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Eliten und repräsentative Demokratien in modernen Gesellschaften

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Zusammenfassung

Alles Nachdenken über Politik basiert seit den Anfängen der antiken Ethik- und Moralphilosophie bis in die moderne Gegenwart auf einer wie selbstverständlich gesetzten Annahme gesellschaftlichen Zusammenlebens: der Existenz einer Anzahl von Herrschern und Regierenden einerseits und einer Gruppe von Beherrschten und Regierten andererseits. Dabei bezeichnet Herrschaft die in einer dauerhaften Ordnung institutionalisierte „ganz besondere Art von Macht (…), die auf der Verfügung über Positionen mit geregelter Entscheidungsbefugnis beruht, mag diese Regelung nun über Sitte, Brauch oder formales Recht erfolgen“ (Rohe 1994: 86). Diesen Ausgangspunkt nehmen selbst radikaldemokratische Überlegungen Rousseauscher Prägung. Denn auch wer die Identität von Regierenden und Regierten als Voraussetzung einer freien Gesellschaft postuliert, gesteht zugleich ein, dass beide Gruppen existieren und der einen oder anderen Seite zurechenbar sind. In dem Falle nämlich, in dem alle Mitglieder eines sozialen Verbandes unmittelbar verbindliche Entscheidungen treffen, sind sie auch alle von herrschaftlichen Entscheidungen Betroffene, so dass die eine Herrschaftsordnung konstituierenden Positionen von Herrschern und Beherrschten nicht aufgehoben werden (vgl. Rohe 1994: 90). Vor diesem Hintergrund scheint es kaum übertrieben, wenn Sartori (1997a: 155) etwas salopp von einer „Binsenwahrheit“ spricht, dass „es immer Herrschende und Beherrschte, Regierende und Regierte geben“ wird.

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Literatur

  1. Es wird an dieser Stelle darauf verzichtet, die Entwicklungslinien der Elitetheorie und der empirischen Eliteforschung nachzuzeichnen. Instruktive Darstellungen einschließlich umfangreicher Literaturangaben finden sich u.a. bei Hoffmann-Lange (1992), Rebenstorf (1995) und Sauer (1998). Zu den wichtigsten Themenbereichen der empirischen Eliteforschung sind (1) die soziale Komposition der Führungsschicht, (2) die politischen überzeugungssysteme ihrer Mitglieder und (3) die Kommunikationsmuster innerhalb der Elite zu zählen (vgl. Hoffmann-Lange/Bürklin 1998: 167).

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  2. Die Wortbedeutung „Elite“ ist ableitbar von „eligere“, das für „auswählen“ steht (vgl. Sartori 1997a: 151).

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  3. Auch die Annahmen und Schlussfolgerungen einiger moderner Elitetheoretiker basieren noch auf dieser Antinomie, wie insbesondere der prononcierte Begriff der „Machtelite“ von Mills (1956) deutlich macht (vgl. jedoch ebenso Dahrendorf 1965; Field/Higley 1983; Scheuch/Scheuch 1992; von Beyme 1993).

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  4. Die Demokratiefähigkeit deutscher Eliten stand im Zentrum empirischer Untersuchungen in den 1960er Jahren (vgl. Deutsch/Edinger 1959; Edinger 1960, 1961; Zapf 1965; Scheuch 1966; Edin-ger/Searing 1967).

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  5. Zur damaligen Debatte über die Legitimitätskrise der liberalen Demokratien vgl. im allgemeinen Ebbighausen (1976), Kielmansegg (1976), für einen systemkritischen Impetus z.B. Offe (1972), Habermas (1973) und für die unter dem Schlagwort „Unregierbarkeit“ firmierende konservative Reaktion v.a. Hennis u.a. (1977, 1979) und Rose (1980). Eine Zusammenfassung dieser Entwicklung findet sich bei Westle (1989: 40–47) und Kaase/Newton (1995a: 17–39), eine rückblickende Bewertung aus Sicht der empirischen Demokratieforschung bei Kaase (1998a: 43–45).

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  6. Beispielhaft für eine Vielzahl von Arbeiten: Stammer (1951), Mills (1956), Dahl (1958), Schluchter (1963), Bachrach (1970), Mittelstraß (1984), Felber (1986), Sartori (1997a) (vgl. auch Sauer 1998: 50f).

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  7. So zum Beispiel bei Hoffmann-Lange (1992: 19): „In den Sozialwissenschaften besteht weitgehend Konsens darüber, Eliten als Personen zu definieren, die sich durch ihre gesellschaftliche Macht bzw. [Hervorhebung — V.K.] ihren Einfluss auf gesellschaftlich bedeutsame Entscheidungen auszeichnen (…). Als Eliten werden zudem normalerweise nur solche Personen bezeichnet, deren Macht institutionalisiert ist, also als Ausdruck einer mehr oder weniger dauerhaften Machtstruktur aufgefasst werden kann.“

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  8. So wiederum bei Hoffmann-Lange (1992: 19f): „Zufällige oder einmalige Teilnahme an Entschei-dungsprozessen [Hervorhebung — V.K.] ist daher nicht ausreichend für die Zugehörigkeit zu einer Elite.“

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  9. Für einen Überblick zu Begriffsdefinitionen und Machttheorien einschließlich historischer Einordnung und zahlreicher Literaturhinweise vgl. Weiß (1995).

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  10. Im Gegensatz zur Herrschaft ist die modale Komponente Wesenszug von Macht.

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  11. Theoriegeschichtlich lässt sich dieses funktionalistische Paradigma von Macht auf Thomas Hobbes (1990 [1651]: Zehntes Kapitel) zurückführen.

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  12. So sind in die Elitenauswahl der „Potsdamer Elitenstudie 1995“ erstmals Führungskräfte aus dem Bereich der neuen sozialen Bewegungen aufgenommen worden, um den politischen Mobilisierungsprozessen der späten 1960er und ’70er Jahre Rechnung zu tragen (vgl. Machatzke 1997a: 61f).

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  13. Dieser Gedanke findet sich auch bei Sartori (1997a: 155), der es in Rekurs auf Dahls Kriterien für Demokratien (1989, vgl. auch ders. 1958) nicht länger für angebracht hält, den Elitegedanken auf ein dualistisches Modell der herrschenden Klasse zu gründen und es stattdessen durch ein „Modell der Führung durch Minderheiten“ ersetzt. Charakteristisch für diese polyarchische Konsteltation sind viele, einander überkreuzende Machtgruppen, die sich um Koalitionen bemühen (vgl. Sartori 1997a: 155; Pfetsch 1999: 510).

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  14. Vgl. etwa Kielmansegg (1997 [1971]: 67), nach dem Entscheidungsbefugnisse in entwickelten politischen Systemen nicht Personen als Personen, sondern Ämtern und Inhabern von Ämtern zugeschrieben werden.

