Zusammenfassung
Der Phosphorus-Mythos, der in die dritte Vigilie des Märchens eingefügt ist, scheint zunächst in keinerlei Beziehung zur Handlung des Märchens zu stehen. In den beiden Vigilien, die der mythischen Geschichte vorangingen, war der Erzähler, ohne abzuschweifen, dem Weg seines Helden gefolgt: Anselmus hatte sich nach jenem peinlichen Vorfall am Schwarzen Tor zunächst in die Einsamkeit zurückgezogen; er war am Ufer der Elbe spazierengegangen und hatte sich später über den Fluß rudern lassen, um den Abend bei Freunden in der Pirnaer Vorstadt zu verbringen. Das Ende der zweiten Vigilie begleitete ihn dann bis vor das Haus des Archivarius Lindhorst, wo er eine Anstellung als Kopist zu finden hoffte. Die phantastischen Erlebnisse des Vortages schienen fast vergessen, doch gerade in dem Augenblick, als Anselmus an die Tür klopfen will, grinst ihm das fatale Gesicht des Äpfelweibs entgegen, und die Klingelschnur verwandelt sich in eine Riesenschlange, die ihn so fest umschlingt, daß er ohnmächtig zu Boden sinkt. — Als er wieder zur Besinnung kommt, liegt er zuhause auf seinem Bett, und der Konrektor spricht zu ihm: „Was treiben Sie um des Himmelswillen für tolles Zeug, lieber Herr Ansel-mus!“(191)
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References
Wöllner, S. 80.
Ohl, S. 29.
Kenneth Negus (E.T.A. Hoffmann, S. 55) spricht von einem “high-flown rhetorical style”.
von Schaukal: Nachwort, S. 180.
Momberger, S. 99.
Cramer, S. 65.
Vgl. Holbeche, S. 56f. und von Schaukal: Nachwort, S. 181.
Am 26. Juli 1813 an Friedrich Kunz, in: Hoffmann: Briefwechsel Bd 1, S. 403.
Vgl. den Brief an Kunz vom 19. August 1813, in: Hoffmann: Briefwechsel Bd 1, S. 409.-Hoffmann kannte auch die naturwissenschaftlichen ‘Fragmente’ von Johann Wilhelm Ritter und Steffens ‘Grundzüge der philosophischen Naturwissenschaft’. (Vgl. Hasselberg: Lektüre, S. 141. — Dem Verzeichnis von Felix Hasselberg läßt sich leider nicht entnehmen, zu welchem Zeitpunkt Hoffmann diese Schriften kennengelernt hat.)
Preisendanz: Humor, S. 73.
Bollnow: Der ‘Goldene Topf’, S. 211.
Negus: ‘Der goldne Topf’, S. 268.
Schubert: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft, S. 180.
Vgl. ebd., S. 189 und Steffens, S. 99f. und 104.
Bollnow: Der ‘Goldene Topf’, S. 211.
Wenn Hoffmanns Schöpfungsgeschichte, von jener ursprünglichen Polarität ausgehend, zu immer neuen Gegensatzpaaren fortschreitet, folgt sie darin der Struktur ihres biblischen Vorbilds; denn auch die ‘Genesis’ “is constantly setting up opposing categories” (Leach, S. 8).
Jaffé, S. 253.
Schelling: Von der Weltseele, S. 446.
Ebd., S. 437.
Steffens, S. 30.
Schelling: Von der Weltseele, S. 439.
