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Ein neuer Sozialvertrag: Der Family Support Act (1988)

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Arbeit gegen Armut
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Zusammenfassung

Als Reagan 1984 für eine zweite Amtszeit als Präsident gewählt wurde, schien dieser Wahlerfolg den seit 1981 eingeschlagenen innen- und außenpolitischen Kurs zu bestätigen. Die inhaltlichen Vorstellungen des Präsidenten bezüglich des Abbaus bundesstaatlicher Armenprogramme hatten sich grundsätzlich nicht verändert, trotz einiger sozialpolitischer Niederlagen während seiner ersten Amtszeit. So fielen die Kürzungen im Bereich des Rentenversicherungsprogramms Social Security und des Medicare-Programms bei den Social Security Amendments of 1983 aufgrund massiver Opposition der Demokraten wesentlich moderater aus, als es den ursprünglichen Plänen der Administration zufolge vorgesehen war.1 Auch bei der New Federalism-Initiative, mit der ein wichtiges Element des Sozialhilfereformkonzeptes von Robert Carleson aus dem Jahr 1981 wieder auftauchte, mußte die Administration eine Niederlage einstecken: Reagans (1993a) Januar 1982 formuliertes Angebot an die Einzelstaaten, ihrerseits das komplette AFDC- und Food Stamps-Programm sowie weitere einschlägige Sozialprogramme in Eigenverantwortung zu übernehmen, während sich der Bund im Gegenzug zur kompletten Finanzierung und Verwaltung des kostenträchtigen Medicaid-Krankenfürsorgeprogramms verpflichten würde, stieß auf keine Begeisterung.

“My fellow citizens, our nation is poised for greatness. We must do what we know is right, and do it with all our might. Let history say of us: These were the golden years — when the American Revolution was reborn, when freedom gained new life, and America reached for her best’”.

Ronald Reagan (1993b) in seiner Rede zum Amtsantritt 1985

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Literatur

  1. Natürlich trug nicht nur die Demokratische Partei im Kongreß dazu bei, daß die Rentenreform dem OBRA -Schicksal des AFDC-Programms entging. Vielmehr stützt der Umstand, daß die Altenprogramme, wie Social Security und Medicare, im Gegensatz zu den Armenprogrammen während der Reagan-Ära weit besser fuhren, die These (Seeleib-Kaiser 1993: 34ff. und 74f.), daß das Schicksal eines bestimmten Programms stark von seiner Popularität sowie seinem Klientel und dessen Mobilisierung abhängt. Während das AFDC-Programm kein gut organisiertes und ausgedehntes Netzwerk von Nutznießern und Unterstützern kennt, trug die Existenz eines solchen im Fall der Rentenversicherungsreform von 1983 maßgeblich dazu bei, die angestrebten Kürzungen im Social Security-Programm des Programms zu verhindern, obwohl mit ihnen hätten höhere Einsparungen realisiert werden können, als mit den Kürzungen in den Programmen für Einkommensschwache (Pierson 1995a: 13).

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  2. Mit dem hier verwandten Begriff der “Revolution” ist nicht eine radikale Umwälzung gesellschaftlicher Verhältnisse gemeint, wie sie mit der Französischen oder der Oktoberrevolution in Zusammenhang gebracht wird, sondern gesellschaftliche Umbrüche innerhalb bestehender politischer und ökonomischer Verhältnisse wie sie mit dem New Deal in den USA stattfanden.

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  3. Reagan wurde 1980 zwar aufgrund des Mehrheitswahlrechts mit den Stimmen von 489 Wahlmännern gewählt — nur 49 Wahlmänner stimmten für den Amtsinhaber Jimmy Carter -, doch erhielt Reagan, gemessen an der prozentualen Stimmenverteilung, nur 50,7 Prozent aller abgegebenen Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag lediglich bei 52,6 Prozent (Seeleib-Kaiser 1993: 99).

