Charisma als Beziehungsphänomen

Zusammenfassung

Einzig und allein der Glaube der Anhängerschaft ist es, der, noch weit bevor die Frage nach der spezifischen Ausformung des jeweiligen Charismas gestellt werden kann, überhaupt erst die Existenz einer als charismatisch zu bezeichnenden Beziehung ermöglicht. Ob der Glaube an besondere Fähigkeiten einem religiösen Propheten oder der Heldenkraft eines Kriegsfürsten gelten, ist dabei nur ein inhaltlicher, kein kategorialer Unterschied. Es sind die Interaktionen im sozialen Raum, die Charisma hervorbringen, von welcher Art es ist, ob eher „geistiger“ oder eher „dinglicher“ Natur, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist allein dessen Anerkennung als Übernatürlichkeit von Seiten der Gefolgschaft. Weber spricht sogar ausdrücklich vom „Charisma der Tat“, das einen Helden als Führer legitimieren kann. Durch seine, aus der Sicht der Anhängerschaft, großartigen Taten werden dem Helden übernatürliche Kräfte zugesprochen. Das Entstehen von Charisma aus dem Glauben der Anhänger erklärt auch, weshalb es grundsätzlich wertfreier Natur ist. Demgemäß verdeutlicht Weber:

„Wie die betreffende Qualität von irgendeinem ethischen, ästhetischen oder sonstigen Standpunkt aus „objektiv“ richtig zu bewerten sein würde, ist natürlich dabei begrifflich völlig gleichgültig: darauf allein, wie sie tatsächlich von den charismatisch Beherrschten, den „Anhängern“, between wird, kommt es an.“