional verwertbar ist… (D)ie Theorie schweigt zu einem Bereich, der sich nicht mit ihrer gängigen Begrifflichkeit fassen und aufbereiten läßt.” (siehe ausführlicher Abschnitt IV.4.1).
Siehe ergänzend Abschnitt IV.2.2.2.1 zur abnehmenden individuellen Lernbereitschaft hinsicht-lich der Aneignung organisationsspezifischen Wissens und die zunehmende Bedeutung sog. “boundaryless careers”.
Vgl. in diesem Sinne auch Sprengers (1992) provokante und treffende Analyse des “Mythos Motivation”.
Nach Bridges (1991) werden Strategien organisationalen Wandels generell zu oft auf Personen bezogen, die die Organisation sowieso verlassen. Darüber hinaus gebe es mindestens drei Problemgruppen nach Veränderungsprozessen: (1) die Verwundeten, (2) die sich ständig Beklagenden und (3) die nicht mehr Loyalen, die Dienst nach Vorschrift machen.
Auch Peter (1993) konstatiert, daß Organisationsmitglieder auf niedrigeren Hierarchieebenen gegenüber “visionären” und organisationskulturellen Beeinflussungsversuchen relativ immun sind
Meines Erachtens sollten hier die menschlichen Fähigkeiten zum Beobachtungslernen berücksichtigt und auch genutzt werden (vgl. Bandura: 1986; Wood/Bandura: 1989 ). Gerade beim Beobachtungslernen können emotionale Schwellen in kleineren Schritten überwunden werden als beim Erfahrungslernen.
Das Organisationsmitglied bleibt also - so bedauerlich dies für einige Autoren sein mag - auch als Agent Organisationalen Lernens immer “nur” ein Mensch mit begrenzten Interaktionsfähigkeiten und begrenzten Ressourcen.
Bei der Ableitung und Erarbeitung konkreter Gestaltungsempfehlungen für individuelles Lernen in Organisation ist darüber hinaus stets zu berücksichtigen, daß der jeweilige wissenschaftliche bzw. lerntheoretische Standpunkt zu einer Betonung unterschiedlicher Lernbedingungen und Lernformen führt (vgl. Bronner: 1980: 1216; siehe auch das Zitat. von Hötte zu Beginn von Abschnitt IV.2.2). Andere generalisierte Gestaltungsempfehlungen setzen an Lernbarrieren und entsprechenden Versuchen zu deren Überwindung an (vgl. Dale: 1993: 95ff.; siehe die in Abschnitt II.2.3 herausgearbeitete konzeptionelle Relevanz von Lewins Phasenmodell).
Meist wird verallgemeinert, daß Rückkopplung umso effektiver ist, je mehr sie auf eine bestimmte (konkret definierbare) Lernsituation bezogen ist und je direkter/schneller sie nach der Handlung erfolgt (siehe grundlegend auch Abschnitt IV.1). So dokumentiert beispielsweise Zakay (1992), daß das Problem der “übertriebenen Selbstsicherheit” beim Wissenserwerb besonders gut durch die schnelle Rückkopplung von Computern und nicht durch personale Rückkopplung zu leisten ist, da sich der Lernende auf diese Weise auf den Lemprozeß konzentrieren kann. Williams/Luthans (1992) können empirisch überzeugend belegen, daß Rückkopplungen, bei denen Wahlfreiheit besteht, mit zunehmender Leistung korrelieren.
Siehe als Überblick zu den mir bekannten empirischen Untersuchungen Abschnitt IV.5 und IV.2.4.3.
Letztlich kann auch jede Optimierung, bei der Kosten, Zeit oder Ressourcenverbrauch berücksichtigt werden, auch als Balanceproblem rekonstruiert werden (siehe unten).
Sieht man von dem humanistisch-normativen Impetus Torberts (1991) ab, ist dessen Gedanke der gleichzeitigen balancierten Transformation von Individuen, Organisation, Gesellschaft und Wissenschaft durchaus überzeugend. Die gestaltungsrelevante Frage sei, “(H)ow to learn something that improves one’s own and one’s organization’s performance?”
