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Gesellschaftliche Transformation und Leitung in der Konzeption des Marxismus-Leninismus

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Herrschaft durch Kader

Zusammenfassung

Werden — wie dies in den sowjetsozialistischen Ländern geschieht — nach der Abschaffung der kapitalistischen Eigentums- und Aneignungsverhältnisse durch die Einführung „sozialistischer“ Eigentumsformen die gesellschaftlichen Grundsatzprobleme wesentlich als gelöst betrachtet, so erscheint der Zugang und die Verfügung über die Produktionsmittel, die Leitung, Lenkung und Organisation des gesellschaftlichen Produktions- und Distributionsprozesses vorwiegend als technisch-organisatorische Frage. Akzeptiert man diese Voraussetzung, so ist von vornherein davon auszugehen, daß in der sozialistischen Planwirtschaft „die Produktionsmittel der steten Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums im Interesse der Arbeiterklasse und aller anderen Werktätigen“ dienen, und daß „die Produktionsverhältnisse, die gesellschaftlichen Beziehungen durch bewußtes Zusammenwirken, kameradschaftliche Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe charakterisiert“ sind3. Die herrschenden kommunistischen Parteien kommen jedoch nicht umhin zu erklären, warum sich den zu Eigentümern an den Produktionsmitteln erklärten Produzenten „keine Möglichkeit zur unmittelbaren Ausübung ihrer Eigentümerrechte bietet“, diese Funktion vielmehr einer Gruppe übertragen wird, die über spezifische Qualifikationen und Fähigkeiten verfügt und die sich „mit der Leitung und Lenkung der Gesellschaft von Berufs wegen befaßt“4. Sie stehen stets erneut vor der Schwierigkeit, die Existenz spezieller politischer und ökonomischer Institutionen zu legitimieren, die diese Funktionen „im Auftrage“ der Arbeiterklasse ausüben.

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Literatur

  1. Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Entwurf, in: Einheit, 31. Jg. (1976), Nr. 2, S. 134; die vom IX. Parteitag verabschiedete Fassung ist abgedruckt in: Neues Deutschland, Nr. 124 vom 25.5. 1976, S. 3 ff. Der Begriff „sowjetsozialistisch“ soll den Tatbestand deutlich machen, daß es sich hier um Sozialismusvorstellungen handelt, die am Vorbild der Sowjetunion orientiert sind. Er weist zugleich den „Alleinvertretungsanspruch“ der regierenden kommunistischen Parteien zurück, wie ihn der seit einiger Zeit von diesen verwandte Begriff des „real existierenden Sozialismus” nahelegen möchte.

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  2. Andras Hegedus, Bürokratische Verhältnisse und Sozialismus, in: A. Hegedüs/M. Markus u. a. (Hrsg.), Die Neue Linke in Ungarn, Berlin 1974, S. 73.

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  3. Werner Hofmann, Stalinismus und Antikommunismus. Zur Soziologie des Ost-West-Konflikts, Frankfurt a. M. 1970, S. 16.

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  4. „Das Wesen der hier untersuchten Gesellschaftsformationen liegt in ihrer geschichtlichen Potentialität begründet, und das heißt — in ihrer Realität von morgen. Die Potentialität der Sowjetgesellschaft ist aber immer von sozialistischer… Natur gewesen“. Ebd., S. 126.

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  5. Ebd., S. 15.

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  6. Heidt/Mangeng (vgl. Ulrich Heidt/Elisabeth Mangeng, Parteivergesellschaftung. Ober den Zusammenhang von Transformationsprozeß und nachrevolutionären Gesellschaftsstrukturen. in den nachkapitalistischen Ländern sowjetischen Typs, in: Ubergangsgesellschaft [Anm. I/1], S. 89 ff.) haben in der Diskussion über Probleme der Obergangsgesellschaft den außerordentlich fruchtbaren Begriff der „Parteivergesellschaftung“ eingeführt, um diese Zusammenhänge zu analysieren. „Der Herrschaftscharakter der Parteivergesellschaftung ist strukturell in einem Revolutionsverlauf angelegt, in dessen Vollzug die Anarchie der kapitalistischen Produktionsweise aufgehoben wird, ohne jedoch die kooperativen Fähigkeiten der Produzenten in einer bewußten Assoziationsform der Arbeit freisetzen zu können. Folglich bleibt das Neue dieser Produktionsweise beschränkt auf die bewußte Planung der entfremdeten Arbeit durch die Avantgarde... Das neue Vergesellschaftungsniveau der Arbeit reduziert sich demzufolge auf die Herstellung von Bedingungen, die eine reibungslose gesellschaftliche Reproduktion mit dem Ziel der Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiter ermöglicht, ohne den Charakter entfremdeter Arbeit aufzuheben.... Nicht mehr der Verwertungszwang herrscht über die Bedürfnisse der Produzenten, sondern die im gesellschaftlichen Plan sich realisierende Führung der Partei”. Ebd., S. 104. Bedauerlicherweise haben sie diesen Ansatz nicht weiterverfolgt; vgl. hierzu Ulrich Heidt/Elisabeth Mangeng, Staatskapitalistische Organisation der Arbeit — zur Bestimmung der Gesellschaftsstrukturen in den Sozialistischen Ländern (Thesen-Papier zum Kongreß der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft — A. G.,Sozialistische Länder`), Duisburg 1975 (mschr.).

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  7. Alfred Sohn-Rethel, Geistige und körperliche Arbeit. Zur Theorie der gesellschaftlichen Synthesis, 2. rev. u. erg. Aufl., Frankfurt a. M. 1972, S. 214.

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  8. Reinhard Bendix, Herrschaft und Industriearbeit. Untersuchungen über Liberalismus und Autokratie in der Geschichte der Industrialisierung, Frankfurt a. M. 1960, S. 33; vgl. ferner Ursula Schumm-Garling, Herrschaft in der industriellen Arbeitsorganisation, Frankfurt a. M. 1972.

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  9. Bendix, Herrschaft und Industriearbeit [Anm. I/13], S. 33.

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  10. Vgl. Ralf Dahrendorf, Die Autoritätsstruktur des Industriebetriebes, in: Soziale Klassen und Klassenkonflikt, Stuttgart 1957, S. 215 ff.; wiederabgedruckt in: Organisation und Herrschaft. Klassische und moderne Studientexte zur sozialwissenschaftlichen Organisationstheorie, hrsg. von Günter Buschges, Reinbek b. Hamburg 1976, S. 118 ff.

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  11. Diese Argumentation zieht sich z. B. durch das Buch von W. M. Schapko, Begründung der Prinzipien der staatlichen Leitung durch W.I. Lenin, Berlin (DDR) 1970. Das Wörterbuch zum sozialistischen Staat, Berlin (DDR) 1974, S. 383 f., vermerkt unter dem Stichwort „Verwaltung“ u. a.: „Verwaltung (staatliche): organisierende und gestaltende Tätigkeitsform des sozialistischen Staates… Sie wirkt organisierend und gestaltend auf alle gesellschaftlichen Verhältnisse der sozialistischen Ordnung in der DDR mit dem Ziel ein, die objektiven Gesetzmäßigkeiten des Sozialismus durchzusetzen”.

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  12. Bendix, Herrschaft und Industriearbeit (Anm. 1/13), S. 33.

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  13. Mihailo Markovié, Dialektik der Praxis, Frankfurt a. M. 1971, S. 105.

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  14. „Die Politik der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands ist auf die weitere allseitige Stärkung des sozialistischen Staates der Arbeiter und Bauern als einer Form der Diktatur des Proletariats gerichtet, die die Interessen des ganzen Volkes der DDR vertritt“. Programm der SED,Entwurf (Anm. I/3), S. 151.

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  15. Markovié, Dialektik der Praxis (Anm. 1/18), S. 146.

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  16. Hegedes, Bürokratische Verhältnisse und Sozialismus (Anm. I/4), S. 77.

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  17. Amitai Etzioni, Soziologie der Organisationen, München 1969; vgl. auch Robert K. Merton, Bürokratische Struktur und Persönlichkeit, in: Renate Mayntz (Hrsg.), Bürokratische Organisation, Köln/Berlin 1968, S. 265 ff.

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  18. Wissenschaftlicher Kommunismus, Lehrbuch für das marxistisch-leninistische Grundlagenstudium, Berlin (DDR) 1974, S. 426.

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  19. „Government is the service of the hired administrators whose job it is to carry out the policies broadly outlined by the sovereign owners. Government therefore is responsible to the Party. It has been created by the Party, and the Party reserves and exercises the right to make changes in the government structure whenever it so desires. In fact, the organization and procedures of government in the USSR have been characterized by the frequency and incisiveness of change imposed on government by the Party“. Alfred G. Meyer, The Soviet Political System. An Interpretation, New York 1965, S. 198.

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  20. Wörterbuch zum sozialistischen Staat (Anm. I/16), S. 299 (s. u. „sozialistischer Staat“).

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  21. Vgl. Svetozar Stojanovié, Kritik und Zukunft des Sozialismus, Frankfurt a. M. 1972, S. 38 f.; ferner: Rudi Supek/Branko Bonjak (Hrsg.), Jugoslawien denkt anders. Marxismus und Kritik des etatistischen Sozialismus, Wien/Frankfurt a. M./Zürich 1971.

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  22. So Svetozar Stojanovié, Der etatistische Mythos vom Sozialismus, in: ebd., S. 173.

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  23. Vgl. u. a. Wolfgang Abendroth, Sozialgeschichte der europäischen Arbeiterbewegung, Frankfurt a. M. 1965; ders., Antagonistische Gesellschaft und politische Demokratie. Aufsätze zur politischen Soziologie,Neuwied/Berlin 1972; Leo Kofler, Das Wesen und die Rolle der Stalinistischen Bürokratie, Köln 1952; ders., Marxistischer oder ethischer Sozialismus?,Bovenden b. Göttingen 1955; I. Deutscher, Stalin. Die Geschichte des modernen Rußland, Stuttgart 1951.

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  24. Stojanovié, Kritik und Zukunft des Sozialismus (Anm. 1/30), S. 43.

