Zusammenfassung
Das Strukturbild der Landtage unterscheidet sich zunächst kaum von dem des Bundesparlaments; es ist durch Abgeordnete, Fraktionen und Ausschüsse gekennzeichnet, die allesamt durch Hilfsdienste unterstützt werden sollen. Die folgenden Abschnitte versuchen dies darzustellen, wobei aber auch Unterschiede zwischen dem Bundesparlament und den Länderparlamenten erkennbar werden. Ein für ihre Arbeitsweise wichtiger Unterschied wurde bereits bei der Debattenfunktion angesprochen, es ist die geringere Größe. Die Länderparlamente zählen nicht über 500 Abgeordnete wie der Bundestag, sondern bescheiden sich zwischen 50 (Saarland) und 204 Mitgliedern (Bayern). Das hat Konsequenzen sowohl für den parlamentarischen Arbeitsstil als auch für die Wahlkreisbetreuung. In einem Parlament mit 50 oder auch 120 Abgeordneten ist noch persönliche Nähe gegeben. Da man sich untereinander verhältnismäßig gut kennt, weiß man auch um die Schwächen und Vorzüge des anderen. Wenn überschaubar zugeschnittene Wahlkreise vorhanden sind, begegnen sich dort die Abgeordneten wieder, womit ein zusätzliches Element der persönlichen Nähe gegeben ist.
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Anmerkungen
L. Thoma: Jozef Filsers Briefwexel, München 1964. 122b Eine der wenigen und bemerkenswerten Ausnahmen D. Lattmann: Die Einsamkeit des Politikers, München 1977.
Dieses Rollenverständnis wird auch durch empirische Untersuchungen bestätigt. Hans Jörg Dürr hat herausgefunden, daß die Verweildauer im Bayerischen Landtag durchschnittlich zwei Legislaturperioden betrug. H. J. Dürr: Soziale Strukturen des Bayerischen Landtags, in R. L. Bocklet (Hrsg.): Das Regierungssystem des Freistaates Bayern, München 1977, S. 232.
G. Loewenberg: Parlamentarismus im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Tübingen 1969, S. 153 ff. L. rechnet zur Kategorie der Berufspolitiker hauptamtliche Parteifunktionäre ebenso wie Abgeordnete mit mehr als einem politischen Amt, doch ohne erkennbare weitere Beschäftigung, sowie parlamentarische Führer, die keiner anderen politischen oder privaten Betätigung nachgehen.
D. Herzog: Partei- und Parlamentskarrieren im Spiegel der Zahlen für die Bundesrepublik Deutschland, in: ZParl 1/1976, S. 29.
Dazu die grundlegenden Ausführungen von H. Rausch: Der Abgeordnete -Idee und Wirklichkeit, 3. Auflage, München 1973.
Th. Ellwein: Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 3. Auflage, Opladen 1973, S. 256/257.
R. Voigt: Kommunale Partizipation am staatlichen Entscheidungsprozeß, Würzburg 1976, S. 73: „Durch den Verlust an Sachverstand, den diese Verwaltungsfachleute bis zu ihrem Ausscheiden in die Parlamentsarbeit einbrachten, sind die Landtage noch stärker auf die Zuarbeit der Landesministerien angewiesen. Die Abhängigkeit vergrößert sich unter gleichzeitiger Abnahme der Kontrollmöglichkeiten. Dieser Umstand schmälert aber auch den Einfluß der kommunalen Seite auf das Parlament und vor allem auf seine Ausschüsse.“
Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen Aktz: St 1/76—St 1/77.
P. Haungs: Mitgliederbefragung zur Landtagskandidatenaufstellung. Das
Experiment des CDU-Bezirksverbandes Rheinhessen-Pfalz, in: ZParl 4/1970, S. 403–417.
R. Andel: Das Vorwahlverfahren zur Landtagskandidatenaufstellung der CDU im rheinland-pfälzischen Wahlkreis III (Regierungsbezirk Trier), in: ZParl 4/1976, S. 445.
Ganz allgemein zur Kandidatenaufstellung J. Henkel: Die Auswahl der Parlamentsbewerber. Grundfragen — Verfahrensmodelle, Berlin 1976.
A. Köttgen: Abgeordneter und Minister als Statusinhaber, in Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, München 1955, S. 213.
H. G. Husch/H. Locher: Gewählt. Sieben Tage aus dem Leben eines Abgeordneten, Düsseldorf 1973. In diesem Büchlein wird die Arbeitswoche eines der CDU-Opposition im Düsseldorfer Landtag angehörenden Rechtsanwalts geschildert, der es verstanden hat, eine führende Parlamentsposition (Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses) mit seiner beruflichen Tätigkeit zu verbinden.
E. Ruckgaber: Staatspräsidentle, pass uf ! Geschichten vom „Bere“, dem König vom Lautertal, in: G. Kleemann(Hrsg.): Schwäbische Curiosa, Tübingen 1974, S. 11–29.
