Zusammenfassung
Die DDR ist ihrem Selbstverständnis nach mit dem VIII. Parteitag der SED 1971 in die Periode der bewußten Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft eingetreten und verfolgt seit dieser Zeit eine Politik, die ihr bisher trotz einiger Schwierigkeiten insgesamt eine stabile ökonomische, soziale und politische Entwicklung beschert hat. Das wird im wesentlichen als Resultat zweier miteinander verknüpfter Prozesse gesehen, die vom VIII. Parteitag 1971 in der Formulierung der Hauptaufgabe des Fünfjahresplans von 1971 bis 1975 so bestimmt wurden: die weitere Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes auf der Grundlage eines hohen Entwicklungstempos der Produktion, der Erhöhung der Effektivität, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und des Wachstums der Arbeitsproduktivität. Diese gesellschaftspolitische Orientierung ist in der Formel „Einheit von Wirtschafts-und Sozialpolitik“ zusammengefaßt. Zwar war schon auf dem VI. Parteitag 1963 das ökonomische Grundgesetz des Sozialismus formuliert worden — Ziel der ständigen Entwicklung und Vervollkommnung der Produktion ist es, die materiellen und geistigen Bedürfnisse der Werktätigen immer besser zu befriedigen und die Menschen in der sozialistischen Gesellschaft allseitig zu entwickeln —, nun aber hieß es, der jetzt formulierte Anspruch sei so komplex, daß diese Politik nur „auf qualitativ neue Weise durchzusetzen“ sei1. Im Zuge dieser Politik, die das Lebensniveau der Bevölkerung zum Ausgangspunkt der Wirtschaftspolitik der SED bestimmte und die eine „konsequente Hinwendung zu den Massen“ implizierte, sollten sich „neue, weitreichende Perspektiven auch für die Tätigkeit der Gewerkschaften“2 eröffnen. Gemessen an früheren Aktivitäten, wurde dem FDGB ein größeres Gewicht und ein weitreichender Aktionsradius eingeräumt und davon gesprochen, daß die Gewerkschaften „qualitativ neue Aufgaben … bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft“ erhielten, den engen Raum des Betriebes — auch programmatisch — verlassen und „wachsende gesellschaftliche Autorität“ erlangen würden: dieses im wesentlichen durch „ihre Initiative und Aktivität bei der Lösung von Produktionsaufgaben wie bei der weiteren Verbesserung der Arbeits-und Lebensbedingungen“3.
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References
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Ebd.
Programm der SED, in: Protokoll der Verhandlungen des IX. Parteitages der SED, Berlin (DDR) 1976, 2 Bde., Bd. 2, S. 220.
Rezension „Zur Gewerkschaftspolitik der SED“ (Anm. 2), S. 954.
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Vgl. Werner Gramann/Richard Stüber, Staat und Gewerkschaften im Sozialismus, in: Staat und Recht, 30. Jg. (1981), Nr. 4, S. 311.
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Rezension „Zur Gewerkschaftspolitik der SED“ (Anm. 2), S. 954. 10 Ebd.
Programm der SED (Anm. 4), S. 234; Hervorhebung durch die Verf.
Hartmut Zimmermann, Der FDGB als Massenorganisation und seine Aufgaben bei der Erfüllung der betrieblichen Wirtschaftspläne, in: PeterCh. Ludz (Hrsg.), Soziologie der DDR. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 8/1964, Köln/Opladen,S. 116.
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Vgl. Waltraud Falk, Zur Genesis der sozialistischen Intensivierung, in: BZG, 26. Jg. (1984), Nr. 4, S. 451 ff.
Vgl. Gewerkschaftspolitik der SED (Anm. 6), S. 252 f.
Bericht des Politbüros des ZK der SED an die 4. Tagung des ZK der SED, in: Neues Deutschland, 2.11.1963, S. 6.
Ebd.
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Vgl Gesetzblatt I Nr. 15 v. 2 3.11.1966 (§ 5 Abs. 3).
Protokoll des 7. FDGB-Kongresses vom 6. bis 10. Mai 1968 in der Werner-Seelenbinder-Halle in Berlin, Berlin (DDR) 1968, S. 19.
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Vgl. ebd., S. 216 ff.
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Ebd., S.7.
Walter Ulbricht, Zum Ökonomischen System des Sozialismus in der DDR, Berlin (DDR) 1968, 2 Bde., Bd. 2, S. 733.
Ökonomisches System (Anm.23), Bd.II,S.11.
Sozialistisches Gesellschaftssystem, sozialistische Demokratie und Gewerkschaften. Materialien der II. Theoretischen Konferenz des Bundesvorstandes des FDGB und der Hochschule der Deutschen Gewerkschaften „Fritz Hecken“ vom 17. his 19.9.1969 in Bernau, Teile I u. II, Berlin (DDR) 1970, Teil I, S. 153.
Ebd.