Ebd., S. 458. — Da die frühen Romantiker vom göttlichen Wesen der Schöpfung überzeugt waren, mußte ihnen daran gelegen sein, alle Erscheinungen der Natur auf ein einziges Grundprinzip zurückzuführen. Gotthilf Heinrich Schubert hat dieses Problem zu lösen versucht, indem er eine Hypothese entwickelte, wie aus der Schwere das ihr entgegengesetzte Prinzip, das Licht, unmittelbar hervorgehen kann: Sobald die Wirkung der Schwerkraft durch Druck oder Reibung erhöht wird, hat es den Anschein, als ob sie “in der engen Sphäre des einzelnen Körpers keinen Raum mehr fände (…)” (Schubert: Ahndungen einer allgemeinen Geschichte des Lebens. Erster Theil, S. 340). Statt weiterhin nach innen zu wirken, als eine kontraktile Kraft, richtet sie sich nun nach außen und erscheint dabei als Licht oder Elektrizität. Die beiden Grundkräfte der Schöpfung sind einander also nicht strikt entgegengesetzt, wie es sich später in Hoffmanns mythischer Geschichte darstellt. Für die Philosophie der frühen Romantik erweisen sich alle Verhältnisse der Natur nur als verschiedene Modifikationen derselben göttlichen Substanz: “Seele und Körper sind nicht verschieden, der Körper ist nicht minder als sie, aus jenen Einem Urquell des Seyns. (…) Was wir Seele und was wir Körper nennen, sind nur verschiedne Entwicklungsstufen des Einen Bestehenden.” (ebd., S. 378 und 385f.).
Mühlher: Liebestod und Spiegelmythe, S. 27.
Röscher, Sp. 2444.
Jes. 14, 12-15.
Karl Ludwig Schmidt, S. 175.
Luk. 10, 18.
Röscher, Sp. 2446. — In die christliche Auslegung der Lucifer-Gestalt mag noch eine andere Fabel hineingepielt haben. Von Phaeton, der häufig mit dem Morgenstern identifiziert wurde, berichtet die Sage, daß er an Stelle von Helios, seinem Vater, den Sonnenwagen lenken wollte. Doch als er sich in den Himmel erhebt, kann er mit seinem Gefährt nicht die rechte Bahn einhalten. “Da entsteht ein großer Brand am Himmel und auf der Erde. (…) Zeus schleudert seinen Blitz (…)”, und Phaeton stürzt zur Erde hinab. (Pauly, Sp. 1511; vgl. Karl Ludwig Schmidt, S. 167 und Duhm, S. 119.)
Jaffé, S. 268.
Vgl. Leo Jung, S. 499f.
Gen. 6, 2. — Aniela Jaffé (S. 279ff. und 285) ist den Fabeln, die sich an diese Episode der ‘Genesis’ anschließen, weiter nachgegangen.
Gotthilf Heinrich Schubert hat das Motiv der gefallenen Engel in seine ‘Mythen’ aufgenommen und es im Sinne der romantischen Philosophie umgedeutet. Die Zuneigung zu den Menschen erscheint nun nicht mehr, wie in dem biblischen Vorbild, als ein Frevel der Engel. Wenn die ‘Kinder Gottes’ zur Erde hinabsteigen, geschieht es nicht aus sinnlicher Begierde, sondern weil sie in den Menschen das Ebenbild Gottes erkennen. (Vgl. Schubert: Ahndungen. Erster Theil, S. 18.)
Delitzsch, S. 172.
Bloch, S. 232.
Die christliche Lehre vom Sündenfall und das Dogma von der Erbsünde beruhen auf einer “Umdeutung” (Pannenberg, S. 15) der ‘Genesis’, die sich an dem Text kaum belegen läßt. Von einem ‘Fall’ des Menschen ist in der biblischen Vorlage nirgendwo die Rede; und die Vorstellung, daß der Teufel, als Widersacher Gottes, die Menschen verfuhrt habe, ist der Denkweise des ‘Alten Testaments’ völlig fremd. An all den Stellen, die von der Versuchung zum Bösen handeln, läßt sich nachweisen, “daß die ursprüngliche Idee des Satans eine ganz andere ist, als welche die spätere Zeit aus ihm gemacht hat.” (Schelling: Philosophie der Offenbarung, S. 641; vgl. auch Leo Jung, S. 490ff.)
Gregor von Nyssa; Große Katechese 5, 2-4; zit. nach: Texte, S. 271.
Ebd., S. 272.
Jauß: Die Mythe vom Sündenfall, S. 30.
Hegel: Philosophie der Geschichte, S. 389.
Kant: Mutmasslicher Anfang der Menschengeschichte, S. 87.
Gen. 3, 22; zit. nach Hegel: Philosophie der Geschichte, S. 390.
Schiller: Etwas über die erste Menschengesellschaft, S. 399.
Marquard: Felix Culpa, S. 59.
