Zusammenfassung
Gregory Bateson hat die These aufgestellt, daß individuelle Entwicklung und natürliche Evolution denselben Gesetzen unterliegen; er setzt daher Lernen und Evolution gleich. Ich buchstabiere die Gleichsetzung fürs menschliche Lernen aus, wobei Begriffe die Rolle der Gene erhalten: Wir entwickeln unsere Gedanken begrifflich durch Selektion, so wie sich Lebewesen genetisch entwickeln. Daraus ergeben sich Folgerungen fürs Lernen und Lehren; viele von ihnen sind bekannt, erscheinen so aber in neuem Licht. Eine Schwierigkeit ergibt sich: Maschinen und Formalismen entwickeln sich nicht. Maschinen handeln nicht, Formalismen denken nicht; Vernunft allein reicht daher nicht im Umgang mit ihnen. Zum Ausgleich haben die Menschen einen sechsten Sinn, für Qualität, entwickelt. So wie Tiere einst das Denken »entdeckt« haben, um sich freie Entscheidungen zu »ermöglichen«, haben die Menschen gelernt, Sinn von Unsinn zu trennen; sonst könnten sie es in selbst hergestellten Umgebungen nicht aushalten. Anders als die Tiere müssen sie ihre Systeme selber »klein« halten, gut zwischen »maßlos« und »unterbemessen« balancieren. Da stecken die Informatiker in der Klemme: Ihre Aufgabe ist, so scheint es, jede Art von Kommunikation auf Elektronik zu reduzieren; wie können bei solchem Größenwahnsinn ihre Systeme »klein« sein? Sie müssen rechnergestützte Systeme »gestalten«, heißt es heute, auf menschliche Weise machen, balancierend zwischen »interpretieren« und »konstruieren«. Das können sie nicht ohne Andersgesinnte: Philosophen, Pädagogen, Psychologen, Soziologen. Wird Informatik solcherart zu einer Utopie?
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© 1992 Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden
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Siefkes, D. (1992). Sinn im Formalen?. In: Coy, W., et al. Sichtweisen der Informatik. Theorie der Informatik. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-84926-7_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-84926-7_8
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag
Print ISBN: 978-3-528-05263-8
Online ISBN: 978-3-322-84926-7
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