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Part of the book series: Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften ((NWAWV,volume 365))

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Zusammenfassung

„Warum darf Literaturwissenschaft nicht Literaturwissenschaft sein?“Mit dieser provozierenden Titelfrage hat im Oktober 1996 der Mediävist Walter Haug auf der in Ascona veranstalteten Tagung „Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft“1 seine Zuhörer konfrontiert, die sich ja gerade deshalb zusammengefunden hatten, um gemeinsam die Möglichkeiten einer kulturwissenschaftlichen Erneuerung der Literaturwissenschaft auszuloten. Walter Haug wendet sich gegen eine kulturwissenschaftliche Vereinnahmung der Literatur2 und pocht auf deren Sonderstatus, da sie gerade nicht Probleme löse, sondern „ihren eigentlichen Sinn darin (finde), in Aporien hineinzuführen, sie bewußt zu machen und bewußt zu halten“(S. 14). Dies führt er dann an einigen Beispielen aus der volkssprachigen Literatur des Mittelalters vor, an Chrétiens Romanen, an Wolframs ‚Parzival‘, am ‚Tristan‘, aber auch an der Maere vom ‚Helmbrecht‘, die auf je eigene Weise immer wieder alle Harmonisierungsansprüche und Gesellschaftsentwürfe unterliefen und — vor allem im Artusroman — immer aufs Neue „in der Balance des Happy-Ends das Subversive präsent“(S. 89) hielten.

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Literatur

  1. Der Vortrag ist inzwischen in leicht veränderter Form erschienen: Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft? In: Deutsche Viertesjahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 73 (1999), S. 69–93. Vgl. dazu die Reaktion von Gerhart von Graevenitz, Literaturwissenschaft und Kulturwissenschaften. Eine Erwiderung. In: Ebda., S. 94–115, sowie die Entgegnung von Walter Haug, Erwiderung auf die Erwiderung. In: Ebda., S. 116–121.

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  2. Den Vorwurf der Vereinnahmung der Literatur durch kulturtheoretische Entwürfe formuliert Walter Haug noch deutlicher in dem eben erschienenen Vortrag: Kulturgeschichte und Literaturgeschichte. Einige grundsätzliche Überlegungen aus mediävistischer Sicht. In: Kultureller Austausch und Literaturgeschichte im Mittelalter. Hg. von Ingrid Kasten, Werner Paravicini, René Pérennec. Sigmaringen 1998 (Beihefte der Francia 43), S. 23–34, da er hier diese Vereinnahmung am Beispiel von Max Weber, Norbert Elias und Michel Foucault vorführt (S. 29f).

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  3. Wolfgang Frühwald, Hans Robert Jauß, Reinhart Koselleck, Jürgen Mittelstraß, Burkhart Steinwachs, Geisteswissenschaften heute. Eine Denkschrift. Frankfurt a. M. 1991 (suhrkamp taschenbuch Wissenschaft 973).

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  4. Vgl. etwa übergreifend: Klaus P. Hansen (Hg.), Kulturbegriff und Methode. Der stille Paradigmenwechsel in den Geisteswissenschaften. Eine Passauer Ringvorlesung. Tübingen 1993;

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  5. Klaus P. Hansen (Hg.), ders., Kultur und Kulturwissenschaft. Eine Einführung. Tübingen und Basel 1995 (UTB 1846);

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  6. speziell auf die Literaturwissenschaft bezogen: Doris Bachmann-Medick (Hg.), Kultur als Text. Die anthropologische Wende in der Literaturwissenschaft. Frankfurt a. M. 1996 (Kultur und Medien 2490);

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  7. Harmut Böhme/Klaus R. Scherpe (Hgg.), Literatur und Kulturwissenschaften. Positionen, Theorien, Modelle. Reinbek 1996 (rowohlts enzyklopädie 575);

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  8. Renate Glaser, Matthias Luserke (Hgg.), Literaturwissenschaft — Kulturwissenschaft. Positionen, Themen, Perspektiven. Opladen 1996, und schließlich die Diskussion in der Geschichtswissenschaft: Wege zu einer neuen Kulturgeschichte. Mit Beiträgen von Rudolf Vierhaus und Roger Chartier. Göttingen 1995 (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft 1);

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  9. Otto Gerhard Oexle (Hg.), Memoria als Kultur. Göttingen 1995 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 121);

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  10. Wolfgang Hardtwig/Ulrich Wehler (Hgg.), Kulturgeschichte Heute. Göttingen 1996 (Geschichte und Gesellschaft Sonderheft 16).

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  11. So etwa die Diskussion bei Uwe C. Steiner, „Können die Kulturwissenschaften eine neue moralische Funktion beanspruchen?“Eine Bestandsaufnahme. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 71 (1997), S. 5–38;

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  12. Georg Bollenbeck, Die Kulturwissenschaften — mehr als ein modisches Label? In: Merkur 576, 51. Jg. (1997), S. 259–265.

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  13. Diese Diskussion wird höchst kontrovers seit einigen Jahren in der Zeitschrift, ‚Geschichte und Gesellschaft‘geführt: vgl. etwa Friedrich Jaeger, Der Kulturbegriff im Werk Max Webers und seine Bedeutung für eine moderne Kulturgeschichte. In: Geschichte und Gesellschaft 18 (1992), S. 371–393; Ute Daniel, „Kultur“und „Gesellschaft“. Überlegungen zum Gegenstandsbereich der Sozialgeschichte. In: Ebda. 19 (1993), S. 69–99; Reinhard Sieder, Sozialgeschichte auf dem Weg zu einer historischen Kulturwissenschaft? In: Ebda. 20 (1994), S. 445–468, Wolfgang Kaschuba, Kulturalismus: Kultur statt Gesellschaft? In: Ebda. 21 (1995), S. 80–95. Eine systematische Auseinandersetzung mit den verschiedensten Konzepten einer Kulturwissenschaft bietet der Sammelband: Kulturgeschichte Heute (Anm. 4). Zur Mediävistik bzw. Frühneuzeitforschung vgl. vor allem die wissenschaftsgeschichtlichen Überblicke bei Otto Gerhard Oexle, Geschichte als Historische Kulturwissenschaft. In: Ebda., S.14–40; ders., Auf dem Wege zu einer Historischen Kulturwissenschaft. In: Mediävistische Komparatistik. Festschrift für Franz Josef Worstbrock zum 60. Geburtstag. Hg. von Wolfgang Harms u. a. Stuttgart 1997, S. 241–261. Eine perspektivenreiche Diskussion kulturwissenschaftlicher Ansätze in der Historiographie findet sich auch bei Markus Reisenleitner, Der Umgang der modernen Kulturge-

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  14. Schichtsschreibung mit Intertextualität in der Frühen Neuzeit. In: Wilhelm Kühlmann und Wolfgang Neuber (Hgg.), Intertextualität in der Frühen Neuzeit. Studien zu ihren theoretischen und praktischen Perspektiven. Frankfurt a. M. 1994 (Frühneuzeit-Studien 2), S. 1–30. 7 Dies zeigen die kontroversen Diskussionen in den Anm. 4 genannten Sammelbänden zum Themenbereich „Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft“. Programmatisch kritische Fragen stellt auch Wilfried Barner, Kommt der Literaturwissenschaft ihr Gegenstand abhanden? Vorüberlegungen zu einer Diskussion. In: Jahrbuch der deutschen Schiller-Gesellschaft 41 (1997), S. 1–8, die er einem in dieser Zeitschrift geplanten Forum zur Frage nach den Gegenständen der Literaturwissenschaft mit auf den Weg gibt. Vgl. dazu die kürzlich erschienenen Antworten in Bd. 42 (1998), vor allem von Wilhelm Voßkamp, Die Gegenstände der Literaturwissenschaft und ihre Einbindung in die Kulturwissenschaften. In: Ebda., S. 503–507.

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  15. So bereits Hugo Kuhn in seinen skizzenhaften Vorüberlegungen zu einer möglichen Literaturgeschichte, die in dem Band: Entwürfe zu einer Literatursystematik des Spätmittelalters. Tübingen 1980, zusammengestellt sind; vgl. hier vor allem: Ders., Aspekte des dreizehnten Jahrhunderts in der deutschen Literatur (1967), S. 1–18. Ebenfalls für einen weiten Literaturbegriff der Mediävistik plädieren Joachim Heinzle, Wie schreibt man eine Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters? In: Der Deutschunterricht 41 (1989), Heft 1, S. 27–40; Kurt Ruh, Überlieferungsgeschichte mittelalterlicher Texte als methodischer Ansatz zu einer erweiterten Konzeption von Literaturgeschichte. In: Überlieferungsgeschichtliche Prosaforschung. Beiträge der Würzburger Forschergruppe zur Methode und Auswertung. Hg. von Kurt Ruh. Tübingen 1985 (Texte und Textgeschichte 19), S. 262–272; zusammenfassend Joachim Bumke, Geschichte der mittelalterlichen Literatur als Aufgabe. Opladen 1991 (Rheinisch-westfälische Akademie der Wissenschaften. Vorträge G 309), S. 19ff.