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  15. So bereits Keller (1963).

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  16. Vgl. beispielhaft die Arbeiten von Parsons (1951, 1972, 1976), Durkheim (1977), Weber (1980 [1921]), Luhmann (1981, 1984, 1994), Münch (1984).

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  17. „Das Spezifikum der sogenannten funktionellen Differenzierung ist die sinnhafte Spezialisierung“ (Mayntz 1997b [1988]: 45 — [Hervorhebung im Original]).

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  18. Mit dem Begriff der Ausdifferenzierung, der den der Differenzierung zunehmend verdrängt, wechseln auch die Perspektiven in der Betrachtung: von der Aufmerksamkeit für ganze Gesellschaften zur Analyse einzelner Teilsysteme und zur Frage nach ihrer Binnendifferenzierung (vgl. Mayntz 1997b [1988]: 42). Im Zusammenhang damit verschiebt sich das Erkenntnisinteresse „von der Frage nach den grundlegenden Formen sozialer Ordnung auf die Frage nach der Erfüllung zentraler gesellschaftlicher Bestandsvoraussetzungen“ (ebd.).

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  19. Mit fortschreitender europäischer Integration und zunehmender Kompetenzabgabe von nationalstaatlicher auf transnationale Ebene potenziert sich dieses Problem, dessen negative Folgen auch unter dem Schlagwort vom Demokratie- und Legitimationsdefizit der Europäischen Union analysiert und diskutiert werden (vgl. u.a. Grande 1995, 1996; Kielmannsegg 1996; Zürn 1996; Wolf 1997b; Gusy 1998; Héritier 1999; Höreth 1999; Jachtenfuchs 1999; Scharpf 1999a, 1999b; Decker 2000; Lepsius 2000a, 2000b; Schmidt 2000a).

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  20. Zum Forschungsschwerpunkt Verhandlungssysteme vgl. beispielhaft Scharpf (1988b, 1991, 1992a, 1992b), Benz u.a. (1992), Czada/Schmidt (1993), Grande (1995), Mayntz/Scharpf (1995c), Holtmann/Voelzkow (2000).

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  21. Typisch für Politiknetze sind informelle Kontakte und gegenseitige Beziehungen privater und öffentlicher Akteure in einzelnen Politikbereichen (vgl. König 1993: 343). Allerdings handelt es sich um einen ambivalenten Begriff, der mit unterschiedlichen Bedeutungsinhalten gefüllt werden kann (dazu Pappi 1993). Mayntz/Scharpf (1995a: 61) charakterisieren policy networks als auf Dauer angelegte Verhandlungssysteme. Zur theoretischen Auseinandersetzung und empirischen Untersuchung von Policy-Netzen siehe unter anderem die Arbeiten von Laumann/Pappi (1976), Heclo (1978), Knoke (1990), Marin/Mayntz (1991), Jordan/Schubert (1992), König (1992, 1993), Rho-des/Marsh (1992), van Waarden (1992), Pappi u.a. (1995), Knoke (1996), Führer (1997) und Marsh (1998). Eine direkte Verbindung der Netz-Kategorie mit dem Elitebegriff wird in den empirischen Untersuchungen von Elitenetzen gesucht (vgl. Moore 1979; Higley u.a. 1979; Higley/Moore 1981; Hoffmann-Lange 1992; Eldersveld u.a. 1995; für theoretische Vorarbeiten vgl. Kadushin 1968, 1979).

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  22. Nach Coleman (1974) können korporative Akteure als handlungsfähige, formal organisierte Personen-Mehrheiten definiert werden, die sich über Aufgabenzuweisung, also die Schaffung arbeitsteiliger Strukturen, konstituieren und die über zentralisierte Handlungsressourcen verfügen (zitiert bei Mayntz/Scharpf 1995a: 49).

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  23. Personengruppen sind kollektive Akteure, wenn die Handlungsorientierungen ihrer Mitglieder bewusst [Hervorhebung — Mayntz/Scharpf] gleichgerichtet sind (vgl. Touraine 1977, zitiert bei Mayntz/Scharpf 1995a: 51).

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  24. Auf die für Politiknetze notwendige analytische Unterscheidung von formalem Entscheidungssystem einerseits und Einflusssystem andererseits weist König (1993: 346) hin.

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  25. Eine ausgeprägte Form institutionalisierter Kontakte ist die Beteiligung von Interessenvertretern im von der Bundesregierung initiierten Gesetzgebungsverfahren. In den Paragraphen 24 und 25 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, Besonderer Teil (GGO II) ist in Vorbereitung von Referentenentwürfen ausdrücklich vorgesehen, die beteiligten Fachkreise und Verbände bzw. die Kommunalen Spitzenverbände zu unterrichten (vgl. Hesse/Ellwein 1997: 517). In den gleichen Kontext ist die Registrierung von Verbänden beim deutschen Bundestag einzuordnen, besser bekannt unter dem Namen „Lobbyliste“ des Deutschen Bundestages. Sie findet in Anlage 2 der GOBT ihre Erwähnung und Ausführungsbestimmungen (vgl. Deutscher Bundestag 1999). Zu neueren empirischen Untersuchungen von Verbandseinflüssen auf den politischen Prozess vgl. Mann (1994: Kap. E, insbes. S. 172–203, Kap. F), Döhler/Manow (1995), Sebaldt (1996, 1997a, 1997b), Schürt-Wetschky (1997) und Reutter (2000). Zur empirischen Analyse von Kontaktmustern bundesdeutscher Eliten vgl. Sauer/Schnapp (1997), Sauer (2000).

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  26. Individuelle Handlungsverbindlichkeit steht in diesem Zusammenhang in unmittelbarer Abhängigkeit von der Mandatierung des Beauftragten, die wiederum von der internen Organisationsstruktur beeinflusst wird. Dennoch müssen Handlungsfreiräume eingeräumt werden, um Kooperation in Verhandlungssystemen überhaupt zu ermöglichen und Entscheidungsblockaden zu vermeiden.

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  27. Hierzu auch Burton u.a. (1992).

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  28. Daher wird der Begriff Elite im Singular verwendet, wenn es um Aussagen über die gesamte Eliteformation geht, im Plural, wenn Individuen oder Untergruppen einer Elite gemeint sind (vgl. Hoffmann-Lange 1992: 20).

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  29. Theoriegeschichtlich geht der Souveränitätsgedanke auf Bodin (1976 [1576]) zurück, der Souveränität als „Durchsetzungsmacht der Staatsgewalt“ definierte und eng mit dem Territorialprinzip staatlicher Organisation verknüpfte.

