Zusammenfassung
Bei den vorangegangenen Erörterungen, insbesondere des Gesetzesbegriffes in der Psychologie, sollte eines ganz deutlich geworden sein: Der Mensch läßt sich nicht mit einem Raster absoluter Gesetzmäßigkeiten, eindeutiger Wenn-Dann- oder Ursache-Wirkungs-Beziehungen erfassen, und ein solches Raster kann deshalb auch nicht die Grundlage therapeutischer Einflußnahme liefern. Für therapeutische Arbeit gilt analog die Einsicht Wolfgang Metzgers bei der Auseinandersetzung mit der „Frage der Bildbarkeit schöpferischer Kräfte“ (1962, S. 9): „Es wurde deutlich, daß es sich im Grunde nicht darum handeln kann, schöpferische Kräfte zu ‚bilden‘ oder zu ‚pflegen‘, d. h. sie unmittelbar zum Gegenstand einer erzieherischen Einwirkung zu machen, sondern vielmehr darum, Bedingungen herzustellen, unter denen solche Kräfte auftreten, und vor allem darum, Hindernisse der verschiedensten Art wegzuräumen, damit sie, wo sie vorhanden sind, überhaupt wirksam werden können. Der Zustand, der auf solche Weise herbeigeführt werden soll — und kann —, ist das, was wir inzwischen als ‚schöpferische Freiheit‘ bezeichnet haben“ (vgl. hierzu auch Wagenschein, 1976). Metzger folgend läßt sich nun die Therapiesituation als Ort schöpferischer Freiheit ansehen, indem nämlich „das Wirken schöpferischer Kräfte überall dort“ vorausgesetzt wird, „wo aus dem Tun eines Menschen etwas ... Besonderes, Neues, Eigenartiges, Ursprüngliches, Echtes, Wahres“ entsteht: „ein Kunstwerk, das uns in seinen Bann zieht, ein Gedicht oder ein Musikstück, das uns aufhorchen läßt, die Klarlegung ungeahnter Zusammenhänge, eine Entdeckung, eine Erfindung, die unerwartete und überzeugende Lösung einer organisatorischen Aufgabe, aber auch die von niemand für möglich gehaltene Auflösung eines menschlichen Zerwürfnisses“ (1962, S. 10/11; Hervorhebungen, hjw).
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 1985 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Walter, HJ. (1985). Die schöpferische Therapiesituation: erste Definition und Erläuterung an Beispielen. In: Gestalttheorie und Psychotherapie. WV studium, vol 138. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88766-5_8
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-88766-5_8
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-22138-0
Online ISBN: 978-3-322-88766-5
eBook Packages: Springer Book Archive