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  16. Die meisten dieser Begriffe und die damit verbundenen Vorstellungen von der institutionell-lebensweltlichen Verankerung der Literatur des Mittelalters hat Hugo Kuhn in die Diskussion eingeführt: So geht vor allem das gesamte terminologische Umfeld von Gebrauchssituation bzw. Gebrauchsfunktion auf seine Arbeiten zurück; vgl. dazu vor allem ders., Mittelalterliche Kunst und ihre ‚Gegebenheit‘(1936), wieder in: Ders., Text und Theorie. Stuttgart 1969, S. 28–46, hier S. 33ff; ders., Aspekte des 13. Jahrhunderts (Anm. 8), S. 23 und 25; ders., Versuch über das 15. Jahrhundert in der deutschen Literatur. In: Ebda., S. 140 und 149; ders., Versuch einer Literaturtypologie des deutschen 14. Jahrhunderts (1969). Wieder in: Ders., Liebe und Gesellschaft. Hg. von Wolfgang Walliczek. Stuttgart 1980, S. 80–165, hier S. 130. Das gilt aber auch für die Begriffe Vollzug bzw. Vollzugsform, die sich besonders in der Minnesangforschung etabliert haben; vgl. dazu ders., Zur Deutung der künstlerischen Form des Mittelalters (1949), wieder in: Ders., Dichtung und Welt im Mittelalter. Stuttgart 1969, S. 1–14, hier S. 8. Diesem Verständnis mittelalterlicher Literatur ist der von Gerhard Hahn und Hedda Ragotzky herausgegebene Band: Grundlagen des Verstehens mittelalterlicher Literatur. Literarische Texte und ihr historischer Erkenntniswert. Stuttgart 1992, mit seinen programmatisch gemeinten Arbeiten verpflichtet. Demgegenüber hat seit der Mitte der 80er Jahre Joachim Heinzle den Begriff der literarischen Interessenbildung in die mediävistische Diskussion um die gesellschaftsgeschichtliche Verortung bzw. lebensweltliche Verankerung der mittealterlichen Literatur eingeführt und an einer Reihe von Fallbeispielen erörtert; vgl. ders., Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit. Bd. 2.2: Wandlungen und Neuansätze im 13. Jahrhundert (1984). 2. Aufl. Tübingen 1994, S. VIIf; ders., Wie schreibt man eine Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters? (Anm. 8); ders., Literarische Interessenbildung im Mittelalter. Kleiner Kommentar zu einer Forschungsperspektive. In: Mittelalterliche Literatur im Lebenszusammenhang. Ergebnisse des Troisième Cycle Romand 1994. Hg. von Eckhart Conrad Lutz. Freiburg, Schweiz 1997 (Scrinium Friburgense 8), S. 79–93. Die kontroverse Diskussion um die spezifische Erkenntnisleistung dieses Konzepts ist bestens dokumentiert in dem Band: Literarische Interessenbildung im Mittelalter. DFG-Symposion 1991. Hg. von Joachim Heinzle. Stuttgart, Weimar 1993 (Germanistische Symposien. Berichtsbände 14).

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  17. Den Begriff Alterität hat — im Rückgriff auf Überlegungen von C. S. Lewis, Eugène Vinaver, Robert Guiette, Alfred Adler und vornehmlich auf die Debatte um Paul Zumthors Thesen -Hans Robert Jauß, Alterität und Modernität der mittelalterlichen Literatur. Gesammelte Aufsätze 1956–1976. München 1997, eingeführt, vor allem in dem gleichlautenden Einleitungsaufsatz, S. 9–47, hier vor allem S. 14–22.

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  18. Sie hat zunächst — in Anknüpfung an die gräzistische und slavistische Oral Poetry-Forschung der 20er und 30er Jahre — vornehmlich die Diskussion um die Entstehung bestimmter literarischer Typen wie Heldendichtung oder Kleinepik bestimmt. Inzwischen hat sie jedoch Anschluß an die interdisziplinäre Oralitätsdiskussion um die Arbeiten von Eric Havelock, Brian Stock und Walter Ong gefunden und sich als Diskussion der spezifischen Medialität mittelalterlicher Literatur sachlich wie institutionell ausgreifende Bereiche erschlossen: Sie steht im Zentrum von zwei Sonderforschungsbereichen, dem SFB 213 „Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter“ der Universität Münster und dem SFB 321 „Übergänge und Spannungsfelder zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ der Universität Freiburg; vgl. dazu die Dokumentation bei Hagen Keller und Franz Josef Worstbrock, Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter. Der neue Sonderforschungsbereich 213 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. In: Frühmittelalterliche Studien 22 (1988), S. 308–409, aber auch die zahlreichen ScriptOralia-Bände zur Schriftlichkeit und Mündlichkeit der mittelalterlichen Literatur, die aus dem Freiburger Sonderforschungsbereich herausgewachsen sind; etwa Mündlichkeit — Schriftlichkeit — Weltbildwandel. Literarische Kommunikation und Deutungsschemata von Wirklichkeit in der Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Hg. von Werner Röcke und Ursula Schäfer. Tübingen 1996 (ScriptOralia 71) oder Verschriftung und Verschriftlichung. Aspekte des Medienwechsels in verschiedenen Kulturen und Epochen. Hg. von Christine Ehler und Ursula Schäfer. Tübingen 1998 (ScriptOralia 94). Diese literaturwissenschaftliche Medialitätsdiskussion ist aber auch der Gegenstand interdisziplinärer mediävistischer Kolloquien: so etwa ‚Aufführung’ und ‚Schrift’ in Mittelalter und Früher Neuzeit. Hg. von Jan-Dirk Müller. Stuttgart, Weimar 1996 (Germanistische Symposien-Berichtsbände 17). Die mediävistische Oralitätsforschung gilt deshalb zurecht als eines der zentralen Forschungsparadigmen, wenn es um die Neubestimmung des Faches geht: vgl. die Sektion „Rede und Schrift“in dem programmatischen Band: Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche. Hg. von Joachim Heinzle. Frankfurt a. M. und Leipzig 1994, S. 355–427, oder den Punkt „Materialität und Medialität“bei Jan-Dirk Müller, Neue Altgermanistik. In: Jahrbuch der deutschen Schiller-Gesellschaft 39 (1995), S. 445–453, hier S. 450f.

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  19. Es ist das Verdienst von Horst Wenzel, seit der Mitte der 80er Jahre diese interdisziplinäre Diskussion systematisch verfolgt und für die Mediävistik fruchtbar gemacht zu haben. Eine Zusammenfassung seiner Überlegungen bietet er in seinem Buch: Hören und Sehen. Schrift und Bild. Kultur und Gedächtnis im Mittelalter. München 1995; vgl. aber auch neuerdings: Ders., Medialität von Literatur als Problem der Literaturwissenschaft. In: Germanistik: Disziplinare Identität und kulturelle Leistung. Vorträge des deutschen Germanistentages 1994, Hg. von Ludwig Jäger. Frankfurt 1995, S. 121–137; ders., Audiovisualität im Mittelalter. In: Dirk Matejovski, Friedrich Kittler (Hgg.), Literatur im Informationszeitalter. Frankfurt a. M., New York 1996 (Schriftenreihe des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen 2), S. 50–70. Eine medienhistorische Lektüre der höfischen Literatur erprobt seit einigen Jahren Haiko Wandhoff: Ders., Der epische Blick. Eine mediengeschichtliche Studie zur höfischen Literatur. Berlin 1996 (Philosophische Studien und Quellen 141); zusammenfassend ders., Speicher- und Schauräume der Schrift: Die höfische Epik des hohen Mittelalters aus mediengeschichtlicher Sicht. In: Jahrbuch für internationale Germanistik 28 (1996), S. 80–99, und neuerdings eine Art Standortbestimmung einer medienhistorischen Mediävistik: Ders., Auf dem Weg zu einer Universalgeschichte des Textes: Die „Archäologie der literarischen Kommunikation“und das „kulturelle Gedächtnis“. In: Zeitschrift für Germanistik 7 (1997), S. 599–606.

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  20. Vgl. etwa die Rubrik „Poetische Denkmäler“im Althochdeutschen Lesebuch zusammengestellt und mit Wörterbuch versehen von Wilhelm Braune (1875), fortgeführt von Karl Helm. 15. Aufl., bearbeitet von Ernest A. Ebbinghaus. Tübingen 1969, S. 84 ff.

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  21. Diese Problematik hat bereits Hugo Kuhn in jenen Anm. 9 aufgeführten Skizzen einer Literatursystematik bzw. Literaturtypologie des 13., 14. und 15. Jahrhunderts diskutiert; neuerdings programmatisch Joachim Bumke, Geschichte der mittelalterlichen Literatur als Aufgabe (Anm. 8), S. 19ff.

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  22. Dazu vgl. unten S. 21 f.

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  23. Diese Zusammenhänge zwischen ‚neuer‘und ‚alter‘Philologie hat vor allem Karl Stackmann betont; vgl. ders. Karl Stackmann, Die Edition — Königsweg der Philologie? In: Methoden und Probleme der Edition mittelalterlicher deutscher Texte. Bamberger Fachtagung 26.–29. Juni 1991. Plenumsreferate. Hg. von Rolf Bergmann und Kurt Gärtner unter Mitwirkung von Volker Mertens, Ulrich Müller und Anton Schwob. Tübingen 1993, S. 1–18; ders., Neue Philologie? In: Modernes Mittelalter (Anm. 11), S. 398–427.

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  24. August Wilhelm Schlegel, Geschichte der romantischen Literatur (1802–1803), Stuttgart 1965 (A. W. Schlegel, Kritische Schriften und Briefe IV), hier: „Kurze Übersicht der Geschichte der deutschen Sprache und Poesie“, S. 40–80.

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  25. Joachim Bumke, Studien zum Ritterbegriff im 12. und 13. Jahrhundert (1964). 2. Aufl. Mit einem Anhang: Zum Stand der Ritterforschung 1976, Heidelberg 1977 (Beihefte zum Eupho-rion 1). Programmatisch formuliert Joachim Bumke noch einmal diese spezifische Differenzqualität der höfischen Dichtung in der Einleitung seiner übergreifenden Darstellung: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 2 Bde. München 1986 (dtv 4442), S. 12. Zu den literatursoziologischen Studien der 60er und 70er Jahre, die sich auf die Problematik der Relation von historischer Wirklichkeit und literarischem Konzept eines mittelalterlichen Rittertums konzentrieren, vgl. unten S. 21 ff.

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  26. Jacob Grimm, Abhandlungen zur Mythologie und Sittenkunde. Berlin 1865 (Kleinere Schriften von Jacob Grimm, 2. Bd.).

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  27. Vgl. die Zusammenstellung spezifisch historisch-anthropologischer Themen in den Forschungsberichten von Ursula Peters, Historische Anthropologie und mittelalterliche Literatur. Schwerpunkte einer interdisziplinären Forschungsdiskussion. In: Festschrift Walter Haug und Burghart Wachinger. Bd. I. Tübingen 1992, S. 63–86, und Christian Kiening, Anthropologische Zugänge zur mittelalterlichen Literatur. Konzepte, Ansätze, Perspektiven. In: Forschungsberichte zur germanistischen Mediävistik 5,1. Hg. von Hans-Jochen Schiewer 1996 (Jahrbuch für Internationale Germanistik C, 5), S. 11–129.

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  28. Alwin Schultz, Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger. 2., vermehrte und verbesserte Aufl. Bd. I. II. Leipzig 1889. Joachim Bumke, Höfische Kultur, (Anm. 18) hat in der Einleitung einige Beispiele für die merkwürdige Auswertung der Quellen zitiert, die „für den heutigen Leser den Beigeschmack unfreiwilliger Komik“(Bd. 1, S. 15) haben.

