Zusammenfassung
Sucht man in der Literatur nach einer Definition für “Marketmaker”, so findet man im allgemeinen folgendes: Ein Marketmaker ist ein Wertpapierhändler, der für bestimmte Wertpapiere Geld- und Briefkurse stellt, zu denen er bereit ist, näher quantifizierte Mengen dieser Papiere für eigene Rechnung zu kaufen oder zu verkaufen.1) Ein Marketmaker nennt seine Preise auch auf Anfrage, ohne zu wissen, ob der Anfragende kaufen oder verkaufen will. Er stellt sich damit als Kontrahent zur Verfügung. Die Leistung, die er anbietet, wird als “Sofortigkeitsservice” bezeichnet.2) Daher kann man einen Marketmaker definieren als jemanden, der gewerbsmäßig den Sofortigkeitsservice anbietet.3)
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Literatur
Diese oder eine vergleichbare Definition zieht sich durch die Literatur zum Marketmaking; z.B. H. Derasetz (1968), S. 38; W. Bagehot (1971), S. 13; H.R. Stoll (1978a), S. 1133; E. Mildenstein u. H. Schleef (1983), S. 218; R.M. Conroy u. R.L. Winkler (1986), S. 21. Sie hat auch Eingang in Lehrbücher gefunden; z.B. W.F. Sharpe (1985), S. 21; R.J. Teweles u. E.S. Bradley (1987), S. 165 f.; H. Schmidt (1988), S. 24.
Die Bezeichnung “Anbieter von Sofortigkeitsservice” (“supplier of immediacy”) findet sich erstmals bei H. Demsetz (1968).
Vgl. dazu H. Schmidt (1992b), S. 114.
In der vorliegenden Arbeit ist mit “Marketmaker” entweder eine natürliche Person gemeint, die im Auftrag und für Rechnung eines “Marketmakerunternehmens” — z.B. ein Kreditinstitut — tätig ist, oder das Marketmakerunter-nehmen selbst.
In der Praxis sind die Kurse eines Marketmakers nur für bestimmte Mengen, z.B. 100 Aktien, verbindlich. Bei anderen Mengen stellt er i.d.R. mengenabhängige Zu- oder Abschläge in Rechnung.
H. Schmidt (1977), S. 241. Ein Kurs ist “marktgerecht”, wenn er der allgemeinen Marktlage entspricht. Das ist der Fall, wenn eine Transaktion, die zu diesem Kurs ausgeführt wurde, in angemessener Beziehung zu vorausgegangenen und erwarteten nachfolgenden Transaktionen steht; vgl. z.B. NYSE (1991a), Rule 104.10 (4). Grundsätzlich werden die Kursstellungen von Marketmakern im gleichen Titel nicht weit voneinander abweichen. Würde ein Marketmaker marktferne Kurse stellen, würden andere Marktteilnehmer diesen Marketmaker sofort einseitig in Anspruch nehmen; J.L. Hamilton (1978), S. 490.
Sie kann Bruchteile von Sekunden — etwa bis das Ausrufen der Kurse eines Marketmakers an der Parkettbörse verhallt ist — bis hin zu Minuten oder gar Stunden — etwa bis ein Marketmaker neue Kurse in das System einer Computerbörse eingibt — sein.
Zur optionstheoretischen Interpretation der Geld-Brief-Spanne siehe T.E. Copeland u. D. Galai (1983), S. 1464–1468, aber auch H.R. Stoll (1990), S. 17–24, und H. Schmidt (1992b), S. 249.
H. Schmidt (1977), S. 386.
H. Schmidt (1977), S. 388.
K. Garbade (1982), S. 424 f.
Schwartz schreibt, daß Marketmaker anstreben, “... to trade down to a sleeping position ...”; R.A. Schwartz (1988), S. 398, FN 18.
H. Schmidt (1988), S. 25.
Dieses Verfahren wird auch als Doppelauktion bezeichnet, weil das gesamte Angebot der gesamten Nachfrage gegenübergestellt wird, und weil Verkäufer und Käufer im Wettbewerb miteinander ihre Kursgebote stufenweise anpassen, bis ein Gleichgewichtskurs erreicht worden ist; M.B. Garman (1976), S. 267 ; R.J. Teweles u. E.S. Bradley (1987), S. 176.
K. Garbade (1982), S. 426.
H. Schmidt (1977), S. 389.
K. Garbade (1982), S. 426. Der Abschluß zu Gesamtkursen ist immer das Ergebnis einer Kollektivverhandlung. Gesamtkurse können nur auf Grundlage des Auktionsprinzips ermittelt werden; H. Schmidt (1977), S. 390.
