Zusammenfassung
Eine Vielzahl unterschiedlicher politischer Konzepte und Modelle begleiteten die Entwicklung der europäischen Integration seit ihren Anfangen. Zu keinem Zeitpunkt wurde ein eindeutig definierter Endzustand der europäischen Integration oder ein für alle verpflichtendes Leitbild für die Europäische Union unter den Mitgliedstaaten vereinbart. Diese Offenheit der Finalität des Integrationsprozesses erlaubte es, mit der EU divergierende Leitbilder zu verbinden: „Bundesstaat“versus „Staatenbund“oder „Vereinigte Staaten von Europa“versus „Europa der Nationalstaaten“. Im Zentrum dieses Spannungsfeldes stand und steht noch immer die Frage nach der Rolle der EU-Mitgliedstaaten im Integrationsprozess. Seit Beginn des europäischen Integrationsprozesses herrschten darüber sehr unterschiedliche Auffassungen. So entstand ein reichhaltiges Tableau an Begriffen und Etikettierungen, um das Phänomen der Europäischen Union zu erfassen. Diese Varianz der Charakterisierungen und die innovativen Begriffsbestimmungen entsprangen dieser Kontroverse um die Natur der Europäischen Union. Sie wurde als, Staatenverbund‘(Bundesverfassungsgericht), als,Konkordanzsystem‘(Donald J. Puchala),,postmoderner Nationalstaat‘(James A. Caporaso), als,Quasi-Staat4 (William Wallace),,fusionierter Föderalstaat‘(Wolfgang Wessels), regulativer Staat‘(Giandomenico Majone) oder schließlich als ein im Entstehen begriffenes,condominion‘(Philippe Schmitter) bezeichnet.1 Selbst als „Supernova“(Josef Isensee) wurde sie schon gesehen.
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Literatur
Eine nahezu umfassende Liste der Begriffe findet sich bei Wolfgang Wessels: An Ever closer Fusion? A dynamic macropolitical view in integration processes, in: Journal of Common Market Studies, Vol. 35, No. 2, 1997, S. 266–299,
hier S. 268.
Vgl. zur Vorgeschichte Christian Deubner (Hrsg.): Die Europäische Gemeinschaft in einem neuen Europa. Herausforderungen und Strategien, Baden-Baden 1991.
Vgl. zur Analyse Rudolf Hrbek (Hrsg.): Der Vertrag von Maastricht in der wissenschaftlichen Kontroverse, Baden-Baden 1993; Otto Schmuck: Der Vertrag zur Europäischen Union. Fortschritt und Ausdifferenzierung der Europäischen Einigung, in: Europa-Archiv, Folge 4/1992, S. 97–106,
sowie Wolfgang Wessels: Maastricht: Ergebnisse, Bewertungen, Langzeittrends, in: integration, 1/1992, S. 2–16.
Vgl. Elfriede Regelsberger: Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union. Profilsüche mit Hindernissen, Bonn 1993.
Vgl. Elke Thiel; Wilhelm Schönfelder: Ein Markt — Eine Währung. Die Verhandlungen zur europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, 2. Aufl., Baden-Baden 1996.
Vgl. zu den Rückwirkungen der wirtschaftlichen auf die soziale Integration Fritz W. Scharpf: Mehrebenenpolitik im vollendeten Binnenmarkt, Köln 1994,
sowie Reinhard Kreckel: Soziale Integration und nationale Identität, in: Berliner Journal für Soziologie, 4, 1, 1994, S. 13–20.
Eckart Klein: Der Verfassungsstaat als Glied einer Europäischen Gemeinschaft. Leitsätze, in: Europarecht, Heft 4, 1990, S. 389–391.
Europäisches Parlament: Arbeitsdokument des Institutionellen Ausschusses über die Funktionsweise des Vertrages über die Europäische Union im Hinblick auf die Regierungskonferenz 1996 — Verwirklichung und Entwicklung der Union, Entwurf einer Begründung, Verwirklichung der Union; Berichterstatter: Jean-Louis Bourlanges, Dok. PE212.450/end/Teil I.3, S. 47.
Vgl. Volker Haupt: Über den Bau demokratischer Institutionen im Prozess der europäischen Einigung, in: Armin von Bogdandy (Hrsg.): Die Europäische Option, Baden-Baden 1993, S. 217f.
Hans Heinrich Rupp: Eine Verfassung für Europa?, in: Peter M. Huber (Hrsg.): Das Ziel der europäischen Integration, Schriften des Hellmuth-Loening-Zentrums für Staatswissenschaften Jena, Bd. 2, Berlin 1996, S. 49–53,
hier S. 50.
Roland Bieber: Verfassungsentwicklung und Verfassungsgebung in der Europäischen Gemeinschaft, in: Rudolf Wildenmann (Hrsg.): Staatswerdung Europas? Optionen für eine Europäische Union, Baden-Baden 1991, S. 393–414,
hier S. 396.
