Ägypten 2004

Zusammenfassung

Die innenpolitische Situation wurde im Berichtsjahr nachhaltig von äußeren Einflussfaktoren, wie dem nach wie vor ungelösten Nahostkonflikt und der außerordentlich gespannten Lage im Irak bestimmt. Hinzu kam das US-Projekt der externen Demokratisierung der Region (Greater Middle East Initiative, GMEI), das Ägypten (Ä.) als erklärten Verbündeten der USA unter erheblichen Reformdruck stellte. Präsident, Regierungsapparat und -partei (Nationaldemokratische Partei, NDP) sahen sich jedenfalls zu beständigem Lavieren gezwungen. Einerseits erleichterte es ihnen der in nahezu allen Bevölkerangsschichten rasant wachsende Antiamerikanismus (proisraelische Haltung der USA im Nahostkonflikt, Besetzung Iraks), die GMEI als neuerlichen Versuch „imperialistischer Einflussnahme“ abzutun, andererseits sah eine ebenso große Mehrheit der politisch aktiven Bevölkerung erheblichen internen ökonomischen und insbesondere politischen Reformbedarf. So nutzte Präsident Mubarak in der ersten Jahreshälfte nahezu jeden öffentlichen Auftritt, um die „Oktroyierung eines uns fremden Reformprojekts durch die Amerikaner“ scharf zurückzuweisen (AN, 24.2.) und die USA gleichzeitig zu warnen, dass die Erwartung, „einen Knopf zu drücken und die Freiheit riesele herab“, nicht nur naiv sei, sondern die gesamte Region „explodieren“ lassen könne (AN, 2.3.). Staatsnahe religiöse Würdenträger, wie Großmufti Ali Juma’a, assistierten ihm und behaupteten, es sei die Pflicht jeden Muslims, Fremdbestimmung zurückzuweisen und sich auf die eigene Kraft zu besinnen (AN, 16.3.). Diese Stimmung nutzte Innenminister Adli im Februar, um die weitere Geltung der umstrittenen Notstandsgesetze als „notwendig für den Schutz aller, gegen finstere Absichten weniger“ zu bezeichnen (MENA, 10.2.).