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  25. Vgl. Hegedüs, Bürokratische Verhältnisse und Sozialismus (Anm. I/4), S. 73.

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  26. Vgl. Meyer, The Soviet Political System (Anm. I/28), S. 210 ff.

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  27. In Anknüpfung an Herbert A. Simon (Administrative Behavior. A Study of Decision Making Processes in Administrative Organization, 2. Aufl., New York 1958) wird hier — ohne die umfangreiche organisationssoziologische Diskussion im einzelnen aufzuarbeiten und ohne die Bewertungen Simons zu übernehmen — die Unterscheidung von horizontaler und vertikaler Spezialisierung als nützliches Kriterium eingeführt, das eine Abgrenzung von Arbeitsteilung nach spezifischen Aufgaben und nach Entscheidungs-bzw. Ausführungsfunktionen entsprechend der Position in der Leitungshierarchie erlaubt. Simon bezeichnet „the division of decision-making duties between operative and supervisory personnel“ als Charakteristikum der vertikalen Spezialisierung, für deren „Notwendigkeit” er drei Gründe anführt: „First, if there is any horizontal specialization („Arbeitsteilung“, der Verf.), vertical specialization is absolutely essential to achieve coordination among the operative employees. Second, just as horizontal specialization permits greater skill and expertise to be developed by the operative group in the performence of their tasks, so vertical specialization permits greater expertise in the making of decisions. Third, vertical specialization permits the operative personnel to be held accountable for their decisions.” Ebd., S. 9; vgl. ferner Wolfgang Schluchter, Aspekte bürokratischer Herrschaft, München 1972, S. 145 ff.

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  28. Markovic; Dialektik der Praxis (Anm. 1/18), S. 149 f.

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  29. Vgl. Reinhard Bendix, Bureaucracy and the Problem of Power, in: Robert K. Merton u. a. (Hrsg.), Reader in Bureaucracy, 3. Aufl., New York/London 1968, S. 114 ff.

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  30. Vgl. ebd., S. 130; s. ferner Meyer, The Soviet Political System (Anm. I/28), S. 225.

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  31. Hofmann, Stalinismus (Anm. I/5), S. 45.

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  32. Hegedus, Bürokratische Verhältnisse und Sozialismus (Anm. I/4), S. 79.

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  33. Ljubomir Tadie, Bürokratie als verdinglichte Organisation, in: Gajo Petrovié (Hrsg.), Revolutionäre Praxis. Jugoslawischer Marxismus der Gegenwart, Freiburg 1969, S. 201.

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  34. Vgl. Klaus von Beyme, Ökonomie und Politik im Sozialismus. Ein Vergleich der Entwicklung in den sozialistischen Ländern, München/Zürich 1975, S. 151 ff. v. Beyme unterscheidet zwischen der Effizienz in der Produktionssphäre (Wachstum; industrieller und landwirtschaftlicher Output; Arbeitsproduktivität; Stabilität des Wachstums, der Beschäftigung und der Preise; Autonomie und Innovationsfähigkeit des ökonomischen Systems), in der Distributionssphäre (distributive Effizienz; Konsum und Werbung) und in der Legitimationssphäre (Ideologie und Sozialisation; Organisation und Planung; Repression; Gratifikationen). Er bleibt jedoch die Antwort auf die Frage des Verhältnisses dieser unterschiedlichen und z. T. gegenläufigen Kriterien und der in den sowjetsozialistischen Ländern gültigen Prioritäten weitgehend schuldig.

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  35. Vgl. Jiii Kosta, Betriebliche Selbstverwaltung und sozialistische Planwirtschaft, in: Christian Fenner/Bernhard Blanke (Hrsg.), Systemwandel und Demokratisierung. Festschrift für Ossip K. Flechtheim, Frankfurt a. M./Köln 1975, S. 181.

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  36. Hegedus (Bürokratische Verhältnisse und Sozialismus [Anm. 1/4], S. 75) konstatiert einen „tatsächlichen Widerspruch“ zwischen der Forderung nach „Optimalisierung” und „Humanisierung“, die oft zugunsten der Optimalisierung entschieden wird, „wenn die einseitig bürokratische Lösung des Problems der Lenkung effektiver zu sein scheint”.

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  37. Vgl. Mihailo Markovié, Widersprüche in Staaten mit sozialistischen Verfassungen, in: Systemwandel und Demokratisierung (Anm. I/45), S. 193.

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  38. Daniel Bell, Die nachindustrielle Gesellschaft, Frankfurt a. M./New York 1975, S. 84; vgl. ferner Frédéric Bon/Michel-Antoine Burnier, Die neuen Intellektuellen, Wien 1974, S. 91 ff.

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  39. Bell, Nachindustrielle Gesellschaft, S. 84.

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  40. Vgl. Jürgen Habermas, Technik und Wissenschaft als „Ideologie“, Frankfurt a. M. 1970, S. 50.

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  41. Wlodzimierz Brus, Funktionsprobleme der sozialistischen Wirtschaft, Frankfurt a. M. 1971, S. 215.

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  42. W. I. Lenin, Brief an einen Genossen über unsere organisatorischen Aufgaben, in:Werke, Bd. 6, S. 241.

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  43. Vgl. Peter Christian Ludz, Parteielite im Wandel. Funktionsaufbau, Sozialstruktur und Ideologie der SED-Führung. Eine empirisch-systematische Untersuchung,2. Aufl., Köln/Opladen 1968, S. 25 ff., 40 ff.

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  44. Richard Herber/Herbert Jung, Kaderarbeit im System sozialistischer Fiihrungstätigkeit, Berlin (DDR) 1968, S. 13; eine erste Auflage dieses Buches erschien 1964 unter dem Titel Wissenschaftliche Leitung und Entwicklung der Kader, Berlin (DDR) 1964.

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  45. Vgl. hierzu u. a. Karl Kautsky, Das Erfurter Programm — in seinem grundsätzlichen Teil erläutert von Karl Kautsky, 17. Aufl., Stuttgart/Berlin 1922; ders., Karl Marx’ Ökonomische Lehren, 16. Aufl., Stuttgart 1919.

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  46. Leninismus — neue Stufe des wissenschaftlichen Sozialismus? Zum Verhältnis von Marx’-scher Theorie, Klassenanalyse und revolutionärer Taktik bei W. I. Lenin, hrsg. vom Projekt Klassenanalyse, Berlin 1972, 1. Halbbd., S. 75 f.

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  47. Zur Entwicklung der Produktionsverhältnisse in Rußland seit 1860 vgl. Peter Hoffmann/ Heinz Lemke (Hrsg.), Genesis und Entwicklung des Kapitalismus in Rußland. Studien und Beiträge, Berlin (DDR) 1973; s. ferner Richard Lorenz, Sozialgeschichte der Sowjetunion, Bd. 1: 1917–1945, Frankfurt a. M. 1976; Jürgen Nötzold, Wirtschaftspolitische Alternativen der Entwicklung Rußlands in der Ara Witte und Stolypin, Berlin 1966; B. Rabehl/W. Spohn/U. Wolter, Halbheiten in der Oberwindung des Leninismus. Zur Leninkritik des Projekts Klassenanalyse (PKA), in: Probleme des Klassenkampfes, 4. Jg. 1974, Nr. 11/12, S. 1 ff.; Dietrich Geyer (Hrsg.), Wirtschaft und Gesellschaft im vorrevolutionären Rußland, Köln 1975.

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  48. Auf das für Rußland bedeutsame Problem des Verhältnisses von Proletariat und Bauernschaft soll im folgenden nicht näher eingegangen werden. Zur Auseinandersetzung von Marx und Engels mit den Problemen der russischen Landgemeinde (Mir) und den Positionen der verschiedenen politischen Gruppierungen Rußlands zu diesem Problem vgl. Yvonne Hermann, Demokratie und Selbstbestimmung im Konzept der russischen Oktoberrevolution, Gaiganz b. Erlangen 1975, S. 14 ff.; vgl. ferner Kurt Mandelbaum, Marx, Engels, Lenin. Zur Vorgeschichte der Russischen Revolution, in: ders., Sozialdemokratie und Leninismus. Zwei Aufsätze, Berlin 1974, S. 48 ff.

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  49. Karl Korsch: Zur Geschichte der marxistischen Ideologie in Rußland, in: ders., Politische Texte, hrsg. von Erich Gerlach und Jürgen Seifert, Wiener Neustadt, o. J. [um 1975], S. 251.

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  50. „... die Warenzirkulation:Lind folglich auch die Warenproduktion in Rußland [steht] durchaus auf festen Füßen… Rußland ist ein kapitalistisches Land. Andererseits ist daraus ersichtlich, daß Rußland, verglichen mit anderen kapitalistischen Ländern, in seiner ökonomischen Entwicklung noch sehr zurückgeblieben ist“. (Lenin: Die Entwicklung des Kapitalismus in Rußland. Der Prozeß der Bildung des inneren Marktes für die Großindustrie, in: Werke, Bd. 3, S. 516.) Zur Diskussion über das Problem der „historischen Mission” des Kapitalismus in Rußland vgl. Dietrich Geyer, Lenin in der russischen Sozialdemokratie. Die Arbeiterbewegung im Zarenreich als Organisationsproblem der revolutionären Intelligenz 1890–1903, Köln/Graz 1962, S. 26 ff.

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  51. Vgl. Rudi Dutschke, Versuch, Lenin auf die Fiiße zu stellen. Ober den halbasiatischen und den westeuropäischen Weg zum Sozialismus. Lenin, Lukács und die Dritte Internationale, Berlin 1974. Dutschke geht davon aus, daß die „halbasiatische Produktionsweise“ in ihrer spezifischen Verquickung mit der Despotie des Zarismus die Herausbildung der kapitalistischen Produktionsweise behinderte und zu einer im Vergleich mit den Ländern Westeuropas „untypischen” Entwicklung des Kapitalismus im Rußland der Jahrhundertwende führte. „Diese ökonomische Struktur wurde nicht wie in Westeuropa über AkkumulationsGenerationen des Kapitals aus dem Handwerk, dem Kleingewerbe etc. geschaffen, sondern dem sich im Prozeß der asiatischen „Kapitalisierung“ Rußlands zersetzenden und stagnierenden Unterbau der Agrar-und Hausindustrie aufgepfropft”. (Ebd., S. 97.) Dutschke sieht in der Fixierung Lenins und der Bolschewiki auf den „normalen“ westeuropäischen Akkumulationsprozeß des Kapitals die Gründe für die Perpetuierung despotischer Formen der Herrschaftsausübung.