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  30. Grundsätzlich ändert an dieser Tatsache auch der jüngste Definitionsversuch nichts, dem jedoch die verdienstvolle Absicht unterliegt, den Legitimitätsbegriff aus dem Rahmen eines nationalstaatlich begrenzten Herrschaftsanspruchs zu lösen (vgl. von Haldenwang 1999). Indem Legitimität nunmehr als „Anerkennung der gesellschaftlichen Funktionalität politischer Regulierungsleistungen“ (ebd.) aufgefasst wird, soll der Terminus auf veränderte Formen politischen Handelns und neue politische Akteure anwendbar werden, die z.B. im Rahmen ökonomischer Globalisierungsprozesse und fortschreitender europäischer Union an Bedeutung gewinnen.

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  31. Der Anspruch eines politischen Systems auf Legitimität besteht in diesem Falle nur, wenn die zur Norm erhobenen Verhaltenserwartungen zugleich verallgemeinerungsfähige Interessen zum Ausdruck bringen (vgl. Nohlen 1998: 350).

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  32. In späteren Arbeiten der empirischen Legitimitätsforschung (vgl. Fuchs 1989; Westle 1989) wurde dieses Konzept kritisiert und theoretisch sowie methodologisch weiterentwickelt (für weitere Literaturhinweise vgl. auch Schüttemeyer 1986: 45–56).

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  33. Zum Begriff von Effektivität als Grad der Zielerreichung vgl. Grüske/Recklenwald (1995: 136). Im Unterschied dazu beschreibt Effizienz an Zeit-Kosten-Nutzen-Relationen gemessene Leistungsfähigkeit: Effizienzsteigerung lässt sich demnach realisieren, wenn entweder der Nutzen bei gleichbleibenden Mitteln (Kosten) möglichst kurzfristig vermehrt werden kann, oder wenn Kosten (Aufwand) bei gleichbleibendem Nutzen möglichst kurzfristig verringert können (vgl. Steffani 1973a: 20).

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  34. Um seine Aufgabe zu erfüllen, kollektiv verbindliche Entscheidungen zu fällen, steht dem politischen System als Basisressource politische Macht zur Verfügung, die sich entweder als Zwang oder als Legitimität manifestiert (vgl. Easton 1979: 285).

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  35. So bereits Lipset (1959). Inzwischen belegen gesicherte empirische Erkenntnisse, dass eine prosperierende ökonomische Entwicklung maßgeblich zum Erfolg von Demokratien beiträgt (vgl. Teil 1, Kap. 2.2.1 und die Literaturangaben dort). In der Bevölkerungseinschätzung der Bundesrepublik nimmt der Wohlfahrtsstaat den ersten Rang unter politischen Legitimitätsfaktoren ein (vgl. Gabriel 1994; Greiffenhagen 1998: 129).

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  36. Vor diesem Hintergrund entfalten Zweifel an der „inneren Einheit“ im vereinten Deutschland eine neue Brisanz. Denn je dominanter der Widerwillen von Ost- und Westdeutschen ist, einander in wechselseitigem Vertrauen solidarische Orientierungen zu unterstellen (vgl. Scharpf 1998a: 87), desto brüchiger muss ein Gemeinsamkeitsglauben erscheinen, der sich nun allenfalls als fragile Vorbedingung politischer Legitimität vorstellen lässt. Die Auswirkungen tendenziell inkompatibler, regional verankerter Wir-Identitäten auf die Legitimation einer gemeinsamen politischen Ordnung setzen die Problematik der inneren Vereinigung der Deutschen dann in ein neues Licht. Zur Debatte um die „innere Einheit“ in der Bundesrepublik vgl. u.a. die Arbeiten von (Koch 1991), Kaase (1993, 1995a, 1999a), Doll u.a. (1994), Brähler/Richter (1995), Rippl (1995a, 1995b), Bauer-Kaase/Kaase (1996), Fuchs u.a. (1997), Pollack (1997, 1998), Veen (1997), Walz/Brunner (1997), Kaase/Bauer-Kaase (1998), Pollack u.a. (1998), Bürklin (1999), Neller (2000). Zur damit verknüpften Analyse regionaler Identitäten im vereinten Deutschland vgl. Westle (1992a, 1992b, 1994a, 1996), Gensicke (1993), Veen/Zelle (1994, 1995), Ritter (1996), Zelle (1997), Schmidt (1998c).

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  37. In der vergleichen Politikwissenschaft wird inzwischen immer häufiger mit dem Begriff der „politischen Produktivität“ operiert, um die Leistungen politischer Systeme mit Hilfe politischer Güter, die in Art und Rangfolge sowie von Theorie zu Theorie variieren, zu beschreiben (vgl. Schmidt 1998a: 243). Almond/Powell (1996) schlugen zur Erfassung „politischer Produktivität“ acht Dimensionen vor: (1) Systemaufrechterhaltung (system maintenance), (2) Systemanpassungen gegenüber Umweltveränderungen (system adaption), (3) Politische Beteiligung (participation and political inputs), (4) Politische Unterstützung und Akzeptanz (compliance and support), (5) Prozedurale Gerechtigkeit (prozedural justice), (6) Wohlfahrt (welfare), (7) Sicherheit (security) und (8) Freiheit (liberty) (vgl. auch Schmidt 1998a: 244 [FN 3]; 1998b: 181).

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  38. Inzwischen nennt Dahl (1998: 85) sechs Institutionen, die mindestens vorhanden sein müssen, um eine Herrschaftsordnung als demokratisch zu charakterisieren: (1) gewählte Amtsträger, (2) freie, faire und regelmäßige Wahlen, (3) Meinungsfreiheit, (4) Alternative Informationsquellen, (5) Verei-nigungsfreiheit und (6) Inklusion der Bürger.

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  39. Merkel (1999a) gebraucht den Begriff der „funktionierenden Demokratien“ in Abgrenzung zu „defekten Demokratien“ , die sich beispielsweise als „exklusive“ , „illiberale“ oder „Domänendemokratie“ von liberalen rechtsstaatlichen Demokratien in wesentlichen Funktionskriterien unterscheiden. Inzwischen kann die Forschung auf eine ganze Palette von Adjektiv-Begriffen zur Beschreibung von Demokratien jenseits der OECD-Welt verweisen (vgl. u.a. O’Donnell 1994; Collier/Lewitsky 1997; Zakaria 1997; Merkel/Croissant 2000; Croissant/Thiery 2000).

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  40. Prinzipiell ist öffentliche Meinung als öffentliche Äußerungen von Einstellungen von Bevölkerungsmeinung als statistisches Aggregat individueller Einstellungen, die demoskopisch erhoben werden, zu unterscheiden (vgl. F. Neidhardt 1998: 487).

