Zusammenfassung
Die Analyse der Kategorien von Ware, Geld, Kapital, Akkumulation, Recht, Staat und Weltmarkt hat ergeben, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt in der kapitalistischen Produktionsweise alles andere als selbstverständlich ist. Die Möglichkeit von Krisen und in ihrer Folge gesellschaftlicher Desintegration ist vielmehr stets vorhanden. Mit der Frage der Kontinuität, der Krisen und des historischen Wandels des Kapitalismus haben sich im Laufe des 20. Jahrhunderts bedeutende Theoretiker beschäftigt. Burkart Lutz (1989: 44 ff.) zeigt, dass so verschiedene Autoren wie Luxemburg (1967), Kondratieff (1926) und Boyer & Mistral (1980) darin übereinstimmen, dass sich die historische Entwicklung des Kapitalismus gleichsam in „großen“und „kleinen“Krisen vollzieht. Wenn auch die Grundstrukturen der kapitalistischen Produktionsweise über die Jahre hinweg relativ unangetastet geblieben sind, ist es gleichwohl unterhalb dieser Schwelle zu bedeutenden Wandlungen gekommen. Trotz zum Teil erheblicher Unterschiede in der theoretischen Begründung im Detail verbindet es die genannten Autoren, eine diskontinuierliche anstelle einer kontinuierlichen Entwicklung des Kapitalismus zu unterstellen — und genau diese Prämisse ist auch der Ausgangspunkt der „Regulationstheorie“.
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Literature
Vgl. in deutscher Sprache Mahnkopf 1988, Hübner 1990, Demirovic et al. 1992, Esser et al. 1994 und Bieling 2000.
Lipietz (1998: 15) begreift das Unternehmen Regulationstheorie deshalb als „eine Aufhebung des strukturalen Marxismus im hegelschen Sinne. Sie geht zurück zu der Frage, warum die Widersprüche manchmal stecken bleiben und warum dann wieder ein Set von sozialen Verhältnissen eine solche Konfiguration annehmen, dass die Reproduktion nicht mehr stattfindet.“
Und dies durchaus im Widerspruch zu Wallersteins Systemanalyse und zur Dependenztheorie, die das internationale Machtgefälle den nationalen Entwicklungen für vorausgesetzt halten (Wallerstein 1979, Cardoso & Faletto 1976).
Die in diesem Abschnitt folgenden Überlegungen zum Zusammenhang von Struktur und Praxis sind im Rahmen der vorliegenden Untersuchung eigentlich nicht notwendig, da ich im empirischen Teil auf der Ebene statistischer Relationen verbleibe und die Handlungsebene nicht betrete. An Theorieentwicklung im engeren Sinn nicht interessierte Leser verpassen daher nichts, wenn sie direkt zum dritten Kapitel übergehen. Da aber die Diskussion über Vermittlungsmöglichkeiten von Handlungs- und Regulationstheorien überhaupt erst am Anfang steht, habe ich mich für die Publikation dieses Exkurses entschieden. Letztere ändert selbstredend nichts an der Tatsache, dass empirische Untersuchungen der Akteursebene auf der theoretischen Basis einer Integration des Regulationsansatzes und der Bourdieuschen Soziologie ein Forschungsdesiderat bleiben (vgl. Koch 2001 zum Design eines entsprechenden Forschungsprojekts in der Tradition der Klassenanalyse).
Nichts anderes hatte Marx im Sinn, wenn er im „18. Brumaire des Louis Bonaparte“schrieb: „Die Menschen machen ihre Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen.“(MEW 8: 115) In ähnlicher Weise versucht auch Anthony Giddens, den Widerspruch von Strukturalismus und Individualismus zu überwinden (Giddens 1988). Vermutlich übertreibt Lipietz, wenn er den „konstruktivistischen Strukturalismus“Bourdieus und die „Theorie der Strukturierung“Giddens’ für „ein- und dasselbe“hält (Lipietz 1998:105); es finden sich aber gleichwohl grundlegende Übereinstimmungen in Problemstellung und epistemologischer Position.
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Koch, M. (2003). Ungleichheit und soziale Inklusion in der Perspektive der Regulationstheorie. In: Arbeitsmärkte und Sozialstrukturen in Europa. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80428-0_4
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13846-6
Online ISBN: 978-3-322-80428-0
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