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  29. Einen guten Überblick über diese frühe gesellschaftsgeschichtliche Interpretation der proven-zalischen und deutschen Liebesliteratur bietet der Forschungsbericht von Ursula Liebertz-Grün, Zur Soziologie des „amour courtois“. Umrisse der Forschung. Heidelberg 1977 (Beihefte zum Euphorion 10), S. 69–88.

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  30. Dies betonen für die provenzalische Dichtung Eduard Wechssler, Frauendienst und Vasallität. In: Zeitschrift für französische Sprache und Literatur 24 (1962), S. 159–190, für den deutschen Minnesang — unter dem Gesichtspunkt spezifischer Veränderungen im Hinblick auf die Mini-sterialität als deutsche Variante der Vasallität — Paul Kluckhohn, Ministerialität und Ritterdichtung. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 52 (1910), S. 135–168. In den literatursoziologischen Arbeiten der 60er und frühen 70er Jahre, vor allem bei dem Romanisten Erich Köhler (vgl. Anm. 27), hat diese Problematik wieder eine entscheidende Rolle gespielt. Neuerdings hat noch einmal Anthonius H. Touber, Die Vasallität in der deutschen und französischen Lyrik des Mittelalters. In: Recherches Germaniques 25 (1995), S. 3–12; ders., Deutsche und französische Lyrik des Mittelalters. In: Ir suit sprechen willekomen. Grenzenlose Mediävistik. Festschrift für Helmut Birkhan zum 60. Geburtstag. Hg. von Christa Tuczay, Ulrike Hirhager und Karin Lichtblau. Bern, Berlin, Frankfurt a. M., New York, Paris, Wien 1998, S. 652–672, das thematische Umfeld von Vasallität in okzitanischen und deutschen Liedern ausgelotet, hier vor allem S. 652–659.

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  31. Auf die Bedeutung der feudalen Ehepraxis und adeligen Familienpolitik für die Entstehung der Liebeslyrik (im Sinne des Kontrasts) hat bereits Claude-Charles Fauriel, Histoire de la poésie provençale. 3 Bde. (1846), Nachdruck: Genève 1969, Bd. 1, S.497 ff, hingewiesen. Unter neuen methodischen Prämissen wird im Jahre 1959 Herbert Moller, The social causation of the courtly love complex. In: Comparative Studies in Society and History 1 (1958/59), S. 137–163, in den 70er Jahren dann der Mentalitätshistoriker Georges Duby ähnliche Fragen stellen: vgl. ders., Que sait-on de l’amour en France au XIIe siècle? (1983). Dt.: Was weiß man über die Liebe im Frankreich des 12. Jahrhunderts? In: Ders., Die Frau ohne Stimme. Liebe und Ehe im Mittelalter. Berlin 1989, S. 33–51; ders., A propos de l’amour que l’on dit courtois (1986): Dt.: Über die höfische Liebe. In: Ebda., S. 81–90.

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  32. Dies erwägt Ignace Feuerlicht, Vom Ursprung der Minne (1939). Wieder in: Der provenzalische Minnesang. Ein Querschnitt durch die neuere Forschungsdiskussion. Hg. von Rudolf Baehr. Darmstadt 1967 (Wege der Forschung 6), S. 263–302, in geradezu sozialpsychologisch orientierten Überlegungen zur Abfolge weiblicher und männlicher Sozialisationsinstanzen in der adeligen Knappenerziehung, die das jugendliche Phantasma einer weiblichen Figur der Anbetung gefördert habe.

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  33. Das Zusammentreffen größerer Menschengruppen an den sich im Hochmittelalter etablierenden Fürstenhöfen wird bei Norbert Elias, Über den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. 2 Bde. (1939). Zweite, um eine Einleitung vermehrte Aufl. (1969). Neuaufl. Frankfurt a. M. 1976 (suhrkamp taschenbuch Wissenschaft 158–159), zu einer entscheidenden Station in dem von ihm verfolgten Zivilisationsprozeß der Trieb- und Affektdisziplinierung, die ihren literarischen Ausdruck in dem Bemühen des liebenden Sängers um Selbstkontrolle gefunden habe; vgl. vor allem das Kapitel „Zur Soziogenese des Minnesangs und der courtoisen Umgangsformen“, Bd. 2, S. 88–122.

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  34. Dies sind die inhaltlichen Schwerpunkte jener in den späten 50er Jahren einsetzenden gesellschaftsgeschichtlichen Deutung von Trobadorlyrik und Minnesang: Die gesellschaftlichen Abgrenzungstendenzen und Aufstiegswünsche der deutschen Ministerialen wie auch der französischen Ritter sind bei Moller (Anm. 24) die gesellschaftliche Folie für die Ausbildung einer neuen Liebeskonzeption im 12. Jahrhundert. An diese Überlegungen knüpft Erich Köhler an und stellt die sozialen Frustrationserfahrungen des niederen Adels in Frankreich wie Deutschland heraus, die in den Reflexionen der Minnesänger über ihren aussichtslosen Dienst ihre spezifisch literarische Umformulierung und Umdeutung erfahren hätten; vgl. die programmatischen Liebeslyrik-Arbeiten von Erich Köhler: Observations historiques et sociologiques sur la poésie des troubadours (1964). Dt.: Die Rolle des niederen Rittertums bei der Entstehung der Trobadorlyrik (1966). Wieder in: Das Rittertum im Mittelalter. Hg. von Arno Borst. Darmstadt 1976 (Wege der Forschung 349), S. 293–314, sowie ders., Vergleichende soziologische Betrachtungen zum romanischen und zum deutschen Minnesang. In: Der Berliner Germanistentag 1968. Vorträge und Berichte. Hg. von Karl H. Borck und Rudolf Henß. Heidelberg 1970, S. 61–76. Eine Konkretisierung dieser Überlegungen auf die Gruppe der Jeunes, der jüngeren Adelssöhne, deren gesellschaftliche Situation sich im 12. Jahrhundert im Rahmen einer zunehmend strikter werdenden Familien- und Erbpolitik dramatisch verändert habe, bietet Georges Duby in jenen in Anm. 24 genannten Arbeiten zur höfischen Liebe.

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  35. Diese sozialpsychologischen Konstruktionen beginnen bereits mit Ignace Feuerlichts (Anm. 25) Überlegungen zur labilen Psyche adeliger Herren, die ihre frühen Verlusterfahrungen in die dichterische Imagination der domna verwandeln. Sie setzen sich fort in den von Herbert Moller (Anm. 24) vermuteten Ausgrenzungsängsten der französischen und deutschen Ritter angesichts eines immer enger werdenden Heiratsmarktes, gewinnen deutlichere Konturen in Erich Köhlers Minnesang-Aufsatz (Anm. 27), wo er von einem Selbstverständnis der deutschen Ministerialen ausgeht, das er mit dem in der weißen middle-class Gesellschaft Amerikas der 50er Jahre diagnostizierten Selbstbild des marginal man, des schwarzen Aufsteigers, vergleicht. Aber auch Georges Duby (Anm. 24) greift mit seinem Bestimmungen des amour courtois als trianguläre Beziehung von senior, Dame, iuvenis auf psychoanalytische Figuratio-nen als Erklärungsmodell zurück.

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  36. Ein Forum dieser kontroversen Diskussion der materialistischen Literaturwissenschaft war in den späten 60er und frühen 70er Jahren die Zeitschrift: Alternative. Zeitschrift für Literatur und Diskussion, die in ihren themenzentrierten Heften die verschiedensten Ansätze und Konzepte einer Auflösung eines reduktionistischen Basis-Überbau-Modells vorgestellt und diskutiert hat: vgl. etwa Heft 47 (1968) zur Realismus-Diskussion mit der wichtigen Arbeit von Karl Kosik; Heft 71 (1970) zu Lucien Goldmanns „genetischem Strukturalismus“; Heft 80 (1971) zum tschechischen Strukturalismus und der Antwort von Hans Günther in Heft 82 (1972); Heft 97 (1974) zu Louis Althusser; Heft 98 (1974) mit Thesen von Pierre Macherey und schließlich Heft 101 (1975) mit einem grundlegenden kulturwissenschaftlichen Aufsatz von Raymond Williams. Merkwürdigerweise hat in der gesellschaftsgeschichtlichen Diskussion der Literaturwissenschaft um die Relation von Text und Kontext das eigentlich einschlägige Konzept des literarischen Feldes, wie es Pierre Bourdieu seit den späten 60er Jahren propagiert und terminologisch ausdifferenziert hat, keine besondere Rolle gespielt; vgl. die zusammenfassende Darstellung von Pierre Bourdieu, Les règles de l’art. Genèse et structure du champs littéraire (1992). Dt.: Die Regeln der Kunst. Genese und die Struktur des literarischen Feldes. Frankfurt a. M. 1999. Die Aufmerksamkeit, auch der Mediävisten, konzentrierte sich sehr schnell auf den Bereich der Sozial- oder Kollektivpsychologie und damit am Rande auch auf das eher eingeschränkte Habitus-Konzept von Pierre Bourdieu (vgl. die in Anm. 39 genannten Arbeiten von Werner Röcke), aber nicht auf den sehr viel weiter auf Fragen der gesellschaftlichen Voraussetzungen und Faktoren der Textentstehung ausgreifenden Vorstellungsbereich des literarischen Feldes.