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  4. Der Anteil der Unterstützer von “welfare” setzt sich für dieses Beispiel der vom National Opinion Research Center (NORC) durchgeführten Umfrage aus denjenigen zusammen, die auf die folgenden zwei Fragen affirmativ antworteten: “Do you think we are spending too little or about the right amount of money on welfare?” Das eigentliche Bezugsobjekt von “welfare” ist in diesem Beispiel unbekannt, da damit sowohl Armenprogramme als auch Krankenhilfen oder Altenprogramme gemeint sein können, deren Popularität bekanntermaßen stark variiert. Zumindest kann aber aus diesen Daten keine Legitimitätskrise wohlfahrtsstaatlicher Systeme geschlossen werden (Cook/Barrett 1992: 25–26).

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  5. Im Rahmen der Diskussion des Family Assistance Plan wurde bereits darauf hingewiesen, daß Meinungsumfragen zur Problematik von Armut und Sozialhilfe in der Literatur (siehe etwa Patterson 1994: 171 und Anderson 1978: 63) oft benutzt werden, um völlig unterschiedliche Annahmen zu stützen: Diese Relativität ist Umfrageergebnissen insofern immanent, als zum Beispiel eine 50prozentige Zustimmung für eine bestimmte Politik immer auch in eine 50prozentige Ablehnung uminterpretiert werden kann. So nutzt Ellwood (1988: 3) für seine Behauptung “Everbody hates welfare” dieselbe Umfrage des National Opinion Research Center von 1984 (40 Prozent sind für Kürzungen im Wohlfahrtsbereich) wie Cook und Barrett (1992: 24), die gegen Ellwood behaupten, daß von einer Legitimitätskrise wohlfahrtsstaatlicher Programme nicht die Rede sein kann (60 Prozent sind für die Bestandserhaltung oder sogar für Ausgabensteigerungen im Wohlfahrtsbereich). Für die hier vertretene Annahme, daß keine Erosion in der öffentlichen Meinung für die Unterstützung des Wohlfahrtsstaates stattgefunden hat, reicht deshalb die Längsschnittbetrachtung öffentlicher Meinung — ob nun generell für oder gegen die Sozialhilfe ausgerichtet ist dahingestellt — aus, nach der keine nachlassende Unterstützung, sondern Anfang der achtziger Jahre sogar ein verstärkter Zuspruch für Wohlfahrtsprogramme festgestellt werden kann.

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  6. Die Erhebung des General Accounting Office stützte sich auf Stichproben aus fünf Städten, wobei es sich bei Milwaukee (Wisconsin), Syracuse (New York) und Boston (Massachusetts) um Städte mit hohen Regelsätzen handelte und bei Dallas (Texas) und Memphis (Tennessee) um Städte mit den für den Süden typisch geringen Auszahlungsbeträgen.

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  7. Dabei war es ohne Bedeutung, ob die Interviewpartner eher republikanischen (Barnhart, Interview 1995, McGinity, Interview 1995) oder demokratischen (Porter, Interview 1995, Malone, Interview 1995) Arbeitszusammenhängen verpflichtet waren.

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  8. In der Regel hatten die Job-Search- und Workfare-Aktmtäten folgenden Charakter: “Typically, welfare applicants or recipients were required to look for a job — with program assistance — for two to four weeks. In a two week version, the first week might consist of three-hour-per-day group sessions designed to build self-confidence and job seeking skills; the second week might consist of two to three hours per day of supervised telephone contact with prospective employers. If not successful, program registrants might be required to work for up to three months doing unpaid work (workfare). Usually, these were entry-level jobs in public or nonprofit agencies involving maintenance, clerical, park upkeep, or human services functions. Monthly work hours equaled the welfare grant divided by the minimum wage. After this, if they were still not employed, the obligation would end or some minimal job search would periodically be imposed” (Gueron 1990: 89).