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  52. Vgl. hierzu Geyer, Lenin in der russischen Sozialdemokratie (Anm. I/60), S. 47 ff.

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  53. Auch die spätere scharfe Kritik Lenins an Kautsky (vgl. Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky, in: Werke, Bd. 28, S. 225 ff.) stellt keinen Bruch mit den Grundannahmen des „Kautskyanismus“ dar; es ist eine Abrechnung mit dem subjektiven „Verrat” Kautskys an den vermeintlichen Traditionen der Sozialdemokratie vor dem I. Weltkrieg.

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  54. Vgl. Karl Kautsky, Grundsätze und Forderungen der Sozialdemokratie — Erläuterungen zum Erfurter Programm, in: ders., Texte zu den Programmen der deutschen Sozialdemokratie 1891–1925, hrsg. von Albrecht Langner, Köln 1968, S. 154 ff.

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  55. Karl Kautsky, Die Revision des Programms der Sozialdemokratie in Österreich, in: Die neue Zeit, 20. Jg. (1901–1902), Nr. 3, S. 79 f.

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  56. Auf die verschiedenen Strömungen in der russischen Sozialdemokratie wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit nicht eingegangen. Auch die wichtige Auseinandersetzung Lenins mit den Okonomisten, der eigentliche Anlaß von Lenins Broschüre „Was tun? “, bleibt außer Betracht. — Es muß jedoch betont werden, daß die Leninsche Konzeption eine mögliche Antwort auf die Frage nach der Organisation des Proletariats in Rußland war. „Der Okonomismus war ein Reflex der allmählich zu eigenem Bewußtsein erwachenden Arbeiterschaft, die sich in ihrem wirtschaftlichen Kampf… Selbsthilfeorganisationen schuf und den Ideen der politischen Revolutionäre fremd oder ablehnend gegenüber stand. Er wurde aber gleichzeitig von einer Anzahl russischer Marxisten als revisionistische Richtung gegen Plechanow und seine Anhänger aufgenommen und steht so in Zusammenhang mit der gleichzeitigen Auseinandersetzung innerhalb des westeuropäischen Sozialismus. Die Okonomisten verfochten den Vorrang oder zumindest die Gleichwertigkeit der alltäglichen, auf Besserung der sozialen Lage der Arbeiter ausgerichteten und sich des Streiks bedienenden Tätigkeit der Sozialdemokratischen Partei, gegenüber dem von den Orthodoxen betonten Primat der politischen Aktion und Organisation”. So Oskar Anweiler, Die Rätebewegung in Rußland 1905–1921, Leiden 1958, S. 35.

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  57. Die von Lenin formulierten „21 Bedingungen“ für die Aufnahme in die Komintern machen jedoch schon 1920 das russische Parteimodell verbindlich für alle Sektionen der Komintern. Vgl. dazu Hermann Weber, Die kommunistische Internationale. Eine Dokumentation, Hannover 1966, S. 55 ff.

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  58. „Der Klassenkampf des Proletariats besteht aus dem ökonomischen Kampf (Kampf gegen einzelne Kapitalisten oder gegen einzelne Kapitalistengruppen für die Verbesserung der Lage der Arbeiter) und dem politischen Kampf (Kampf gegen die Regierung für die Erweiterung der Rechte des Volkes, d. h. für Demokratie, sowie für die Erweiterung der politischen Macht des Proletariats)“. Siehe W. I. Lenin, Unser Programm, in: Werke, Bd. 4, S. 206.

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  59. W. I. Lenin, Was tun?. Brennende Fragen unserer Bewegung, in: Werke, Bd. 5, S. 385.

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  60. „Wir haben gesagt, daß die Arbeiter ein sozialdemokratisches Bewußtsein gar nicht haben konnten. Dieses konnte ihnen nur von außen gebracht werden. Die Geschichte aller Länder zeugt davon, daß die Arbeiterklasse ausschließlich aus eigner Kraft nur ein trade-unionistisches Bewußtsein hervorzubringen vermag… Die Lehre des Sozialismus ist hingegen aus den philosophischen, historischen und ökonomischen Theorien hervorgegangen, die von den gebildeten Vertretern der besitzenden Klassen, der Intelligenz ausgearbeitet wurden“. Ebd., S. 385 f.; vgl. auch ebd., S. 394 f., 430, 436.

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  61. Von „einer selbständigen, von den Arbeitermassen im Verlauf ihrer Bewegung selbst ausgearbeiteten Ideologie [kann] keine Rede sein... Dies heißt selbstverständlich nicht, daß die Arbeiter an dieser Ausarbeitung nicht teilnehmen. Aber sie nehmen daran nicht als Arbeiter teil, sondern als Theoretiker des Sozialismus,… sie nehmen nur dann und soweit daran teil, als es ihnen in höherem oder geringerem Maße gelingt, sich das Wissen ihres Zeitalters anzueignen und dieses Wissen zu bereichern“. Ebd., S. 395.

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  62. W. I. Lenin, Die dringendsten Aufgaben unserer Bewegung, in: Werke, Bd. 4, S. 367 f.

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  63. Bernd Rabehl, Wilfried Spohn und Ulf Wolter (Der Einfluß der jacobinistischen und sozial-demokratischen Tradition auf das leninistische Organisationskonzept, in: Probleme des Klas-senkampfes, 5. Jg. 1975, Nr. 17/18, S. 99 ff.) machen auf den Widerspruch aufmerksam, der in der Behauptung Lenins von einer Dominanz der Kapitalverhältnisse und der Forderung nach einem Sturz der Selbstherrschaft, d. h. nach der bürgerlichen Revolution als Voraussetzung für die volle Entwicklung der Kapitalverhältnisse liegt. „Obwohl Lenin beständig von der quantitativen Dominanz der Kapitalverhältnisse in Rußland ausgeht, nimmt er diese Einschätzung jedoch nicht zur Basis der Bestimmung der politischen Aufgaben der Sozialdemokratie, denn nach dieser These würde für Rußland zumindest tendenziell die sozialistische Revolution auf der Tagesordnung stehen“. (Ebd., S. 120.)

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  64. W. I. Lenin, Die Aufgaben der russischen Sozialdemokraten, in:Werke, Bd. 2, S. 330; eine solche Aufgabenstellung bedeutet gerade nicht die Berücksichtigung des Zieles der sozialen Emanzipation der Arbeiterklasse, wie das „Projekt Klassenanalyse“ in seiner positiven Rezeption dieser Passage behauptet. Dies wird deutlich, wenn die „sozialistische Arbeit” der Partei reduziert wird auf die Verbreitung der Lehren des wissenschaftlichen Sozialismus und die Teilnahme an den konkreten Klassenauseinandersetzungen und spontanen Kampfaktionen der Arbeiterklasse. Der politische Charakter des ökonomischen Kampfes stellt sich für Lenin allein durch den Kampf gegen den Polizeiterror und die Beschränkung der Versammlungs-und Publikationsfreiheit her. Vgl. Leninismus — neue Stufe des wissenschaftlichen Sozialismus? (Anm. I/56), S. 118 f.

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  65. „Der ökonomische Kampf ist ein kollektiver Kampf der Arbeiter gegen die Unternehmer für günstige Bedingungen des Verkaufs der Arbeitskraft, für die Verbesserung der Arbeits-und Lebensbedingungen der Arbeiter. Dieser Kampf ist notwendigerweise ein beruflicher Kampf, da die Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Berufen äußerst verschieden sind und folglich der Kampf um die Verbesserung dieser Bedingungen nach Berufen… geführt werden muß“. Lenin, Was tun? (Anm. 1/70), S. 417. Vgl. auch Rabehl/Spohn/Wolter, Der Einfluß der jacobinistischen… (Anm. 1/75), S. 124.

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  66. Vgl. Paul Mattick, Die Gegensätze zwischen Luxemburg und Lenin, in: A. Pannekook u. a., Partei und Revolution, Berlin o. J., S. 125 ff. (Nachdruck aus: Rätekorrespondenz, Heft 12, September 1935).

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  67. Vgl. Dutschke, Versuch, Lenin auf die Füße zu stellen (Anm. I/61), S. 201.

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  68. „Alle Betriebe verschmelzen… zu einem einzigen gesellschaftlichen Produktionsprozeß, aber jeder dieser Betriebe wird von einem einzelnen Kapitalisten geleitet, ist dessen Willkür ausgesetzt, und der Kapitalist erhält die gesellschaftlichen Produkte als Privateigentum. Ist es da nicht klar, daß die Produktionsform in einen unversöhnlichen Widerspruch zu der Aneignungsform gerät? Liegt es da nicht auf der Hand, daß diese sich unweigerlich jener anpassen und ebenfalls gesellschaftlich, d. h. sozialistisch werden muß? “ W. I. Lenin, Was sind die Volksfreunde und wie kämpfen sie gegen die Sozialdemokratie?, in: Werke, Bd. 1, S. 170.

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  69. Vgl. Mattick, Gegensätze… (Anm. 1/78), S. 150 f.

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  70. Heidt/Mangeng, Parteivergesellschaftung, in:Ubergangsgesellschaft (Anm. I/11), S. 90.

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  71. Andras Hegedes/Maria Markus, Die Humanisierung der Arbeit, in: Die Neue Linke in Ungarn (Anm. 1/4), S. 90.

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  72. Vgl. Guiseppe Bedeschi, Partei und Revolution, in: Claudio Pozzoli (Hrsg.), Rosa Luxemburg oder Die Bestimmung des Sozialismus, Frankfurt a. M. 1970, S. 146.

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  73. Lenin, Was tun? (Anm. I/70), S. 478.

