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Auf der Suche nach Madame L’Identité? Zur Konzeption der Nation und Nationalgeschichte

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Die DDR in der Ära Honecker

Zusammenfassung

Die Dame macht sich rar, und vornehmlich die Herren der gehobenen Stände raufen sich die Haare — so ironisierte unlängst Freimut Duve die bundesrepublikanischen Zustände1. Ein Erfolg des spezifischen cherchez la femme, das weiß man in der DDR seit langem, verheißt allgemein anerkannte Normen, die das kollektive Bewußtsein der Gesellschaft prägen und ihr Herrschaftssystem legitimieren sollen. Wer die Vergangenheit zu interpretieren und die Begriffe zu bestimmen vermag, dem gehören Gegenwart und Zukunft: Diese Überzeugung könnte Michael Stürmer bei Alfred Kosing oder Walter Schmidt entlehnt haben, bei jedwedem Herrschaftsstrategen der DDR, die sich um ein system-und politikkonformes Bild der Nation und Nationalgeschichte schon immer bemüht. Allerdings zieht die Wertschätzung eines Geschichts-und Nationsbilds, das der Partei genehm ist, nicht per se die Suche nach nationaler Identität nach sich. Sie geht in der Regel mit einer Emotionalisierung nationaler Belange einher, der die SED über längere Zeit — in den sechziger und siebziger Jahren — entraten wollte. Doch neuerdings ist auch in der DDR eine nationale Gefühlsrenaissance zu beobachten.

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References

  1. Vgl. Tapfer im Sattel des Karussellgauls, in: Das Parlament, 20/21 (1986), S. 14.

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  2. Eher indirekte Anregungen habe ich Jürgen Habermas, Geschichtsbewußtsein und post-traditionale Identität, in: ders., Eine Art Schadensabwicklung, Frankfurt a.M. 1987, S. 159 ff., und M. Rainer Lepsius, The Nation and Nationalism in Germany, in: Social Research, 52,1 (1985), S. 43 ff., entnommen.

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  3. Hierzu v.a. Johannes Kuppe, Die Geschichtsschreibung der SED im Umbruch, in: Deutschland Archiv, 2 (1985), S. 278 ff.

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  6. Fred Oldenburg, Blick zurück nach vorn, in: Deutschland Archiv, 1 (1975), S. 3.

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  7. So Hermann Axen, Die Herausbildung der sozialistischen Nation in der Deutschen Demokratischen Republik, in: Probleme des Friedens und des Sozialismus, 3 (1976), S. 291 ff.

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  8. Kurt Hager hatte nach dem VIII. Parteitag (1971) die Korrektur aller Positionen verlangt, die in den sechziger Jahren den Reformprozeß flankiert hatten und von der Theoriebildung in der SU und in den anderen sozialistischen Ländern abgewichen waren. Positiv forderte er u.a. eine Verbindung von Nationalismus und Internationalis-mus; die Erforschung der Entwicklung der sozialistischen Nation, Nationalkultur, Gesellschaft usw. in ihrer Abhängigkeit von der gesetzmäßigen gesellschaftlichen Entwicklung; die weitere Ausarbeitung des marxistisch-leninistischen Geschichtsbildes und des revolutionären, progressiven, fortschrittlichen Erbes der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung. Vgl. Kurt Hager, Die entwickelte sozialistische Gesellschaft. Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften nach dem VIII. Parteitag, in: Einheit, 11 (1971), S. 1203 ff.; s. auch den Zentralen Forschungsplan für die marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften bis 1975, in: Einheit, 2 (1972), S. 169ff. Die vergleichsweise hohe Bedeutung der nationalen Problematik lag angesichts der politischen Kurswende der SED und der kulturnationalen Begründung nahe, die die SPD ihrer Deutschlandpolitik verlieh. In dieser Hinsicht traten denn auch in späteren Forschungsorientierungen und-plänen keine wesentlichen Änderungen ein. Der IX. Parteitag (1976) fügte die Liebe zum Vaterland und den Stolz auf dasselbe hinzu und drängte — nach dem Abschluß des Grundlagenvertrags und des KSZE-Prozesses — die direkten Angriffe auf den „Sozialdemokratismus“ zurück. Vgl. Kurt Hager, Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften, in: Einheit, 2 (1975), S. 136 ff. Vgl. auch den Zentralen Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften 1976 bis 1980, in: Einheit, 9 (1975), S. 1042 ff.; Bericht des ZK der SED an den IX. Parteitag der SED, Berichterstatter Erich Honecker, Berlin (DDR) 1976. Er schlug auf die Gesellschaftswissenschaften auch insofern durch, als — da die Sozialdemokraten zu möglichen Partnern im Friedenskampf avanciert waren — die Unvereinbarkeit der ideologischen Positionen die Herausarbeitung der Werte des Sozialismus und eines Ge-schichtsbewußtseins erforderte, das sich insbesondere auf die Geschichte der SED und der DDR konzentrieren sollte. Vgl. Ernst Diehl, Aufgaben der Geschichtswissenschaft der DDR nach dem IX. Parteitag der SED, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 3 (1977), S. 261 ff. Der X. Parteitag (1981) stand — mehr noch als der IX. — überwiegend im Zeichen der Hauptaufgabe der Einheit von Wirtschafts-und Sozialpolitik und der Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und scheint für die Geschichtswissenschaften ebenso wenige Impulse gegeben zu haben wie der XI. (1986).

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  9. Alfred Kosing, Nation in Geschichte und Gegenwart. Studie zur historisch-materialistischen Theorie der Nation, Berlin (DDR) 1976.

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  16. Honecker, zit. nach ebd.

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  27. Vgl. ebd., S. 392 f.

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  31. Vgl. Horst Bartel/ Walter Schmidt, Historisches Erbe und Traditionen — Bilanz, Probleme, Konsequenzen, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 9 (1982), S. 816 ff.; Rolf Badstübner, Zu „Erbe und Tradition“ in der Geschichte der DDR, in: ebd., 5 (1983), S. 427 ff.; Manfred Bensing, Erbe und Tradition in der Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik, in: ebd., 10 (1984), S. 883 ff.; Helmut Hanke, Kulturelle Traditionen des Sozialismus, in: ebd., 7 (1985), S. 589 ff.

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  34. Vgl. ebd., S. 333 ff.

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  37. Hartmut Zimmermann (Die DDR in den 70er Jahren, in: Erbe et al. [Hrsg.], Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR, Opladen 21980, S. 32 ff.) beschreibt diesen Widerspruch als Alternative zwischen einer offensiven und defensiven Strategie der DDR gegenüber der Bundesrepublik und weist darauf hin, daß auch die Defensivstrategie — die Zwei-Nationen-Theorie und-Politik — das Dilemma des fortbestehenden deutsch-deutschen Aufeinanderbezogenseins nicht auflösen kann.

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  41. Schmidt, Nation und deutsche Geschichte (Anm. 16), S. 75 ff.

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  42. Vgl. Kurt Hager, Gesetzmäßigkeiten unserer EpocheTriebkräfte und Werte des Sozialismus, Berlin (DDR) 1984 (Rede auf der Gesellschaftswissenschaftlichen Konferenz des ZK der SED im Dezember 1983).

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Meuschel, S. (1988). Auf der Suche nach Madame L’Identité? Zur Konzeption der Nation und Nationalgeschichte. In: Glaeßner, GJ. (eds) Die DDR in der Ära Honecker. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, vol 56. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85308-0_6

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