H. Schmidt (1988), S. 22. Die Einheitskursermittlung an den deutschen Parkettbörsen ist ein Beispiel für die Ermittlung von Gesamtkursen nach dem Auktionsprinzip; vgl. H. Schmidt (1977), S. 106 f. u. 391 f. Wie die Einheitskursermittlung erfolgt, findet man z.B. bei W. Harter et al. (1989), S. 73–75. Zu der Frage, ob die Ermittlung von Gesamtkursen “in jedem Fall auf dem Auktionsprinzip” basiert — vgl. H. Schmidt (1977), S. 390 —, finden sich in der Literatur unterschiedliche Meinungen. Nach Garbade handelt es sich um die gleichzeitige Ausführung einer Vielzahl von Kauf- und Verkaufsaufträgen auf Basis einer Auktion; K. Garbade (1982), S. 425 f. Nach Kaufman wird aus allen Kauf- und Verkaufsaufträgen eine Rangfolge erstellt. Die Händler können Aufträge zusammenfassen oder aufteilen, um dadurch die Ermittlung desjenigen Kurses, zu dem die Ausführung der Aufträge schließlich erfolgt, zu erleichtern. Kaufman spricht hier von “matching”, wobei er sich auf einen Auktionsmarkt im allgemeinen bezieht; G.G. Kaufman (1989), S. 53 f. Sharpe unterscheidet, ob die Gesamtkursermittlung unter Mitwirkung der Händler erfolgt, oder ob aus allen Kauf- und Verkaufsaufträgen von einem Angestellten oder einem Computerprogramm derjenige Kurs ermittelt wird, zu dem die meisten Aufträge ausgeführt werden können. Im ersten Fall liegt nach Sharpe eine Auktion vor, im zweiten ein “crossing “ der Auftäge; W.F. Sharpe (1985), S. 26. Eine ähnliche Unterscheidung trifft Schwartz. Für ihn liegt eine Auktion vor, wenn der Gesamtkurs im Wettbewerb der Marktteilnehmer und der limitierten Aufträge ermittelt wird. Das bloße Sammeln und Sortieren von Aufträgen nach einer Rangfolge und die anschließende Ausführung zu einem Gesamtkurs ist für Schwartz ein eigenständiges Verfahren, das er als “matching process” bezeichnet; R.A. Schwartz (1988), 448 f.
Einen Überblick über Ausprägungen von Verfahren zur Kursermittlung an verschiedenen Börsen geben K.J. Cohen et al. (1986), S. 15–47.
Siehe dazu z.B. E. Mildenstein (1982), S. 18; H.R. Stoll (1985a), S. 69–82; R.A. Schwartz (1988), S. 388. Mildenstein nennt als weitere Leistungen die Schaffung eines Zirkulationsmarktes für Aktien und die Verringerung der Kosten im Erfüllungsbereich von Effektengeschäften; E. Mildenstein (1982), S. 18 u. 21. Schwartz führt noch die Preisfindung als Marketmakerleistung an; R.A. Schwartz (1988), S. 394–396. Stoll erwähnt als eine weitere Marketmakerleistung die “Tätigkeit als Auktionator”; siehe H.R. Stoll (1985a), S. 69–74. Daß ein Marketmaker als Auktionator fungieren soll, erscheint verwunderlich. Stoll führt aber aus, daß z.B. der Eröffnungskurs und der erste Kurs nach einer Handelsunterbrechung an der NYSE nach dem Auktionsprinzip ermittelt werden. Der Marketmaker ermittelt in dem Fall aus den vorliegenden Aufträgen nach dem Meistausführungsprinzip einen Kurs, zu dem der Markt ganz oder weitestgehend geräumt ist. Eine solche Auktion wird auch als “black-box-auction” bezeichnet; ebda., S. 69 f.; H.R. Stoll (1985b), S. 6. Zur black-box-auction siehe auch die Untersuchung von T.S.Y. Ho et al. (1985).
R.A. Schwartz (1988), S. 389.
Vgl. S. 9–11.
E. Mildenstein (1982), S. 19; R.A. Schwartz (1988), S. 391.
K. Garbade (1982), S. 424.
Der Begriff “Liquidität” wird oft und in unterschiedlicher Bedeutung im Zusammenhang mit Börsen gebraucht. Schwartz bezeichnet die Liquidität eines Marktes als “... ability of individuals to trade quickly at prices that are reasonable in light of underlying demand/supply conditions.”; R.A. Schwartz (1988), S. 356. Harris nennt vier Dimensionen der Liquidität: width (“Weite”) , depth (“Tiefe”), immediacy (“Zeit”) und resilency (“Erneuerungskraft”). “Weite” bezieht Harris auf die Kostender Liquidität, d.h. die Geld-Brief-Spanne für eine gegebene Anzahl von Wertpapieren. “Tiefe” bezieht er auf die Anzahl von Wertpapieren, die bei gegebener Spanne -also ohne mengenabhängige Zu- oder Abschläge — gehandelt werden können. “Zeit” bezeichnet bei Harris, wie schnell für eine gegebene Anzahl Wertpapiere bei einem gegebenen Preis ein Kontrahent zu finden ist. “Erneuerungskraft” gibt an, wie schnell marktferne Preise — hervorgerufen z.B. durch ein Ungleichgewicht im Auftragseingang — auf ein marktnahes Niveau zurückfinden; L.E. Harris (1990), S. 3. Zur Bedeutung der Liquidität im Rahmen der Bewertung von Geldanlagen siehe auch die neueren Ansätze von Y. Amihud u. H. Mendelson (1991a) und Y. Amihud u. H. Mendelson (1991b).