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  74. Vgl. Rabehl/Spohn/Wolter, Der Einfluß der jacobinistischen… (Anm. 1/75), S. 125. Gleichwohl ist zu reflektieren, inwieweit die Konstituierung solcher Organisationsprinzipien Formen und Methoden der Willensbildung in der Partei beeinflußt und Handlungsmuster einführt, die auch nach der Eroberung der politischen Macht gültig bleiben.

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  75. Die politische Organisation der sozialistischen Gesellschaft, Berlin (DDR) 1973, S. 13.

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  76. Lenin, Was tun? (Anm. I/70), S. 480 f.

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  77. W. I. Lenin, Neue Aufgaben und neue Kräfte, in: Werke, Bd. 8, S. 206.

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  78. Lenin, Was tun? (Anm. 1/70), S. 396.

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  79. Lenin, Die Aufgaben der russischen Sozialdemokraten (Anm. 1/76), S. 331 ff. Zum Problem des Verhältnisses von Agitation und Propaganda vgl. Ernst Richert (in Zusammenarbeit mit Carola Stern und Peter Dietrich), Agitation und Propaganda. Das Problem der publizistischen Massenführung in der Sowjetzone, Berlin/Frankfurt a. M. 1958.

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  80. Dem entsprach die Konzeption Lenins von einer gesamtrussischen Zeitung als „kollektiver Organisator“. Ebd., S. 518 ff.

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  81. „Unsere größte Sünde besteht im Herab drücken unserer politischen und organisatorischen Aufgaben auf das Niveau der nächsten,,greifbaren`,,konkreten’ Interessen des ökonomischen Tageskampfes... Der politische Kampf der Sozialdemokratie ist viel umfassender und komplizierter als der ökonomische Kampf der Arbeiter gegen die Unternehmer und die Regierung. Genauso (und infolgedessen) muß die Organisation der revolutionären sozialdemokratischen Partei unvermeidlich anderer Art sein als die Organisation der Arbeiter für diesen Kampf“. Ebd., S. 468; vgl. auch Anweiler, Die Rätebewegung in Rußland (Anm. (1/67), S. 37.

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  82. In positiver Würdigung der deutschen Sozialdemokratie beschreibt Lenin die Aufgaben der Partei folgendermaßen: „.. für jeden begabten Arbeiter Verhältnisse zu schaffen, unter denen seine Fähigkeiten zu voller Entfaltung gelangen und restlose Verwendung finden: man macht ihn zum Berufsagitator, man veranlaßt ihn, sein Arbeitsfeld zu erweitern, es von einer Fabrik auf das ganze Gewerbe, von einem Ort auf das ganze Land auszudehnen. Er erwirbt Übung und Geschicklichkeit in seinem Beruf, er erweitert seinen Gesichtskreis und seine Kenntnisse, er hat Gelegenheit, hervorragende politische Führer anderer Gegenden und anderer Parteien aus unmittelbarer Nähe zu beobachten, er bemüht sich, das gleiche Niveau zu erreichen sowie Kenntnisse des Arbeitermilieus und Frische der sozialistischen Überzeugung mit der beruflichen Schulung in sich zu vereinigen… Ein halbwegs talentierter und,zu Hoffnungen berechtigender` Agitator aus der Arbeiterklasse darf nicht 11 Stunden in der Fabrik arbeiten. Wir müssen dafür sorgen, daß er aus Mitteln der Partei unterhalten wird…“ Lenin, Was tun? (Anm. I/70), S. 489 f.

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  83. „Haben wir erst Trupps speziell geschulter Revolutionäre aus der Arbeiterklasse…, dann wird keine politische Polizei der Welt mit diesen Trupps fertig werden, denn diese Trupps der Revolution grenzenlos ergebener Menschen werden auch das grenzenlose Vertrauen der breitesten Arbeitermassen genießen“. Ebd., S. 490.

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  84. Auf den möglichen Einwand, „daß eine straffe Zentralisation die Sache allzu leicht zugrunde richten kann, wenn der Zentralstelle zufällig ein mit sehr großen Machtbefugnissen ausgestatteter unfähiger Mensch angehört“, entgegnet Lenin, daß das natürlich möglich sei, daß aber die Mittel dagegen „keineswegs Wählbarkeit und Dezentralisation [sind], die in der revolutionären Arbeit unter der Selbstherrschaft in nennenswertem Umfang völlig unzulässig, ja geradezu schädlich sind. Das Mittel dagegen gibt kein Statut, es kann nur gegeben werden durch,kameradschaftliche Einwirkung’, angefangen mit Resolutionen all der vielen Untergruppen, fortgesetzt mit deren Anträgen an das ZO [Zentralorgan] und ZK [Zentralkomitee] und (im schlimmsten Falle) bis zum Sturz des völlig unfähigen Machtorgans”. Ebd., S. 234; vgl. auch Rabehl/Spohn/Wolter (Der Einfluß der jacobinistischen… [Anm. I/75], S. 128), die den Leninschen Parteitypus als „klassische Form einer bürgerlichen Elitepartei, einer sich selbst regulierenden Führungsoligarchie“ kennzeichnen.

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  85. Vgl. Manfred Scharrer/Dieter Schütte, Die „literarischen Repräsentanten“ der DKP — Kritik am Marxismus des Projekts Klassenanalyse, in: Probleme des Klassenkampfes, 3. Jg. (1973), Nr. 10, S. 77.

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  86. W. I. Lenin, Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück (Die Krise in unserer Partei), in: Werke, Bd. 7, S. 238.

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  87. Rosa Luxemburg, Organisationsfragen der russischen Sozialdemokratie, in: dies., Gesammelte Werke, Bd. 1, 2. Halbbd., Berlin (DDR) 1974, S. 429. Auf die Kontroverse Luxemburg—Lenin wird hier nicht weiter eingegangen; vgl. dazu W. I. Lenin, Ein Schrittvorwärts, zwei Schritte zurück. Eine Antwort Lenins an Rosa Luxemburg, in: Werke, Bd. 7, S. 480 ff. Vgl. ferner Rosa Luxemburg, Massenstreik, Partei und Gewerkschaften, in: Gesammelte Werke,Bd. 2, S. 91 ff.; Guiseppe Bedeschi (Partei und Revolution, in: Rosa Luxemburg oder Die Bestimmung des Sozialismus [Anm. I/84], S. 127 ff.) weist mit Recht darauf hin, daß der eigentliche Gegensatz Lenin—Luxemburg nicht einfach in der Frage des Zentralismus zu suchen sei, da Rosa Luxemburg zentralistische Tendenzen in der Sozialdemokratie durchaus anerkenne, sondern vielmehr in der grundsätzlich unterschiedlichen Beurteilung des Verhältnisses von Partei und Klasse. Vgl. a.a.O., S. 145; vgl. auch Jürgen Hentze, Aspekte des revolutionären Konzepts Rosa Luxemburgs. Spontanität, Aktion und Partei, in: Marxistische Revolutionstheorien, Frankfurt a. M. 1974, S. 33 ff.

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  88. Luxemburg, Organisationsfragen (Anm. 1/103), S. 443.

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  89. Vgl. Edward Hallet Carr, The Bolshevik Revolution 1917–1923, London 1950, Bd. 1, S. 184 ff. „The evolution of a revolutionary party into a governmental party has been a feature of all victorious revolutions, and produces some consequences so familiar that they may be called stereotyped. The party, turning from the task of destruction to that of administration, discovers the virtues of law and order and of submission to the rightful authority of the revolutionary power; and it is attacked from the left by those who wish to carry on the revolution in the name of former revolutionary principles which the government of the revolution is now alleged to be betraying“. Ebd., S. 185; vgl. auch Oskar Anweiler, Einleitung zu: Arbeiterdemokratie oder Parteidiktatur, hrsg. von Frits Kool und Erwin Oberländer, Olten/Freiburg 1967, S. 11 ff.

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  90. Hier ist Dutschke zu widersprechen, der die Möglichkeit andeutet, daß dieser Konstellation zu entgehen gewesen sei. „Die Bolschewiki konnten und mußten die Macht ergreifen, es war eine geschichtliche Möglichkeit, die im Zeitalter des Imperialismus gegeben ist, die allerdings besonderer politischer und organisatorischer Wendungen bedarf, um nicht selbst in die gesellschaftliche Rolle zu geraten, die die Bolschewiki historisch der russischen,Bourgeoisie` zugewiesen hatten, nämlich die Produktivkräfte zu entwickeln und die Arbeiter und Bauern auszubeuten.“ Dutschke, Versuch (Anm. 1/61), S. 167. Es ist zu bezweifeln, ob der Kapitalisierungsprozeß ohne „soziale Kosten” denkbar ist, die, wird er von der Arbeiterbewegung selbst betrieben, das Ziel der sozialistischen Emanzipation zumindest in Frage stellen, wenn nicht unmöglich machen. Fur Charles Bettelheim (Die Klassenkämpfe in der UdSSR, Bd. I: 1917–1923, Berlin 1975) stellt sich dieses Problem nicht; für ihn wird die Durchsetzung industrieller Produktionsmethoden zu einer Frage des Bewußtseins und „proletarischer Disziplin“. „Die industrielle Produktion als eine im hohen Maße vergesellschaftete Produktion verlangt eine strikte Koordinierung der elementaren Arbeitsprozesse… Eine wirkliche Arbeitsdisziplin ist notwendig, um diesen Erfordernissen zu genügen; diese Disziplin hat aber immer Klassencharakter”. Der Obergang von der „bürgerlichen Disziplin“ zur proletarischen ist Bestandteil und Ergebnis des ideologischen und politischen Klassenkampfes, wobei der „subjektive Aspekt dieses revolutionären Prozesses” wesentlich ist, „denn die Agenten der Produktion müssen sich von den ideologischen Verhältnissen befreien, denen sie durch die kapitalistische Ausbeutung unterworfen wurden, sowie von den gesellschaftlichen Praktiken, die dieser Ausbeutung entsprechen“. (Ebd., S. 152 f.) Nicht die Aufhebung entfremdeter Arbeit ist hier das Ziel der proletarischen Revolution, sondern deren ideologische Uminterpretation.

