Zusammenfassung
In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war diese Aussage (A.Wagner 1867: 450) keine Beschreibung, sondern eine Vision, das Ideal einer umfassenden Statistik. In jener Zeit installierten die meisten Regierungen in Europa und in Übersee Abteilungen oder Ämter, deren Aufgabe es war, solche „Zahlenbestimmungen“ für die Verwaltung zu sammeln und auszuwerten. Diese Veramtlichung einer Wissenschaft und Methode war eingebettet in den Prozess der Herausbildung moderner Staatlichkeit. Es sollte sich herausstellen, dass quantitativstatistische Informationen unerlässlich sind, um überhaupt regieren zu können. Von einer anderen Seite betrachtet, ließe sich freilich genauso gut behaupten, dass Regierung anders aussehen würde, hätte sich die Statistik nicht als wesentliche Methode der staatlichen Wissensbeschaffung etabliert. Da weder die eine noch die andere Kausalität bestimmbar ist, genügt es, von einem strukturellen und zeitlichen Neben- und Miteinander auszugehen, von einem gegenseitigen Bedingungsverhältnis: Die Implementierung der amtlichen Statistik war Teil des modernen Staatsbildungsprozesses.
Für jede dem Individuum anhängende, wenn nur irgend äußerlich wahrnehmbare und deshalb die Beobachtung zulassende »Eigenschaft« erhält man Zahlenbestimmungen, welche besagen, wie viel Individuen unter einer gewissen Bevölkerung die beobachtete Eigenschaft besitzen, z. B. Mann oder Weib, Kind oder Greis, ledig oder verheirathet, kinderlos oder mit Kindern versehen, ehelich oder unehelich geboren, da oder dort wohnhaft, im Sommer oder Winter, in dem oder jenem Monat, Tage oder Stunde geboren, getraut, gestorben, gesund oder krüppelhaft, wegen Verbrechen bestraft oder nicht bestraft, des Lesens kundig oder unkundig, dem oder jenem Berufe angehörig sind. Die statistische Beobachtung begleitet den Menschen von der Geburt (ja durch Rückschluß von der Konception) bis zum Grabe durch alle Phasen seines Lebens hindurch, jede ihn betreffende Thatsache wird notirt und zu den analogen, andere Menschen betreffenden gereiht. Adolph Wagner
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© 2005 VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Schmidt, D. (2005). Einleitung. In: Statistik und Staatlichkeit. Forschung Politik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80771-7_1
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-14719-2
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