Zusammenfassung
Politische Einstellungen und politische Beteiligung werden wahrscheinlich weit mehr von außerschulischen als von schulischen Einflüssen geprägt. Diese Konsequenz war unter anderem aus den Ergebnissen der Untersuchungen zu ziehen, die Becker, Herkommer und Bergmann Mitte der 60er Jahre bei Schülern und Lehrern in Hessen durchführten, um die Ergebnisse politischer Erziehung in der Schule zu überprüfen. Bei dem Unternehmen1, bei dem sie den Anspruch der Lehr-pläne mit der Wirksamkeit des tatsächlichen politischen Unterrichts verglichen — auf die Ergebnisse, die bis in die Länderparlamente hinein Diskussionen auslösten, braucht hier im einzelnen nicht eingegangen zu werden —, stellte sich heraus, daß familiäre Einflüsse die Wirksamkeit des Unterrichts zu übertreffen scheinen. So ergab sich zum Beispiel, daß Schüler, die zu Hause mehr politische Gespräche führen als andere, zugleich auch diejenigen waren, die größeres Interesse an der schulischen politischen Bildung zeigten.
Erstveröffentlichung in: betrifft: erziehung 1970, H. 1, S. 20–26.
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Anmerkungen
Egon Becker/Sebastian Herkommer/Joachim Bergmann, Erziehung zur Anpassung? Schwalbach bei Frankfurt/M., 1967; es handelt sich bei diesem Buch um eine Kurzfassung des Forschungsberichts: Zur Wirksamkeit politischer Bildung. Eine soziologische Analyse des Sozialkundeunterrichts an Volks-, Mittel- und Berufsschulen. Forschungsbericht der Max-Traeger-Stiftung, 3, Frankfurt/M. 1966
s.: S. Herkommer, Situation und Wirksamkeit politischer Bildung an Volksschulen. Darmstadt 1966
weiterhin: M. Teschner, Politik und Gesellschaft im Unterricht. Eine soziologische Analyse der politischen Bildung an hessischen Gymnasien. Frankfurt/M. 1968; s.a. die Kurzberichte der Autoren in der Zeitschrift „Gesellschaft — Staat — Erziehung“ und die kritischen Aufsätze anderer Autoren zu den genannten Untersuchungen in der gleichen Zeitschrift.
S. dazu: F. Greenstein, Personality and Political Socialisation: The Theories of Authoritarian and Democratic Character. In: The Annals of the American Academy of Political and Social Science, September 1965: Political Socialisation: its Role in the Political Process, S. 81–96
und: E. Fromm, Theoretische Entwürfe über Autorität und Familie — sozialpsychologischer Teil. In: Studien über Autorität und Familie. Forschungsberichte aus dem Institut für Sozialforschung, herausgegeben von Max Horkheimer. Paris 1936, S. 77 ff.
H. Eulau u.a., The Political Socialisation of American State Legislators. In: Midwest Journal of Political Science, 3, 1959, S. 188; hier zitiert nach F. Greenstein, Children and Politics, a.a.O., S. 5.
R. Hess and Judith V. Torney, The Development of Political Attitudes in Children, Chicago 1967, S. 9.
„Easton und Hess haben darauf hingewiesen, daß ein Jahrzehnt die kritische Periode für die ,basic politicization‘ ist, beginnend mit dem Alter von drei Jahren. Wie die ersten Bindungen der politischen Identifikation zustande kommen, ist nicht ganz klar, aber diese ersten Bande, stark verfestigt bereits im Alter von sieben Jahren, beziehen sich auf die breite politische Gemeinschaft, auf einer emotionalen Basis, die beginnt mit einer warmen und positiven Bindung an Schulen, die ‚Schönheit ihres Landes‘ und ‚die Güte und Reinheit des Volkes dieses Landes‘.“ Zitat aus: J. C. Davies, The Family’s Role in Political Socialisation. In: The Annals, etc., a.a.O., S. 11.
Davies bezieht sich auf: D. Easton and R. Hess, The Child’s Political World, Midwest of Political Science, 6 (August 1962), S. 229–246.
Davies, a.a.O., S. 11.
Mit Berufung auf Untersuchungen von Easton und Hess schreibt Davies, a.a.O., S. 15: „Die Bindung an die Flagge wird fast religiös und der Flaggengruß fast ein Gebet zu Gott“.
Hess und Torney, a.a.O., S. 40.
Ebenda, S. 26.
Ebenda, S. 29.
Greenstein, Children and Politics, a.a.O., S. 80.
Ebenda, S. 80.
Ebenda, S. 81.
Ebenda, S. 81.