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  91. W. I. Lenin, Über die Aufgaben des Proletariats in der gegenwärtigen Revolution, in: Werke, Bd. 24, S. 1 ff.; ders., Werden die Bolschewiki die Staatsmacht behaupten?, in: Werke, Bd. 26, S. 71 ff.

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  92. Vgl. hierzu Anweiler, Einleitung zu: Arbeiterdemokratie (Anm. I/109); ders., Rätebewegung (Anm. 1/67), S. 180 ff.; Bettelheim, Klassenkämpfe (Anm. 1/110), S. 115 ff.; Carr, Bolshevik Revolution (Anm. 1/109), Bd. 2; Hermann, Demokratie und Selbstbestimmung (Anm. 1/58), S. 79 ff.; Friedrich Pollock, Die planwirtschaftlichen Versuche in der Sowjetunion 1917–1927, Frankfurt a. M. 1971, S. 29 ff.; Uwe Brügmann, Die russischen Gewerkschaften in Revolution und Bürgerkrieg 1917–1919, Frankfurt a. M. 1972, S. 61 ff.

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  93. Der neue Staatsapparat, die Sowjets, schafft „eine Organisationsform der Vorhut, d. h. des bewußtesten, energischsten und fortgeschrittensten Teils der unterdrückten Klassen, der Arbeiter und Bauern, und stellt auf diese Weise einen Apparat dar, mit dessen Hilfe die Vorhut der unterdrückten Klassen die ganze gigantische Masse dieser Klassen, die bisher völlig außerhalb des politischen Lebens, außerhalb der Geschichte stand, zu heben, zu erziehen, zu schulen und zu führen vermag“. Lenin, Werden die Bolschewiki die Staatsmacht behaupten? (Anm. 1/111), S. 87.

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  94. Vgl. Anweiler, Einleitung zu: Arbeiterdemokratie (Anm. 1/109), S. 42.

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  95. „Aus der veränderten Stellung der Partei in Staat und Gesellschaft, aus der Tatsache, daß die Partei nunmehr die Verantwortung und die Führung bei der Neugestaltung des staatlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens zu übernehmen hatte, ergab sich also die Notwendigkeit der Veränderung des Inhalts und der Methoden der Kaderarbeit“. Diese, auf die Situation in der DDR bezogene Aussage kann als die Verallgemeinerung der russischen Erfahrungen und ihre Übertragung auf andere Gesellschaftssysteme gewertet werden. Vgl. Herber/Jung, Kaderarbeit im System sozialistischer Führungstätigkeit (Anm. I/54), S. 33.

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  96. Vgl. Carr, Bolshevik Revolution, Bd. 1 (Anm. I/109), S. 205.

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  97. W. I. Lenin, Ober die Reorganisation der Partei, in: Werke, Bd. 10, S. 16.

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  98. Edward Hallet Carr, Socialism in one Country, Bd. 1, London 1958, S. 135, spricht von der Partei als „society in miniature“.

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  99. Mitgliederzahlen der Partei der Bolschewiki: (Spalte 1 nach Carr, Bolshevik Revolution, Bd. 1 [Anm. I/109], S. 205 ff.; Spalte 2 nach Leonhard Schapiro, Die Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, o. O. [Frankfurt a. M.] 1961, S. 252 ff. und ders., The Communist Party of the Soviet Union, 2. rev. u. erw. Aufl., London 1970, S. 235 ff.) Die starken Schwankungen der Mitgliederzahlen beruhen im wesentlichen auf Parteisäuberungen (März 1919/März 1921) und Aufnahmeaktionen (Herbst 1919). Die unterschiedlichen Angaben in den Spalten 1 und 2 ergeben sich aus der Tatsache, daß Carr die — zuverlässigeren — Parteistatistiken zugrunde-legt, Schapiro sich dagegen vor allem auf die auf den Parteitagen gemachten höheren Angaben bezieht (vgl. Carr, S. 205, Fußnote 4); Mitglieder und Kandidaten der KPdSU 1917–1923:

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  100. Dahingehende Äußerungen sind durchaus widersprüchlich. Der Vergleich des ursprünglichen Entwurfs des Artikels „Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht“ (in: Werke, Bd. 27, S. 192 ff.) mit der endgültigen Fassung (ebd., S. 225 ff.) zeigt dies in besonderer Weise. Vieles deutet darauf hin, daß Lenin in der Zeit zwischen der Abfassung des Entwurfs und der endgültigen Fassung (veröffentlicht am 28. April 1918) einen Positionswechsel vollzogen hat. Im Entwurf betont Lenin die Notwendigkeit, „den demokratischen Zentralismus auf dem Gebiet der Wirtschaft zu verwirklichen, für ein absolut reibungsloses Funktionieren solcher ökonomischer Unternehmungen zu sorgen wie Eisenbahn, Post, Telegraph, sonstige Transportmittel usw.”, schreibt dem Zentralismus, „in wirklich demokratischem Sinne verstanden“, jedoch zugleich die Fähigkeit zu, „die zum erstenmal von der Geschichte geschaffene Möglichkeit völliger und unbehinderter Entwicklung nicht nur der örtlichen Besonderheiten, sondern auch der örtlichen Initiative, der Mannigfaltigkeit der Wege, Methoden und Mittel…” zu entwickeln (ebd., S. 197). Dieser den Entwurf bestimmende Grundton wird in der Endfassung (ebd., S. 260) abgelöst durch die Betonung strenger Disziplin und Unterordnung: „Diese Unterordnung kann bei idealer Bewußtheit und Diszipliniertheit der an der gemeinsamen Arbeit Beteiligten mehr an die milde Leitung eines Dirigenten erinnern. Sie kann die scharfen Formen der Diktatorschaft annehmen, wenn keine ideale Diszipliniertheit und Bewußtheit vorhanden ist. Aber wie dem auch sein mag, die widerspruchslose Unterordnung unter einen einheitlichen Willen ist für den Erfolg der Prozesse der Arbeit, die nach dem Typus der maschinellen Großindustrie organisiert wird, unbedingt notwendig“.

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  101. Die nach 1921 von Lenin an der Bürokratie geübte Kritik trifft vor allem den Staatsapparat, der sich ihm „zum größten Teil [als] ein Oberbleibsel des Alten“ darstellt, „an dem nur zum geringeren Teil einigermaßen ernsthafte Veränderungen vorgenommen worden sind. Er ist nur äußerlich leicht übertüncht worden, im übrigen aber stellt er etwas ganz typisch Altes aus unserem alten Staatsapparat dar”. Vgl. W. I. Lenin, Wie wir die Arbeiter-und Bauerninspektion reorganisieren sollen, in: Werke,Bd. 33, S. 468. Der Widerspruch zwischen revolutionärem Impetus der Partei und den tradierten Arbeitsdisziplinen macht für Lenin eines der Hauptprobleme des Staatsapparates aus. „Auf dem gesamten Gebiet der gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Beziehungen sind wir,schrecklich’ revolutionär. Aber was den Amtsrespekt betrifft, die Wahrung der Formen und Zeremonien in der Geschäftsführung, so ist es gang und gäbe, daß an Stelle unseres,Revolutionismus’ die muffigste Routine tritt. Hier kann man oft genug die höchst interessante Erscheinung beobachten, daß sich im gesellschaftlichen Leben der größte Sprung nach vorn mit einer ungeheuren Zaghaftigkeit gegenüber den kleinsten Veränderungen verbindet“. W. I. Lenin, Lieber weniger, aber besser, in: Werke, Bd. 33, S. 484.

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  102. „… die Frage des Staatsapparates ist eine der wesentlichsten Fragen unseres ganzen Aufbaus. Arbeitet der Staatsapparat ehrlich, oder ist er bestechlich;… hintergeht er den Staat in seiner Arbeit, oder dient er ihm in Treu und Glauben; ist er eine Bürde für die Werktätigen, oder ist er eine Organisation zur Unterstützung der Werktätigen; verbreitet er die Idee der proletarischen Gesetzlichkeit, oder demoralisiert er das Bewußtsein der Bevölkerung durch Ablehnung dieser Idee; entwickelt er sich vorwärts auf den Obergang zur staatslosen kommunistischen Gesellschaft, oder zerrt er rückwärts, zurück zum muffigen Bürokratismus eines gewöhnlichen bürgerlichen Staates — all das sind Fragen, deren richtige Lösung entscheidende Bedeutung für die Partei und den Sozialismus haben muß. Daß unser Staatsapparat voller Mängel ist, daß er schwerfällig und teuer, daß er zu, neun Zehntel bürokratisch ist, daß der Bürokratismus des Staatsapparates auf die Partei und ihre Organisationen drückt… daran kann es kaum einen Zweifel geben. Indes ist klar, daß unser Staatsapparat, wenn er sich wenigstens von einigen seiner Hauptfehler frei machte, in den Händen des Proletariats ein mächtiges Mittel zur Erziehung und Umerziehung breiter Schichten der Bevölkerung im Geiste der Diktatur des Proletariats und des Sozialismus sein könnte“. J. W. Stalin, Ober die Ergebnisse des XIII. Parteitages der KPR (B), in: Werke, Bd. 6, S. 223.

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  103. „… weil,die Menge nicht uns gehört`, ist es unvernünftig und unanständig, von sofortigem,Sturmangriff zu schreien, denn der Sturmangriff ist der Angriff einer regulären Armee, nicht aber ein spontaner Ausbruch der Menge. Eben weil die Menge die reguläre Armee überrennen und beiseite drängen kann, müssen wir unbedingt mit dem spontanen Aufschwung Schritt halten und,zustande kommen’ mit unserer Arbeit, der regulären Armee eine,überaus systematische Organisation zu verleihen’, denn je eher wir damit,zustande kommen’ und der regulären Armee diese Organisiertheit verleihen, um so wahrscheinlicher ist es, daß diese reguläre Armee von der Menge nicht überrannt wird, sondern in den vordersten Reihen und an der Spitze der Menge stehen wird.“ Lenin, Was tun? (Anm. 1/70), S. 532.

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  104. Vgl. Rabehl/Spohn/Wolter, Der Einfluß der jacobinistischen (Anm. I/75), S. 140.

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  105. Lenin, Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück (Die Krise in unserer Partei) (Anm. 1/101), S. 395.

