Kampf um Lebenschancen. Zur Risikobeobachtung der Risikobewegungen in der Risikogesellschaft

Zusammenfassung

Aktualität und Brisanz der beiden Themen Risiko und soziale Bewegungen brauchen kaum eigens hervorgehoben zu werden: Auf der einen Seite reißt die Diskussion um die „Risikogesellschaft“ seit Ulrich Becks gleichnamigem Buch (Beck 1986) nicht ab. Sie scheint der soziologischen Profession nicht nur eine weitere packende Zeitdiagnose geliefert, sondern auch die sozialwissenschaftliche Risikoforschung beflügelt zu haben, die zuvor ein eher klägliches Dasein im Schatten der dominierenden naturwissenschaftlichen Risikoforschung geführt hatte. Eine wahre Flut von Publikationen bemüht sich seither um eine soziologisch fundierte Risikoforschung, die beste Aussichten hat, sich als spezielle Soziologie etablieren zu können. Auf der anderen Seite scheint die Diskussion rund um das Phänomen der neuen sozialen Bewegungen — allen Unkenrufen zum Trotz (vgl. Böckler 1994) — eher zu ‘boomen’, als abzuflauen (vgl. Brand 1996). Ihre gegenwärtige Konjunktur teilt die Bewegungsforschung dabei ebenso mit der Risikoforschung wie ihre Entstehungsabhängigkeit von massenwirksamen Ereignissen: Ebenso wie die soziologische Risikoforschung letzlich erst durch die Katastrophen von Seveso, Harrisburg, Tschernobyl ins Leben gerufen worden ist, verdankt die Bewegungsforschung ihre Expansion den Großdemonstrationen gegen solche und andere Ereignisse in den siebziger und achtziger Jahren. Die Nähe zu den Phänomenen hat wohl in beiden Bereichen die mangelnde Distanz zum jeweiligen Gegenstand (mit)bedingt, durch die sich die ersten Publikationen auszeichneten: Erst durch einen gewissen zeitlichen Abstand zu den Ereignissen sind unaufgeregtere, differenziertere Analysen entstanden.