W. Bagehot (1971), S. 13; H.R. Stoll (1985a), S. 78 f.
Einen Überblick über solche Probleme und die damit verbundenen Kosten findet man bei H.R. Stoll (1985a), S. 79–82. Ausführlicher wird darauf anhand der Darstellung einiger theoretischer und empirischer Untersuchungen im Abschn. C dieses Teils eingegangen.
E. Mildenstein (1982), S. 19. Preisstabilisierung kann auch als Maßnahme zur Verringerung von Realisationsrisiken eingesetzt werden. Eine Diskussion hierzu geeigneter Vorschriften findet sich z.B. bei H. Schmidt (1970), S. 152–193. K.J. Cohen et al. (1977) gehen in ihrer Untersuchung den Fragen nach, ob Preisstabilisierung bei Aktienkursen überhaupt wünschenswert ist und wie ein geeigneter Mechanismus auszusehen hätte. Sie kommen zu dem Ergebnis, daß die betreffende Aktiengesellschaft entscheiden sollte, ob und in welchem Umfang sie für ihre Aktien Stabilisierung wünscht. Die Wissenschaftler schlagen ferner vor, daß pro Aktie nur ein Marketmaker Preisstabilisierung vornehmen sollte. Dieser Service sollte von der betreffenden Aktiengesellschaft bezahlt werden, und zwar in Abhängigkeit von den erbrachten Stabilisierungsmaßnahmen; K.J. Cohen et al. (1977), S. 236–245. In der Literatur wird auch die Ansicht vertreten, daß Marketmaker überhaupt nicht in der Lage sind, Preise zu stabilisieren, weil ihr Eigenkapital dazu nie groß genug ist; siehe z.B. J.E. Tanner u. J.B. Pritchett (1989), V. Lewis (1990).
E. Mildenstein (1982), S. 19.
H.R. Stoll (1985a), S. 74 f. Auch Schwartz schreibt, daß sich die Stabilisierung von kurzfristigen Preisschwankungen für Marketmaker durchaus lohnen könne und argumentiert im Rahmen einer dynamischen Betrachtung: Wenn Marketmaker bei fallenden Kursen kaufen und bei steigenden Kursen verkaufen, dann verringern sie dadurch die Breite der Spanne, stabilisieren die Preise und steigern die Attraktivität des betrachteten Marktes für Investoren. Je mehr Marketmaker sich in dieser Weise verhalten, desto ertragreicher sind ihre Transaktionen. Marketmaker bieten daher freiwillig eine bestimmte Menge an Preisstabilisierung an; R.A. Schwartz (1988), S. 392. Schwartz weist außerdem darauf hin, daß Marketmaker u.U. nicht die optimale Menge an Preisstabilisierung anbieten, insbesondere nicht in Monopolstellung. Deshalb würden einige Börsen entsprechende Verhaltensregeln für Marketmaker erlassen; ebda., S. 392 f. Die Argumentation von Schwartz ist nicht unmittelbar einsichtig, denn er differenziert nicht nach Lage und Breite der Spanne. Es wäre aber denkbar, daß die Marketmaker durch ihr oben von Schwartz beschriebenes Transaktionsverhalten erreichen, daß die Spanne nicht signifikant von einer Lage abweicht, die durch die gegenwärtige Marktsituation bei gegebener Informationsstruktur gerechtfertigt ist. Stellen sie dann eine engere Spanne, steigt die Attraktivität des Marktes, und sie machen mehr Geschäft.
H.R. Stoll (1985b), S. 37. In diesem Zusammenhang wird oft angeführt, daß insbesondere der Specialist an der NYSE die Möglichkeit hätte, Kurse zu destabilisieren und zu manipulieren. Dem ist entgegenzuhalten, daß für einen Marketmaker ein Anreiz zum Stabilisieren — nicht aber zum Destabilisieren — besteht, da Stabilisierung für ihn profitabel ist; H.R. Stoll (1985a), S. 76 f.; siehe dazu auch M.B. Goldman u. A. Beja (1979), S. 604–606; J.B. Cohen et al. (1987), S. 52.
H.R. Stoll (1985a), S. 77. Mildenstein bezeichnet Marketmaker “... als glaubwürdigster Interpret der jeweiligen Angebots- und Nachfragekonstellation für eine Aktie ...”; E. Mildenstein (1982), S. 20.
R.M. Conroy u. R.L. Winkler (1981), S. 709–713; R.A. Schwartz (1988), S. 394–396.
H. Reuter (1980), S. 11 f.
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Daube, C.H. (1993). Kursermittlungsverfahren und Leistungen von Marketmakern. In: Marketmaker in Aktienoptionen an der Deutschen Terminbörse. Schriftenreihe des Instituts für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg, vol 6. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85900-6_2
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