Zusammenfassung
Über die Zukunft tayloristischer Formen der Kontrolle von Industriearbeit wird in der angloamerikanischen „labour-process-debate“ (vgl. zum Überblick Thompson, 1983) seit nunmehr zehn Jahren heftig gestritten. Kontroversen über die Erwerbs- und Einsatzbedingungen beruflicher Qualifikationen im industriellen Arbeitsprozeß, wie sie seit der einflußreichen Studie von H. Braverman (1977) im englischen Sprachraum ausgefochten werden, bestimmten freilich auch in der Bundesrepublik mehr als zwei Dekaden industriesoziologischer Forschung; ihre jüngste Zuspitzung haben sie durch die von H. Kern und M. Schumann (1984) vertretene These von einer sich anbahnenden „Re-Professionalisierung der Facharbeit“ erfahren. Mit einem zweiten zentralen Diskussionsgegenstand der „labour-processdebate“ beginnt sich die hiesige Industrie- und Organisationssoziologie indes erst langsam vertraut zu machen. Es ist dies die Frage, ob zwangsgestützte Managementstrategien, die auf eine weitere Perfektionierung bürokratischer und technischer Kontrollmechanismen setzen (vgl. Edwards, 1981), zukünftig durch einen Typus managerieller Entscheidungsgewalt verdrängt werden, der stärker als bisher von Mechanismen der Konsenssicherung gegenüber den Machtunterworfenen abhängt. Strittig scheint dabei insbesondere, ob Methoden der Selbstregulation von Arbeitergruppen lediglich als funktionales Äquivalent für die an ihre historischen Grenzen gestoßenen „fordistischen Kontrolltypen“ (vgl. Dohse/Jürgens/Malsch, 1985) verstanden werden müssen oder ob sie auch zur Vergrößerung von Handlungsspielräumen für die Arbeitenden führen könnten. Gefragt wird damit zugleich, ob, durch das Zusammenwirken veränderter Muster von Qualifikationserwerb und Arbeitskräfteeinsatz mit neuen Formen der Managementkontrolle, die Widerstandsmöglichkeiten der Beschäftigten auf periphere Elemente des Arbeitsprozesses sich reduzieren oder ob nicht vielmehr — im Zuge des verstärkten Einsatzes neuer Techniken und partiell verbesserter (Re-)Qualifizierungschancen — zumindest bei Teilgruppen der Arbeitenden auch ganz neuartige Konfliktpotentiale erkennbar werden. Überflüssig wohl zu erwähnen, welche Bedeutung diesen Fragen für die Entwicklungsdynamik der industriellen Beziehungen zukommt und daß von ihrer Beantwortung mit abhängt, wie die Aufgaben zukünftiger betrieblicher Gewerkschaftspolitik zu formulieren wären.
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Mahnkopf, B. (1987). Hegemonie und Konsens. Regulationsmuster betrieblicher Sozialbeziehungen und ihre Legitimationseffekte. In: Abromeit, H., Blanke, B. (eds) Arbeitsmarkt, Arbeitsbeziehungen und Politik in den 80er Jahren. Leviathan: Sonderheft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88628-6_20
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