Zusammenfassung
Das von J. Chadwick 1914 entdeckte [1] kontinuierliche Energiespektrum der Betastrahlen gab der theoretischen Deutung sogleich schwierige Probleme auf. War es direkt den primären, aus dem radioaktiven Kern emittierten Elektronen, oder war es sekundären Prozessen zuzuschreiben? Die erste Ansicht, die sich als die richtige erwies, wurde von C. D. Ellis [2], die zweite von L. Meitner [3] vertreten. Diese berief sich darauf, daß die Kerne, wie aus den Alpha- und Gammastrahlen bekannt war, diskrete Energieniveaus besitzen. Sie rückte die bei vielen Beta-radioaktiven Kernen ebenfalls beobachteten diskreten Energien von Elektronen in den Mittelpunkt der Diskussion. Diese konnte Ellis als durch innere Konversion durch monochromatische Kerngammastrahlen aus den äußeren Schalen geschleuderte Elektronen deuten und den beobachteten Röntgenlinien zuordnen. Nach L. Meitners Theorie sollte jedoch mindestens eines der Elektronen diskreter Energie ein echtes Primärelektron aus dem Kern sein, welches dann ebenfalls sekundär aus den äußeren Schalen andere Elektronen kleinerer Energien emittieren könnte [4]. Dieses postulierte Primärelektron diskreter Energie ließ sich jedoch niemals nachweisen. Überdies gibt es Beta-radioaktive Kerne wie Ra E, die keine Gammastrahlen emittieren und bei denen auch die Elektronen mit diskreter Energie ganz fehlen. In der zwischen Ellis und L. Meitner entstandenen Polemik faßt Ellis im Jahre 1922 seinen Standpunkt wie folgt zusammen:
„Frl. Meitners Theorie ist ein sehr interessanter Versuch, eine einfache Erklärung des ß-Zerfalls zu geben. Die experimentellen Tatsachen fügen sich jedoch nicht in den Rahmen dieser Theorie ein, und es hat allen Anschein, daß sich die einfache Analogie zwischen α- und ß-Zerfall nicht aufrecht erhalten läßt. Der ß-Zerfall ist ein bedeutend komplizierterer Vorgang, und die allgemeinen Andeutungen, die ich über denselben gemacht habe, erscheinen mir zurzeit den geringsten Zwang zu erfordern.“
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Literatur
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In einer späteren Arbeit (Z. Physik 34, 807, 1925) hat L. Meitner experimentell nachgewiesen, daß die y-Strahlen, entgegen einer früheren Ansicht von Ellis, vom Kern, der nach der Emission des a-oder ß-Teilchens entsteht, emittiert werden.
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] S. 383.
Zur theoretischen Deutung der oberen Grenze des Spektrums s. auch C. D. Ellis und N. E. Mott, Proc. Roy. Soc. (A) 141, 502, 1933.
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Außer dem statistischen Faktor e kommt hier für mo + 0 noch eine weitere, zuerst von J. R. Pruett, Phys. Rev. 73, 1219, 1948 bemerkte Korrektur in Betracht. Sie hängt ab von einem Faktor, der im allgemeinen zwischen -1 und + 1 liegen kann. Für den allgemeinsten Ausdruck dieses Faktors durch die Kopplungskonstanten siehe C. P. Enz, Nuovo Cimento, 6, 250, 1957. Für die heute angenommene Form der Wechselwirkung ist diese Korrektur jedoch Null.
Vgl. hierzu auch die Diskussion L. Friedman und L. G. Smith, Phys. Rev. 109, 2214, 1958; 7. 7. Sakurai, Phys. Rev. Lett. 1, 40, 1958,; L. Friedman, ebenda, 1, 101, 1958.
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Für den heutigen Stand (Sept. 1958) der Experimente verweisen wir auf den Bericht von M. Goldhaber, in Proc. of the Eight Annual International Conference on High Energy Physics, Genf 1958, p. 233.
Für Teilchen mit Ruhmasse 0 wurde diese „Zweikomponententheorie“ von H. Weyl, Z. Physik 56, 330, 1929, zum ersten Mal angegeben. In meinem Handbuchartikel (Prinzipien der Wellenmechanik, Berlin 1933), s. insbesondere p. 226, ist sie kritisch diskutiert. Dies geschah vor Aufstellung der Diracschen Löchertheorie, so daß die Spiegelsymmetrie der Modells (C P oder T) beim Übergang von Teilchen zu Antiteilchen noch unbemerkt blieb.
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Ferner H. L. Anderson und C. M. G. Lattes, Nuovo Cimento 6, 1356, 1957.
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S. [40].
Dieses Postulat oder ein Äquivalent hierzu wurde von verschiedenen Autoren unabhängig vorgeschlagen: E. C. G. Sudarshan und R. E. Marshak, Phys. Rev. 109, 1860, 1958
J. J. Sakurai, Nuovo Cimento, 7, 649, 1958
R. P. Feynman und M. Gell-Mann, Phys. Rev. 109, 193, 1958.
S. [40].
S. [47]. Vergl. auch S. S. Gershtein und la. B. Zel’dovich, JETP 2, 576, 1956
Ferner M. Gell-Mann, Phys. Rev. 111, 362, 1958, wo mögliche experimentelle Prüfungen des neuen Ansatzes diskutiert werden.
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Pauli, W. (1984). Zur älteren und neueren Geschichte des Neutrinos. In: Physik und Erkenntnistheorie. Facetten der Physik. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88799-3_20
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