Die Quadratur des Kreises. Parteiführung in der PDS

Zusammenfassung

Im Herbst 2004, nachdem bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen die Volksparteien nicht einmal mehr 30% der Wahlberechtigten auf sich vereinen konnten, Klein- und Flügelparteien dagegen durchweg Gewinne verbuchten, drückten die (West-)Zeitungen ihr Befremden darüber mit Titeln wie „Der Osten wählt anders“, „Dunkles Deutschland“und „Lebenslüge der Einheit“aus.¹ Es bedarf keiner prophetischen Gabe, um vorauszusehen, dass auch in absehbarer Zukunft ostdeutsche Urnengänge Anlass zu gleichlautenden Diagnosen bieten werden. Im fünfzehnten Jahr der deutschen Einheit unterscheiden sich Ost und West weiterhin voneinander. Politisch mag Deutschland wiedervereinigt sein, die Deutschen mögen Rechtssystem, Währung und Verwaltungsstrukturen teilen, auch derselben Rechte und Pflichten gewahr werden — in den Köpfen aber ist die Einheit noch nicht angekommen. Unverändert unterscheiden sich Ost- und Westdeutsche in Mentalität und Habitus. Die Ostdeutschen, so heterogen die Gesellschaft der neuen Bundesländer auch immer ist, teilen in ihrer Masse vom Westen verschiedene Denkweisen, Verhaltensideale und Alltagskulturen. Allen Einheitsbeschwörungen zum Trotz sind sich die Bevölkerungen beider Landesteile nicht näher gekommen.² Die Unterschiede wurden in den vergangenen Jahren eher größer als kleiner, die gegenseitige Fremdheit verschärfte sich noch. Einerseits hält weniger als die Hälfte der Ostdeutschen die Gesellschaftsform der Bundesrepublik für „erstrebenswerter“als das DDR-System.