Das Beispiel der Parteien-Bindung zeigt aber auch noch, daß das frühe politische Lernen nicht in allen Gesellschaften gleichen Mustern folgt. Sogar zwischen den im übrigen in ihren Grundzügen relativ homogenen westlichen Industriegesellschaften zeigen sich hier Unterschiede. In Frankreich etwa spielt eine durch Identifikation mit den Eltern früh erworbene Parteien-Bindung als „Filter“ für späteres politisches Lernen vermutlich bei weitem nicht eine so große Rolle wie in den USA. Dies kann man daraus schließen, daß in einer französischen repräsentativen Stichprobe nur 28 % die „party-preference“ des Vaters angeben konnten, während dies in den USA 82 % konnten. Als mögliche Gründe für diesen Unterschied zwischen Frankreich und USA gibt Greenstein an, daß einmal die Parteien-Bindung der Eltern in Frankreich nicht so dauerhaft ist wie in den USA und deshalb die Kinder seltener mit parteiorientierten Wert- und Einstellungsmustern der Eltern konfrontiert werden, und daß zum anderen die Distanz Eltern-Kind in Frankreich betonter zu sein scheint als in den USA. S. dazu: Greenstein, Children and Politics, a.a.O., S. 78, Anm. 25.
S.: H. J. Klausmeier and W. Goodwin, Learning and Human Abilities. Educational Psychology. New York and Tokyo 1966, S. 342 ff.; und: H. Tajfel, Die Entstehung der kognitiven und affektiven Einstellungen. In: Politische Psychologie, Band 3, Vorurteile — ihre Erforschung und ihre Bekämpfung. Frankfurt/M., S. 81 ff.
S. dazu: Davies, a.a.O.
Hess and Torney, a.a.O., S. 26.
Ebenda, S. 26.
Ebenda, S. 26.
Roberta Sigel, Assumptions about the Learning of Political Values. In: The Annals, etc., op. cit., S. 9.
Ebenda, S. 7.
Hess and Torney, a.a.O., S. 21.
Goldstein, Children and Politics, a.a.O., S. 67 ff.
Hess and Torney, a.a.O., S. 63.
Ebenda, S. 67.
Ebenda, S. 66.
S. dazu: U. Bronfenbrenner, Wandel der amerikanischen Kindererziehung, in: L. v. Friedeburg (Hg.), Jugend in der modernen Gesellschaft. Köln-Berlin 1965, S. 321 ff.
weiterhin der Bericht über Sozialisationsforschung von: K. Mollenhauer, Sozialisation und Schulerfolg. In: H. Roth, Hg., Begabung und Lernen. Stuttgart 1969, S. 269 ff.
H. Tajfel, a.a.O., S. 83.
D. Easton and J. Dennis, The Child’s Image of Government. In: The Annals, etc., a.a.O., S. 42.
B. Kraak, Vorurteile und rationale Urteilsbildung. In: Politische Psychologie, Bd. 3, a.a.O., S. 91.
Ebenda, S. 92.
S.: Lazarsfeld/Menzel, Massenmedien und personaler Einfluß. In: W. Schramm, Grundfragen der Kommunikationsforschung. München 1964.
S.: L. Festinger, A theory of Cognitive Dissonance. Evanston, Ill. 1967
eine Zusammenfassung der Theorie Festingers findet sich in deutscher Sprache in: W. Schramm (Hg.), Grundfragen der Kommunikationsforschung. München 1964.
S.: H. v. Hentig, Systemzwang und Selbstbestimmung. Stuttgart 1968, S. 79.
F. Shaftel and G. Shaftel, Role-playing for social values: Decision-making in the social studies. Prentice-Hall, New Jersey 1967, S. 12.
Ebenda, S. 12.
F. Shaftel and G. Shaftel, Role-playing for social values: Decision-making in the social studies. Prentice-Hall, New Jersey 1967, S. 14.Ebenda, S. 14.
F. Shaftel and G. Shaftel, Role-playing for social values: Decision-making in the social studies. Prentice-Hall, New Jersey 1967, S. 23.Ebenda, S. 23.
Zu diesem Problemkomplex siehe: Kursbuch II (1968), herausgegeben von H.M. Enzensberger: Revolution in Lateinamerika; Bo Gustafson, Versuch über den Kolonialismus. Kursbuch 6/1966
Maurice Dobb, Wirtschaftliches Wachstum und unterentwickelte Länder, Kursbuch 6/1966
Reiche/Gang, Drei Modelle kolonialer Revolution. Edition suhrkamp 1967
Horlemann/ Gang, Vietnam, Genesis eines Konflikts. Edition suhrkamp 1966;
Horlemann, Modelle kolonialer Konterrevolution, edition suhrkamp 1968.
Shaftel and Shaftel, a.a.O., S. 23.
E. Litt, Education and Political Enlightenment in America. In: The Annals, a.a.O., S. 32 ff.
Siehe dazu: V. Nitzschke, Schulbuchanalyse. Zur Wirksamkeit politischer Bildung. Forschungsbericht der Max Traeger Stiftung, Frankfurt/M. 1966
A. Klönne und A. Tschöpe, Sozialkundliche Unterrichtsbücher. Ein Bericht. In: Soziale Welt. Zeitschrift für sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis, 1964, Heft 4.
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Nyssen, F. (1974). Kinder und Politik. In: Ackermann, P. (eds) Politische Sozialisation. Studienbücher zur Sozialwissenschaft, vol 15. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86106-1_9
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