Rockmusik und Bildungstheorie

Zusammenfassung

Die gesellschaftliche Bedeutung der Rockmusik läßt sich nicht mehr bestreiten. Es ist jedoch in der Pädagogik oft noch eine Geringschätzung ihrer spezifischen Ästhetik feststellbar, wobeis argumentativ auf Theorien der musischen Bildung ¹ und/oder eine Didaktik des Kunstwerks ² zurückgegriffen wird. Dies hat zur Folge, daß bei der Konzeption von Unterrichtsprozessen die Rockmusik im Gegensatz zur Kunst- oder Volksmusik ³ allgemein noch keine Berücksichtigung erfährt. Aufgefaßt wird Rockmusik vielmehr als ein Konsumangebot für den musikalisch Ungebildeten, der sich mit einer trivialen Musikstruktur zufrieden gibt. Rockmusik dient in diesem Verständnis lediglich der Unterhaltung, keinesfalls jedoch einer ästhetisch-künstlerischen Bildung. Unterhaltung und ästhetische Bildung erscheinen hier als unvereinbare Gegensätze, das heißt, es ist unwahrscheinlich, daß Unterhaltung als konstruktives Element im Bildungsprozeß wirksam wird. So ist eine pädagogische Praxis, die alltägliche Musikrezeption nicht nur problematisiert, sondern die Jugendlichen auch zu einem qualifizierten und selbstbestimmten Handeln mit Rockmusik zu befähigen beabsichtigt, eine Ausnahme geblieben ⁴. Allerdings mehren sich seit Mitte der siebziger Jahre die Stimmen einer ‚zeitgemäßen Musikpädagogik‘, die den Einbezug der Rockmusik in Unterrichtsprozesse verlangen (vgl. Knolle 1979, Schütz 1982, Braha 1983). Die dazu ausgeführten Begründungen beschränken sich jedoch bislang auf ideologiekritische und soziologische Aspekte, so daß die bildungsphilosophische Dimension dieses Problems nahezu unbeleuchtet geblieben ist. Es bedarf daher der Diskussion verschiedener grundlegender Bildungsbegriffe, um einen möglichen Einbezug der Rockmusik in pädagogische Prozesse auch aus dieser Perspektive zu prüfen.