Wie man die europäische Steuerpolitik (nicht) reformieren sollte

Zusammenfassung

Bei den Verhandlungen des EU-Konvents kam es zur Neuauflage eines alten Konfliktes: Soll die Anwendung der Mehrheitsregel auf die Steuerpolitik ausgeweitet werden oder soll es bei der Einstimmigkeitsregel bleiben. Der Streit schwelt seit den achtziger Jahren. Die Mitgliedstaaten hatten mit der Einheitlichen Europäischen Akte die Mehrheitsabstimmung zum Regelmodus für binnenmarktrelevante Entscheidungen erklärt, die Steuerpolitik davon aber ausdrücklich ausgenommen. Seitdem fordert die Kommission, diese Ausnahme zu kippen. Ohne Mehrheitsabstimmungen sei die beängstigende Lücke nämlich nicht zu schließen, die zwischen den für die Verwirklichung des Binnenmarktes notwendigen steuerpolitischen Maßnahmen und den tatsächlich getroffenen Beschlüssen klaffe (European Commission 2001: 4 f.). Im Konvent sprachen sich auch eine Mehrheit der Arbeitsgruppe, Ordnungspolitik’ sowie die Außenminister Frankreichs und Deutschlands für Mehrheitsabstimmungen in der Steuerpolitik aus (European Commission 2001; Europäischer Konvent 2002: 5; Europäischer Konvent 2002: 6). Andere jedoch stellten sich quer. Die britische Regierung insistierte auf der Beibehaltung des nationalen Vetos, weil nur so das fundamentale Recht jedes Mitgliedstaates auf eine eigenständige Steuerpolitik zu verteidigen sei (Straw 2003: Rz.76). Irland, Spanien und einige osteuropäische Beitrittsländer äußerten sich ähnlich und setzten sich am Ende durch.