Schiller: Etwas über die erste Menschengesellschaft, S. 399f.
Blumenberg: Arbeit am Mythos, S. 238.
Lämmerzahl, S. 83.
Scholem, S. 86.
Schelling: Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit, S. 295.
Schlegel: Philosophische Lehrjahre, S. 421.
Ebd.
Schelling: Philosophische Untersuchungen, S. 239.
Ebd., S. 303.
Schlegel: Fragment 28 der ‘Ideen’, S. 258.
Schubert: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft, S. 58.
Schelling: Philosophische Untersuchungen, S. 303. — Novalis (Das Allgemeine Brouillon, S. 248) nennt ihn den “Messias der Natur”, und für Steffens (S. 133) ist er “der versöhnende Mittler zwischen Natur und Gott”.
Auch der Begriff einer ‘Weltseele’ läßt sich mit der orthodoxen Gottesvorstellung nicht vereinbaren: “Wäre Gott die Seele der Welt, und hätte diese Seele die Welt zu ihrem Körper, so daß es sich um ein einziges Lebewesen handelte, (…) so gäbe es nichts, was nicht ein Teil der Gottheit wäre. Und was wäre die Folge? Eine ganz unwürdige und gottlose Annahme! Ein Teil Gottes wäre es, was man mit Füßen tritt (…). Welch horrender Gedanke zu glauben, daß ein Teil Gottes Schläge erhält, wenn ein Knabe gezüchtigt wird!” (Augustinus: Gottesstaat 4, 12–13; zit. nach: Texte, S. 47) Von solchen ketzerischen Ansichten, die Schelling in seiner Schrift ‘Von der Weltseele’ verbreitete, hat er sich bald darauf selbst distanziert: Die ganze sichtbare Schöpfung lasse sich, wie er in einer späteren Schrift sagt, nur aus einem Abfall von Gott erklären, und daraus müsse man folgern, daß Gott “zu der Natur ewig nur ein indirektes Verhältniß” habe. (Schelling: Religion und Philosophie, S. 55)
Schelling: Clara, S. 156. — Vgl. dazu Jaffé, S. 289.
Am 29. Januar 1805 an Johann George Scheffner, in: Zacharias Werner: Briefe Bd 1, S. 302.-Mit dieser Briefstelle erläutert Zacharias Werner den Phosphorus-Mythos in einem seiner Dramen, das auch Hoffmann bekannt war. Auf die Unterscheidung zwischen der brennenden und der leuchtenden Natur des Lichts dürfte Hoffmann noch in anderen romantischen Schriften gestoßen sein. Schon in Schellings ‘Weltseele’ (S. 469ff.) findet sich die Auskunft, daß die Wärme als die materielle Komponente des Lichts anzusehen sei.
Mühlher: Liebestod und Spiegelmythe, S. 36.
Schubert: Ansichten, S. 69.
Ebd., S. 73. — Die seltsame Bezeichnung als eine ‘Fackel’ des Todes und der Liebe rührt vielleicht daher, daß die bildende Kunst der Antike den Phosphorus zuweilen als fackeltragenden Jüngling vorgestellt hat.
Vgl. ebd., S. 200. — In der glühenden Lava, die bei Vulkanausbrüchen zum Vorschein kommt, sah man damals einen Beweis für die These, daß auch dem Erdgestein ein brennbarer Stoff beigemischt ist. Alle Versuche, vulkanische Gesteinsbrocken in Schmelzöfen zu entzünden, sollen aber, wie Schubert einräumen muß, gescheitert sein. (Vgl. dazu Schubert: Ahndungen. Zweyter Theil, S. 78f.).
Vgl. ebd., S. 70.
Schubert: Ansichten, S. 358.
Schubert: Die Symbolik des Traumes, S. 157.
Schubert: Ansichten, S. 179.
Ebd., S. 236.
Ebd., S. 69f.
Ebd., S. 69.
Ebd., S. 81.
Schubert: Die Symbolik des Traumes, S. 190.
Schubert: Selbstbiographie, S. 480. — Vgl. Sauder, S. XVIII.
Schubert: Ansichten, S. 69.
Ebd., S. 68.
Hoffmann: Prinzessin Brambilla, S. 257.