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  37. Eine gute Einführung in die Problematik dieser historiographischen Richtung bietet der Sammelband: Mentalitäten-Geschichte: Zur historischen Rekonstruktion geistiger Prozesse. Hg. von Ulrich Raulff. Berlin 1987, der auch grundlegende Diskussionsbeiträge der Mentalitätshistoriker Jacques Le Goff oder Roger Chartier versammelt. Zur methodologischen Auseinandersetzung mit dem Programm vgl. Hagen Schulze, Mentalitätsgeschichte — Chancen und Grenzen eines Paradigmas der französischen Geschichtswissenschaft. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 36 (1985), S. 247–270;

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  38. Volker Seilin, Mentalität und Mentalitätsgeschichte. In: Historische Zeitschrift 241 (1985), S. 555–598;

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  39. Ulrich Raulff, Die Annales E. S. C. und die Geschichte der Mentalitäten. In: Die Geschichtlichkeit des Seelischen. Hg. von G. Göttemann. Weinheim 1986, S. 145–166;

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  40. Peter Schöttler, Mentalitäten, Ideologien, Diskurse. Zur sozialgeschichtlichen Thematisierung der ‚dritten‘Ebene. In: Alf Lüdtke (Hg.): Alltagsgeschichte. Zur Rekonstruktion historischer Erfahrungen und Lebensweisen. Frankfurt a. M., New York 1989, S. 85–136;

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  41. Annette Riecks, Französische Sozial- und Mentalitätsgeschichte. Altenberge 1989;

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  42. Heide Wunder, Kulturgeschichte, Mentalitätengeschichte, Historische Anthropologie. In: Fischer Lexikon Geschichte. Hg. von Richard van Dülmen. Frankfurt a. M. 1990, S. 65–86. Die mediävistische Auseinandersetzung mit der Mentalitätsgeschichte setzte zu Beginn der 70er Jahre ein mit den Arbeiten von Rolf Sprandel, Mentalitäten und Systeme. Neue Zugänge zur mittelalterlichen Geschichte. Stuttgart 1972, und Gert Teilenbach, Mentalität (1974). Wieder in: Ideologie und Herrschaft im Mittelalter. Hg. von Max Kerner. Darmstadt 1982 (Wege der Forschung 530), S. 385–407. Die differenzierteste Diskussion des Mentalitätskonzepts findet sich bei Otto Gerhard Oexle, Die ‚Wirklichkeit‘und das ‚Wissen‘. Ein Blick auf das sozialgeschichtliche Œuvre von Georges Duby. In: Historische Zeitschrift 232 (1981), S. 61–91; ders., Deutungsschemata der sozialen Wirklichkeit im frühen und hohen Mittelalter. Ein Beitrag zur Geschichte des Wissens. In: Mentalitäten im Mittelalter: Methodische und inhaltliche Probleme. Hg. von Frantisek Graus. Sigmaringen 1987 (Vorträge und Forschungen 35), S. 65–117, sowie Frantisek Graus, Mentalität — Versuch einer Begriffsbestimmung und Methoden der Untersuchung. In: Ebda., S. 9–48.

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  43. Philippe Ariès, L’enfant et la vie familiale sous l’ancien régime (1960). Dt.: Geschichte der Kindheit. München 1975 (Hanser Anthropologie).

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  44. Philippe Ariès, Ders., L’homme devant la mort (1978). Dt.: Geschichte des Todes. München 1980.

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  45. Emmanuel Le Roy Ladurie, Montaillou, village occitan de 1294 à 1324 (1975). Dt.: Montaillou. Ein Dorf vor dem Inquisitor. 1294 bis 1324. Frankfurt a. M., Berlin, Wien 1980.

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  46. Diese Überlegungen zur „longue durée“des Mittelalters versammelt Jacques Le Goff in einem Band mit dem programmatischen Titel: Pour un autre Moyen age (1977). Dt.: Für ein anderes Mittelalter. Zeit, Arbeit und Kultur im Europa des 5.–15. Jahrhunderts. Ausgewählt von Dieter Groh. Eingeleitet von Juliane Kümmel. Frankfurt a. M., Berlin, Wien 1984 (Ullstein-Buch 35180).

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  47. Georges Duby, Les trois ordres ou l’imaginaire du féodalisme (1978). Dt.: Die drei Ordnungen. Das Weltbild des Feudalismus. Frankfurt a. M. 1981.

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  48. Programmatisch formuliert dies etwa Jacques Le Goff im Vorwort einer Sammlung seiner Aufsätze: L’imaginaire médiéval (1985). Dt.: Phantasie und Realität des Mittelalters. Stuttgart 1990, S. 7–28, hier S. 7–14. Auch Georges Duby äußert sich in den 80er Jahren eher skeptisch gegenüber der Leistungsfähigkeit des Mentalitätsbegriffs; vgl. Georges Duby, Über einige Grundtendenzen der modernen französischen Geschichtswissenschaft. In: Historische Zeitschrift 241 (1985), S. 543–554, hier S. 550. Sein Buch über das Deutungsschema der trifunktionalen Teilung der mittelalterlichen Gesellschaft hatte jedenfalls schon im Jahre 1978 ganz selbstverständlich den Begriff ‚imaginaire‘im Titel.

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  49. Dies betont ausdrücklich Jacques Le Goff (Anm. 36)*im Vorwort einer Sammlung seiner Aufsätze: L’imaginaire médiéval (1985). Dt.: Phantasie und Realität des Mittelalters.*: „Aber es ist klar, daß die Geschichte des Imaginären ihre bevorzugten Dokumente hat, und zwar […] die Produkte eben dieses Imaginären: literarische und künstlerische Werke“(S. 9).

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  50. Die Arbeiten in dem Sammelband: Höfische Literatur. Hofgesellschaft. Höfische Lebensform um 1200. Kolloquium am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld (3. bis 5. November 1983). Hg. von Gert Kaiser und Jan-Dirk Müller. Düsseldorf 1986 (Studia humaniora 6), dokumentieren zu Beginn der 80er Jahre diesen Optimismus interdisziplinärer mentalitätsgeschichtlicher Forschung.

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  51. Die literarhistorische mediävistische Diskussion war — trotz aller Erwartungen — von Anfang an eher kritisch-problematisierend ausgerichtet: vgl. Ursula Peters, Literaturgeschichte als Mentalitätsgeschichte? Überlegungen zur Problematik einer neueren Forschungsrichtung. In: Germanistik — Forschungsstand und Perspektiven. Vorträge des Deutschen Germanistentages 1984. Hg. von Georg Stötzel. 2. Teil. Berlin, New York 1985, S. 179–198;

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  52. Jan-Dirk Müller, Aporien und Perspektiven einer Sozialgeschichte mittelalterlicher Literatur. In: Historische und aktuelle Konzepte der Literaturgeschichtsschreibung/Zwei Königskinder? Zum Verhältnis von Literatur und Literaturwissenschaft. Hg. von Wilhelm Voßkamp und Eberhard Lämmert. Tübingen 1986 (Kontroversen, alte und neue. Akten des VII. Internationalen Germanisten-Kongresses 1985, II), S. 56–66.

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  53. Werner Röcke erprobt allerdings seit einigen Jahren terminologische und sachliche Präzisierungen, sei es im Rückgriff auf Bourdieus Habitus-Konzept oder im Hinblick auf die Programmatik des New Historicism, ohne daß seine Fallstudien bislang überzeugende Perspektiven einer mentalitätsgeschichtlichen Textlektüre hätten vermitteln können: Ders., Mentalitätsgeschichte und Literarisierung historischer Erfahrung im antiken und mittelalterlichen Apollonius-Roman. In: Hartmut Eggert, Ulrich Profitlich, Klaus R. Scherpe (Hgg.), Geschichte als Literatur. Formen und Grenzen der Repräsentation von Vergangenheit. Stuttgart 1990, S. 91–103;

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  54. *Werner Röcke*ders., Literaturgeschichte — Mentalitätsgeschichte. In: Literaturwissenschaft. Ein Grundkurs. Hg. von Helmut Brackert, Jörg Stückrath. Rein-bek 1992, S. 639–649;

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  55. *Werner Röcke*ders., Mentalitäten — Geschichte und histoire totale. Zu Peter Dinzel-bachers „Europäische(r) Mentalitätsgeschichte“. In: Zeitschrift für Germanistik NF 1 (1995), S. 117–122;

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  56. ders., Mentalitätsgeschichte — ‚New Historicism‘: Perspektiven einer kulturwissenschaftlichen Mediävistik. In: Mittellateinisches Jahrbuch 31 (1996), S. 21–37. Überhaupt ist es auffallend, daß sich die Mittelalter-Philologie bislang zwar in ausdifferenzierte methodologische Diskussionen verstrickt, aber kaum um eine sachliche Konkretisierung und Demonstration mentalitätsgeschichtlicher Überlegungen an mittelalterlichen Texten bemüht hat.

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  57. Vgl. den Band: Diskurstheorien und Literaturwissenschaft. Hg. von Jürgen Fohrmann und Harro Müller. Frankfurt a. M. 1988 (suhrkamp taschenbuch 2091), der eine Reihe wichtiger Arbeiten versammelt, die in diese Problematik einführen.

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  58. Grundlegend sind — neben Jurij Lotman, Die Struktur literarischer Texte. München 1972 (Uni-Taschenbücher 103) — vor allem Lotmans Arbeiten zur Kulturtypologie in dem Sammelband:

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  59. Jurij LotmanDers., Aufsätze zur Theorie und Methodologie der Literatur und Kultur. Hg. von Karl Eimermacher, Kronberg 1974 (Forschungen Literaturwissenschaft 1), hier S. 319–437.

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  60. Eine gute Einführung ist die Aufsatzsammlung von Michael Bachtin, Die Ästhetik des Wortes. Hg. und eingeleitet von Rainer Grübel. Frankfurt a. M. 1979 (edition suhrkamp 967). Die spezifisch kulturtypologischen Perspektiven von Bachtins Karnevalisierungs-Konzept verdeutlicht Renate Lachmann in ihrem weitausgreifenden Vorwort zur deutschen Übersetzung von Bachtins Rabelais-Buch:

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  61. Michael Bachtin, Rabelais und seine Welt. Volkskultur als Gegenkultur. Hg. und mit einem Vorwort versehen von Renate Lachmann. Frankfurt a. M. 1987, S. 7–46.

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  62. Eine Auswahl wichtiger Aufsätze, in denen einerseits die bedeutenden Vertreter des New Historicism zu Wort kommen, andererseits bereits eine kritische Auseinandersetzung mit den Postulaten einer Kulturpoetik geführt wird, bietet der Band von Moritz Baßler (Hg.), New Historicism. Literaturgeschichte als Poetik der Kultur. Frankfurt a. M. 1995 (Fischer Wissenschaft 11589).

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  63. Diese ‚Ethnologisierung‘der Geschichtswissenschaft dokumentiert sehr schön der Band: The New Cultural History. Ed. and with an Introduction by Lynn Hunt. Berkeley, Los Angeles, London 1989; vgl. auch die kontroverse Diskussion in Kulturgeschichte Heute (Anm. 4) sowie bei Reisenleitner (Anm. 6). Auf der Seite der mediävistischen Literaturwissenschaft versammelt der von Gert Kaiser herausgegebene Band: An den Grenzen höfischer Kultur. Anfechtungen der Lebensordnung in der deutschen Erzähldichtung des hohen Mittelalters. München 1991 (Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur 12) Arbeiten, in denen jeweils dieser neue Blick auf das Ausgegrenzte einer Kultur erprobt wird.