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  9. Der Bericht der Low Income Opportunity Working Group gründete sich u.a. auf zwischen Juli und September 1986 in amerikanischen Großstädten durchgeführten öffentlichen Anhörungen und auf 22 Rundtischgespräche, an denen Sozialarbeiter, Vertreter von Wohlfahrtsverbänden und ehemalige Sozialhilfeempfanger teilnahmen (Executive Office of the President 1986: 59).

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  10. Die für AFDC zuständige Abteilung des Sozialministeriums, das der Hauptabteilung der Rentenbehörde unterstehende Office of Family Assistance, wurde 1986 in eine eigene Hauptabteilung, die Family Support Administration, umgewandelt (Seeleib-Kaiser 1993: 245).

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  11. Jo Anne B. Ross (1986: 18f., 25f.) plädierte in ihrer Stellungnahme bei einer Expertenanhörung vor einem Unterausschuß des Kongresses für eine obligatorische Ausgestaltung dieser Workfare-Maßnahmen, indem sie sich auf viele Gespräche mit Workfare-Teilnehmem bezog. Diese hätten ihr gegenüber dargelegt, daß sie ohne diese Verpflichtung nicht an Workface-Programmen teilgenommen hätten und sich damit von den späteren positiven Ergebnissen ihrer Teilnahme, wie die Sicherung eines Arbeitsplatzes und die allgemeine Stärkung des Selbstwertgefühls und der Arbeitsethik, abgeschnitten hätten.

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  12. Die Arbeitsgruppe wurde von den Gouverneuren Bill Clinton, Demokrat aus Arkansas und Michael N. Castle, Republikaner aus Delaware geleitet. Die auf dem Wintertreffen der Gouverneure mit nur einer Gegenstimme angenommene Resolution stützte sich auf einen Report der Task Force of State Welfare Commissioners, womit sich die Gouverneure ihren Sozialministern und der mit kooperierenden APWA anschlossen (National Journal vom 14.3.1987: 637, Seeleib-Kaiser 1993: 240).

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  13. Dazu gehörten u.a. die Liberalen Augustus F. Hawkins (Kalifornien), Vorsitzender des Education and Labor Committee und George Miller (Kalifornien), Vorsitzender des Select Committee on Children, Youth, and Families (CQWR vom 21.3.1987: 504f., Haskins 1991: 621.) Für eine genaue Übersicht zu allen im Kongreß durchgeführten Anhörungen, die in Bezug zum späteren Family Support Act (Public Law 100–485) stehen, siehe Congressional Information Service (1988: 466–475).

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  14. Ford hatte seinen Posten an Downey, an den nachfolgend ranghöchsten Demokraten abgeben müssen, nachdem er am 24. April des Bank- und Steuerbetrugs verdächtigt worden war (CQWR vom 2.5.1987: 834).

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  15. Von den 85 Demokraten, die gegen den Änderungsantrag stimmten, kamen überproportional viele aus dem Nordosten, gehörten dem Congressional Black Caucus oder dem als sehr liberal geltenden Subcommittee on Education and Labor an. Die meisten von ihnen stimmten jedoch später für die Verabschiedung des gesamten, nun modifizierten Gesetzentwurfes H.R. 1720 (Seeleib-Kaiser 1993: 274f.).

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  16. Diese Haltung hatte Moynihan auch in Vorträgen an der Harvard-Universität dargelegt, die 1987 als Buch (Moynihan 1987c) veröffentlicht wurden. Zur Abkehr Moynihans vom Konzept der negativen Einkommensteuer siehe auch Nathan (1988: 57–60).

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  17. Siehe die Stellungnahmen von Mead, Reischauer, Nathan, Novak, Jencks, Ellwood und Garfinkel während der Senatsanhörungen in U.S. Senate (1987a,b,c).

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  18. Siehe die Stellungnahmen der Vertreter der American Public Welfare Association (APWA) Johnson (1987) und Fulton (1987) und der National Governors’ Association (NGA) Castle (1987).