In der Rhein-Neckar-Zeitung vom 4. April 1978 heißt es über einen nachrük-kenden Landtagsabgeordneten: „Manfred Pfaus wird in seiner Arbeitswoche zwei Fixpunkte setzen, an denen sich die Leute orientieren können. Der Montag als sitzungsfreier Tag soll ein,Vor-Ort-Tag werden. Gemeinden, Betriebe und all jene Institutionen werden besucht, die entsprechenden Bedarf anmelden…“
Dazu auch: G. v. Waldenfels: Auf dem Wege zum Beamtenstaat? Erfahrungen und Hoffnungen eines Parlamentariers, in K. Faltlhauser/K. Stoiber (Hrsg.): Politik aus Bayern, Stuttgart 1976, S. 215.
Th. Eschenburg hat für den (Bundestags-)Abgeordneten folgende treffend erscheinende Beschreibung gegeben: „… Trotz alledem ist parlamentarische Tätigkeit, wenn ihr Wesen richtig erfaßt und ernst genommen wird, ein großartiger Beruf. Es gab früher und es gibt heute noch unter den Abgeordneten vortreffliche Erscheinungen, die eben Lust und Begabung zur politischen Gestaltung haben, die etwas wissen und denen etwas einfällt. Es handelt sich hier um Menschen, die über genügend geistige und charakterliche Substanz verfügen, um diesen unablässigen Abnutzungsprozeß durchzuhalten. Durch Verbindung von Erfahrung, Wissen und Phantasie, Rechts- und Verwaltungskonstruktionen zu erdenken und durchzudenken, praktische Staatstätigkeit zu erfassen, um sie wirksam kontrollieren zu können, an der politischen Ausrichtung der Staatsführung mitzuwirken, das kann schon für den, der dazu fähig ist, eine lohnende Aufgabe sein.“ (Staat und Gesellschaft in Deutschland, München 1965, S. 519)
Tatarin-Tamheyden: Die Rechtsstellung der Abgeordneten, ihre Pflichten und Rechte, in G. Anschütz (Hrsg.): Handbuch des deutschen Staatsrechts, Bd. 1, Tübingen 1930, S. 424.
Th. Eschenburg: Staat und Gesellschaft in Deutschland, München 1965, S. 503.
„Die Parlamentsfraktionen sind notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens. Mit der Anerkennung der Parteien in Art. 21 erkennt das GG auch sie an… Die Wahrnehmung einer Aufgabe durch die Fraktionen schließt naturgemäß eine gewisse Bindung des einzelnen Abgeordneten an seine Fraktion, eine Beschränkung seiner Freiheit ein…“ (BVerfGE 10,4 [14]).
Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen (Fn 38), S. 640: „Die Befugnis eines Abgeordneten, sich seiner Fraktion anzuschließen, folgt nicht aus seiner Parteizugehörigkeit, sondern aus seiner Mandatsträgerschaft.“
In einem vielbeachteten Urteil hat das Wahlprüfungsgericht beim Berliner Abgeordnetenhaus am 12. November 1975 die in der Verfassung von Berlin im Art. 26 Abs. 2 enthaltene Beschränkung des Wahlvorschlags auf politische Parteien als unvereinbar mit dem Art. 28 Abs. 2 GG erklärt.
K. Sontheimer: Das Mandat im Parteienstaat, in W. Lenz (Hrsg.), Mensch und Staat in NRW, Köln/Berlin 1971, S. 194.
Rhein-Neckar-Zeitung, 13./14. Dezember 1975.
Es ergeben sich die Quoren: Baden-Württemberg 9 (6,6 Prozent), Bayern 10 (5 Prozent), Berlin 9 (4,5 Prozent), Bremen 5 (5 Prozent), Hamburg 6 (5 Prozent), Hessen 6 (5,4 Prozent), Niedersachsen 8 (5,2 Prozent), Nordrhein-Westfalen 7 (3,5 Prozent), Saarland 3 (8 Prozent), Schleswig-Holstein 3 (4,1 Prozent).
J. Linck: Fraktionsstatus als geschäftsordnungsmäßige Voraussetzung für die Ausübung parlamentarischer Rechte, in: Die öffentliche Verwaltung, H. 20/1975, S. 689 ff.
Bay. VB1 1976, S. 43Iff. (= VerfGH n.F. 29 II, S. 62ff.)
J. Weiler: Rechtmäßigkeit von Bestimmungen über die Mindeststärke von Fraktionen: Bay VerfGH 30. April 1976 — Vf 12-IV-75 und Vf 13-VIII-75, in: ZParl 1/1978, S. 21/22.
K. Schrode: Beamtenabgeordnete in Landtagen der Bundesrepublik. Eine Untersuchung über das parlamentarische Verhalten von Abgeordneten in den Landtagen von Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz, die in der öffentlichen Verwaltung tätig sind, Heidelberg 1977, S. 83, S. 113.
A. J. Milnor/M. N. Franklin: Patterns of Opposition Behavior in Modern Legislatures, in: A. Kornberg: Legislatures in Comparative Perspective, New York 1973, S. 422.
Zum Vergleich siehe auch: E. Majonica: Ein Parlament im Geheimen? Zur Arbeitsweise der Bundestagsausschüsse, in: E. Hübner/H. Oberreuter/H. Rausch (Hrsg.), Der Bundestag von innen gesehen, München 1969, S. 114 ff.