Gustav Egli, S. 76.
Offb. 12, 9.
Vgl-Kirschbaum, Sp. 262 und Braunfels, Sp. 377ff. — An die Stelle des Erzengels Michael tritt häufig ein anderer Drachenkampfer, der heilige Georg. Hoffmanns phosphorus besitzt auch mehr Ähnlichkeit mit der Gestalt dieses Heiligen, von dem die Legende sagt, daß er eine Jungfrau aus der Gewalt des Drachens befreit habe. (Vgl. Hans Egli, S. 225.)
Vgl. Bächthold-Stäubli Bd VII, Sp. 1136.
Schlegel: Lucinde, S. 11.
Schelüng: Religion und Philosophie, S. 37.
Ebd., S. 58.
Jaffé, S. 303. — Vgl. auch Rockenbach, S. 163ff.
Jaffé, S. 311.
Zacharias Wemen Die Söhne des Thales, S. 239.
Nach Werners eigenem Kommentar sind die “4 azurnen Ketten (…) die Elemente” (an Tina Gräfin Brühl in der zweiten Maihälfte 1806, in: Zacharias Werner: Briefe Bd 2, S. 29).
Am 29. Januar 1805 an Johann George Scheffner, in: Zacharias Werner: Briefe Bd 1, S. 302.
Zacharias Werner: Die Söhne des Thales, S. 239.
Heinrich Heine: Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, S. 523.
Strich: Die Mythologie Bd 2, S. 292.
Montfaucon de Villars, S. 25.
Hoffmann bezieht sich in anderen Erzählungen, in denen die Lehre von den Elementargeistern näher erläutert wird, vor allem auf die Schrift von Montfaucon de Villars. (Vgl. Hoffmann: Der Elementargeist, S. 388 und Die Königsbraut, S. 958ff.) Diese Abhandlung, die 1670 erschien, ist wiederum von den Theorien Paracelsus’ beeinflußt.
Paracelsus, S. 482 und 468.
Vgl. Montfaucon de Villars, S. 82 und 93ff.
Paracelsus, S. 481f.
Ebd., S. 481.
Montfaucon de Villars, S. 25.
Vgl. ebd., S. 35
Montfaucon de Villars, S. 26.
Paracelsus, S. 481.
Jaffé, S. 159.
Schubert: Die Symbolik des Traumes, S. 81.
Schubert: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. 3. Aufl. Dresden 1827, S. 314. — Aniela Jaffé, die auf diese Textstelle aufmerksam macht, erklärt zugleich die Herkunft von Schuberts Schlangen-Metaphorik. Als Arzt und Naturforscher hat Schubert wohl nicht nur an den biblischen Sinn der Schlange gedacht, sondern auch an ihre physiologische Bedeutung: “Die Schlange besitzt ein im Verhältnis zum Kopf übermäßig stark ausgebildetes Rückenmarksystem und verkörpert als ein Traum-oder Märchensymbol dementsprechen das Wirken und Leben der instinktiven, triebhaften Kräfte, der niederen Trieb-und Funktionszentren, die dem regulierenden Bewußtsein nicht unterstellt sind.” (Jaffé, S. 109).
An ihr Glänzen und Leuchten, das sie mit Phosphorus und dem Feuersalamander verbindet, wird auch bei Serpentinas späterem Erscheinen immer wieder erinnert. (S. 184, 186, 187, 201, 227, 228)
Schubert: Ansichten, S. 243.
Schubert: Die Symbolik des Traumes, S. 80.
Schubert: Ansichten, S. 323.
Ebd., S. 324.
Goethe: Das Märchen, S. 393.
Strich: Die Mythologie Bd 1, S. 323.
Erich Küster, S. 61.
Grimm: Die weiße Schlange, S. 130. — In diesem Märchenmotiv haben sich offenbar Spuren eines alten Volksglaubens erhalten. (Vgl. dazu Bächtold-Stäubli Bd VII, Sp. 1149f. und Hans Egü, S. 137ff.)
Vgl. Matth. 10, 16.
Vgl. Hartlaub, S. 159.
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Harnischfeger, J. (1988). Der Mythos. In: Die Hieroglyphen der inneren Welt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83647-2_8
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