Toleranz abweichenden Verhaltens

Zusammenfassung

Die Stadtplaner in Tübingen gehen von der zentralen These aus, dass durch die Nutzungsmischung und die daraus resultierende Lebendigkeit des Viertels sowie durch die kulturelle und soziale Vielfalt der Bewohnerlnnen und der sich im Quartier Aufhaltenden die Akzeptanz ‚des Fremden ‘zunehme (Feldtkeller 1994; Pätz/ Soehlke 2001: 57). Die dahinter stehende Annahme, dass das Wohnquartier oder die ‚Naehbarschaft ‘Einfluss auf das Verhalten der Bewohnerlnnen habe, ist in der Stadtforschung immer wieder zu finden, bei-spielsweise in der These, dass das Leben in benachteiligten Quartieren die Mar-ginalisierung der ohnehin benachteiligten Bevölkerungsgruppen verstärke (u.a. Häußermann 1997a, Häußermann/ Siebel 2002: 52ff.). Der benachteiligende Effekt wird damit begründet, dass für die Bewohnerlnnen dieser Quartiere die Möglichkeiten zur Bildung von bzw. die Verfugung iiber materielles, soziales und symbolisches Kapital sowohl durch die materiellen Lebensbedingungen, d.h. vor allem die unzureichende Infrastruktur, die sozialen Lebensbedingungen (womit unzuverlässige und wenig leistungsfähige informelle soziale Netzwerke gemeint sind) sowie durch die symbolische Beeinträchtigung durch eine Verwahrlosung der gebauten Umwelt eingeschränkt seien (ebd.: 53). Dieser Quar-tierseffekt komme vor allem in Armutsquartieren zum Tragen, da der Aktions-raum benachteiligter sozialer Gruppen stark eingeengt sei (ebd.: 52).