Zusammenfassung
Das Problem der Familie hat seit geraumer Zeit eine durchaus neue Aktualität gewonnen, nachdem die ungefähr um die Mitte des 19. Jahrhunderts anhebende umfassende internationale Diskussion um die Mitte der zwanziger Jahre zu einem gewissen Stillstand gekommen war. Heute sind die Organe der öffentlichen Meinungsbildung gefüllt mit Abhandlungen und Aufsätzen über das Problem der Familie; Vortragsreihen werden veranstaltet, Kongresse abgehalten, Komitees und Kommissionen gebildet, die sich alle mit der Diskussion dieser einen Frage abgeben. Sowohl Private wie die Organisationen der Wirtschaft und des Staates haben dies Thema aufgegriffen. Es nehmen aber auch die großen Kulturinstitutionen Anteil, die Schulen, Hochschulen und Universitäten, vor allem die Kirchen aller Bekenntnisse, dann die Parteien, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, Vereine, ja sogar wirtschaftliche Einzelunternehmungen. In der Schweiz wurde noch während des Krieges der Versuch unternommen, durch eine partielle Revision der Bundesverfassung dem Bundesgesetzgeber die Kompetenzen zur Zusammenfassung all der Anregungen von verschiedener Seite zu einem einheitlichen, verfassungsmäßig gesicherten Familienschutzwerk zu geben. Am 27. November 1941 konstituierte sich ein überparteiliches „Initiativkomitee für die Familie“, am 1. Dezember wurden die Unterschriftenbogen in Zirkulation gesetzt, am 10. Oktober 1944 konnte dann der Bundesrat an die Bundesversammlung Bericht erstatten über das Volksbegehren „Für die Familie“, das am 25. November mit großer Mehrheit angenommen wurdet1 Ähnliche Versuche sind im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte auch in anderen Ländern unternommen worden, vor allem in Frankreich und in Belgien, dann in Neuseeland und Australien, als Familienschutzwerk von besonders umfassendem Charakter seit 1935 in Schweden, unter stark parteipolitischen Voraussetzungen in Italien, Deutschland und teilweise in Sowjetrußland (seit 1936), in neuerer Zeit auch in England (seit 1945), später auch in allen sozialistischen Staaten Europas (speziell seit 1965). Man kann also wohl sagen, daß die öffentliche Meinung in allen ihren Schichten und Zweigen von einer intensiven Diskussion um das Problem der Familie erfüllt ist.
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Literatur
V. F. Calverton, Modern Anthropology and the Theory of Cultural Compulsives, in: V. F. Calverton, Hrsg., The Making of Man, New York 1931.
William F. Ogburn, Social Change, New York 1950 (zuerst 1922)
Vgl. Dazu Morris Ginberg, The Concept of Evolution in Sociology, in: Morris Ginsberg, Studied in Sociology, London 1932
Ein interessanter Beitrag dazu Jacob Sulser, Mensch und Gesellschaft, Affoltern a.A. 1944; vgl. Dazu meine Besprechung in der Schweizerischen Zeitschrift für Volkswirtscaft und Statistik 1945, S. 105–110.
Emil Brunner, Das Gebot und die Ordnungen, 3. Aufl. Zürich 1939, S. 324ff.
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König, R., Nave-Herz, R. (2002). Von der Notwendigkeit einer Familiensoziologie (1945/1974). In: Nave-Herz, R. (eds) Familiensoziologie. René König · Schriften · Ausgabe letzter Hand, vol 14. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80878-3_1
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