Zusammenfassung
“Einst war die Mehrung der Zahl rechtloser Bürger das Symptom der Zersetzung und des Niedergangs städtischer Freiheit, des Sieges der agrarischen Herrschaftsverbände über das urbane Genossenschaftsprinzip. Und immer wieder muß dieses Prinzip jenen Gegnern unterliegen, sobald es seinen eigenen Lebensstrom zu hemmen versucht, der stets von unten nach oben geht. Gewiß bezeichnet ursprünglich dieses ‘unten’ nur einen ziemlich engen Kreis von Personen; in seinen Anfängen trägt fast jedes selfgovernment einen exklusiven Charakter. Aber unzertrennlich mit seiner Entfaltung verbunden ist die fortschreitende Erweiterung seiner Basis, falls es nicht umstürzen soll; die allmähliche Demokratisierung seiner ursprünglich aristokratischen Gestalt ist sein immanentes Entwicklungsgesetz. Im Verlaufe dieser Evolution muß der Stadtherr der Geschlechterherrschaft, diese der Zunftbewegung weichen. Der Stillstand dieser Entwicklung bedeutet den Rückschlag in das antagonistische Prinzip agrarischer Obrigkeit, in patrimoniale Erstarrung; er bedeutet die Vernichtung der urbanen Struktur. Ihre Wiederbelebung setzt mit einem Akt energischer Demokratisierung ein, dessen Bahnbrechende Bedeutung dadurch in keiner Weise verringert wird, daß die seitdem eingetretene rapide Entfaltung des Urbanisierungsprozesses ein ebenso energisches Vorwärtsschreiten auf dieser Bahn erheischt. Wenn sich heute retardierende oder reaktionäre Bestrebungen auf das Werk Steins berufen wollen, so vergessen sie, daß dieses Werk seiner Zeit ebenso vorauseilte, wie sie hinter ihrer Zeit zurückbleiben wollen.
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Literatur
Hugo Preuß, Die Entwicklung des deutschen Städtewesens, Bd. 1, Leipzig 1906, S.375 f.
Vgl. z. B.: o. V., Heil, Die deutschen Städte und Bürger im Mittelalter, Leipzig 1912; Edith Ennen, Artikel „Stadt” (III) in: Erwin Beckerath/Carl Brinkmann u. a. (Hrsg.), Handwörterbuch für Sozialwissenschaften, Bd. 9, Tübingen/Göttingen 1956, S. 780 ff.;
Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Köln/Berlin 1964, resp. S. 923 ff;
Leonardo Benevolo, Die Geschichte der Stadt, Frankfurt/M. 1995 (7. Aufl.).
Vgl. beispielhaft Rolf-Richard Grauhan/Wolf Linder, Politik der Verstädterung, Frankfurt/Main 1974.
Sigmar Gude, Der Bedeutungswandel der Stadt als politischer Einheit, in: Rolf-Richard Grauhan (Hrsg.), Großstadtpolitik, a.a.O., S. 34.
Erich Botzenhardt/Gunther Ipsen (Hrsg.), Freiherr vom Stein, Ausgewählte politische Briefe und Denkschriften, Stuttgart 1955, S. 174 f.
Heide Wunder, Die bäuerliche Gemeinde in Deutschland, Göttingen 1986, S. 117.
Edith Ennen, Die europäische Stadt des Mittelalters, Göttingen 1972, S. 11.
Vgl. z. B. Max Weber, Die Stadt, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Nr. 4, 1921;
René König, Grundformen der Gesellschaft: Die Gemeinde, Hamburg 1958;
Hermann Korte (Hrsg.), Soziologie der Stadt, München 1972;
Hans Oswald, Die überschätzte Stadt. Ein Beitrag der Gemeindesoziologie zum Städtebau, Olten/Freiburg 1966.
Vgl. als eine der Ausnahmen: Hans-Georg Wehling (Hrsg.), Dorfpolitik, Opladen 1978.
Rolf-Richard Grauhan, Einführung: Lokale Politikforschung, in: Ders. (Hrsg.), Lokale Politikforschung, a.a.O., S. 12.
Eine der wenigen Ausnahmen z. B. Herbert Schneider, Kreispolitik im ländlichen Raum (Studies in Local Government and Politics, Bd. 20), München 1985.
Heide Wunder, Die bäuerliche Gemeinde in Deutschland, a. a. O., S. 128
Erich Botzenhardt/Gunther Ipsen (Hrsg.), Freiherr vom Stein, Ausgewählte politische Briefe und Denkschriften, a.a.O., S. 440.
Hans Boldt (Hrsg.), Reich und Länder. Texte zur deutschen Verfassungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, München 1987.