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  64. Am programmatischsten formuliert dies Jacques Le Goff, L’Histoire et l’homme quotidien. In: L’historien entre l’ethnologue et le futurologue. Actes du séminaire international organisé sous les auspices de l’Association Internationale pour la liberté de la Culture, La Fondation Giovanni Agnelli et la Fondation Giorgio Cini. Venise, 2–8 Avril 1971. Paris, La Haye 1972 (Le Savoir historique 4), S. 238–250; vgl. aber auch die Zusammenstellung spezifisch historisch-anthropologischer Themen in der forschungsgeschichtlichen Dokumentation führender französischer Historiker der Nouvelle Histoire:

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  65. André Burguière, L’anthropologie historique (1978). Dt.: Historische Anthropologie. In: Jacques Le Goff, Roger Chartier, Jacques Revel (Hgg.), Die Rückeroberung des historischen Denkens. Grundlagen der Neuen Geschichtswissenschaft. Frankfurt a. M. 1990, S. 62–102;

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  66. Jacques Berlioz et Jacques Le Goff avec la collaboration de Anita Guerrau-Jalabert, Anthropologie et histoire. In: L’Histoire médiévale en France. Bilan et perspectives. Textes réunis par Michel Balard. Paris 1992, S. 269–304;

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  67. Jacques Le Goff et Jean-Claude Schmitt, L’histoire médiévale. In: Cahiers de Civilisation médiévale 39 (1996), S. 9–25.

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  68. Am programmatischsten formuliert dies Jacques Le Goff, L’Histoire et l’homme quotidien. In: L’historien entre l’ethnologue et le futurologue. Actes du séminaire international organisé sous les auspices de l’Association Internationale pour la liberté de la Culture, La Fondation Giovanni Agnelli et la Fondation Giorgio Cini. Venise, 2–8 Avril 1971. Paris, La Haye 1972 (Le Savoir historique 4), S. 238–250; vgl. aber auch die Zusammenstellung spezifisch historisch-anthropologischer Themen in der forschungsgeschichtlichen Dokumentation führender französischer Historiker der Nouvelle Histoire: André Burguière, L’anthropologie historique (1978). Dt.: Historische Anthropologie. In: Jacques Le Goff, Roger Chartier, Jacques Revel (Hgg.), Die Rückeroberung des historischen Denkens. Grundlagen der Neuen Geschichtswissenschaft. Frankfurt a. M. 1990, S. 62–102; Jacques Berlioz et Jacques Le Goff avec la collaboration de Anita Guerrau-Jalabert, Anthropologie et histoire. In: L’Histoire médiévale en France. Bilan et perspectives. Textes réunis par Michel Balard. Paris 1992, S. 269–304; Jacques Le Goff et Jean-Claude Schmitt, L’histoire médiévale. In: Cahiers de Civilisation médiévale 39 (1996), S. 9–25.

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  69. In der deutschen Mediävistik propagiert seit Jahren der Historiker Gerd Althoff diesen ‚ethnologischen‘ Blick auf die Adelsgesellschaft im Mittelalter, auf ihre ausgeprägten Formen symbolischer Kommunikation und ritueller Interaktion; vgl. den Band: Ders., Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, in dem seine zentralen Arbeiten der letzten Jahre zur Konfliktregulierung im Mittelalter zusammengestellt sind; übergreifend ders., Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters. In: Frühmittelalterliche Studien 31 (1997), S. 370–389.

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  70. Vgl. dazu die in Anm. 20 genannten Forschungsberichte, vor allem die ausgreifenden Überlegungen von Christian Kiening, der die verschiedenen Sparten und Facetten eines anthropologischen Verständnisses mittelalterlicher Literatur abschreitet, ohne sich auf eine Lesart festzulegen. Dies bietet hingegen Jan-Dirk Müller in der Einleitung seines ‚Nibelungenlied‘-Buches: Spielregeln für den Untergang. Die Welt des Nibelungenliedes. Tübingen 1998, in der er das von Clifford Geertz postulierte hermeneutische Verfahren der „thick description“ als Verständnismodell der literarischen Texte in ihrem Charakter als ‚Ethnographie‘ einsetzt.

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  71. Grundlegende Informationen über die Poetik des Minnesangs generell und seine verschiedenen Liedtypen im besonderen bietet Günther Schweikle, Minnesang. Stuttgart 1989 (Sammlung Metzler 244).

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  72. Vgl. die Stichworte der Entstehungstheorien (mit weiterführender Literatur) bei Schweikle (Anm. 48), S. 71–77.

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  73. Die forschungspolitischen Traditionen und Kontinuitäten dieser gesellschaftsgeschichtlichen Orientierung der Mediävistik in den späten 60er Jahren verfolgt Joachim Heinzle, Literatur und historische Wirklichkeit. Zur fachgeschichtlichen Situierung sozialhistorischer Forschungsprogramme in der Altgermanistik. In: Das Mittelalter und die Germanisten. Zur neueren Methodengeschichte der Germanischen Philologie. Freiburger Colloquium 1997. Hg. von Eckart Conrad Lutz. Freiburg, Schweiz 1998, S. 93–114.

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  74. Eduard Wechssler (Anm. 23) sowie ders., Das Kulturproblem des Minnesangs. Studien zur Vorgeschichte der Renaissance. Bd. 1. Minnesang und Christentum (1909). Neudruck Osnabrück 1966, S. 113ff. Er hat im Rückgriff auf Überlegungen von Friedrich Diez diese Position auf die Formel Minnelied als „politischer Panegyricus“ (S. 113) gebracht; vgl. dazu Liebertz-Grün (Anm. 22), S. 72ff.

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  75. Dies vermutet Wechssler, Kulturproblem (Anm. 51), S. 155ff, für das Auftreten hoher Herren als Minnesänger, die sehr bald das „Frauendienstlied“ der lohnabhängigen Berufsdichter imitiert hätten.

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  76. So vor allem Norbert Elias (Anm. 26), in dem Minnesang-Kapitel seiner Zivilisationstheorie: „Zur Soziogenese des Minnesangs und der courtoisen Umgangsformen“ (II, S. 88–122).

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  77. Vgl. Feuerlicht (Anm. 25).

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  78. Dies hat Reto R. Bezzola, Guillaume IX et les origines de l’amour courtois. In: Romania 66 (1940), S. 145–237, für die Entstehung der ‚Werbungslieder‘ Wilhelms IX. erwogen. Zurückgekehrt vom Kreuzzug habe dieser erleben müssen, daß sich die weiblichen Mitglieder seiner Familie inzwischen den religiösen Umkehrforderungen des Wanderpredigers Robert d’Arbris-sel geöffnet hätten und in dessen als Doppelkloster organisierte Neugründung Fontevrault eingetreten seien. Wilhelm habe als Reaktion in einem seiner Lieder ein erotisch-weltliches ‚Umkehrprogramm‘ der höfischen Liebe propagiert, das sich sofort bei seinen Standesgenossen durchgesetzt und die Zukunft der Liebeslyrik bestimmt habe. Ähnlich argumentiert auf breiterer Basis 40 Jahre später Bernd Thum, wenn er den Minnesang an einen „Geschlechterkonflikt“ bindet, der sich im religiös motivierten Aufbruch und Ausbruch hochadeliger Damen des 12. Jahrhunderts vollzogen habe und in der literarischen Konzeption höfischen Liebens wieder aufgefangen worden sei; vgl. Bernd Thum, Aufbruch und Verweigerung. Literatur und Geschichte am Oberrhein im hohen Mittelalter. Aspekte eines geschichtlichen Kulturraums. 2 Bde. Waldkirch 1980, hier: II: „Geschlechter-Kultur und Minne am Oberrhein II: Adelskrise und Psycho-Soziologie der Minne“, S. 345–421; ders., Geschlechter und Minne. Ein Versuch zur Sozial-, Funktions- und Mentalitätsgeschichte des oberrheinischen Minnesangs im 12. Jahrhundert. In: Minne ist ein swaerez spil. Neue Untersuchungen zum Minnesang und zur Geschichte der Liebe im Mittelalter. Hg. von Ulrich Müller. Göppingen 1986 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 440), S. 3–74.

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  79. Dies ist die Argumentationsfigur bei Herbert Moller (Anm. 24), vor allem aber bei Erich Köhler (Anm. 27), die in den 70er Jahren die gesellschaftsgeschichtliche Minnesang-Diskussion bestimmt hat; vgl. die Diskussion bei Gert Kaiser, Minnesang — Ritterideal — Ministerialität (1980), wieder in: Der deutsche Minnesang. Aufsätze zu seiner Erforschung. Bd. II. Hg. von Hans Fromm. Darmstadt 1985 (Wege der Forschung 608), S. 160–184.

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  80. Die Rolle der Jeunes, der von der Familienpolitik des Dynastenadels in ihrem gesellschaftlichen Status zutiefst bedrohten jüngeren Adelssöhne, für die Entstehung der höfischen Kultur im weiteren Sinne verfolgt Georges Duby seit seinem berühmten Aufsatz: Dans la France du Nord-Ouest. Au XIIe siècle: les „Jeunes“ dans la société aristocratique (1964). Dt.: Die „Jugend“ in der aristokratischen Gesellschaft. In: Ders., Wirklichkeit und höfischer Traum. Zur Kultur des Mittelalters. Berlin 1986, S. 103–116, in vielen Arbeiten zur adeligen Familie und Ehe im Mittelalter; vgl. etwa ders., Le chevalier, la femme et le prêtre. Le mariage dans la France féodale (1981). Dt.: Ritter, Frau und Priester. Die Ehe im feudalen Frankreich. Frankfurt a. M. 1988 (suhrkamp taschenbuch Wissenschaft 735), hier S. 326ff; ders., Le modèle courtois (1991). Dt.: Das höfische Modell. In: Geschichte der Frauen. Bd. 2: Mittelalter. Hg. von Christiane Klapisch-Zuber. Frankfurt a. M., New York, Paris 1993, S. 265–282. Die längst überfällige Kritik an Georges Dubys ‚Entstehungstheorie‘ der ‚höfischen Liebe‘ bietet Rüdiger Schnell, Die ‚höfische Liebe‘ als Gegenstand von Psychohistorie, Sozial- und Mentalitätsgeschichte. Eine Standortbestimmung. In: Poetica 23 (1991), S. 374–424.

