Zusammenfassung
Zur Aktualität der Frage nach Kriegsursachen. — Während der letzten Jahre — ganz besonders seit der Fassung des NATO-Doppelbeschlusses vom 12. 12. 1979 — wurde die sicherheitspolitische Diskussion, zu der auch die Frage nach den Kriegsursachen (Ku) gehört, nicht mehr nur ausschließlich in politikwissenschaftlichen oder militärischen Fachkreisen geführt, sondern auch innerhalb weiter Teile der → Bevölkerung — eine Tatsache, die nicht zuletzt das Verdienst der Friedensbewegung war und ist. Deshalb hat auch die Debatte über mögliche Ursachen von → Kriegen an Aktualität gewonnen, die in unterschiedlichen Zusammenhängen kontrovers geführt wird. So z.B.:
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1.
Man findet die alte, aber erneute Diskussion über die Prämisse „si vis pacem, para bellum“, wobei Verfechter der offiziellen Sicherheitspolitik deren Umkehrschluß vertreten: wenn kein entsprechendes militärisches Gleichgewicht vorhanden ist, wird die Kriegswahrscheinlichkeit erhöht — eine Argumentation, mit der vor allem Verteter defensiver und/oder sozialer Verteidigungskonzepte kritisiert werden.
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2.
Die Frage nach den Ku wird angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Situation — z.B. NATO-Doppelbeschluß, Afghanistan, Polen, Olympiaboykott, Grenada, allgemeine Hochrüstungspolitik der Reagan-Administration und nicht zuletzt SDI-Pläne — erneut diskutiert, wobei z.B. Kriegsgefahren angesprochen werden, die sich aufgrand von Präemptions- und/oder Präventionszwängen (vgl. dazu D.S. Lutz, 1981) ergeben.
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3.
Damit hängt auch die Frage nach Ku bezüglich eines „Atomkrieges aus Versehen“ zusammen, wobei davon ausgegangen wird, daß technologische Sachzwänge — z.B. sich stetig verkürzende Vorwarnzeiten (Notwendigkeit eines „launch-on-warning“-Systems) — unter Umständen mit dazu beitragen könnten, kriegsverursachend zu wirken (vgl. dazu D. Frei, 1983).
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4.
Auch in überlegungen über → Bedrohungen — „Wie friedlich ist die Sowjetunion resp. die USA?“ — spielt die Kriegsursachenproblematik, zumindest implizit, eine große Rolle. Denn innerhalb von Bedrohungsanalysen wird neben Fragen — Was kann der Gegner? Was will der Gegner? — auch das Problem erörtert, inwiefern Fehlperzeptionen (wozu auch die → Feindbildproblematik gehört) und damit zusammenhängende Fehlhandlungen (z.B. „Nach“-„Nach“-„Nach“-etc.-Rüstungen als „entsprechende“ Antwort auf „expansives/aggressives“ Verhalten des „Gegners“) vor dem Hintergrund einer gespannten internationalen → Krisensituation, der aktuellen Ereignisse, kriegsauslösend wirken können.
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5.
Im Zusammenhang mit → „Dritte-Welt“-Fragen wird ebenfalls die Diskussion über Ku erörtert, da hier die Gesamtproblematik der nuklearen Proliferation, des Rüstungsexports und der Interventionsund Stellvertreterkriege eine Rolle spielt: Inwiefern können regionale Kriege in strategisch wichtigen Zonen kriegsauslösend zwischen Ost und West sein?
→ Aggression, Bedrohung, Feindbild, Krise, Gewalt, Krieg, Waffen.
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Literatur
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Wasmuht, U.C. (1988). Kriegsursachen. In: Lippert, E., Wachtler, G. (eds) Frieden. Studienbücher zur Sozialwissenschaft, vol 47. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85630-2_23
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