Zusammenfassung
Im Vergleich mit den anderen hier untersuchten Parlamenten nahm die sozialistische Volkskammer der DDR eine Sonderstellung ein. Sie verstand sich schon gar nicht als Parlament und gründete sich auch nicht auf die Prinzipien und Werte freiheitlicher Demokratie. Ihrer Leitidee folgend sah sich die Volkskammer bis zum Herbst 1989 vielmehr als ‚Vertretungskörperschaft neuen Typs’, als fortschrittliche Alternative zum ‚bürgerlichen Parlamentarismus’. Noch in den letzten Jahren der DDR wurde an der institutionellen Leitidee festgehalten, die Volkskammer sei kein Parlament, sondern eine historisch weiterentwickelte sozialistische Vertretungskörperschaft, die ihre politische Überlegenheit aus einer besonderen Bürgernähe, ihrem Charakter als ‚arbeitender Körperschaft’ und aus der politischen Gewalteneinheit beziehe. In einer Selbstdarstellung schrieb das Sekretariat der Volkskammer über den Charakter dieser Volksvertretung 1987:
„In den Volksvertretungen konzentrieren sich alle Energien und Aktivitäten der Burger unserer Republik zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Die Volksvertretungen verwirklichen in ihrer Tätigkeit die Einheit von Beschlußfassung, Durchführung und Kontrolle der Durchführung. Damit wurde in der Deutschen Demokratischen Republik wie in allen sozialistischen Ländern der Parlamentarismus der bürgerlichen Gesellschaft durch arbeitende Körperschaften ersetzt und die einheitliche sozialistische Staatsmacht geschaffen.“1
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Schirmer, R. (2003). Was konnte die sozialistische Volkskammer der DDR tatsächlich bewirken?. In: Patzelt, W.J. (eds) Parlamente und ihre Funktionen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80427-3_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80427-3_7
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13837-4
Online ISBN: 978-3-322-80427-3
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