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  81. Etwa jene hier nicht weiter diskutierten, deutlicher psychoanalytisch ausgerichteten Ansätze, die von einer repressiven Sexualmoral der mittelalterlichen Kirche und die sich daraus für den Adel ergebenden sozialpsychologischen Zwänge ausgehen. Am explizitesten formuliert dies Ulrich Müller, Die Ideologie der Hohen Minne: Eine ekklesiogene Kollektivneurose? Überlegungen und Thesen zum Minnesang. In: Minne ist ein swaerez spil (Anm. 55), S. 283–315. Für die Trobadorlyrik bietet Rouben C. Cholakian, The troubadour lyric: a psychocritical reading. Manchester and New York 1990, eine psychoanalytische Lektüre des „love triangle“ unter dem Gesichtspunkt von Sigmund Freuds „Familienroman“-Thematik.

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  82. Am deutlichsten ist dieses Argumentationsmuster bei Eduard Wechssler, Frauendienst (Anm. 23) konturiert, der detailliert die Vasallitätsbildlichkeit der Trobadors zusammenstellt. Aber auch Erich Köhler geht immer wieder von der prägnanten Gesellschaftsterminologie der Lieder aus, hinter denen sich eine entsprechende Gesellschaftsthematik verberge; vgl. ders., Vergleichende soziologische Betrachtungen (Anm. 27), vor allem aber seine Aufsätze zu einzelnen Gesellschaftsbegriffen und -konzepten der Trobadors, über Reichtum und Freigebigkeit, das Verhältnis von Liebe, Tapferkeit, Wissen und Reichtum, über die Adelsfrage, das Konzept der ‚Jugend‘, in dem Sammelband: Ders., Trobadorlyrik und höfischer Roman. Aufsätze zur französischen und provenzalischen Literatur des Mittelalters. Berlin 1962 (Neue Beiträge zur Literaturwissenschaft 15).

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  83. Die Lieder Neidharts. Hg. von Edmund Wießner. Fortgeführt von Hanns Fischer. Vierte Aufl. revidiert von Paul Sappler. Mit einem Melodienanhang von Helmut Lomnitzer. Tübingen 1984 (Altdeutsche Textbibliothek 44).

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  84. Dies ist vor allem von Michael Titzmann, Die Umstrukturierung des Minnesang-Sprachsystems zum ‚offenen‘ System bei Neidhart. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 45 (1971), S. 481–514, von Kurt Ruh, Neidharts Lieder. Eine Beschreibung des Typus (1974). Wieder in: Ders., Kleine Schriften. Band I. Dichtung des Hoch- und Spätmittelalters. Hg. von Volker Mertens. Berlin, New York 1984, S. 107–125, und von Claudia Händl, Rollen und pragmatische Einbindung. Analysen zur Wandlung des Minnesangs nach Walther von der Vogelweide. Göppingen 1987 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 467), herausgearbeitet worden.

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  85. Eckehard Simon, Neidhart von Reuental. Geschichte der Forschung und Bibliographie. The Hague, Paris 1968, hat die Herausbildung und Entwicklung dieses Neidhartverständnisses des 19. Jahrhunderts in drei Kapiteln entfaltet: „Neidhart im Zeichen der Legende“ (S. 5–15); „Der Weg zur kritischen Ausgabe“ (S. 16–36) und „Neidharts Dichterleben: Die Forschung von Haupt bis Bielschowsky“ (S. 37–50).

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  86. Dies ist inzwischen Konsens der Forschung; vgl. — neben den bereits in Anm. 61 genannten Arbeiten von Michael Titzmann, Kurt Ruh und Claudia Händl — die Diskussion über den Minnesangcharakter von Neidharts Winterliedern, die in den 60er Jahren einsetzte, bei: Ulrich Gaier, Satire. Untersuchungen zu Neidhart, Wittenwiler, Brant und zur satirischen Schreibart. Tübingen 1967;

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  87. Karl Bertau, Deutsche Literatur im europäischen Mittelalter. Bd. II: 1195–1220. München 1973, hier: „32. Kapitel: Verwandelter Horizont ritterlicher Lyrik. Neidhart und Walther“(S. 1026–1055);

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  88. Christa Ortmann, Hedda Ragotzky, Christelrose Rischer, Literarisches Handeln als Medium kultureller Selbstdeutung. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 1 (1976), S. 1–29;

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  89. Christelrose Rischer, Zum Verhältnis von literarischer und sozialer Rolle in den Liedern Neidharts. In: Deutsche Literatur im Mittelalter. Hugo Kuhn zum Gedenken. Hg. von Christoph Cormeau. Stuttgart 1979, S. 184–219;

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  90. Petra Giloy-Hirtz, Deformation des Minnesangs. Wandel literarischer Kommunikation und gesellschaftlicher Funktionsverlust in Neidharts Liedern. Heidelberg 1982 (Beihefte zum Euphorion 19);

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  91. Joachim Heinzle, Geschichte der deutschen Literatur (Anm. 9), S. 8–14;

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  92. Jan-Dirk Müller, Strukturen gegenhöfischer Welt: Höfisches und nicht-höfisches Sprechen bei Neidhart. In: Höfische Literatur (Anm. 38), S. 408–453;

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  93. Hedda Ragotzky, Zur Bedeutung von Minnesang als Institution am Hof. Neidharts Winterlied 29. In: Ebda., S. 471–489.

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  94. Daß allerdings bereits im 19. Jahrhundert der parodistische Charakter von Neidharts Œuvre und damit seine Verbindung zur höfischen Poesie gesehen worden ist, zeigt Simon (Anm. 62), S. 37ff.

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  95. In diese Richtung zielen etwa Richard Alewyn, Naturalismus bei Neidhart von Reuental. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 56 (1931), S. 37–69;

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  96. Paul Böckman, Formgeschichte der deutschen Dichtung. Erster Band. Von der Sinnbildsprache zur Ausdruckssprache. Der Wandel der literarischen Formensprache vom Mittelalter zur Neuzeit. Hamburg 1949, S. 176–183.

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  97. Dies ist die zentrale These von Ulrich Gaiers Neidhart-Kapitel in seinem Satire-Buch (Anm. 63), vor allem S. 86–93.

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  98. Zur älteren Forschung, die diesen Typ von gesellschaftsgeschichtlichen Argumenten zusammengetragen hat, vgl. Jürgen Schneider, Studien zur Thematik und Struktur der Lieder Neid-harts. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Forschung. Neuansätze einer Interpretation der Liedaussagen unter literatursoziologischen Aspekten. 2 Teile. Göppingen 1976 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 196.197), Bd. I, S. 302ff;

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  99. Jürgen Schneider, Studien zur Thematik und Struktur der Lieder Neid-harts. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Forschung. Neuansätze einer Interpretation der Liedaussagen unter literatursoziologischen Aspekten. 2 Teile. Göppingen 1976 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 196.197), Bd. II, S. 142, Anm. 2;

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  100. dazu auch Christa Ortmann, Hedda Ragotzky, Christelrose Rischer, Literarisches Handeln (Anm. 63), S. 20f;

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  101. Hans-Joachim Behr, Ich gevriesch bî mînen jaren nie gebûren also geile. Neidharts ‚Dörper‘-Feind-schaft und das Problem sozialen Aufstiegs im Rahmen des Territorialisierungsprozesses in Bayern und Österreich. In: Helmut Birkhan (Hg.), Neidhart von Reuental. Aspekte einer Neubewertung. Wien 1983 (Philologica Germanica 5), S. 1–16.

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  102. So argumentiert Petra Giloy-Hirtz (Anm. 63), S. 143–162, unter dem Stichwort „Der dörper als Angstkonstrukt“(S. 143).

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  103. Umfassend informiert über diese Problemzonen der österreichischen Adelsgesellschaft des 13. Jahrhunderts Folker Reichart, Landesherrschaft, Adel und Vogtei. Zur Vorgeschichte des spätmittelalterlichen Ständestandes im Herzogtum Österreich. Köln, Wien 1985 (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 23);

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  104. vgl. aber auch die detaillierter gegen bestimmte sozialhistorische Deutungsversuche der Germanistik gerichtete Studie von Max Weltin, Die Geschichte des sogenannten ‚Seifried Helbling’ als Quelle für die Ständebildung in Österreich. In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich 1984/85, S. 338–466.

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  105. Am explizitesten formuliert Petra Giloy-Hirtz (Anm. 63), S. 124ff, diese Veränderung des Blicks.

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  106. Zu den entsprechenden Bestimmungen des bayerischen Landfriedens von 1244 vgl. Hans Fehr, Das Waffenrecht der Bauern im Mittelalter. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 35 (1914), S. 111–211;

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  107. Wolfgang Schnelbögl, Die innere Entwicklung der bayrischen Landfrieden des 13. Jahrhunderts. Heidelberg 1932 (Deutschrechtliche Beiträge XIII, 2), hier S. 95 ff;

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  108. Wolfgang Schnelbögl, Die innere Entwicklung der bayrischen Landfrieden des 13. Jahrhunderts. Heidelberg 1932 (Deutschrechtliche Beiträge XIII, 2), S. 283 ff,

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  109. sowie in bezug auf Neidharts Winterlieder kürzlich Eberhard Neilmann, Der Feiertag auf dem Dorf: Überlegungen zu Neidhart und zum Bayerischen Landfrieden von 1244. In: Feste und Feiern im Mittelalter. Paderborner Symposion des Mediävistenverbandes. Hg. von Detlef Altenburg, Jörg Jarnut und Hans-Hugo Steinhoff. Sigmaringen 1991, S. 145–152, bei dem allerdings das Verständnis der Neidhartschen Dörperstrophen auf einer konjizierten Negation der überlieferten Bestimmungen zum sog. Waffenverbot basiert.

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  110. So in der ‚Österreichischen Reimchronik’ des Ottokar von Steiermark. Hg. von Joseph Seemüller, nach den Abschriften Franz Lichtensteins (1890–1893). Nachdruck: Dublin, Zürich 1974 (MGH Deutsche Chroniken V, 1,2), Vv. 26173ff.