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  106. „Organisieren wir Arbeiter selber die Großproduktion, davon ausgehend, was der Kapitalismus bereits geschaffen hat, auf unsere Arbeitserfahrung gestützt, mit Hilfe strengster, eiserner Disziplin… — das ist unsere proletarische Aufgabe, damit kann und muß man bei der Durchführung der proletarischen Revolution beginnen“. Lenin, Staat und Revolution. Die Lehre des Marxismus vom Staat und die Aufgaben des Proletariats in der Revolution, in:Werke, Bd. 25, S. 439. Lenin (ebd., S. 487) spricht ferner positiv von der Schulung und Disziplinierung „von Millionen Arbeitern durch den umfassenden, komplizierten, vergesellschafteten Apparat der Post, der Eisenbahn, der Großbetriebe, des Großhandels, des Bankwesens usw. usf.”, die die Grundlage für die C)bernahme der Kontrolle über Produktion und Verteilung durch die Arbeiter gelegt hätten. Hans-Jürgen Krahl (Konstitution und Klassenkampf. Zur historischen Dialektik von bürgerlicher Emanzipation und proletarischer Revolution. Schriften, Reden und Entwürfe aus den Jahren 1966–1970, Frankfurt a. M. 1971, S. 196) sieht in dieser „organisatorischen Umsetzung technischer Fabrikdisziplin in die praktische Disziplin des organisierten Klassenkampfes“ die Gefahr einer „technizistischen Reduktion revolutionärer Praxis”, die sich in seiner Beu.teilung der gegenwärtigen sowjetsozialistischen Systeme bestätigt.

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  107. Schapko, Begründung der Prinzipien (Anm. I/16), S. 135.

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  108. Vgl. Rabehl/Spohn/Wolter, Der Einfluß der jacobinistischen (Anm. I/75), S. 127.

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  109. O Philip Selznick, The Organizational Weapon. A Study of Bolshevik Strategie and Tactics, New York/Toronto/London 1952, S. 25 ff.

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  110. Vgl. Schapko, Begründung der Prinzipien (Anm. I/16), S. 143.

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  111. Zur aktuellen Diskussion vgl. Das Prinzip des demokratischen Zentralismus im Aufbau und in der Tätigkeit der kommunistischen Partei. Gemeinsames wissenschaftliches Symposium der Parteihochschule „Karl Marx“ beim ZK der SED und des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU, 27./28. November 1972 in Berlin, Berlin (DDR) 1974. Die für die Stalinära verbindliche Definition wurde auf dem XVII. Parteitag der KPdSU in das Statut aufgenommen; vgl. Demokratischer Zentralismus. Ergänzt durch fünf weitere Artikel, Berlin (DDR) 1954 (Große Sowjetenzyklopädie, Reihe Wissenschaft und Recht, 16). — Zu Lenins Konzeption des demokratischen Zentralismus vgl. u. a. Lenin, Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück (Anm. I/101), S. 199 ff.; ders., Ursprünglicher Entwurf des Artikels „Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht” (Anm. I/120), S. 196 ff. Auf die Obernahme des Prinzips des demokratischen Zentralismus durch den Sowjetstaat, der sich dabei auf Organisationserfahrungen der Partei der Bolschewiki stützen konnte und damit „eine der wertvollsten Errungenschaften dieser Erfahrungen…, das Prinzip des Demokratischen Zentralismus, das eine der wichtigsten Organisationsgrundlagen der marxistischen Partei neuen Typs bildete“, für den Staatsaufbau nutzbar machte, weist Schapko hin. vgl. Begründung der Prinzipien (Anm. I/16), S. 143.

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  112. Bâlint Balla (Kaderverwaltung. Versuch einer Idealtypisierung der „Bürokratie“ sowjetisch-volksdemokratischen Typs,Stuttgart 1972, S. 100) geht im Gegensatz zu dieser Auffassung davon aus, daß der Berufsrevolutionär „schon in der vorrevolutionären Zeit selbst in scheinbar spezialistischen Tätigkeiten stets insofern universalistisch veranlagt [ist], als sein,Spezialistentum` auf Universalität angelegt ist. Agitation, Organisation und Propaganda als spezifische Tätigkeiten der Berufsrevolutionäre sowohl vor als auch nach (Hervorhebung vom Verf.) der Revolution können nie als im eigentlichen Sinne spezialistisch abqualifiziert werden”.

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  113. „Rechnungsführung und Kontrolle — das ist das Wichtigste, was zum,Ingangsetzen`, zum richtigen Funktionieren der kommunistischen Gesellschaft in ihrer ersten Phase erforderlich ist…. Wenn die Mehrheit des Volkes anfangen wird, selbständig allerorts eine solche Rechnungsführung, eine solche Kontrolle über die Kapitalisten (die nunmehr Angestellte geworden sind) und über die Herren Intellektuellen, die kapitalistische Allüren beibehalten haben, auszuüben, dann wird diese Kontrolle eine wirklich universelle, allgemeine, eine wirkliche Volkskontrolle werden, dann wird man sich ihr auf keine Weise entziehen können…“ Lenin, Staat und Revolution (Anm. 1/126), S. 487 f.

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  114. Der instrumentelle Charakter der „Heranziehung der Massen“ und deren Obergangscharakter zur Vorbereitung einer funktionsfähigen zentralen Steuerung aller gesellschaftlichen Prozesse wird in der Darstellung von Schapko,(Begründung der Prinzipien [Anm. I/16], S. 145 ff.) wenn auch nur indirekt, so doch deutlich. Er sollte, so Schapko (ebd., S. 163), in den Massen „das Gefühl erwecken, Herren ihres Staates zu sein”. (Hervorhebung vom Verf.)

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  115. Als Beispiel für die völlige Ignoranz gegenüber der Problematik des Obergangs der Partei von einer engen Kaderorganisation zur führenden Partei bei der gesellschaftlichen Umgestaltung nach der Oktoberrevolution vgl. L. Slepow, Die Auslese der Kader,ihre Beförderung und Verteilung, Berlin (DDR) 1952, S. 8 ff.

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  116. Lenin, Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht (Anm. I/120), S. 252 f.

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  117. In Lenins „Gedenkrede für J. M. Swerdlow in der außerordentlichen Sitzung des gesamtrussischen Zentralexekutivkomitees“ (in: Werke, Bd. 29, S. 74 ff.) wird die in der Tätigkeit des Berufsrevolutionärs liegende Kontinuität zum Mythos, die positive Betonung seines Universalismus und die Erwartung der Ablösung dieses Typus besonders deutlich. „Die Arbeit, die er auf organisatorischem Gebiet, bei der Auswahl der Kader, bei ihrer Berufung auf verantwortliche Posten der verschiedensten Spezialgebiete allein leistete — diese Arbeit werden wir jetzt nur bewältigen können, wenn wir in jeden der großen Arbeitsbereiche, die Genosse Swerdlow allein geleitet hat, ganze Gruppen von Menschen entsenden, die, ihm nacheifernd, annähernd das leisten können, was ein einzelner vollbrachte”. (Ebd., S. 79.)

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  118. Pollock, Die planwirtschaftlichen Versuche (Anm. 1/112), S. 45. Lenin bezeichnet 1921 die nach der Oktoberrevolution verbreitete Anschauung, „den unmittelbaren Obergang zur kommunistischen Produktion und Verteilung zu vollziehen“, als Fehler. Diese Auffassung habe auch im Widerspruch zu früheren Anschauungen gestanden, „daß es ohne eine Periode der Rechnungsführung und Kontrolle unmöglich sei, auch nur die untere Stufe des Kommunismus zu erreichen”. Zudem sei diese Entwicklung nicht planmäßig gewesen. „Ich kann nicht sagen, daß wir uns einen solchen Plan ganz so bestimmt und anschaulich vorgezeichnet hätten, aber wir handelten ungefähr in diesem Sinne“. Lenin, Die Neue ökonomische Politik und die Aufgaben der Ausschüsse für politisch-kulturelle Aufklärung, in: Werke, Bd. 33, S. 42 f.

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  119. Zur NEP vgl. die ausführliche Analyse von Pollock, Die planwirtschaftlichen Versuche (Anm. I/112); ferner E. Preobraienskij, Die Neue Ökonomik, Berlin 1971. Eine anschauliche Schilderung der wirtschaftlichen und sozialen Situation gibt Fjodor Gladkow in seinem Roman Zement, Berlin 1972.

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  120. Vgl. Pollock, Die planwirtschaftlichen Versuche (Anm. I/112),S. 120 ff.

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  121. Lenin, Ober die Naturalsteuer. (Die Bedeutung der neuen Politik und ihre Bedingungen), in: Werke, Bd. 32, S. 368.

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  122. Lenin, VII. Moskauer Gouvernements-Parteikonferenz, in: Werke, Bd. 33, S. 72.

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  123. Vgl. Lenin, Zwei Jahre Sowjetmacht, in: Werke, Bd. 30, S. 114. Es entstanden verschiedene Kontrollapparaturen, von denen als die wichtigsten das „Volkskommissariat der Arbeiter-und Bauernkontrolle“ und die „Zentrale Kontrollkommission” der Partei angesehen werden können. Das Volkskommissariat war Nachfolger des im März 1918 gegründeten, aber nur auf dem Papier existierenden „Volkskommissariats für Staatskontrolle“. Vgl. Carr, Bolshevik Revolution, Bd. 1 (Anm. I/109), S. 225 ff. Zum Problem der Kontrolle des Staatsapparates durch die Partei vgl. ebd., ferner die ausführliche Darstellung von Schapko, Begründung der Prinzipien (Anm. 1/16), S. 125 ff. Auf dem XII. Parteitag im April 1923 wurde die Arbeiter-und Bauerninspektion der Leitung der Zentralen Kontrollkommission zugeordnet. Damit wurde das — allerdings nur rudimentär entwickelte — Instrument gesellschaftlicher Kontrolle in die Kontrolle der Partei eingebunden, die sich damit ein zusätzliches Instrumentarium schuf, das es ihr ermöglichte, die verschiedenen Leitungsapparate ihrem Einfluß zu unterwerfen. „Sowohl die Zentrale Kontrollkommission als auch das Volkskommissariat der Arbeiter-und Bauernkontrolle bestanden als selbständige Einrichtungen weiter. Ihre Zusammenführung bestand darin, daß die Zentrale Kontrollkommission eine Gruppe ihrer Mitglieder gewisser-maßen,abkommandierte` und der Arbeiter-und Bauerninspektion zur Verfügung stellte, die in diese Institution die Autorität der Partei einbrachten und über die die Partei ihren Einfluß ausübte”. (Schapko, S. 133.)