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  41. Die inputorientierte Abhängigkeit der Herrschaftsträger als Nukleus des Gesetzes der „antizipierten Reaktion“ , wie es Carl J. Friedrich (1937: 16) formulierte, verweist auf die Tatsache, dass sich politische Kommunikation unter handelnden Akteuren und mit Wählern unter der potentiellen Aufmerksamkeit der politischen Öffentlichkeit vollzieht (vgl. Scharpf 1998a: 91). Darüber hinaus nennt Scharpf (ebd.: 90) zwei weitere Mechanismen zur Absicherung gemeinwohlorientierter politischer Entscheidungen, die in diesem Kontext jedoch zu vernachlässigen sind: zum einen institutionalisierte, unterschiedlich legitimierte Vetopositionen in Verhandlungssystemen, zum anderen die Orientierung an konsensfahigen Kriterien des „objektiv“ Richtigen und Gebotenen, indem Entscheidungen auf politisch unabhängige und fachlich kompetente Gremien übertragen werden.

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  42. Entsprechend wirft Linz (1998: 29, 30) in einem empathischen demokratietheoretischen Beitrag die Frage auf, wie Politiker in Demokratien ihre Aufmerksamkeit für die zeitlich begrenzte Implementation politischer Programme überhaupt noch mit Zukunftsvisionen verbinden können und konstatiert: „democratic politicians — a harried elite“ .

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  43. Diamond (1996) warnt entsprechend vor dem Hintergrund der Transitionsprozesse in Mittel- und Osteuropa vor der euphorischen Annahme vom Siegeszug der Demokratie als politischer Ordnungsform, indem er darauf hinweist, dass zwar die Zahl an Wahldemokratien in den vergangenen Jahren stark angewachsen ist, die Anzahl der liberalen Demokratien aber weitgehend stagniert. Eine Demokratie mit schwachem Verfassungsstaat könnte jedenfalls eine „mehrheitlich legitimierte Barbarei zustande bringen“ (Schmidt 1998b: 185).

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  44. Darüber hinaus findet der Begriff der Demokratisierung Anwendung, wenn historische Entwicklungsprozesse oder Systemwechsel von undemokratischen zu demokratischen Regimes beschrieben werden. Zu den verschiedenen inhaltlichen Aspekten von Demokratisierung vgl. Wewer (1998:113).

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  45. Der Grundrechtekatalog im ersten Teil der bundesdeutschen Verfassung verbindet entsprechend persönliche und politische Freiheitsrechte, indem er Freiheits- und Teilhabeansprüche im und gegenüber dem Staat vermittelt (vgl. Grimmer 1996: 118 — [Hervorhebung V.K.]).

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  46. Es zählt zu den größten Errungenschaften der liberalen Demokratie, politische Gleichheit über das inklusive One-person-one-vote-Prinzip institutionalisiert zu haben (vgl. Kaase 1998b: 28; grundlegend auch Dahl 1971). In der Verfassungswirklichkeit kann dieses Ideal freilich zahlreichen Restriktionen unterliegen, die aus der unterschiedlichen institutionellen Gestaltung des Wahlrechts eines politischen Systems resultieren. Die beispielsweise in den Vereinigten Staaten obligatorisch vorgesehene Wählerregistrierung ist denn auch insbesondere vor dem Hintergrund ungleicher Bildungsausstattung als moderne Diskriminierung von Minderheiten kritisiert worden (vgl. Lijphart 1997).

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  47. Um Ungleichheiten in der politischen Beteiligung aufgrund geringer Teilnehmerzahlen abzuschwächen (vgl. Rosenstone/Hansen 1993), schlägt Lijphart (1997) vor, institutionelle Arrangements zu finden, die geeignet sind, die Zahl der Beteiligten zu erhöhen. Das von ihm favorisierte Modell der Wahlpflicht, wie sie beispielsweise in Griechenland und Belgien vorgesehen ist, steht jedoch im tendenziellen Konflikt zu individueller Freiheit, die eben auch die Möglichkeit einschließt, nicht an die Wahlurne zu treten.

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  48. Für eine in diesem Zusammenhang geäußerte Kritik am politischen System der Schweiz mit weitgehenden direkt-demokratischen Einflussmöglichkeiten des Souveräns vgl. Germann (1975, 1994); Brunetti/Straubhar (1991); Brunetti (1992). Für eine empirisch gestützte Argumentation, die Befürchtungen relativiert, dass die Eliten aufgrund wachsender politischer Bevölkerungsbeteiligung an politischen Entscheidungen zunehmend die Kontrolle über den politischen Prozess verlieren, vgl. Trechsel/Sciarini (1998).

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  49. Verba u.a. (1993) wiesen nach, dass sich die politischen Präferenzen von Aktiven und Inaktiven signifikant unterscheiden. Bezüglich ungleicher Wahlbeteiligung vgl. für dieses Argument die empirischen Belege bei Hicks/Swank (1992); Hill/Leighley (1992); Leighley (1995); Mebane (1994). Pa-cek/Radcliff (1995) wiesen in einer Längsschnittuntersuchung von 19 industriellen Demokratien außerdem einen engen Zusammenhang zwischen Wahlbeteiligung und Unterstützung für Linksparteien in dem Sinne nach, dass von einem Wahlbeteiligungszuwachs insbesondere Linksparteien profitieren konnten.

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  50. Die meisten Demokratietheorien können entlang zweier Ordnungsmodelle kategorisiert werden, die wiederum als individualistische Demokratieversionen den Wert des individuellen Interesses betonen, oder als kollektivistische Demokratievariante den Wert des allgemeinen Interesses hervorheben (vgl. Westle 1998: 117). Beide Werte gelten als ethisch begründbare Ziele einer guten politischen Ordnung, können jedoch auch in Widerspruch zueinander geraten (vgl. ebd.). Seit einiger Zeit lebt diese Kontroverse in der akademischen Auseinandersetzung zwischen Liberalismus und Kommunitarismus auf (vgl. z.B. Maclntyre 1987; Walzer 1996; Honneth 1993; Rieger 1993; Reese-Schäfer 1994, 1996; Chatzimarkatis/Hinte 1997; Etzioni 1998).

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  51. Inzwischen konnte auch empirisch bestätigt werden, dass Entscheidungen, die eigenen Interessen zuwider laufen, um so eher akzeptiert werden, wenn die Verfahren der Entscheidungsbildung als gerecht und fair eingeschätzt werden (vgl. Tyler 1991).