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  111. Hg. von Theodor von Karajan. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 4 (1844), S. 1–284. Im 8. Gedicht (S. 164–197) entwirft hier der Herr den Aufstieg eines reichen Bauern bis zur gelungenen Einheirat in eine adelige Familie. Dem Knecht als Gesprächspartner kommt dann die Aufgabe zu, diese Standeserhöhung des reichen Bauern als ordo-Verstoß zu charakterisieren; vgl. zu dieser Stelle Ursula Liebertz-Grün, Seifried Helbling. Satiren „contra Habsburg“. München 1981, S. 64–69,

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  112. sowie Gerhard Wolf, Die Kunst zu lehren. Studien zu den Dialoggedichten (,Kleiner Lucidarius’) der „Seifried-Helbling“-Sammlung. Frankfurt a. M., Bern, New York 1985 (Regensburger Beiträge zur deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft 26), S. 145ff, der allerdings weniger auf die sozialgeschichtliche Problematik als den Belehrungsaspekt abhebt.

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  113. Wernher der Gartenaere. Helmbrecht. Hg. von Friedrich Panzer und Kurt Ruh. 10., Aufl. besorgt von Hans-Joachim Ziegeler. Tübingen 1993 (Altdeutsche Textbibliothek 11). Daß es in diesem Text vor allem um eine Denunziation der aufsteigenden Bauern aus der Perspektive des niederen Adels gehe, behaupten vor allem Dieter Seitz, Helmbrecht. Konservative Gesellschaftskritik in der Literatur des 13. Jahrhunderts. In: Helmut Brackert, Hannelore Christ, Horst Holzschuh (Hgg.), Mittelalterliche Texte im Unterricht. München 1973 (Literatur in der Schule 1), S. 113–161,

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  114. und Gerhard Schindele, ‚Helmbrecht’. Bäuerlicher Aufstieg und landesherrliche Gewalt. In: Literatur im Feudalismus. Hg. von Dieter Richter. Stuttgart 1975 (Literaturwissenschaften und Sozialwissenschaften 5), S. 131–211.

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  115. Vgl. vor allem Giloy-Hirtz (Anm. 63) unter der Überschrift: „Dörperliches Singen als Ausdruck der Veränderung kollektiver Einstellungen“(S. 129–199).

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  116. Dezidiert formuliert dies Joachim Heinzle, Geschichte der deutschen Literatur (Anm. 63), S. 25;

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  117. vgl. dazu auch Jan-Dirk Müller, Ritual, Sprecherfiktion und Erzählung. Literarisierungstendenzen im späteren Minnesang. In: Wechselspiele. Kommunikationsformen und Gattungsinterferenzen mittelhochdeutscher Lyrik. Hg. von Michael Schilling, Peter Strohschneider. Heidelberg 1996, S. 43–76,

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  118. Jan-Dirk Müller, Ritual, Sprecherfiktion und Erzählung. Literarisierungstendenzen im späteren Minnesang. In: Wechselspiele. Kommunikationsformen und Gattungsinterferenzen mittelhochdeutscher Lyrik. Hg. von Michael Schilling, Peter Strohschneider. Heidelberg 1996, hier S. 55f.

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  119. Denn Neidharts Winterlieder thematisieren mit ihren Dörperstrophen zunächst einmal nur einen dezidierten Standesstolz, der wohl weniger auf das faktische Verhalten und Auftreten der Bauern als möglicherweise im Zusammenhang mit der in Österreich im 13. Jahrhundert sich durchsetzenden ‚Standesbildung’ von ‚Herren’ und ‚Rittern’ zu sehen ist. Neidharts Lieder würden dann dieses in der Standesbildung des Adels sich abzeichnende Bewußtsein einer zunehmend ‚ständischen’ Orientierung dokumentieren, allerdings in einer höchst verqueren Zuspitzung als Polemik gegen dörperliche Rivalen; vgl. dazu Ursula Peters, Mittelalterliche Literatur — ein Krisenphänomen? Überlegungen zu einem funktionsgeschichtlichen Deutungsmuster. In: James F. Poag/Thomas C. Fox (Hgg.), Entzauberung der Welt. Deutsche Literatur 1200–1500. Tübingen 1989, S. 175–196,

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  120. Ursula Peters, Mittelalterliche Literatur — ein Krisenphänomen? Überlegungen zu einem funktionsgeschichtlichen Deutungsmuster. In: James F. Poag/Thomas C. Fox (Hgg.), Entzauberung der Welt. Deutsche Literatur 1200–1500. Tübingen 1989, hier S. 185ff.

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  121. Elias (Anm. 26), Bd. 2, S. 88.

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  122. Die Ungleichzeitigkeit der Elias-Rezeption in den verschiedenen Ländern und Wissenschaftsdisziplinen dokumentiert der Band: Materialien zu Norbert Elias’ Zivilisationstheorie. Hg. von Peter Gleichmann, Johan Goudsblom und Hermann Korte. Frankfurt 1979 (suhrkamp taschenbuch Wissenschaft 233).

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  123. Eine kurze Präsentation der Minnesang-Thesen von Norbert Elias bietet bereits im Jahre 1977 Ursula Liebertz-Grün (Anm. 22), S. 89–91,

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  124. eine treffende Kritik erst Rüdiger Schnell im Jahre 1991 (Anm. 57), S. 394ff.

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  125. Eine Kritik an Norbert Elias’ eher problematischen Text- und Bildlektüren bietet hingegen der Ethnologe Hans Peter Duerr, Der Mythos vom Zivilisationsprozeß. Bd. 1. Nacktheit und Scham. Frankfurt 1988, S. 24ff.

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  126. Walter Haug, Literaturgeschichte und Triebkontrolle. Bemerkungen eines Mediävisten zum sog. Prozeß der Zivilisation. In: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften für 1993. Heidelberg 1994, S. 51–58; weiter auf andere Kulturtheorien ausgreifend ders., Kulturgeschichte und Literaturgeschichte (Anm. 2), S. 25ff.

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  127. Haug, Literaturgeschichte und Triebkontrolle (Anm. 82), S. 51.

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  128. Max Horkheimer/Theodor W Adorno, Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente (1947). Frankfurt 1988 (Fischer Wissenschaft).

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  129. Sigmund Freud, Studienausgabe. Bd. IX. Fragen der Gesellschaft. Ursprünge der Religionen. Frankfurt a. M. 1982, S. 191–270.

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  130. Jan-Dirk Müller, Strukturen gegenhöfischer Welt (Anm. 63), S. 449ff. Ein in seinem Rekurs auf Elias’ Zivilisationstheorie vergleichbares Deutungsmuster hatte Jan-Dirk Müller bereits an Ps. Konrads ‚Halber Birne’ erprobt;

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  131. vgl. ders., Die hovezucht und ihr Preis. Zum Problem höfischer Verhaltensregulierung in Ps. Konrads ‚Halber Birne’. In: Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft 3 (1984/85), S. 281–311.

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  132. Vgl. den übergreifenden Aufsatz von Michael Bachtin, Aus der Vorgeschichte des Romanwortes (1940). In: Ders., Die Ästhetik des Wortes (Anm 42), S. 301–336,

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  133. sowie generell sein Rabelais-Buch (Anm. 42) Die, vor allem das weit ausgreifende Einleitungskapitel, S. 49–110. Inzwischen ist allerdings das Konzept der Karnevalisierung von den verschiedensten Seiten einer scharfen Kritik unterzogen worden, die den ahistorisch-spekulativen, die jeweiligen Kultur- wie Literaturbeispiele eklatant verzeichnenden Charakter von Bachtins Kulturtypologie herausgestellt hat;

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  134. vgl. etwa die problematisierenden Überlegungen von Bernhard Teuber, Sprache — Körper — Traum. Zur karnevalesken Tradition in der romanischen Literatur aus früher Neuzeit. Tübingen 1989 (mimesis. Untersuchungen zu den romanischen Literaturen der Neuzeit 4), S. 1–19,

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  135. sowie sehr scharf aus mediävistischer Perspektive Dietz-Rüdiger Moser, Schimpf oder Ernst? Zur fröhlichen Bataille über Michail Bachtins Theorie einer „Lachkultur des Mittelalters“. In: Sprachspiel und Lachkultur. Beiträge zur Literatur- und Sprachgeschichte. Rolf Bräuer zum 60. Geburtstag. Hg. von Angela Bader, Annemarie Eder, Irene Erfen, Ulrich Müller. Stuttgart 1994 (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 300), S. 261–309.

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  136. So versucht etwa Petra Herrmann, Karnevaleske Strukturen in der Neidhart-Tradition. Göppingen 1984 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 406 „die Entwicklung, die das in Neid-harts Namen immer weiter getragene Liedgut im Laufe der Jahrhunderte [...] nahm, mittels des Karnevalskonzepts [...] von Bachtin zu beschreiben“(S. 351).

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  137. Ebda., S. 75.

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  138. Dies führt Helmut Tervooren, Flachsdreschen und Birnenessen. In Neidharts Winterlied 8: ‚Wie sol ich die bluomen überwinden’. In: bickelwort und wildiu mære. Festschrift für Eberhard Nellmann zum 65. Geburtstag. Hg. von Dorothee Lindemann, Berndt Volkmann, Klaus-Peter Wegera. Göppingen 1995 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 618), S. 272–293, an Neidharts Winterlied 8 vor.

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  139. Victor Turners übergreifende Ritual-Studien sind zusammengestellt in: Ders., The Ritual Process. Structure and Anti-Structure (1969). Dt.: Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur. Frankfurt, New York 1989 (Theorie und Gesellschaft 10); ders., From Ritual to Theatre. The Human Seriousness of Play (1982). Dt.: Vom Ritual zum Theater. Der Ernst des menschlichen Spiels. Frankfurt a. M., New York 1989. Die Filiationen zwischen Bachtins Karnevalisierungskon-zept und Turners Liminalität als sozialer Anti-Struktur betonen z. B. Kathleen M. Ashley in ihrer Einleitung zu dem von ihr herausgegebenen Band: Victor Turner and the Construction of Cultural Criticism. Between Literature and Anthropology. Ed. by Kathleen M. Ashley. Bloomington and Indianapolis 1990, S. IX-XII, hier S. XII; Hans de Waardt, Ehrenhändel, Gewalt und Liminalität. Ein Konzeptualisierungsvorschlag. In: Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Hg. von Klaus Schreiner und Gerd Schwerhoff. Köln, Weimar, Wien 1995, S. 307–319, hier S. 311. Daß diese Verbindung von Bachtins Karnevals- und Turners Liminalitätskonzept etwas mit der Gemeinsamkeit ihrer Erforschung und Deutung kultureller Transgressionsphänomene zu tun hat, zeigt der Hinweis von Renate Lachmann im Vorwort zu Bachtins Rabelais-Buch (Anm. 42), S. 22f, auf die partielle Übereinstimmung von Bachtins Karnevalisierung mit E. R. Leachs anthropologischem Phasenmodell der Verwandlung des Profanen in das Heilige.

