Zumindest organisatorisch erfaßt ... Die Älteren in der DDR zwischen Veteranenpathos und Geborgenheitsbeschwörung

Zusammenfassung

Seit ungefähr sieben Jahren arbeite ich nicht mehr in der DDR-Forschung. Was mich letztlich dazu gebracht hat, diesem Forschungsgebiet den Abschied zu geben, ist, ebenso wie bei manch anderer biographischer Entscheidungssituation auch, im nachhinein gar nicht so leicht zu beschreiben. Aber wollte ich meine damaligen Stimmungen und Gefühle mit einem Wort umreißen, so käme „Überdruß“ dem wohl am nächsten. Da gab es den Überdruß, die eigenen und ohnehin schon äußerst lädierten Sozialismushoffnungen nur noch in einer Art professioneller Dauerkonfrontation mit dieser, oft so unerträglich realen „entwikkelten sozialistischen Gesellschaft“ bewähren zu sollen. Da hatte sich bei mir auch Unlust breit gemacht, immer nur eine „Wirklichkeit auf Abstand“ erfahren zu dürfen, sich immer nur mit staatlich bereits aufbereiteten und vorinterpretierten sozialen Prozessen auseinandersetzen zu können. Aber dazu gehörten auch ganz alltägliche Erschöpfungszustände, wie sie mich zunehmend beim Lesen der zahlreichen, oft sterbenslangweiligen, weil sprachlich durchritualisierten Texte und Traktate aus der DDR befielen. Lichtblicke in der Wissenschaft hatte es natürlich hier und dort immer wieder gegeben und sie wurden von mir freudig begrüßt, weckten allerdings auch den Wunsch nach neuen Genüssen. Und daß ein aus dieser Wirklichkeitsverweigerung geborenes, oft diffuses Kompensations-und Austauschbedürfnis vielleicht zum Ausgangspunkt manch einer Freundschaft in der DDR wurde, war für mich doch immerhin tröstlich. Dennoch: Die sichere Aussicht, mit einer solchen deformation professionelle der DDR-Forschung dauerhaft leben zu müssen, hatte damals für mich etwas zutiefst Beunruhigendes.