Vgl. Rudolf Steinberg: Grundgesetz und Europäische Verfassung, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, Heft 9, 1999, S. 365–374.
Vgl. Christian Joerges: Das Recht im Prozess der europäischen Integration, in: Markus Jachtenfuchs; Beate Kohler-Koch (Hrsg.): Europäische Integration, Opladen 1996, S. 73–108.
Vgl. Ingolf Pernice: Die Dritte Gewalt im europäischen Verfassungsverbund, in: Europarecht, 1996, S. 27f.
Vgl. Hans-Joachim Seeler: Die rechtsstaatliche Fundierung der EU-Entscheidungsstrukturen, in: Europarecht, Heft 2, 1990, S. 99–122.
Vgl. Thomas Oppermann; Claus Dieter Classen: Europäische Union: Erfüllung des Grundgesetzes, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 28, 1993, S. 11–20;
sowie Christian Tomuschat: Die Europäische Union unter der Aufsicht des Bundesverfassungsgerichts, in: Europäische Grundrechtszeitschrift, Heft 20–21, 2003, S. 489–496.
So der einflussreiche Begriff von Paul Kirchhof: Der deutsche Staat im Prozess der europäischen Integration, in: Josef Isensee; ders. (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts, Bd. 7, Heidelberg 1992, §183.
Vgl. Joseph H. Weiler: Community, Member States and European Integration, Is the Law relevant?, in: Journal of Common Market Studies, 21, 1982, S. 39–56.
Vgl. Peter M. Huber: Maastricht — ein Staatsstreich?, Stuttgart 1993.
Vgl. Karl Albrecht Schachtschneider: Die Europäische Union und die Verfassung der Deutschen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 28, 1993, S. 3–10.
Ähnlich kritisch äußerten sich Dietrich Murswieck: Maastricht und der Pouvoir Constituant, in: Der Staat, 32, 1993, S. 163f;
Hans-Heinrich Rupp: Muss das Volk über den Vertrag von Maastricht entscheiden?, in: Neue Juristische Wochenschrift, 46, 1993, S. 35f.,
sowie erneut Karl Albrecht Schachtschneider: Verfallserscheinungen der Demokratie, in: EG-Magazin, 1–2, 1993, S. 40f.
Vgl. Manfred Brunner (Hrsg.): Kartenhaus Europa? Abkehr vom Zentralismus — Neuanfang durch Vielfalt, München 1994.
Vgl. auch Wilhelm Hankel; Wilhelm Nölling; Karl Albrecht Schachtschneider; Joachim Starbatty: Die Euro-Illusion. Ist Europa noch zu retten? Reinbek bei Hamburg 2001.
Vgl. Mathias Jopp; Andreas Maurer; Otto Schmuck (Hrsg.): Die Europäische Union nach Amsterdam. Analysen und Stellungnahmen zum neuen EU-Vertrag, Bonn 1998,
sowie Rudolf Hrbek (Hrsg.): Die Reform der Europäischen Union. Positionen und Perspektiven anlässlich der Regierungskonferenz, Baden-Baden 1997.
Vgl. Werner Weidenfeld (Hrsg.): Amsterdam in der Analyse, Gütersloh 1998. Für eine erste Betrachtung Wolfgang Wessels: Der Amsterdamer Vertrag — durch Stückwerksreformen zu einer effizienteren, erweiterten und föderalen Union?, in: integration, 3/1997, S. 117–135,
sowie Wilhelm Schönfeider; Reinhard Silberberg: Der Vertrag von Amsterdam. Entstehung und erste Bewertung, in: integration, 4/1997, S. 203–210.
Vgl. Elfriede Regelsberger; Mathias Jopp: Und sie bewegt sich doch. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nach den Bestimmungen des Amsterdamer Vertrages, in: integration, 4/1997, S. 255–263.
Vgl. Josef Janning: Dynamik in der Zwangsjacke — Flexibilität in der Europäischen Union, in: integration, 4/1997, S. 285–291.
Vgl. Werner Weidenfeld (Hrsg.): Europa öffnen. Anforderungen an die Erweiterung, Gütersloh 1997 und
28b Barbara Lippert (Hrsg.): Osterweiterung der Europäischen Union — die doppelte Reifeprüfung, Bonn 2000.
Vgl. Werner Weidenfeld (Hrsg.): Nizza in der Analyse, Gütersloh 2001,
sowie Mathias Jopp; Barbara Lippert; Heinrich Schneider (Hrsg.): Das Vertragswerk von Nizza und die Zukunft der Europäischen Union, Bonn 2001.
Speziell zu den Abstimmungsmodalitäten Wolfgang Wessels: Die Vertragsreformen von Nizza-Zur institutionellen Erweiterungsreife, in: integration, 1/2001, S. 8–25.
Vgl. zum Vertrag von Nizza ausführlicher Kapitel 4.
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Becker, P., Leiße, O. (2005). Integration durch Verträge — von Maastricht nach Nizza. In: Die Zukunft Europas. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80496-9_3
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