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  124. Zur Entstehung und Funktion des Planapparates und der Planungsmethoden in der Sowjetunion vgl. Pollock, Die planwirtschaftlichen Versuche (Anm. I/112), S. 233 ff.

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  125. Schapko, Begründung der Prinzipien (Anm. I/16), S. 180 ff.

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  126. Vgl. Jürgen Straßburger, Wissenschaftliche Arbeitsorganisation in der DDR (II), in: Deutschland Archiv, B. Jg. (1975), Nr. 6, S. 611 ff. Straßburger stellt in einer kritischen Analyse die sowjetische Diskussion um die Obernahme des „Taylorismus“ und die Erarbeitung eines Konzepts der „Wissenschaftlichen Arbeitsorganisation” dar.

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  127. Vgl. Lenin, Schreiben an die Organisationen der KPR über die Vorbereitung des Parteitages, in: Werke, Bd. 30, S. 397 f. Die Haltung gegenüber den bürgerlichen Spezialisten war durchaus widersprüchlich, wich jedoch seit 1925 einer zunehmend massiver werdenden Kritik, die 1928 im ersten großen Prozeß gegen eine Gruppe bürgerlicher Spezialisten endete (Schachty-Affäre). Vgl. hierzu Carr, Socialism in one Country, Bd. I (Anm. I/118), S. 397 ff.; ders./R. W. Davies, Foundations of a Planned Economy 1926–1929, Bd. 1/2, London/Melbourne/Toronto 1969, S. 574 ff.; zur offiziellen Interpretation der SchachtyAffäre vgl. I. B. Berchin, Geschichte der UdSSR 1917–1970, Berlin (DDR) 1971, S. 314 f. Auf die Entstehung, Struktur und Funktion der verschiedenen Kontrollinstitutionen, vor allem des Parteiapparates, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden; s. hierzu die zitierten Werke von Can. Vgl. ferner Selznick, The Organizational Weapon (Anm. 1/130), S. 29 ff.

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  128. N. W. Adfeldt (Gegenstand und Probleme der Wissenschaft von der Leitung der Produk tion, in: Organisation und Leitung, Fragen der Theorie und Praxis, Berlin (DDR) 1969, S. 9) führt den Terminus „wissenschaftliche Leitung“ direkt auf Taylor zurück (in der deutschen Literatur „wissenschaftliche Unternehmensführung”). In der russischen Literatur sei jedoch der wirkliche Inhalt des Taylorsystems genauer berücksichtigt und von „wissenschaftlicher Arbeitsorganisation“ gesprochen worden.

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  129. Schapko, Begründung der Prinzipien (Anm. 1/16), S. 182.

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  130. Lenin, Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht (Anm. I/120), S. 261.

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  131. Schapko (Begründung der Prinzipien [Anm. 1/16], S. 180 ff.) schildert die Auseinandersetzungen über die Einführung der Einzelleitung im Jahre 1918.

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  132. Vgl. Edward Hallet Carr, Socialism in one Country, Bd. 2, London 1959, S. 43.

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  133. Dieser Interpretation gemäß konnten später auch die in dieser Phase installierten Prinzipien der Arbeitsorganisation, Betriebsführung und -leitung als konstitutive Prinzipien einer sozialistischen Organisation industrieller Arbeit ideologisiert werden; vgl. Schapko, Begründung der Prinzipien (Anm. 1/16), S. 180 ff.; Heinz Abraham,Zu einigen aktuellen Fragen des Kampfes der kommunistischen Partei der Sowjetunion in der Übergangsperiode [1921–1924], Berlin (DDR) 1958. Bei Abraham dient die Auseinandersetzung mit der NEP der Begründung der „Gesetzmäßigkeit“ der Entwicklung der Volksdemokratien.

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  134. Lucio Colletti, Zur Stalin-Frage, Berlin 1970, S. 22.

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  135. Deutscher, Stalin (Anm. I/32), S. 309.

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  136. Vgl. ebd., S. 335; vgl. auch Pollock, Die planwirtschaftlichen Versuche (Anm. 1/112), S. 170.

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  137. In der Schrift „Zu den Fragen des Leninismus“ (Stalin, Werke, Bd. 8, S. 12 ff.) begründet Stalin seine These folgendermaßen (ebd., S. 58 f.): „Was bedeutet die Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande? Das bedeutet die Möglichkeit, die Gegensätze zwischen Proletariat und Bauernschaft mit den inneren Kräften unseres Landes zu überwinden, die Möglichkeit, daß das Proletariat die Macht ergreifen und diese Macht zur Errichtung der vollendeten sozialistischen Gesellschaft in unserem Lande ausnutzen kann, gestützt auf die Sympathien und die Unterstützung der Proletarier der anderen Länder, aber ohne vorhergehenden Sieg der proletarischen Revolution in anderen Ländern. Ohne diese Möglichkeit ist das Bauen des Sozialismus ein Bauen ohne Perspektive, ein Bauen ohne die Oberzeugung, daß man den Sozialismus aufbauen wird. Man kann den Sozialismus nicht bauen, wenn man nicht überzeugt ist, daß es möglich ist, ihn aufzubauen, wenn man nicht überzeugt ist, daß die technische Rückständigkeit unseres Landes kein unüberwindliches Hindernis für die Errichtung der vollendeten sozialistischen Gesellschaft ist. Die Verneinung dieser Möglichkeit bedeutet Unglauben an die Sache des Aufbaus des Sozialismus, Abkehr vom Leninismus. Was bedeutet die Unmöglichkeit des vollen, endgültigen Sieges des Sozialismus in einem Lande ohne den Sieg der Revolution in anderen Ländern? Das bedeutet die Unmöglichkeit einer vollständigen Garantie gegen die Intervention und folglich auch gegen die Restauration der bürgerlichen Ordnung, wenn die Revolution nicht wenigstens in einer Reihe von Ländern gesiegt hat. Die Verneinung dieses unbestreitbaren Leitsatzes bedeutet Abkehr vom Internationalismus, Abkehr vom Leninismus”.

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  138. Edward Hallet Carr, (The Interregnum 1923–1924,London 1954, S. 358 ff.) zeigt auf, daß diese „Theorie“ Stalins, die dieser erstmals im Herbst 1924 — ganz im Gegensatz zu seinen bisherigen Äußerungen — begründete, ihre Bedeutung erst im Zuge der Fraktionskämpfe in der Führung der bolschewistischen Partei erlangte, zu deren Beginn jedoch kaum beachtet wurde. Vgl. auch Deutscher, Stalin (Anm. I/32), S. 295 ff., der u. a. auf die Unschärfe dieser „Theorie” hinweist, die von Stalin „mit einem Buschwerk von allen möglichen Vorbehalten und Einschränkungen“ umgeben worden sei.

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  139. Colletti, Zur Stalin-Frage (Anm. 1/161), S. 26; vgl. ferner Herbert Marcuse, Die Gesellschaftslehre des sowjetischen Marxismus, Darmstadt/Neuwied 1974, S. 95 ff.

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  140. Vgl. Carr, Socialism in one Country (Anm. I/159), S. 50 ff.

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  141. Deutscher, Stalin, sagt auf S. 357: „Karl Marx faßt seine Schilderung der englischen Verhältnisse am Beginn des neunzehnten Jahrhunderts in die Worte zusammen:,Das Kapital tritt in die Welt vom Kopf bis zum Fuß aus jeder Pore Blut und Schmutz schweißend.’ Genau so trat in die Welt der,Sozialismus in einem Lande’ “.

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  142. Vgl. Abendroth, Sozialgeschichte (Anm. I/32), S. 104.

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  143. Vgl. Hans-Joachim Lieber, Die Philosophie des Bolschewismus in den Grundzügen ihrer Entwicklung, Frankfurt a. M. 1957, S. 80 f.; Alfred G. Meyer (Communism, New York 1967, S. 108 f.) hat die Bedingungen und Konsequenzen einer bewußt vorangetriebenen Industrialisierung für ein wenig entwickeltes Land wie Rußland folgendermaßen zusammengefaßt: 1. Die Entscheidung für die Industrialisierung fordert die volle Ausnutzung aller materiellen und menschlichen Ressourcen. Sie fordert ein „Austerity-Regime“, das alle Energie und alle durch Verzicht auf Konsum verfügbar gemachten Mittel für den industriellen Aufbau verwendet und dies um so mehr, wenn sich dieser Prozeß ohne Hilfe von außen vollzieht. 2. Die Durchsetzung des Industrialisierungsprozesses in einer statt in mehreren Generationen kann nur durch zentrale Organisation dieses Prozesses, durch strikte Disziplin, durch ein handhabbares System von Gratifikationen und Sanktionen gesichert werden. Demokratie ist ein Luxus, den sich ein zurückgebliebenes Land im Prozeß forcierter Industrialisierung nicht leisten kann; dieser Prozeß ist nur durchzuhalten, wenn eine mit großen Machtbefugnissen ausgestattete Diktatur ihn gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzt. 3. Diese Diktatur gerät zur Erziehungsdiktatur, der die Aufgabe gestellt ist, die Produzenten für ihre Aufgabe in der industriellen Großorganisation zu erziehen („training the population for life in machine age”), ihre Traditionen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu andern.

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  144. Vgl. hierzu die Aussagen der russischen Arbeiteropposition und die Interpretation des Kronstädter Aufstandes von 1921, in:Arbeiterdemokratie oder Parteidiktatur (Anm. I/109); ferner Anweiler, Rätebewegung (Anm. I/67), S. 308 ff.

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  145. Josef Stalin, Fragen des Leninismus, Berlin 1971, S. 46.

