Zusammenfassung
Ältere Arbeitskräfte sind in den letzten zwanzig Jahren zum Ziel sehr verschieden motivierter sozialpolitischer Strategien geworden (Amann 1993). Statistisch gesehen haben sie, nach einmal eingetretener Arbeitslosigkeit, die geringste Wiedereingliederungschance, auf sie entfallen das größte Volumen an Langzeitarbeitslosigkeit und die größten Zuwachsraten dieses lang andauernden Ausschlusses aus dem Erwerbsleben. An ihnen wird in eklatanter Weise sichtbar, was gegenwärtig den gesellschaftspolitisch zentralen Widerspruch westlicher Industriestaaten ausmacht. Arbeit bestimmt die Zeitorganisation, den Lebensrhythmus und die Aktivitätsmuster einer Großzahl von Menschen, sie stiftet direkt oder indirekt Status und Identität, sie ermöglicht spezifische gesellschaftliche Erfahrung und gestaltet soziale Kooperation. Die Wertbesetzung der Lebensbereiche durch Arbeit ist grundlegend und die Gesellschaft, insbesondere die Politik, binden die gesamte Existenz der Menschen rechtlich, materiell und ideologisch an Arbeit — trotzdem sind sie dabei immer weniger in der Lage, für alle Arbeit zu schaffen, die arbeiten wollen. Daß gleichzeitig die Zurechenbarkeit des Status, keine Arbeit zu finden, konsequent individualisiert wird, wie dies z.B. an der Handhabung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes und den Versuchen von Gemeindepolitikern, Arbeitslose Abfälle und Hundekot an öffentlichen Plätzen einsammeln zu lassen, sichtbar wird, ist nur eine der zynischen Dimension dieses zentralen Widerspruchs.
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Amann, A. (1999). Alternde Arbeitskräfte und einige Selbstmißverständnisse der Sozialpolitik — das Beispiel Österreich. In: Naegele, G., Schütz, RM. (eds) Soziale Gerontologie und Sozialpolitik für ältere Menschen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88923-2_21
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