Zusammenfassung
Eine Zeitungsnotiz dieses Inhalts darf 1986, angesichts einer seit etwa zehn Jahren anhaltenden Ausbildungs- und Arbeitsmarktkrise, wohl mit Recht als eine bemerkenswerte Ausnahme bezeichnet werden.
„Trotz einer umfassenden, vielseitigen und interessanten Ausbildung für Chemikanten, verantwortungsvollen Aufgaben bei gutem Verdienst im Beruf, aussichtsreichen Zukunftsperspektiven und beruflichen Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten hat das Unternehmen (BASF) große Mühe, die 100 Ausbildungsplätze für junge Chemikanten pro Jahr mit geeigneten jugendlichen Interessenten zu besetzen... Über die Gründe für die unbefriedigende Nachwuchssituation bei den Chemikanten herrscht bei der BASF keine Gewißheit ...“
(aus: Handelsblatt vom 14./15.3.86)
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Anmerkungen
Vgl. hierzu aus Kruse, Kühnlein, Müller, Paul-Kohlhoff: Betriebliche Lernorte aus der Sicht der Auszubildenden, Dortmund 1984.
Vgl. Mickler e. a.: Produktion und Qualifikation, Göttingen 1976, S. 410f.
Vgl. dazu die Ausführungen von Kern/Schumann. Das Ende der Arbeitsteilung? Rationalisierung in der industriellen Produktion, München 1984, S. 257 ff.
Projektgruppe Automation und Qualifikation, Bd. VI: Automationsarbeit: Empirische Untersuchungen, Teil 3. Das Argument: Sonderband AS 67. Berlin 1981, S. 461.
So erklärt einer der Auszubildenden (1986), daß es nach seinen bisherigen Erfahrungen durchaus unterschiedliche Umgangsweisen der Meßwartenfahrer in vergleichbaren Situationen gibt: während die einen „bei jeder Kleinigkeit sofort nach dem Telefon greifen“, trauen sich andere, vor allem die qualifizierten und erfahrenen Facharbeiter zu, kleinere Unregelmäßigkeiten im Produktionsverlauf nach eigenem Ermessen (und damit allerdings auch auf eigene Verantwortung, also eigenes Risiko) zu beheben.
Von einer Aufhebung der Arbeitsteilung zwischen Facharbeitern und ihren Vorgesetzten, wie sie Kern/Schumann (1984) gerade im Bereich Großchemie meinen festgestellt zu haben, sehen wir keinerlei Ansatzpunkte. Es sieht im Gegenteil eher so aus, als wäre der Normalfall nach wie vor durch eine recht strikte Aufgaben-und Zuständigkeitshierarchie geprägt. Der Optimismus der von Kern/Schumann vorgetragenen These vom „Ende der Arbeitsteilung“ speist sich unseres Erachtens im wesentlichen daraus, daß sie die qua Ausbildung erworbenen beruflichen Qualifikationen der jungen Facharbeiter gleichsetzen mit der praktischen Anwendung des Gelernten im Berufsalltag. Sie schließen nämlich aus der Entscheidung der großen Chemiefirmen, seit Anfang der 70er Jahre zunehmend mehr Kapazitäten für die Erst-und Erwachsenenausbildung zum Chemiefacharbeiter bereitzustellen, unmittelbar auf die Durchsetzung des „neuen Produktionskonzepts” dieser Betriebe, das auf „Funktionsverschmelzung“ und „Aufgabenintegration” ausgerichtet sei (Kern/Schumann, 1984, S.241f.)
Es ist auf dieser Basis zu vermuten, daß sich in dem Maße, wie Abiturienten, erst recht mit dem Angebot von Sonderausbildungsgängen, angeworben würden, quasi automatisch die Aufstiegswege für die Haupt-und Realschüler (aufgrund ihrer niedrigen schulischen Eingangsqualifikationen) verengen werden. Vgl. dazu auch Kühnlein (1986): Abiturienten in der Berufsausbildung. Ein Problem für das Duale System? In: Fricke u. a. (Hrsg.): Jahrbuch Arbeit und Technik in Nordrhein-Westfalen 1986, Bonn.
Zu diesem „Implementationsproblem“ bei der Installierung des neuen Facharbeiterberufs in die betrieblichen Strukturen s. Drexel/Nuber: Qualifizierung für Facharbeiter im Umbruch, Frankfurt/New York 1979 und Drexel: Belegschaftsstrukturen zwischen Veränderungsdruck und Beharrung, Frankfurt/New York 1982.
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Kühnlein, G. (1990). Ausbildungs- und Arbeitserfahrungen eines „Zukunftsberufs“ im Widerstreit. In: Friebel, H. (eds) Berufsstart und Familiengründung — Ende der Jugend?. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85449-0_5
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