Der Sozialversicherungsstaat in Nöten

Zusammenfassung

Während die deutsche und französische Sozialpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg fast drei Jahrzehnte lang das Ziel verfolgte, die Lage der Sozialversicherten zu verbessern, ihre Ansprüche zu erhöhen und den Kreis der Bezugsberechtigten zu erweitern, haben die Veränderungen der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen seit Mitte der siebziger Jahre die Regierungen dazu gebracht, das Hauptziel ihrer Politik zur sozialen Absicherung ebenfalls zu verändern. Dieses liegt nicht mehr in der Ausweitung von Ansprüchen, sondern in der Begrenzung der Defizite und, in jüngster Zeit, in der tief greifenden Umstrukturierung der bestehenden Sozialsysteme, die den neuen Herausforderungen anscheinend nicht mehr gewachsen sind. In diesem Beitrag möchten wir einen Überblick über die großen Veränderungen der ökonomischen, sozialen und politischen Bedingungen geben, unter denen die deutschen und französischen Sozialsysteme funktionieren. Dabei wollen wir das deutsche und das französische Sozialsystem auch mit dem anderer Wohlfahrtsstaaten vergleichen, um besser zu verstehen, mit welchen spezifischen Problemen die beiden Länder zu kämpfen haben, in welche Richtungen und auf welche großen Veränderungen die Reformen zielen, die sie seit Anfang der 80er Jahre durchführen.