Zusammenfassung
Der Frauenanteil im Familienrecht sei überproportional hoch, so lautet eine in der Forschungsliteratur immer wieder geäußerte Annahme zur geschlechtlichen Segregation in der Justiz und der Anwaltschaft (Böge 1994, 1995; Costas 1992, 1995; Wetterer 1993, 1995). Dieses Phänomen ist relativ neu: Frauen wurde ein Zugang zu Am-tern und Berufen der Rechtspflege überhaupt erst 1922 gesetzlich ermöglicht. Diese formale Öffnung hatte freilich zunächst wenig Auswirkungen — der Anteil der Frauen blieb bis in die siebziger Jahre hinein eher klein (vgl. Kap. 3). Erst danach nahm der Anteil an Studentinnen massiv zu und später auch der Anteil berufstätiger Juristinnen mit der Folge der weithin vermuteten Konzentration auf das Familienrecht. Das Phänomen entstand also erst im Zuge des Anstiegs des Frauenanteils in juristischen Berufen im letzten Drittel des letzten Jahrhunderts. Es dokumentiert einerseits eine ‘Erfolgsgeschichte’, nämlich die berufliche Etablierung von Frauen in einer sogenannten ‘Männerdomäne’, andererseits wird darin auch eine Begrenzung sichtbar. Die Konzentration auf einen traditionell als ‘weiblich’ gekennzeichneten gesellschaftlichen Bereich (Familie, Kinder, Soziales) legt die Frage nahe, wie ‘erfolgreich’ oder wie ‘partial’ die Integration von Frauen in die juristische Profession ist. Muss in der Konzentration auf das Familienrecht gar eine Art ‘Preis’ für die berufliche Etablierung gesehen werden? An solchen und ähnlichen Fragen wird deutlich, dass das Phänomen eines überdurchschnittlich hohen Frauenanteils im Familienrecht nicht eine mehr oder weniger unbedeutende Randerscheinung darstellt, sondern es um ein Phänomen geht, an das sich weitreichende Vermutungen über Zusammenhänge knüpfen, die eine Reihe von Folgefragen nach sich ziehen.
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsPreview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 2003 Westdeutscher Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Gildemeister, R., Maiwald, KO., Scheid, C., Seyfarth-Konau, E. (2003). Das Berufsfeld Familienrecht: Fragestellung und methodischer Zugang. In: Geschlechterdifferenzierungen im Horizont der Gleichheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80448-8_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80448-8_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13896-1
Online ISBN: 978-3-322-80448-8
eBook Packages: Springer Book Archive