Zusammenfassung
Die Verfassung in Frankreich hat sich nicht gegenüber den konkurrierenden Institu-tionalisierungsformen Nation, Staat und Republik durchsetzen können. In der III. und in der IV. Republik stand sie unvermittelt und ohne Wirkmächtigkeit dem Willen des Gesetzgebers gegenüber, der sich durch die direkte Berufung auf die souveräne Nation legitimierte. Anders als im amerikanischen Fall hat sich eine Differenzierung von konstituierender und konstituierter Gewalt also in Frankreich nur ansatzweise entwickelt. Infolge dessen hat sich auch eine Geltungshierarchie zwischen Verfassungsnormen und Gesetzesnormen nicht durchgesetzt. Zwar hatte nach der Erfahrung von Vichy gegenüber der Verfassung der III. Republik und ihrer nüchtern-technischen Erscheinung in der Verfassung der IV. Republik eine Resymboli-sierung von Prinzipien und Geltungsansprüchen Niederschlag gefunden. Jedoch kann in diesem Zusammenhang kaum von einer Aufwertung der Verfassung gegenüber der Nation im politischen Selbstverständnis der Gesellschaft gesprochen werden. Der Vorrang des nationalen Legitimationsdiskurses — d.h. der Parlamentssouveränität — vor dem des Rechts zeigt sich deutlich in der Rolle, die dem in der Verfassung enthaltenen Verfassungsrat zugedacht war: Sollte die neu geschaffene Kontrollinstitution bei einem Gesetz einen Verstoß gegen die Verfassung feststellen, so wäre nicht etwa das Gesetz zu ändern gewesen, sondern die Verfassung.
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© 2004 VS Verlag für sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Schulz, D. (2004). Verfassung und Nation in der V. Republik. In: Verfassung und Nation. Schriftenreihe „Verfassung und Politik“. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80639-0_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80639-0_8
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-14410-8
Online ISBN: 978-3-322-80639-0
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