Dieter Eißel, Kommune, in: Hans-Jürgen Sandkühler (Hrsg.), Enzyklopädisches Wörterbuch zur Philosophie und Wissenschaften, 4 Bde., Hamburg 1990, Bd. H — K, S. 312.
Hans Peters, Einleitung zum Handbuch der Kommunalen Wissenschaft und Praxis, in: Ders. (Hrsg.), HdKWP, Bd. 1, Berlin u. a. 1956 (1. Aufl.), S. 6.
Vgl. z.B. Carl Böhret/Rainer Frey, Staatspolitik und Kommunalpolitik, in: Günter Püttner (Hrsg.), HdKWP, Bd. 2 (2. Auflage), Berlin u. a. 1982; bei Böh-ret/Frey ist aber eine eindeutige Verortung des politischen Beginns kommunaler Tätigkeit schwierig. Denn an anderer Stelle sprechen die Autoren von einer “ breiten Entfaltung von Kommunalpolitik und kommunalpolitischer Zielsetzung” in der Weimarer Zeit. Ebenda, S. 15.
Ebenda, S. 14.
Hiltrud Naßmacher/Karl-Heinz Naßmacher, Kommunalpolitik in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1979, S. 23.
August Krebsbach (Hrsg.), Die preußische Städteordnung von 1808, in: Neue Schriften des Deutschen Städtetages, Heft 1, Stuttgart 1957, S. 47 ff.
Vgl. hierzu z. B. Erich Becker, Entwicklung der deutschen Gemeinden und Gemeindeverbände im Hinblick auf die Gegenwart, in: Hans Peters (Hrsg.), HdKWP, a.a.O., Bd. 1, S. 77 f.
Rudolf von Gneist, Die heutige englische Kommunalverfassung und Kommunal-verwaltung oder das System des Selfgovernment, o. O., 1860.
Otto Ziebill, Politische Parteien und Kommunale Selbstverwaltung, Stuttgart u. a. 1971 (2. Auflage), S. 19;
ähnlich auch Hiltrud Naßmacher/Karl-Heinz Naßmacher, Kommunalpolitik in der Bundesrepublik Deutschland, a. a. O., S. 26.
Wilhelm v. Humboldt, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen, Stuttgart 1967 (Nachdruck der Ausgabe von 1798), S. 46.
Joachim J. Hesse/Arthur Benz, Die Modernisierung der Staatsorganisation, Baden-Baden 1990, S. 27.
Vgl. dazu auch Abschnitt 6.2 in diesem Band.
Eckart Sturm, Die Entwicklung des öffentlichen Dienstes in Deutschland, in: Carl C. Ule (Hrsg.), Die Entwicklung des öffentlichen Dienstes, Köln 1961, S.28.
Ebenda, S. 69 ff.
Otto Most (Hrsg.), Die deutsche Stadt und ihre Verwaltung, Bd. 1, Berlin/Leipzig 1912, S. 14.
Ebenda, S. 19.
Otto von Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, 2. Bd., Geschichte des deutschen Körperschaftsbegriffs, Darmstadt 1954 (Nachdruck der Ausgabe von 1873), S. 585 f.
Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, a.a.O., S. 543. 1954
Heinrich Heffter, Die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1950, S. 614.
Ebenda, S. 616.
Vgl. dazu Hans-Ulrich Wehler: Das deutsche Kaiserreich 1871 – 1918, a.a.O., insbesondere S. 72 ff.
Rudolf v. Gneist, Die nationale Rechtsidee von den Ständen und das preußische Dreiklassenwahlsystem, Darmstadt 1962 (Nachdruck der Ausg. von 1894), S. 90.
Otto v. Gierke, Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft, o.O., 1868, S. 780.
Hierzu Joachim Drogmann, Grundlagen und Anfänge sozialdemokratischer Kommunalpolitik vor und nach dem Sozialistengesetz, in: Die demokratische Gemeinde, Bd. 15, 1963, S. 998.
Adelheid von Saldern, Sozialdemokratische Kommunalpolitik in Wilhelminischer Zeit, in: Karl-Heinz Naßmacher (Hrsg.), Kommunalpolitik und Sozialdemokratie, Bonn-Bad-Godesberg 1977, S. 30;
Zur sozialen Zusammensetzung der Beamtenschaft im Kaiserreich vgl. auch ausführlich: Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, a.a.O., S. 1020 ff.
Joachim J. Hesse, Politik und Verwaltung als Gegenstand der Kommunalwissenschaften, in: Ders. (Hrsg.), Kommunalwissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., S. 129 f.
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Zielinski, H. (1997). Allgemeine Entwicklungsaspekte der kommunalpolitischen Ebene. In: Kommunale Selbstverwaltung im modernen Staat. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89092-4_2
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