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  19. Mitte Juli hatten noch sechs republikanische Mitglieder des Finanzausschusses unter Führung ihres Ranghöchsten, Bob Dole aus Kansas, in einem Brief an Moynihan dessen Kompromißbereitschaft mit den Vorschlägen der Administration angemahnt und ihre Unterstützung für Moynihans Initiative in Frage gestellt. Dennoch traten drei der sechs Unterzeichner als Ko-Sponsoren von S. 1511 auf (CQWR vom 25.7.1987: 1674).

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  20. Bentsen ließ Anzeigen schalten, in denen er darauf hinwies, daß Bush — damals Abgeordneter im Repräsentantenhaus — für FAP gestimmt habe, er selbst dieses Gesetz jedoch ablehne, da es die Kosten der Sozialhilfe und die Zahl der Empfänger drastisch steigern würde (Burke/Burke: 148).

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  21. Für die ausführliche Darstellung der vom Vermittlungsausschuß vorgenommenen Veränderungen siehe U.S. House of Representatives (1988).

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  22. Offensichtlich hatte vor allem die Wahlkampfmannschaft Bushs das größte Interesse an einer Verabschiedung des Reformgesetzes, da sie das Thema der Sozialhilfereform im Wahlkampf keinesfalls mehr auftauchen sollte: “Bush wanted this done. He did not want it to be an issue in the campaign… They did not want to have the compassion-thing hanging around. I only found out about this as recently as this year… [T]he Bush-people had signed anything! So, if I had known at that time, I guess, I had a clue a bit, then I would have pushed a lot harder!” (Downey, Interview 1995).

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  23. Murrays Einfluß auf die konkrete Sozialhilfepolitik in den achtziger Jahren wird jedoch häufig überschätzt. Die Administration folgte nicht den provokanten Gedankenspielen Murrays. Den politisch Verantwortlichen gingen Murrays Vorschläge, wie Murray in der Neuauflage seines Werkes (Murray 1994 [1984]: xv) selbst feststellt, eindeutig zu weit. Die Politikvorschläge der Administration liefen zwar auf eine Verschärfung bestehender Regelungen und eine langfristige Föderalisierung der Sozialhilfe hinaus, zielten aber nicht auf deren totalen Abbau. Die am Ende erreichte Reform verkörperte nach der Auffassung von Murray (Interview 1995) gar das genaue Gegenteil der von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen: Die Sozialhilfe wurde ausgedehnt und das Instrumentarium der Sozialhilfe ausgebaut.

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  24. Gueron trat dabei ingesamt viermal vor die Abgeordneten und Senatoren von vier verschiedenen Ausschüssen — dem Senate Finance Committee, Moynihans Subcommittee on Social Security and Family Policy, dem von Ford geführten Subcommittee on Public Assistance and Unemployment Compensation und dem Subcommittee on Labor and Education (Congressional Information Service 1988: 466–475).

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  25. Für den Einfluß von MDRC auf den politischen Entscheidungsprozeß zum FSA siehe neben den Beiträgen von Szanton (1991), Baum (1991) und Haskins (1991) auch D. King (1992).

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  26. In der Tat beziehen sich Baum und Haskins, die jeweils als Referenten von Moynihan und Brown arbeiteten, auf dieselben MDRC-Forschungsergebnisse, um die politischen Forderungen der Demokraten bzw. Republikaner in den Verhandlungen des Vermittlungsausschusses zu rechtfertigen: Haskins (1991: 627f.) bemerkt, daß die MDRC-Forschung offengelegt hätte, daß die von den Republikanern geforderten Vorgaben für einen bestimmten Prozentsatz von Teilnehmern in Workfare-Programmen ökonomisch wirkungsvoll gewesen wären, während Baum (1991: 613) feststellt, daß die MDRC-Ergebnisse keine fixen Partizipationsraten nahegelegt hätten.

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Gebhardt, T. (1998). Ein neuer Sozialvertrag: Der Family Support Act (1988). In: Arbeit gegen Armut. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89079-5_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-89079-5_8

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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