Zusammenfassung
Die Durchsetzung des Betriebsverfassungsgesetzes ist wegen des Fehlens einer Instanz, die mit der Kontrolle seiner Einhaltung beauftragt ist, dem Machtprozeß zwischen den kontrahierenden Adressaten anheimgestellt. Dies trifft auch auf die Nutzung der ohnehin schwachen Sanktionsnormen zu. Sowohl die Beschreitung des Rechtsweges als auch die Durchsetzung einer Gerichtsentscheidung unterliegt den Bedingungen des Machtverhältnisses zwischen den Parteien. Die Absicht des Gesetzes, den industriellen Konflikt auf betrieblicher Ebene durch Partizipation zu mildern, kann daher kaum durch Rechtsnormen eingelöst werden. Dies führt zu der These, daß das Betriebsverfassungsgesetz ein appellatorisches Rahmengesetz ist, daß die Einstellungen der Konfliktparteien bezüglich des Konfliktcharakters beeinflussen will und, falls dies gelingt, einen Rahmen für die Konfliktaustragung anbietet.
Auf der Grundlage einer empirischen Erhebung werden sechs Muster der Partizipation der Betriebsräte unterschieden, mit denen jeweils unterschiedliche Formen der Einbeziehung des Betriebsverfassungsgesetzes und des Umgangs mit Recht al Machtmittel variieren.
Summary
There ist no enforcement agancy for the German law regulation industrial relations (Betriebsverfassungsgesetz). Therefore, the initiative for its implementation had to come from the addressees of the law. It interferes in their over-all power relations. This makes referal to legal enforcement precarious. Access to courts as well as the implementation of their decisions are effective only to the degree that their general power relations allows for it. Therefore, the goals of this participation law can hardly be achieved by legal means. It is effective to the degree that the attitudes of conflicting parties allow and it offers a frame for regulating their conflicts.
This survey study distinguishes six patterns of participation and reports on their respective envolvement of law in the power relation.
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Anmerkungen
Das vom Verfasser, M. Kluge, U. Kneer, P. Neumann, G. Schneider und T. Kocker am soziologischen Institut der Universität Freiburg durchgeführte Forschungsobjekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. Die in diesem Beitrag behandelte Frage nach dem rechtsrelevanten Verhalten von Betriebsräten und Geschäftsleitungen ist nur ein Teil der umfassenderen Thematik des Projekts. Im Anschluß an den Befragungsteil wurde eine teilnehmende Beobachtung in 10 Betrieben durchgeführt, deren Ergebnisse hier allerdings nicht systematisch verwertet wurden. Die vollständigen Ergebnisse des Befragungsteils sind dargestellt in
Zur ausführlichen Interpretation der Logik der Partizipation siehe: H. Kotthoff, ebd., Teil A. Die soziologische Diskussion sowohl über die Ziele wie die Wirkungen der Arbeitnehmerpartizipation beschränkte sich in der Vergangenheit fast ausschließlich auf die Unternehmensmitbestimmung. Erst in den letzten 4-5 Jahren verlagerte sich das Interesse zunehmend auch auf die Partizipation der Betriebsräte. Zur Zieldiskussion über die Unternehmensmitbestimmung vgl. vor allem W. Thomsen, Wirtschaftliche Mitbestimmung und sozialer Konflikt, Neuwied 1970, und über die Wirkungen besonders W. Tegtmeier, Wirkungen der Mitbestimmung der Arbeitnehmer, Göttingen 1973. Einen Anstoß zur Neubelebung der Zieldiskussion über den Betriebsrat und das BetrVG geben R.Keßler, Sozialliberale Betriebsverfassung, in: O. Jacobi u.a., Gewerkschaften und Klassenkampf, Kritisches Jahrbuch 1972, Frankfurt 1972, S. 104-120; U.Mückenberger, Betriebsverfassung und basisorientierte Betriebspolitik, in: R. Duhm, Krise und Gegenwehr, Berlin 1975, S. 129-159; R. Hoff mann, Zum Betriebsräteproblem heute. (Einleitung zur Neuauflage von K. Brigl-Mattiaß, Das Betriebsräteproblem, Berlin-Leipzig 1926), Berlin 1978
Vgl. § 74,2 BetrVG.
Vgl. § 2,1 BetrVG.
Hierauf macht schon E. Blankenburg aufmerksam in: Über die Unwirksamkeit von Gesetzen, Archiv für Rechts-und Sozialphilosophie, 63 (1977), insbes. S. 48–51.
Über die situationsabhängigen Chancen und die Dynamik von Machtbildung vgl. H. Popitz, Prozesse der Machtbildung, Tübingen 1968, besonders „Erstes Beispiel” S. 7–17.
Vgl. E. Schmidt, Die Rolle der Betriebsräte in der Gewerkschaftsbewegung, in: O. Jacobi u.a., Gewerkschaften und Klassenkampf, Kritisches Jahrbuch 1973, Frankfurt 1973, S. 177–193; R. Erd, Verrechtliche Gewerkschaftspolitik, in: J. Bergmann (Hrsg), Beiträge zur Soziologie der Gewerkschaften, Frankfurt 1979, S. 143-182; und H. Kotthoff, Zum Verhältnis von Betriebsrat und Gewerkschaft, in: J.Bergmann (Hrsg), ebd, S. 298-325.
K. Brigl-Matthiaß, Das Betriebsräteproblem, Berlin-Leipzig 1926.
Diese Angaben beziehen sich auf die Einstellungen und Absichten der Geschäftsleitungen. In welchem Ausmaß sie realisiert werden, hängt natürlich wesentlich vom Verhalten des Betriebsrats ab.
Vgl. M. Maase u.a., Weiterbildung—Aktionsfeld für den Betriebsrat?, Frankfurt 1975, und M. Baethge u.a., Sozialpolitik und Arbeiterinteresse, Frankfurt 1976.
Vgl.R. Erd, a.a.O., S. 148.
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Kotthoff, H. (1980). Zur Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes in den Betrieben. In: Blankenburg, E., Lenk, K. (eds) Organisation und Recht. Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, vol 7. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83669-4_20
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