Vgl. Helga Ulbricht, Aufgaben der sozialistischen Sozialpolitik bei der Gestaltung der sozialen Sicherheit in der DDR, Habil. Schrift, Wirtschaftswiss. Fakultät der Karl-Marx-Universität Leipzig, 1965. Fotokopiertes Manuskript, S. 142. Die Verfasserin erklärt, daß es auch keine gesonderte betriebliche Sozialpolitik geben könne (ebd., S. 140). Der Terminus „Sozialpolitik der Partei“ ist allerdings nicht umstritten.
Autorenkollektiv, Die Entwicklung der betrieblichen Sozialpolitik und die Aufgaben der Gewerkschaften, in: Sozialistische Arbeitswissenschaft, 13. Jg. (1969), Nr. 5, S. 356.
Ebd., S. 358.
Vgl. Bundesvorstand des FDGB (Hrsg.), Geschichte des FDGB, Berlin (DDR) 1982, S. 564, 567; Ulbricht, Zum Ökonomischen System (Anm. 25), S. 736f. Ulbricht berichtet dort auch von einer gemeinsamen Kommission von Ministerrat und Bundesvorstand des FDGB zur 5-Tage-Woehe.
Vgl. ebd., S. 575.
Vgl. Hartmut Zimmermann, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB), in: Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.), DDR Handbuch; wiss. Leitung: Hartmut Zimmermann, 3. überarb. u. erw. Aufl., 2 Bde., Köln 1984, Bd. 1, S. 461.
Johannes Kuppe, ‚Neues politisches Denken ‘auch in der DDR, in: DDR Report, 19. Jg. (1986), Nr. 12, S. 690.
Rudolf Eilenberger/ Hans Luft, Die erfolgreiche Erfüllung der Hauptaufgabe und heutige Ansprüche an ihre Verwirklichung, in: Geschichtsunterricht und Staatsbürgerkunde, 26. Jg. (1984), Nr. 10, S. 723.
Geschichte des FDGB (Anm. 32), S. 602.
Vgl. ebd., S. 603.
Es handelt sich um Beschlüsse — zur Entwicklung des Feriendienstes der Gewerkschaften sowie zu Fragen der Kuren (7.3.1972); — über sozialpolitische Maßnahmen in Durchführung der auf dem VIII. Parteitag beschlossenen Hauptaufgabe des Fünfjahrplanes (28.4.1972); — über weitere Maßnahmen zur Durchführung des sozialpolitischen Programms des VIII. Parteitages der SED (29.4.1974); — über die weitere planmäßige Verbesserung der Arbeits-und Lebensbedingungen der Werktätigen im Zeitraum 1976 bis 1980 (27.5.1976); — über die weitere Erhöhung der Mindestrenten und anderer Renten (25.9.1979). Die nächsten beiden „Gemeinsamen Beschlüsse“ folgten erst im Mai 1984 (Familien-bzw. Rentenangelegenheiten). Die zentralen Gremien von SED, Staatsapparat, FDGB und FDJ verabschiedeten im Dezember 1976 auch einen Gemeinsamen Beschluß zur Berufsausbildung. Vgl. Geschichte des FDGB (Anm. 32), S. 781.
Neues Deutschland, 17.5.1977.
Zimmermann, FDGB (Anm. 34), S. 462.
Hartmut Zimmermann, 3. FDGB-Kongreß 1950 — Der FDGB dreißig Jahre danach, in: DDR Report, 13. Jg. (1980), Nr. 12, S. 784.
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Vgl. Hartmut Zimmermann, Power Distribution and Opportunities for Participation: Aspects of the Socio-Political System of the GDR, in: Klaus v. Beyme/Hartmut Zimmermann (Hrsg.), Policymaking in the GDR (German Political Studies, Bd. 6), Alders-hot 1984, S. 58 ff.
Uwe-Jens Heuer, Recht und Wirtschaftsleitung im Sozialismus. Von den Möglichkeiten und von der Wirklichkeit des Rechts, Berlin (DDR) 1982, S. 159.
Vgl. Neues Deutschiandy 17.12.1986, S. 3.
Norbert Mader, Theoretisch-methodologische Grundlagen zur Bestimmung des Verhältnisses von Ökonomie und Kultur in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Hochschule für Ökonomie „B.L.“, 24. Jg. (1979), Nr. 1,S.42.
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Lothar Kühne, Zum Begriff und zur Methode der Erforschung der Lebensweise, in: ders., Haus und Landschaft. Aufsätze, Dresden 1985, S. 103.
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Ebd.; Hervorhebung v. d. Verf.
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Kühne, Gesellschaftliche Verhältnisse, Lebensbedingungen, Lebensweise, in: ders. (Anm. 49), S. 140.
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Uwe-Jens Heuer, Überlegungen zu Ideologie und Recht im Sozialismus, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 30. Jg. (1982), Nr. 12, S. 1451.
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Hüning, H., Neugebauer, G. (1988). Der FDGB und die Formel „Einheit von Wirtschafts-und Sozialpolitik“ Die Gewerkschaften der DDR auf dem Weg zu einer neuen Politik?. In: Glaeßner, GJ. (eds) Die DDR in der Ära Honecker. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, vol 56. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85308-0_18
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