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  140. Differenzierte Überlegungen zu den Bestimmungen von Anti-Zeremoniellem der Neidhart-Tradition im Vergleich mit Turners Ritualen der Statusumkehr bietet Jörn Bookman, Zeremoniell, Anti-Zeremoniell und Pseudo-Zeremoniell in der Neidhart-Tradition oder Nochmals der Veilchenschwank. In: Zeremoniell als höfische Ästhetik im Spätmittelalter und früher Neuzeit. Hg. von Jörg Jochen Berns und Thomas Rahn. Tübingen 1995, S. 209–249.

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  141. Erich Köhler, Ideal und Wirklichkeit in der höfischen Epik. Studien zur Form der frühen Artus- und Graldichtung (1956). 2., ergänzte Aufl. Tübingen 1970 (Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie 97).

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  142. So argumentiert Gert Kaiser, Textauslegung und gesellschaftliche Selbstdeutung. Aspekte einer sozialgeschichtlichen Interpretation von Hartmanns Artusepen (1973). 2., neubearbeitete Auflage unter dem Titel: Textauslegung und gesellschaftliche Selbstdeutung. Die Artusromane Hartmanns von Aue. Wiesbaden 1978 (Schwerpunkte Germanistik), der Erich Köhlers gesellschaftsgeschichtliche Thesen auf den deutschen Artusroman als einer Ministerialenpoesie übertragen hat.

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  143. Georges Dubys Jeunes-Thesen sind vornehmlich in Frankreich zum Verständnis des Höfischen Romans herangezogen worden, etwa von René Pérennec, Recherches sur le roman arthurien en vers en Allemagne aux XIIe et XIIIe siècles. 2 Bde. Göppingen 1984 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 393 I.II.), in seinem ‚Lanzelet’-Kapitel, hier Bd. 2, S. 3–97, aber auch von Marie-Luce Chênerie, Le chevalier errant dans les romans arthuriens en vers du XIIe et XIIIe siècles. Genève 1986 (Publications romanes et françaises 172), S. 47ff. In Deutschland hat vornehmlich die Gahmuret-Figur des ‚Parzival’ eine Jeune-Lektüre im Sinne von Georges Dubys Überlegungen erfahren; vgl. etwa Helmut Brall, Familie und Hofgesellschaft in Wolframs ‚Parzival’: In: (Anm. 38), S. 541–583.

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  144. Skizzenhafte Überlegungen zur „bannende(n) und domestizierende(n), andererseits verdrängende(n) und auslagernde(n) Kraft des Artushofes“(S. 250) bietet Gert Kaiser, Artushof und Liebe. In: Höfische Literatur (Anm. 38), S. 243–251, und verweist dabei auf das Deutungspotential von Norbert Elias’ Zivilisationstheorie. Allerdings sind diese zivilisationshistorischen Deutungsansätze zwar immer wieder angesprochen, aber nie systematisch verfolgt worden. Demgegenüber verbinden sich zivilisationshistorische Überlegungen häufig mit feministischen Interessen; vgl. etwa Ursula Liebertz-Grün, Kampf, Herrschaft, Liebe. Chrétiens und Hartmanns Erec- und Iweinromane als Modelle gelungener Sozialisation im 12. Jahrhundert. In: The Graph of Sex and the German Text. Gendered Culture in Early Modern German 1500–1700. Ed. by Lynne Tatlock. Amsterdam 1994 (Chloe. Beihefte zum Daphnis 19), S. 297–328.

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  145. Jacques Le Goff et Pierre Vidal-Naquet, Lévi-Strauss en Brocéliande (1979). Dt.: Lévi-Strauss in Brocéliande. Skizze zur Analyse eines höfischen Romans. In: Jacques Le Goff, Phantasie und Realität des Mittelalters (Anm. 36), S. 171–200. 371–386.

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  146. So argumentiert David Raybin, Aesthetics, Romance, and Turner. In: Victor Turner and the Construction of Cultural Criticism (Anm 91), S. 21–41. Er sieht im Höfischen Roman folgende archetypische Themen: 1) der Held begebe sich „in a liminal state marked by nakedness, ignorance or symbolic death“, 2) er gewinne damit zugleich „a sense of his essential humanity during or as a consequence of his staying in this condition“, und 3) er erreiche „a new identity which serves as a model“. Der Protagonist sei — im Sinne von Victor Turner — ein „... marginal (...) experiencing, and bringing the audience to experience, the anti-structure that is com-munitas“(S. 36). Und daß auch in Zukunft zunehmend bestimmte Themen des Höfischen Romans wie Beleidigung, Ehrverletzung, soziale Ausgrenzung einer Turnerschen Lektüre unterzogen werden, zeigen die Überlegungen von Hans de Waadt, Ehrenhändel (Anm. 91), der davon ausgeht, daß die Theorie der Liminalität zu einem „tieferen Verständnis für das Wesen der Beleidigung beitragen“(S. 309f) könne. Der Weg zu einem Liminalitätsverständnis etwa der Erec-Beleidigung zu Beginn des Romans scheint nicht sehr weit zu sein.

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  147. Zuerst in dem Beitrag: Akte des Fingierens oder Was ist das Fiktive im fiktionalen Text? In: Funktionen des Fiktiven. Hg. von Dieter Henrich und Wolfgang Iser. München 1983 (Poetik und Hermeneutik 10), S. 121–151;

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  148. erweitert als 1. Kapitel seines Buches: Das Fiktive und das Imaginäre. Perspektiven literarischer Anthropologie. Frankfurt a. M. 1991, hier S. 18–51. Die Zitate stammen aus dieser Fassung.

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  149. Bislang gibt es in der Altgermanistik erst Ansätze eines so gefaßten kulturanthropologischen Literaturverständnisses. Am nächsten kommen ihm Überlegungen von Jan-Dirk Müller, Ritual, Sprecherfiktion und Erzählung (Anm. 76) zum pararituellen Charakter etwa der mittelalterlichen Liebeslyrik und seiner virtuosen Destruktion in Neidharts Œuvre. Auch Müller ruft zunächst die verschiedensten Spielarten von Ritualhandeln als mögliche Referenzsysteme der Inszenierung des Sängerauftritts im Minnesang ab (S. 43–48). Im Unterschied zu anderen Versuchen, die Spezifik des Minnesangs über den Ritualbegriff zu bestimmen, zieht er jedoch diese Ritual-Kontexte nicht affirmativ zu einem neuen Verständnis der Texte heran, sondern macht sie zur Basis der Bestimmung der charakteristischen Differenzqualität des Minnesangs.

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  150. Dies ist genau das Ergebnis einer diffizilen Analyse der Neidhartschen Dörperwelt bei Jan-Dirk Müller, Ritual, Sprecherfikiton und Erzählung (Anm. 76), S. 55–66.

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  151. Zur spezifisch kulturanthropologischen Dimension von Stephen Greenblatts Kulturpoetik-Konzept vgl. Doris Bachmann-Medick, „Writing culture“— ein Diskurs zwischen Ethnologie und Literaturwissenschaft. In: Kea. Zeitschrift für Kulturwissenschaften 4 (1992), S. 1–20, hier

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  152. Doris Bachmann-Medick, „Writing culture“— ein Diskurs zwischen Ethnologie und Literaturwissenschaft. In: Kea. Zeitschrift für Kulturwissenschaften 4 (1992), S. 17ff; dies., Einleitung. In: Dies. (Hg.), Kultur als Text (Anm. 4), S. 7–64, hier S. 45–47. Stephen Greenblatt bezieht sich freilich weniger auf Victor Turner als auf Clifford Geertz’ kulturhermeneutisches Konzept der „dichten Beschreibung“, das auf die Bedeutung kulturspezifischer Handlungen zielt und das Greenblatt zum Deutungsrahmen kultureller Akte des „Self-fashioning“macht; vgl. vor allem seine programmatischen Ausführungen zu seinem Ausgreifen auf die verschiedensten ethnologischen Positionen, nicht nur von Clifford Geertz, sondern auch James Boon, Mary Douglas, Paul Rabinow und Victor Turner, in der Einleitung zu seinem Buch: Renaissance Self-Fashioning. From More to Shakespeare (1980). Dt.: Selbstbildung in der Renaissance. Von More bis Shakespeare (Einleitung), in: Baßler (Hg.), New Historicism (Anm. 43), S. 35–46, hier S. 39f. Allerdings dominiert hier Clifford Geertz’ Konzept der „dichten Beschreibung“als theoretischer Bezugsrahmen die anderen ethnologi-schenVerstehensmodelle bei weitem.

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  153. Eine gute Darstellung dieser Postulate des New Historicism bietet Baßler (Hg.), New Historicism (Anm. 43) in seiner Einleitung, S. 7–28.

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  154. Auf diesen übergreifenden kulturtheoretischen Anspruch des New Historicism verweist Bachmann-Medick (Hg.), Kultur als Text (Anm. 4), Einleitung, S. 46.

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  155. Eine gekürzte Fassung dieses Vortrags erscheint unter dem Titel: Neidharts Dörperwelt. Mittelalter-Philologie zwischen Gesellschaftsgeschichte und Kulturanthropologie. In: Sozialgeschichte der Literatur (IASL-Sonderband zu Ehren von Wolfgang Frühwald und Georg Jäger).

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Peters, U. (2000). Text und Kontext: Die Mittelalter-Philologie zwischen Gesellschftsgeschichte und Kulturanthropologie. In: Text und Kontext: Die Mittelalter-Philologie zwischen Gesellschftsgeschichte und Kulturanthropologie. Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften, vol 365. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88198-4_1

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