Trotzdem dies die wohl umfassendste Bestandsaufnahme des Zusammenhangs von Fehlern und Organisationalem (?) Lernen ist, wird nur zwischen einer langfristigen und kurzfristigen Betrachtung von Fehlerfolgen, also im traditionellen Sinne zwischen Effizienz und Effektivität, unterschieden (siehe Abschnitt IV.3.1). Zu kritisieren ist vor allem, daß Sitkin die Organisation als monolithischen Block konzipiert und emergenzebenenbezogene “trade offs” nicht berücksichtigt (siehe unten). Des weiteren wird nur unzureichend herausgearbeitet, daß die “benefits of success” zumindest in kleineren organisationalen Subsystemen als notwendige Bedingung Organisationalen Lernens i.w.S. zu verstehen sind.
Nach Adler/Clark (1991: 271) sind ca. 25% der Veränderungen des Produktionsprozesses auf die Rückkopplung von Fehlern und das dadurch initiierte Lernen zurückzuführen.
Dieses Kriterium ist vor allem für das sog. Experimentieren in bzw. von Organisationen sinnvoll (vgl. für viele March/Sproull/Tamuz: 1991; Huber: 1991; Shaw/Perkins: 1992; Tushman/Nadler: 1986: 85) und scheint darüber hinaus im Kontext synthetischen Erfahrungslernens angebracht zu sein (siehe ausführlich Abschnitt IV.2.2.1.4; auch Senge: 1990a in Abschnitt I1I.2.2.1).
Eisenhardt (1990) argumentiert auf der Grundlage der Untersuchung strategischen Entscheidungsverhaltens in der Mikrocomputerindustrie in Silicon Valley, daß die Implementierung schnellerer Entscheidungen durchaus möglich ist, und daß diese schnelleren Entscheidungen als Lerngelegenheiten zu verstehen sind (vgl. ergänzend Gerpott: 1994; siehe unten die Ausführungen zu Lean Production).
Bei jeglicher Auseinandersetzung mit Lean Production ist aber erstens zu berücksichtigen, daß Repräsentanten fast jeder Organisation mittlerweile behaupten, Lean Production, Lean Management oder Lean Administration zu praktizieren, gerade zu implementieren (vor allem öffentliche Betriebe) oder schon immer praktiziert zu haben. Lean Production ist daher meines Erachtens auch als “cryptic label” (vgl. Bougon: 1992; siehe Abschnitt IV.2.3.2.I) bzw., im Sinne institutionalistischer Argumentationsmuster, als legitimierte und legitimierende Begrifflichkeit zu verstehen (vgl. Tumer/Auer: 1994; auch die umfangreiche empirische Untersuchung von Cutcher-Gershenfeld et al.: 1994).
In der angloamerikanischen Literatur würden die folgenden Ausführungen wohl als Zusammenhang von “organizational memory”, Organisationalem Lernen und “personnel turnover” thematisiert werden (vgl. Carley: 1992).
Siehe bereits das entsprechende Beispiel in Abschnitt IV.1.
Man denke beispielsweise an die Entlassung von Heinz Schimmelpfennig bei der Metallgesellschaft und die Folgen dieser Entlassung für die Termingeschäfte des US-amerikanischen Tochterunternehmens der Metallgesellschaft auf dem Ölmarkt.
Bei den von Bonora/Revang (1993: 202ff.) vorgeschlagenen Gestaltungsoptionen, die in Abschnitt I1I.2.1.3.7 bereits dargestellt wurden, wird allerdings die zentrale Bedeutung begrenzter Ressourcen nicht ausreichend berücksichtigt (vgl. auch Lawler: 1994; Sheridan: 1992).