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  52. Zu den Prämissen eines solchen Wertkodex vgl. Fraenkel (1991 [1968]: 70). Lässt sich dieser Kodex nicht formulieren, ist eine pluralistische Demokratie strukturell fehlerhaft, weil sie der gesellschaftliche Pluralismus in die staatliche Desintegration treibt (vgl. ebd.: 89). Wie viel Konsens für die Dauerhaftigkeit demokratischer Systeme letztlich nötig ist, bleibt noch immer unklar (vgl. Kaase 1997: 5), und es ist fraglich, ob ein derartiges Kriterium überhaupt quantifiziert werden kann.

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  53. Zur These vom Versagen der deutschen Eliten in der Weimarer Republik, das auf einen fehlenden integrierenden Grundkonsens als eine Ursache für das Scheitern der ersten deutschen Demokratie verweist, vgl. Dahrendorf (1965); Zapf (1965); Baum (1981); Best (1989a); Hoffmann-Lange (1991: 67). Zur Rolle von Eliten in Demokratisierungsprozessen vgl. u.a. Field/Higley (1983); O’Donnell u.a. (1986); Przeworski (1986); Huntington (1991b); Prosch/Abraham (1991); von Beyme (1992a); Higley/Gunther (1992); Bos (1996); Przeworski/Limongi (1997).

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  54. Siehe hierzu auch die Literaturangaben bei Hoffinann-Lange (1992:25–29).

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  55. Während Sartori (1997b: 63) prinzipiell zwischen Konflikt und Dissens unterscheidet, verwendet Lehmbruch (1969: 286) beide Begriffe synonym. Für die weitere Argumentation in dieser Arbeit ist es aber nicht notwendig, zwischen dieser Uneinigkeit zu entscheiden. Für die Frage nach der Dauerhaftigkeit politischer Systeme scheint Hirschmans (1994) Unterscheidung von teilbaren (mehr oder weniger) und unteilbaren (weder — noch) Konflikten analytisch eher zielführend.

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  56. Für den empirischen Nachweis negativer Effekte einer ineffektiven Opposition auf die Legitimität eines Regimes vgl. Weil (1989).

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  57. Aus der Fülle der Arbeiten vgl. u.a. Pennock (1952), Eulau u.a. (1959), Miller/Stokes (1963), Miller (1964), Eulau/Wahlke (1978), Pitkin (1967), Deutsch (1968), Pennock/Chapman (1968), Putnam (1976), Farah (1980), Page u.a. (1984), Dalton (1985), Converse/Pierce (1986), Rebenstorf/Weßels (1989), Herzog u.a. (1990), Hoffmann-Lange (1987, 1992), Weßels (1993), Patzelt (1993, 1994), Brettschneider (1995), Kaina (1997).

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  58. Ideengeschichtliche Wurzeln zur Idee von Repräsentation lassen sich zu Hume, Burke, Rousseau und den amerikanischen Verfassungsvätern zurückverfolgen (vgl. Pitkin 1967; Schmidt 2000b).

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  59. Genauer zum Konzept der Repräsentativst vgl. bspw. Thaysen (1996), Hoffmann-Lange (1992) und Kaina (1996).

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  60. Erstmals tauchte der Terminus „responsiveness“ bei Pennock (1952) auf. Von Pitkin (1967) wurde er aufgegriffen und von Etzioni (1968: 430–454) systematisch eingeführt. Inzwischen gehört das Responsivitätskonzept nicht nur zu den Grundlagen moderner Repräsentationsforschung, es erleichterte darüber hinaus die Operationaiisierung des Repräsentationsbegriffs für empirische Untersuchungen (vgl. z.B. Hoffmann-Lange 1991, 1992; Herzog 1998: 298).

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  61. Vgl. auch die Arbeiten von Buchanan/Tullock (1962); Cohen (1971) und Sartori (1997a).

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  62. Fraenkels Begriff vom „hypothetischen Volkswillen“geht auf Rousseaus Trias aus a) Gemeinwillen (volonté générale — Gemeinwohl), b) Gesamtwillen (volonté de tous — Summe der Sonderwillen) und c) Sonderwillen (volonté particulière) zurück. Fraenkel deutet den Rousseauschen Gemeinwillen als hypothetischen Volkswillen, den Gesamtwillen als empirischen Volkswillen (vgl. Schmidt 1997a: 72).

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  63. Zum diesem Begriff von politischer Integration vgl. Nohlen (1998: 278).

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  64. Ausführlich zum Vertrauensbegriff vgl. Teil 1, Kap. 3.1.

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  65. Mill (1971 [1861]: 77, 80) entwarf entsprechende Grundbedingungen für die Dauerhaftigkeit von Repräsentativregierungen: (1) das Volk muss sie annehmen wollen, (2) das Volk muss willens und fähig sein, das für den Erhalt einer Repräsentativregierung Notwendige zu tun sowie (3), seine Pflicht und Aufgaben zu erfüllen. Ein Volk in extremer Passivität wäre demnach eine schlechte Voraussetzung für ein repräsentativ-demokratisches Regierungssystem.

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  66. In dieser Konsequenz das modernisierungstheoretische Standardmodell der Funktionsvoraussetzungen der Demokratie, das im wesentlichen auf vier Elementen beruht (vgl. Schmidt 1997a: 299): 1) der Aufteilung staatlicher Exekutivgewalt, insbesondere der effektiven zivilen Kontrolle des Militärs, 2) des Vorhandenseins einer modernen, dynamischen und pluralistischen Gesellschaftsstruktur im Sinne Robert Dahls (1991: 84) mit breit gestreuten Machtressourcen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, 3) einer weitgehend säkularisierten politischen Kultur, die offen ist für Kompromissfin-dung und geregelte Konfliktaustragung und 4) einer demokratieförderlichen internationalen Lage (vgl. auch Dahl 1991: 82ff, 1998: 145ff). Zur Kritik an der Theorie der sozioökonomischen Funktionsvoraussetzungen von Demokratien siehe die Zusammenfassung bei Schmidt (1997a: 296f; Merkel 1999b: 881).

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  67. So vor allem Lipset (1959, 1994) und für empirische Nachweise für die Bundesrepublik z.B. Con-radt (1980) und Cusack (1999). Natürlich müssen für die Entstehung von Demokratien eine Vielzahl anderer Faktoren, auch kultureller Art, berücksichtigt werden. Vanhanen (1990) etwa hebt statt ökonomischer Strukturen den Diffusionsgrad politischer, ökonomischer und sozialer Machtressourcen als entscheidenden Einflussfaktor für Demokratisierungsprozesse hervor, Przeworski/Limongi (1997) betonen in Übergangsphasen von Autokratien zu Demokratien die Rolle von Akteuren und ihren Handlungsstrategien. Ungeachtet dessen konnte mehrfach nachgewiesen werden, dass die Ökonomie in Form einer offenen, wettbewerbsorientierten Marktwirtschaft signifikant zur Sicherung und Konsolidierung von Demokratien beiträgt (vgl. Kaase/Newton 1995a: 164), wenngleich darin weder ein Determinismus noch ein monokausaler Zusammenhang zu sehen ist (vgl. Schmidt 1997a: 294; Merkel 1999b: 87). Siehe z.B. Bollen/Jackman (1989), Burkhart/Lewis-Beck (1994), Helliwell (1994), Gasiorowski (1995), Tóka (1995), Waldron-Moore (1999). Burkhart (2000) kann außerdem zeigen, dass sich die Chancen für die Dauerhaftigkeit einer Demokratie in dem Maße verbessern, in dem freie Marktmechanismen durch die korrigierende Funktion des Wohlfahrtsstaates ergänzt werden.

