Zusammenfassung
›Fast zu endlos‹, so erinnert sich Hyperion im letzten seiner Briefe, »fast zu endlos« habe er der »seeligen Natur« sich hingegeben. ›Zu endlos‹, aber doch nur »fast« —merkwürdig ambivalent behandelt der »Eremit in Griechenland« jene Erfahrungen der Verschmelzung mit der Natur, die während seines Aufenthaltes in Deutschland all seine »Entwürfe der Jugend« ausgelöscht hatten. (II,121)1 Seine Hingabe war darin kulminiert, daß er die Stimme der toten Diotima zu hören gemeint und daraufhin jene enthusiastische Rede an die Natur gehalten hatte, mit der Hölderlins Roman endet —auch dies freilich nur »fast« und in eigenartiger Ambivalenz, folgt doch der in feuriger Begeisterung auffliegenden Schlußrede ein kühl kommentierendes »So dacht’ ich. Nächstens mehr.« ›Fast zu endlos‹ erscheint der Roman selbst, wenn er sich, dem abschlußhaften Bild des »Herzen[s]«, in dem die Adern »scheiden und kehren«, zum Trotz, am Ende in ein unbestimmtes »Nächstens« öffnet, das er nicht mehr betreten wird. Behauptet die Schlußrede, »einiges, ewiges, glühendes Leben« sei »Alles«, so geht es Hyperion um »mehr«. (II, 124)
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Literatur
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Bay, H. (1998). Hyperion ambivalent. In: Bay, H. (eds) Hyperion — terra incognita. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87304-0_3
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