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  146. „Ferner: aus der Basis entsteht der Oberbau, doch bedeutet dies keineswegs, daß er nur die Basis widerspiegelt, daß er sich passiv, neutral verhält, dem Schicksal der Basis, dem Schicksal der Klassen, dem Charakter des Systems gegenüber gleichgültig bleibt. Vielmehr, sobald er sich herausgebildet hat, wird er eine äußerst aktive Kraft, wirkt er aktiv an der Formung und Festigung seiner Basis mit, ergreift er alle Maßnahmen, um die neue Ordnung zu unterstützen und die alte Basis und die alten Klassen zu beseitigen. Anders kann es auch nicht sein. Der Oberbau wird deswegen auf der Basis errichtet, um ihr zu dienen, um ihr aktiv bei der Formung und Festigung zu helfen, um aktiv für die Beseitigung der alten, überlebten Basis mit ihrem Oberbau zu kämpfen. Sobald der Oberbau seine alte, dienende Rolle aufgibt, allmählich von der Haltung einer aktiven Verteidigung seiner Basis zu einem gleichgearteten Verhalten allen Klassen, und einem gleichgültigen seiner Basis gegenüber übergeht, verliert er seine Wesensart und hört auf, Oberbau zu sein“. J. Stalin, Marxismus und Fragen der Sprachwissenschaft und N. Marr, Über die Entstehung der Sprache, Mün-chen 1972, S. 24.

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  147. Vgl. hierzu Kofler, Das Wesen und die Rolle der Stalinistischen Biirokratie (Anm. 1/32), S. 53 f.

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  148. So Oskar Negt in seiner Einleitung zu Nikolai Bucharin/Abram Deborin, Kontroversen über dialektischen und mechanistischen Materialismus, Frankfurt a. M. 1974, S. 18.

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  149. J. Stalin, Okonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR, 7. Aufl., Berlin (DDR) 1958.

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  150. Zur Kulturpolitik in Rußland nach 1917 s. den kritischen Literaturbericht von Gernot Erler, Revolution und Kultur. Sozialistische Kulturrevolution, Kulturpolitik und kulturelle Praxis in Rußland nach 1917. Teil I, in: Ästhetik und Kommunikation. Beiträge zur politischen Erziehung, 6. Jg. (1975), Nr. 19, S. 9 ff.; Teil II, in: ebd., Nr. 20, S. 92 ff.; vgl. ferner Kulturpolitik der Sowjetunion, hrsg. von Oskar Anweiler und Karl-Heinz Ruffmann, Stuttgart 1973.

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  151. Vgl. dazu Bucharin/Deborin, Kontroversen (Anm. 1/178).

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  152. J. Stalin, Anarchismus oder Sozialismus?, in: Werke, Bd. 1, S. 276; s. ferner den von Stalin verfaßten Abschnitt „Ober dialektischen und historischen Materialismus“, in: Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki). Kurzer Lehrgang. (Unter Redaktion einer Kommission des Zentralkomitees der KPdSU (B), Berlin (Ost) 1947, S. 141 ff.; zur Bestimmung des Verhältnisses von Sein und Bewußtsein vgl. ferner das Lehrbuch Grundlagen der marxistischen Philosophie, Berlin (DDR) 1960, S. 612 ff.

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  153. Zur Stachanow-Bewegung s. Salomon M. Schwarz, Arbeiterklasse und Arbeitspolitik in der Sowjetunion, Hamburg 1953, S. 207 ff.

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  154. Vgl. G.N. Jewstafjew, Der sozialistische Wettbewerb, eine Gesetzmäßigkeit und Triebkraft in der ökonomischen Entwicklung der Sowjetgesellschaft, Berlin (DDR) 1954, S. 93 ff.

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  155. So der Beschluß der XVI. Parteikonferenz am 29. April 1929, die den ersten Fünfjahrplan bestätigte. Zitiert nach: ebd., S. 95.

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  156. So Stalin in einer „Rede auf der ersten Unionsberatung der Stachanowleute“; vgl. Stalin, Fragen des Leninismus (Anm. I/172), S. 602.

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  157. Hofmann, Stalinismus (Anm. 1/5), S. 82.

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  158. J. W. Stalin, Ober dialektischen und historischen Materialismus, in: Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewikii) (Anm. I/185), S. 141 ff.

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  159. „Wie die Produktionsweise einer Gesellschaft, so ist im wesentlichen auch die Gesellschaft selber, so sind ihre Ideen und Theorien, ihre politischen Anschauungen und Einrichtungen. Oder gröber gesprochen: wie die Lebensweise der Menschen, so ist ihre Denkweise“. Ebd., S. 164.

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  160. Vgl. M.-G. Lange, Wissenschaft im totalitären Staat. Die Wissenschaft der Sowjetischen Besatzungszone auf dem Weg zum „Stalinismus“, Stuttgart/Düsseldorf 1955.

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  161. „Die gesamte Gesellschaft wird ein Büro und eine Fabrik… Aber diese,Fabrik`disziplin, die das siegreiche Proletariat nach dem Sturz der Kapitalisten, nach Beseitigung der Ausbeuter auf die gesamte Gesellschaft erstrecken wird, ist nichts weniger als unser Ideal oder unser Endziel, sie ist nur eine Stufe, die notwendig ist zur radikalen Reinigung der Gesellschaft von den Niederträchtigkeiten und Gemeinheiten der kapitalistischen Ausbeutung, eine Stufe, um weiter vorwärtsschreiten zu können“. Lenin, Staat und Revolution (Anm. 1/126), S. 488.

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  162. W. I. Lenin, Rede auf dem III. Gesamtrussischen Verbandstag der Schiffahrtsarbeiter, in: Werke Bd. 30, S. 420.

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  163. Stalin, Ober die Aufgaben der Wirtschaftler, in: Werke Bd. 13, S. 32.

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  164. Stalin (ebd., S. 38) fordert die Kader der Wirtschaft auf, „mit dem faulen Standpunkt der Nichteinmischung in die Produktion Schluß zu machen“, sich in alle Dinge einzumischen.

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  165. Stalin, Neue Verhältnisse — Neue Aufgaben des wirtschaftlichen Aufbaus, in: Werke Bd. 13, S. 60.

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  166. „... wenn es irgendeine Einwirkung der Leitungen unserer Betriebe auf die Stachanowbewegung gegeben hat, so kam diese der Stachanowbewegung nicht entgegen, sondern richtete sich gegen sie. Folglich ist die Stachanowbewegung als eine von unten kommende Bewegung entstanden und zur Entfaltung gelangt“. Stalin, Rede auf der ersten Unionsberatung der Stachanowleute…, in: Fragen des Leninismus (Anm. I/172), S. 602.

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  167. Der Vorsitzende der Unionskonferenz der Stachanow-Arbeiter, Jurii Pyatakow, bezeichnete technisch begründete Normen als „ein Phantom, das dazu diente, uns einzuschüchtern“, das Wesen der Stachanow-Bewegung bestehe darin, „daß der Stachanow-Arbeiter mit seinen eigenen Händen tatsächlich, nicht nur in der Theorie, sondern in der Praxis alle sog. technischen Arbeitsnormen über den Haufen wirft…” Zitiert nach Schwarz, Arbeiterklasse und Arbeitspolitik (Anm. 1/187), S. 208; s. ferner Werner Hofmann, Die Arbeitsverfassung der Sowjetunion Berlin 1956, S. 163.

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  168. Daß es der Stachanow-Bewegung natürlich nicht gelang, die technischen Bedingungen des Produktionsprozesses außer Kraft zu setzen, zeigt Schwarz, (Arbeiterklasse und Arbeitspolitik (Anm. I/187) S. 207 ff.) Ungleichmäßigkeit in der Produktion, Havarien und Arbeitsunfälle waren die Folge. Ihre Ursachen wurden jedoch nicht in der Organisationsform der Arbeit gesucht, sondern der „Schädlingsarbeit“ von „Feinden des Volkes” und „ausländischen Agenten“ angelastet.

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  169. Die Arbeiterklasse muß sich „ihre eigene produktionstechnisch geschulte Intelligenz schaffen…, die fähig ist, die Interessen der Arbeiterklasse in der Produktion als die Interessen der herrschenden Klasse zu vertreten“. Stalin, Neue Verhältnisse (Anm. I/201), S. 60.

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  170. Vgl. Hierzu Stalin, Rechenschaftsbericht an den XVIII. Parteitag… in: ders., Fragen des Leninismus (Anm. 1/172), S. 719.

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  171. Ebd.: „Ein Leninist soll nicht bloß Spezialist auf dem von ihm bevorzugten wissenschaftlichen Gebiet sein, er muß zugleich auch ein politisch und gesellschaftlich aktiver Mensch sein, der sich für das Schicksal seines Landes lebhaft interessiert, der in den Entwicklungsgesetzen der Gesellschaft bewandert ist, der es versteht, von diesen Gesetzen Gebrauch zu machen, und bestrebt ist, aktiver Teilnehmer an der politischen Leitung des Landes zu sein“.

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  172. Diese Ausführungen entsprechen im wesentlichen dem, was Stalin im Rechenschaftsbericht an den XVIII. Parteitag zur Frage der Kaderpolitik ausführte (vgl. ebd., S. 715 ff.).

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  173. Georgi Dimitroff, Für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus, in: ders., Ausgewählte Schriften Bd. 2, Berlin (DDR) 1958, S. 656 ff

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  174. Stalin, Fragen des Leninismus (Anm. I/172), S. 594.

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  175. Vgl. hierzu Bâlint Balla, Kaderverwaltung. Versuch zur Idealtypisierung der „Biirokratie“ sowjetisch-volksdemokratischen Typs Stuttgart 1972, S. 158 ff.

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  176. Stalin, Fragen des Leninismus (Anm. I/172), S. 718.

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  177. Slepow, Die Auslese der Kader (Anm. I/138), S. 37 ff.

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Glaeßner, GJ. (1977). Gesellschaftliche Transformation und Leitung in der Konzeption des Marxismus-Leninismus. In: Herrschaft durch Kader. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, vol 28. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85715-6_2

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