Die Propagierung und Einführung von Expertensystemen ist wohl zu großen Teilen darauf zurückzuführen, daß auf diese Weise die Organisation gegenüber Wissensverlust durch Personalfluktuation weniger verletztlich gemacht und Abhängigkeit von Experten vermieden werden soll (vgl. Simon: 1991: 129; auch Huber: 1990; 1991). Siehe zu den begrenzten Erfolgsaussichten dieser Strategie Abschnitt IV.4.3 und IV.2.2. 2. 1.
Meines Erachtens ist hier jedoch die Einschätzung von Klein (1989) naheliegend, daß das Verhalten der verbliebenen Mitarbeiter zunächst keineswegs innovativ ist. Plakativ formuliert muß jedes der verbliebenen Organisationsmitglieder erst einmal wieder lernen zu lernen (siehe Abschnitt V.1).
Castrogiovanni/Balliga/Kidwell (1992) versuchen in diesem Sinne einen letztlich situativen Ansatz zur effizienten Entlassung und Einstellung des CEO sowie eine Art Checkliste (für “Board members”) zu entwickeln. Als Einflußfaktoren der Entlassungs-und Einstellungsentscheidung unterscheiden sie u.a. die Phase des Niedergangs, in der sich die Organisation befindet, die Qualifikation des alten und des neuen CEO etc..
In seiner simulationstauglichen, und daher zu stark modellhaft-reduzierten, Argumentation trifft March (1991) die “wirklichkeitsfremde” Annahme, daß Individuen ihr Wissen dem “code” direkt übertragen können (vgl. auch Carley: 1992; Virany/Tushman/Romanelli: 1992; siehe ausführlicher Abschnitt II1.2.1.1).
Siehe dazu das Beispiel in Abschnitt IV.1. In Abschnitt IV.2.3.2.2 würde bezüglich impliziten Gruppenwissens argumentiert, daß bereits der Verlust eines Gruppenmitglieds das implizite Gruppenwissen, insbesondere die gruppenspezifische Rollenverteilung, zerstören kann.
Vgl. auch Handy (1989), der ebenfalls eine sehr genaue Vorstellung davon hat, wie konsistente Organisationen aussehen sollten (zur Kritik vgl. Burnes: 1992: 72ff.; siehe ausführlich Abschnitt II.2.1.3.3).
Vertreter von Lebenszyklusmodellen würden hier allerdings völlig anders argumentieren (siehe die entsprechende Kritik in Abschnitt I1.2.1.2).
So führen Carmona/Perez-Casanova (1993) im Rahmen einer Fallstudie ungewolltes organisationales Vergessen auf Widersprüche zwischen Budgetierungsvorschriften und (Normen der) Gruppenarbeit zurück (siehe auch Abschnitt IV.3.2).
Vgl. Hendry/Pettigrews (1992) Argumentation, daß sich die Entwicklung zum Human Resource Management eher zwangsläufig durch die größere interne und externe Komplexität von Organisationen (und dementsprechend über Imitations-und Selektionsprozesse) ergeben hat und dementsprechend kaum auf veränderte Wertmaßstäbe der Personalpolitik zurückzuführen ist. Hier könnte von einer schrittweisen Anlagerung von Lerninhalten gesprochen werden.
Bislang beschränkt sich die Diskussion allerdings noch (zu) stark darauf, wie Diversität innerhalb der Organisation gemanaged und gezielt eingesetzt werden kann (“managing diversity”). Typische Forschungsfragen sind, ob durch die Implementation heterogener Teams oder die Berücksichtigung ethnischer Unterschiede die Effizienz der Organisation gesteigert werden kann (vgl. Kandola: 1995). Vgl. zu Flexibilisierungs-und Individualisierungskonzepten im Rahmen des Personalmanagements bzw. der Personalwirtschaft u.a. die Beiträge in Drumm (1989) und in Man (1987).
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Wiegand, M. (1996). Das Management Organisationalen Lernens i.w.S.. In: Prozesse Organisationalen Lernens. nbf neue betriebswirtschaftliche forschung, vol 174. Gabler Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89128-0_5
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