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  68. Siehe für ältere Arbeiten z.B. Durkheim (1977) und die Literaturhinweise bei Mayntz (1997b [1988]) sowie Brock/Junge (1995); für Auseinandersetzungen neueren Datums vgl. Beck/Sopp (1997b), Heitmeyer (1997a, 1997b), Münch (1997a), Fuchs (1999a).

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  69. Besonders muss kritisiert werden, dass die Argumente von Beck und der sich ihm anschließenden Autoren von keiner systematischen, vergleichenden empirischen Forschung gestützt werden können und sich demzufolge meist im Bereich der plausiblen Spekulation bewegen (vgl. Kaase/Newton 1995a: 155). Das „Beliefs in Government“-Projekt (vgl. Kaase/Newton 1995b) konnte allerdings partielle Evidenzen für die Behauptungen der Individualisierungsthese nachweisen (vgl. Kaase/Newton 1995a: 155).

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  70. Beispielhaft sind hier die Untersuchungen von Berger/Hradil (1990), Vester u.a. (1993), Geißler (1996) und Vester (1997) zu nennen.

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  71. Zur Beschreibung von Individualisierung über die empirisch festzustellende Destabilisierung traditioneller Institutionen (z.B. der Ehe) und eine zurückgehende Integration in Großorganisationen vgl. u.a. Poguntke (1993), Greven (1995), Rucht (1997), Wiesendahl (1997, 1998), Beck/Sopp (1997a), Heinze u.a. (1997), von Alemann u.a. (1998).

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  72. Das von Inglehart (1997, 1998) koordinierte World-Value-Survey verfolgt nunmehr das ehrgeizige Ziel, Wertewandelprozesse in globaler Perspektive zu untersuchen. Darm eingeschlossen sind 65 Gesellschaften zu bislang drei Zeiträumen von 1981, 1990–1991 und 1995–1998. Damit steht eine beeindruckende Datenbasis zur Verfügung, die bereits für eine Reihe von Studien genutzt wurde (vgl. z.B. Inglehart 1997, 1998, 1999a; Klingemann 1999a; Welzel 1999a, 1999b, 2000).

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  73. Neuere Untersuchungen können allerdings belegen, dass das politische Interesse, bezogen auf die alte Bundesrepublik, nach einem fast linearen Anstieg bis in die 1970er Jahre im letzten Jahrzehnt stagniert oder sogar zurückgeht, sieht man einmal von kurzfristigen Mobilisierungsphasen wie die deutsche Vereinigung ab (vgl. Noelle-Neumann/Köcher 1997: 783f; Hoffmann-Lange 2000; Maier 2000a). Interessanterweise sieht Maier (2000a: 163) dieses Phänomen in Abhängigkeit individueller Wahrnehmungen, wonach das politische Interesse um so stärker abnimmt, je komplexer und komplizierter die Welt erscheint. Van Deth (2000: 131) hingegen rechnet es dem Erfolg traditioneller Politik an, dass die Menschen weniger Interesse für Politik zeigen und „sich den erfreulicheren Dingen des Lebens widmen“können. Die demokratietheoretischen Implikationen dieser Interpretation sollen hier nicht diskutiert werden. Differenzierte Analysen zum politischen Interesse konnten zeigen, dass sich aus den neusten Trends auch nicht automatisch auf eine abnehmende Partizipationsbereitschaft, vor allem in Form direktdemokratischer Politikinstrumente schließen lässt (vgl. Hoffmann-Lange 2000).

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  74. Kennzeichen dieser neuen politischen Beteiligungsformen sind ihr ad-hoc-Charakter und eine hochpartikulare, problemspezifische Ausrichtung.

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  75. Diese Entwicklung spricht für die Innovationsföhigkeit liberaler Demokratien, die das gewandelte Aktionsrepertoire der Bürgerinnen und Bürger als Bereicherung im Sinne einer Legitimitätserhöhung anzunehmen verstanden (vgl. Kaase/Newton 1995a: 150–172; Topf 1995).

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  76. So kann Bürklin (1997b: 418) anhand der Ergebnisse der „Potsdamer Elitestudie 1995“feststellen: „Der lange Marsch durch die Institutionen hat die Protestgeneration der 1960er Jahre in die Ämter gebracht. “

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  77. Vgl. die Argumente bei Klages (1993) und Hepp (1996) sowie beispielhaft die empirischen Belege bei Wendt u.a. (1996), Klages/Gensicke (1998), Blanke/Schridde (1999). Anders z.B. Weidenfeld (1996a: 25), der eine rückläufige Engagementbereitschaft in der Bundesrepublik behauptet. Skeptisch auch Hacket/Mutz (2002).

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  78. Besonders prononciert bei Wiesendahl (1999). Die Kritik an den politischen Parteien in der Bundesrepublik ist aber nicht neu und war beispielsweise in den 1960er Jahren vor allem Kritik am Konzept der „Volkspartei“(vgl. zusammenfassend Rudolph 1999: 365f). Siehe auch Hennis (1998), der in Auseinandersetzung mit der „Parteienstaatsthese“von Gerhard Leibholz Aufgabenüberdehnung und Abkoppelung der politischen Parteien von ihren Wählern und Mitgliedern bemängelte. In eine ähnliche Richtung zielt der Tadel des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker an die Adresse der Parteien, denen er Machtversessenheit und Machtvergessenheit vorwarf (vgl. von Weizsäcker 1992; Hofmann/Perger 1992). Im weiteren vgl. auch von Arnim (1993, 1996, 1997), Wiesendahl (1998), von Beyme (1994); von Alemann (1995), Mair (1995), Katz/Mair (1996) und Oberreuter (1998a: 39). Kritisch zum Konzept der Kartell-Partei etwa Kitschelt (2000).