Eine Ausnahme stellt Bremen dar, wo die Parlamentsausschüsse — Deputationen — von Senatsmitgliedern geleitet werden.
Etwas anders zusammengesetzt sind die Deputationen in Hamburg. Sie bestehen jeweils aus dem vom Senat in die Behörde entsandten Senator und 15 von der Bürgerschaft für die Dauer der Legislaturperiode gewählten sachkundigen Bürgern. Abgeordnete der Bürgerschaft dürfen den Deputationen nicht angehören. Diese nehmen an allen grundsätzlichen und wichtigen Entscheidungen der Behördenleitung teil-sie sind so etwas wie Kollegialorgane.
S. auch S. Mielke: Länderparlamentarismus, Bonn 1971, S. 50.
Die obligatorische Öffentlichkeit besteht nur im Bayerischen Landtag (1948) und im Berliner Abgeordnetenhaus (1971). Die fakultative Öffentlichkeit der Ausschußsitzungen kennen die Geschäftsordnungen der Landtage von Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, doch wird in der Praxis kaum davon Gebrauch gemacht.
H. Oberreuter: Die Öffentlichkeit des Bayerischen Landtags, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B. 21/70, S. 12/13.
Th. Eschenburg: Zur politischen Praxis in der Bundesrepublik, Bd. 2, München 1966, S. 41.
H. Meyn: Zur Transparenz der politischen Ordnung der Bundesrepublik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B. 40/68, S. 26.
H. Oberreuter: Scheinpublizität oder Transparenz? Zur Öffentlichkeit von Parlamentsausschüssen, in: ZParl 1/1975, S. 84.
B. Ucker: Das Hohe Haus in Augenhöhe, München 1971, S. 35.
H. Oberreuter: Scheinpublizität oder Transparenz? Zur Öffentlichkeit von Parlamentsausschüssen, in: ZParl 1/1975, S. 89.
M. Friedrich: Zur Kritik und Reform der Ausschußarbeit in den Landesparlamenten der Bundesrepublik, in ders.: Landesparlamente in der Bundesrepublik, Opladen 1975, S. 113/114.
G. Orgass: Ein parlamentarischer Hinterhof? Der Petitionsausschuß im Gefüge des Bundestags, in E. Hübner/H. Oberreuter/H. Rausch (Hrsg.): Der Bundestag von innen gesehen, München 1969, S. 254 ff.
H. Morrison: Regierung und Parlament in England, München 1966, S. 201.
A. Egli: Die Kontrollfunktion kantonaler Parlamente, Bern/Stuttgart 1974, S. 34/35.
M. Friedrich: Zur Kritik und Reform der Ausschußarbeit in den Landesparlamenten der Bundesrepublik, in: ZParl 1/1971, S. 80.
Der ehemalige Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Prof. Halstenberg, schreibt dazu in „Entlastung des Parlaments durch Reform des Art. 80 GG?", ZParl 3/1973, S. 436:,,Ein anderes ist es, was in meinen Augen entscheidend wiegt, nämlich: daß die Kontrollfunktion des Parlaments bei Einschaltung der Fachausschüsse meines Erachtens, nein, nach meinen Erfahrungen nicht voll verwirklicht wird. Die Ausschüsse können keinesfalls — ich sage ganz deutlich keinesfalls — als ein getreues Spiegelbild des Parlaments betrachtet werden. Die Darstellung der Belange der pluralistischen Gesellschaft und die Integration der oftmals, ja, der meist widerstrebenden Interessen vermögen die Ausschüsse nicht in gleicher Weise zu liefern wie das Plenum. Der Blickwinkel der Ausschüsse ist,oft' — schreibt mein Manuskript, ich sage regelmäßig' — fachpolitisch eingeengt."
U.a. M. Friedrich: Zur Kritik und Reform der Ausschußarbeit in den Landesparlamenten der Bundesrepublik, in: ZParl 1/1971, S. 70 ff. Ders.: Landesparlamente in der Bundesrepublik, Opladen 1975, darin insbesondere: Zur Kritik und Reform der Ausschußarbeit in den Landesparlamenten der Bundesrepublik, S. 102 ff.
M. Friedrich: Der Landtag als Berufsparlament? Wiesbaden 1977, S. 71/72.
H. Rausch: Der Bayerische Landtag in Verfassung und politischem Prozeß, in R.L. Bocklet (Hrsg.): Das Regierungssystem des Freistaates Bayern, München 1977, S. 107.
W.P. Becker: Das Recht parlamentarischer Untersuchungsausschüsse, in: ZParl 4/1972, S. 425.
A. Morkel: Politik und Wissenschaft, Hamburg 1967.
P. Schindler: PoHtische Entscheidungshilfe für das Parlament?, in: ZParl 4/1970, S. 417 ff.
Th. Keller/H. Raupach: Informationslücke des Parlaments? Hannover 1970, S. 31.
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Schneider, H. (1979). Zusammensetzung der Landtage. In: Länderparlamentarismus in der Bundesrepublik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85845-0_3
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