Zusammenfassung
Das Ergebnis, zu dem ich im Laufe dieser Analyse gelangt bin, läßt sich auf eine kurze Formel bringen. “Entmythologisierung der Berufsarbeit”, so lautete die Diagnose, die dem sozialen Wandel gestellt wurde, ein Befund, der sich auf drei Untersuchungsebenen herausschälen ließ. Zum einen zeigte er sich an den durch Umfragen vermessenen individuellen Einstellungen, gleichzeitig ließ er sich an den Strukturen der kollektiven Deutungsmuster rekonstruieren, und beide Dimensionen fanden ihr Korrelat in den objektiven Wandlungsprozessen der Arbeitswelt. Mit Blick auf die soziale Homöostase blieb die Diagnose daher folgenlos; gerade die Parallelität der Befunde schien nicht für eine “Therapiebedürf-tigkeit” zu sprechen; im Gegenteil deutete manches darauf hin, daß der von vielen vorgeschlagene Einsatz “scharfer Mittel” die Gesundheit des Patienten eher beeinträchtigen würde.
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Anmerkungen
Was die historisch-empirische Relativierung der WEBERschen Theoriekonstruktion angeht, vgl. auch ARZBERGER 1984. Daß die historische Relativierung in einem zweiten Schritt sogar zur Grundlage der These werden kann, daß wir es heute mit einer Ausbreitung und Verallgemeinerung des WEBERschen Berufsethos zu tun haben, läßt sich an BEHRENS (1983) und HONDRICH (1984a) studieren.
Auf ähnliche Weise habe ich im übrigen auch die heutigen Familienstrukturen zu jenen in Beziehung gesetzt, die PARSONS idealtypisch herausgearbeitet hat; auch hier läßt sich im Prinzip nach der historisch-empirischen Gültigkeit fragen.
“Wenn das Wort von den disparitären Lebensverhältnissen je einen Sinn gehabt hat, so jetzt. Noch nie sind die mit industrieller Arbeit verknüpften Risiken und Chancen unter den Arbeitskräften so unterschiedlich verteilt gewesen wie heute. Unter diesem Blickwinkel sehen wir in der Segmentierung gleichsam die moderne Variante der Polarisierung” (KERN/SCHUMANN 1984:23).
Natürlich verfallen auch die Fachleute einem solchen Mythos für eine gewisse Weile, wie das Beispiel der sogenannten “Hacker” zeigt. Freilich, mit der Zeit nutzt sich der Effekt ab.
Wobei noch zu hoffen bleibt, daß die Sozialwissenschaft die Professionalisierungschance, die sich hier bietet, erkennt und in der Breite für ihre Absolventen nutzbar macht.
Immer weniger will man sich in den Betrieben auf die Zulieferdienste der gesellschaftlichen (Bildungs-)Institutionen blind verlassen; man neigt dazu, die Sache schon hier selbst in die Hand zu nehmen, ein Umstand, der zur Prof essionalisierung der Psychologie — jedenfalls jenseits des therapeutischen Bereichs -erheblich beigetragen hat.
Wozu auch der in dieser Arbeit erörterte Wandel des Arbeits-bewußtseins zählt. Andere Felder: Konsumgewohnheiten und Wertwandel, Wandel der Bevölkerungsstruktur und Diversifizierungsstrategien u.v.m.
In gewissem Sinn ist ein Japan-Syndrom für den hier beschriebenen Wandel verantwortlich, d.h. die Erfahrung, daß die Arbeitsbeziehungen in Japan denen in Europa im Hinblick auf Motivationsbildung weit überlegen erschienen. Teilweise handelt es sich auch durchaus um die Übernahme konkreter Maßnahmen, die sich in Japan bewährt haben (etwa: Qualitätszirkel), freilich wird zu Recht betont, daß sich die entsprechenden Strategien in den jeweiligen kulturellen Hintergrund einzupassen haben. Reine Imitation funktioniert nicht.
So hat sich das bei BMW praktizierte Modell der “Lernstatt” erst in den Krisenjahren nach 1982 zu voller Blüte entwickelt (vgl. BMW AG 1 983).
In der Organisationstheorie wird der hier gemeinte Wandel besonders markant am “Mülleimer-Model 1” der Organisation (vgl. COHEN et al. 1972) sichtbar, ein Terminus, der schon sprachlich eine vergleichsweise grundsätzliche Umorientierung signalisiert.
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Vollmer, R. (1986). Arbeitsmoral in der Freizeitgesellschaft: Ein Ausblick. In: Die Entmythologisierung der Berufsarbeit. Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Forschung, vol 82. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88527-2_9
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-88527-2_9
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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