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  79. Die dauerhaft verankerte, über Sozialisationsprozesse vermittelte psychische Bindung an eine Partei (party identification) gilt im individualpsychologischen Erklärungsansatz für Wählerverhalten als eine Bestimmungsgröße, die dem Wahlakt als langfristig wirkender Faktor vorgelagert ist. Kurzfristige Einflüsse auf den Wahlentscheid sind die Orientierung an den Kandidaten der Parteien und die Wahrnehmung wichtiger politischer Probleme (issues) einschließlich der Problemlösungskompetenz, die den zur Wahl stehenden Parteien in Bezug auf diese Probleme zugestanden wird. Als bahnbrechende Arbeit in Entwicklung und Anwendung des Konzepts der „party identification“gilt die Studie über das Wahlverhalten der Amerikaner („The American Voter“) von Campbell u.a. (1960).

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  80. Ausführlich zu den Funktionen politischer Parteien vgl. Oberreuter (1992) oder von Alemann (2000). Kritische Reflektionen hierzu bei Schmitter (1999). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 85: 284f) weist den deutschen politischen Parteien die Aufgabe zu, neben Wahlvorbereitung, Zielformulierung, Problemerkenntnis und Problemlösung eine kommunikative Brücke zwischen gesellschaftlicher und staatlicher Sphäre zu schlagen.

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  81. Dazu ist allerdings einschränkend hinzuzufügen, dass die Reaktionen der Parteien auf veränderte Umweltbedingungen in der Regel erst mit einem größeren zeitlichen Abstand erfolgen (vgl. Mair u.a. 1999b: 400).

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  82. Zu den Strukturdefekten der politischen Parteien in der Bundesrepublik vgl. Wiesendahl (1997).

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  83. Zur Bedeutung symbolischer Politik in der Bundesrepublik vgl. die Arbeiten von Sarcinelli (1987, 1990, 1998a) und Saxer (1993).

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  84. Während einerseits die kommunikativen Steuerungsleistungen symbolischer Politik aufgrund von Komplexitätsreduktion positiv bewertet werden (vgl. Sarcinelli 1998a: 262), befürchtet andererseits die demokratietheoretisch begründete Kritik den „Verlust des Politischen“(Krause 1998: 19). Allerdings weist Sarcinelli (1998a: 262) mit Recht auf einen Widerspruch hin, der sich daraus ergibt, dass „professionelle Inszenierung à la Greenpeace […] als symbolische Politik von unten’ grundsätzlich positiv eingeschätzt, anderes aber als symbolische Politik von oben’ delegitimiert wird“.

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  85. Statt von Mediatisierung zu sprechen, schlagen Schulz u.a. (2000: 415) den Begriff der „Medialisie-rung“vor.

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  86. Zentral in diesem Zusammenhang die These von der „Video-Malaise“(vgl. Robinson 1976). Für die internationale Diskussion und empirische Befunde vgl. u.a. Holtz-Bacha (1989, 1994), Jäckel (1991), Listhaug (1995), Niek/Traweger (1998) und Norris (2000).

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  87. Für die überwiegend skeptische Diskussion über neue Chancen politischer Partizipation im Rahmen moderner IuK-Medien vgl. Kamps (1999) und Küchler (2000).

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  88. Relativierend dazu z.B. Oberreuter (1997), Schulz (1997), Pfetsch (2000), Niedermayer (2000) und Schulz u.a. (2000), die auf die Anpassungsleistungen politischer Parteien und Sprecher verweisen.

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  89. Inzwischen werden in der Forschung die Konsequenzen diskutiert, die aus den Anpassungsleistungen der politischen Parteien an die neuen Bedingungen von Politikvermittlung resultieren. Zum einen mögen Kommunikationsstrategien in Form von „news managament“, zum anderen parteiinterne organisatorische Konsequenzen durch Personalisierung und Professionalisierung des Kampagnen-managements, inklusive einer Umorganisierung und Ausgliederung der Kampagnenplanung, eine wachsende Bedeutung der Demoskopie, Outsourcing an Werbe- und PR-Agenturen und eine Funktionsentleerung der Parteibasis als wichtige Stichworte genannt werden (vgl. u.a. Oberreuter 1997; Schulz 1997; Machnig 1999; Niedermayer 2000; Pfetsch 2000; Schulz u.a. 2000).

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  90. Zu etwas zurückhaltenderen und differenzierteren Urteilen gelangen auf Basis eigener empirischer Untersuchungen Jagodzinski/Kühnel (1990), Kaase (1994b), Vetter/Gabriel (1998), Weßels (2000b).

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  91. Das kooperative Miteinander insbesondere von Staat und Wirtschaft manifestiert sich im „kooperativen Staat“(Benz 1997). Seine Kritiker beklagen den Souveränitätsverlust des Staates, während seine Befürworter die Effektivität kooperativer Verfahren in der Aufgabenerfüllung betonen und darin ein Potential entdecken, die Legitimität politischer Entscheidungen zu sichern (vgl. ebd.: 92).

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  92. Ein so entstehender subjektiv empfundener Mangel an Einsichten in die nicht beherrschte Eigendynamik der Gesellschaft löst bei den politischen Entscheidungsträgern ein Krisengefuhl aus und legt nahe, sich von einem engen Steuerungsbegriff im Sinne einseitiger Eingriffsversuche zu verabschieden und ihn durch den umfassenden Begriff der Regelung (governance) zu ersetzen (vgl. Mayntz/Scharpf 1995b: 10, 16; Zürn 1998). Denn letztlich erscheint gesellschaftliche Globalsteuerung unmöglich, weil politisches Steuerungshandeln als sozialer Teilprozess mit vielen anderen interferiert und so zwar zu sozialem Wandel beizutragen vermag, diesen jedoch selbst nicht mehr lenken kann (vgl. Hellmann 1996; Mayntz 1996). Das Festhalten an der Idee, Gesellschaft wäre in allen Facetten plan-, strukturier- und hierarchisch fuhrbar, hat schließlich auch zum Niedergang der „Organisationsgesellschaft“DDR beigetragen (Pollack 1990; vgl. auch Beck/Sopp 1997a: 12).

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  93. Dahl (1994: 23–28) sieht in der Entwicklung transnationaler Systeme die dritte Transformationsphase der Demokratie. Ihr vorausgegangen ist zunächst die Phase der Transformation nicht-demokratischer Stadt-Staaten in Demokatien, wofür die griechische polis mit der eklesia als Zentral institution der politischen Ordnung beispielgebend wurde. Als zweite Phase folgte der Übergang der Demokratie-Idee von Stadt- zu Nationalstaaten und in dessen Folge ihr Wandel von der Versamm-lungs-Idee zur Vorstellung repräsentativer Demokratie. Die gegenwärtige Phase ist nach Dahl (1994: 26) in erster Linie durch politische, ökonomische, soziale und kulturelle Autonomieverluste des Nationalstaates geprägt. Kritisch zur These von der Aushöhlung der Nationalstaaten, vor allem im Zusammenhang mit der europäischen Integration und dem daraus folgenden Machtzuwachs nationaler Regierungen z.B. Moravczik (1997), Streek (1998), Höffe (1999), Jaehtenfuchs (1999: 264f), List (1999: 108ff), Decker (2000: 597); zustimmend etwa Zürn (1996), Scharpf (1993c, 1999a), Beck (1998: 4), Kohler-Koch (1998a), Mahnkopf (1998), Pfetsch (1999), Lepsius (2000a).

