Zusammenfassung
Es ist heutzutage unstrittig, daß Nachfrager und Anbieter durch den freien Kauf bzw. Verkauf von Gütern auf Märkten beidseitige Vorteile erzielen und dem Marktpreis die Funktion zukommt, Knappheit zu signalisieren sowie Angebot und Nachfrage aufeinander abzustimmen. Kommt man aber auf den Wohnungsmarkt zu sprechen, so bricht dieser Konsens auseinander. Allenthalben wird beklagt, daß gemessen am „Wohnungsbedarf“ die Wohnungsversorgung unzureichend sei, die Mietbelastungen zu hoch wären und dies seine Ursache in Funktionsmängeln des Wohnungsmarktes habe. So wird z.B konstatiert, auf einem freien Wohnungsmarkt herrsche „in der Regel ein Bedarfs- und Nachfrageüberhang, der den Wohnungsanbietern Marktvorteile verschaffe“ und gefolgert, „daß die Selbststeuerungskräfte des Wohnungsmarktes in der (alten) Bundesrepublik vor der öffentlichen Aufgabe versagen, preisgünstigen Wohnraum in ausreichender Zahl bereitzustellen bzw. zu erhalten“ (Holtmann/Killisch 1993:3, Hervorhebung im Original).1 Daran schließt sich zumeist die Forderung nach staatlichen Eingriffen an, die diese Mängel kompensieren sollen. Dabei gerät häufig in Vergessenheit, daß der Wohnungsmarkt schon seit langem eine so hohe Regulierungsdichte aufweist, wie sie wohl kaum auf anderen wichtigen Gütermärkten in Deutschland zu finden ist. Dies betrifft sowohl direkte staatliche Eingriffe in die Preis- bzw. Mengenbildung auf dem Wohnungsmarkt sowie Reglementierungen des Vertrags- und Nutzungsrechtes als auch indirekte Maßnahmen, wie z.B. Subventionen. Im Nachhinein muß es deshalb schwerfallen, Fehlentwicklungen am Wohnungsmarkt eindeutig einem „Marktversagen“ oder einem „Staatsversagen“ zuzuordnen.
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Thiemer, A., Thiemer, B. (1997). Wohnungsmarkt und Wohnungsversorgung. In: Friedrichs, J. (eds) Die Städte in den 90er Jahren. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83287-0_10
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