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  94. Neue Gefahren nach dem Ende des Ost-West-Konflikts wie der international vernetzte „Neue Terrorismus“, die globale Umweltbedrohung, die eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten vagabundierenden Nuklearmaterials, wachsende Migrationsströme, natürliche Ressourcenknappheit und die Zunahme regionaler Konfliktherde charakterisieren die „Weltrisikogesellschaft“(vgl. Beck 1993: 87). Aus der Entgrenzung dieser Gefahren, der Uneingrenzbarkeit von Bedrohungen und dem daraus reflexartig erwachsenden Bedarf an neuen Grenzen formen sich diffuse Globalgefahren und Pauschalbedrohungen, die vor der Tür des Nationalstaatlichen nicht halt machen (vgl. ebd.) Die Verteidigung jeder Art von Mauer gegen den Verlust von Ordnung enttarnt sich daher als Verteidigung einer Illusion der Mauer (vgl. ebd.: 88).

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  95. Unter den Bedingungen der „Weltrisikogesellschaft“ betrifft das Problem der Inkongruenz von Herrschaftsausübung und -betroffenheit auch zunehmend die Generationen der Nachgeborenen. Verantwortliche Politik unterliegt daher stärker als jemals zuvor den Ansprüchen der Nachhaltigkeit (vgl. z.B. Schäuble 1998; Müller-Christ 1998a), die eine Risikoverlagerung auf künftige Generationen begrenzen soll, mit den Interessen der Jetzt-Lebenden aber häufig nicht in Einklang zu bringen ist.

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  96. Ausführlich zu diesem Themenkomplex Dobner (1998).

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  97. Versuche, diese Defizite auf EU-Ebene zu kompensieren, werden überwiegend pessimistisch beurteilt, weil es weder einen europäischen Demos noch eine gemeinsame Öffentlichkeit gibt, eine politische Infrastruktur der Interessenvermittlung höchstens in Ansätzen erkennbar und europäische politische EntScheidungsprozesse von den Bürgerinnen und Bürgern besonders weit entfernt sind (vgl. u.a. Kielmansegg 1996; Scharpf 1998b; Jachtenfuchs 1999; Decker 2000). Neue Hoffnungen richten sich inzwischen aber auf den europäischen Verfassungskonvent, als von einer gemeinsamen europäischen Verfassung entscheidende Demokratisierungs- und Legitimationsimpulse für die fortschreitende Integration Europas erwartet werden (vgl. z.B. Fuchs 2000c).

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  98. Zur Definition politischer Institutionen als formale Organisationen, „die den Prozess der politischen Handlungskoordination — der Meinungsbildung, Konfliktaustragung, Konsensbildung, Entscheidungsfindung und des Entscheidungsvollzugs strukturieren“, siehe Seibel (1997: 363 — Hervorhebung i.O.). Diese Festlegung entspricht weitgehend dem Alltagsverständnis von politischen Institutionen, während die moderne Forschung auch informale und formale verhaltenssteuernde Regeln in den Institutionenbegriff einbezieht (vgl. ebd.; Liebert/Lauth 1999: 21). Für weitere Institutionen-begriffe siehe etwa March/Olsen (1989, 1995), Göhler (1994a), DiMaggio/Powell (1991), Fuchs (1999a), Liebert/Lauth (1999: 21 f).

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  99. Eine politikwissenschaftliche Strukturanalyse, die Institutionen als Bestimmungsfaktoren politischen Handelns begreift, findet sich heute vor allem in der Forschungsperspektive des „historischen Institutionalismus“wieder und ist ein traditionsreicher Ansatz auch innerhalb der deutschen Politikwissenschaft (vgl. Seibel 1997: 363f; Lehmbruch 1998 [1976]: 197).

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  100. Dies ist freilich eine im Kontext dieser Arbeit vorgenommene pragmatische Verkürzung. Denn geht es in der Unterscheidung von Konkordanz- und Konkurrenzdemokratie in erster Linie um unterschiedliche Modi der Konfliktregelung (vgl. Schmidt 1997a: 231), meint Könsensusdemokratie nach Lijphart weit mehr als Konkordanzdemokratie, indem die Aufteilung von Macht über verschiedene Kanäle betont wird (vgl. ebd.: 242). Ein weiteres, traditionelles Analyseparadigma zum Vergleich von Demokratien entscheidet zwischen parlamentarischem und präsidentiellem Regierungssystem vor allem nach dem Hauptunterscheidungsmerkmal, ob Regierung bzw. Regierungschef von der Legislative abberufen werden können oder nicht (vgl. Steffani 1979a, 1983; Poguntke 2000; zu empirischen Analysen auf der Grundlage dieser Differenzierung von Demokratien vgl. die Literaturangaben bei Schmidt 1997a: 224–229).

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  101. Die Logik dieses Blockade-Modells zur Beeinflussung politischer Entscheidungsfindung ist im Grunde nicht neu (vgl. die Literaturangaben bei Bawn 1999: 708, FN 1), wurde allerdings von Tse-belis (1995a, 1995b) erstmals für die vergleichende politikwissenschaftliche Forschung genutzt.

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  102. Für diesen Hinweis danke ich Suzanne S. Schüttemeyer.

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  103. Für die pessimistische Variante, die in der bundesdeutschen Föderalismuspraxis ein wichtiges Hindernis für notwendige Politikreformen sieht, vgl. die Arbeiten zur Politikverflechtungstheorie von Scharpf (1976, 1985, 1994a), Scharpf u.a. (1976) sowie die Analysen von Lehmbruch (1998 [1976]). Optimistischer bezüglich der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des deutschen Föderalismus zeigt sich die Theorie des dynamischen Föderalismus in den Arbeiten von Benz (1985, 1993), Hesse/Benz (1990), Wachendorfer-Schmidt (1999).

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  104. In erster Linie bewirkte die expansive Auslegung von Art. 84 GG durch die Länder, gedeckt von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, dass die Bundesgesetzgebung zwischen Bund und Ländern ausgehandelt wird (vgl. Lehmbruch 1998 [1976]: 92; Helms 1999: 150).

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  105. Dies vor allem seit den 1960er Jahren, als im Zuge der Großen Finanzreformen das Institut der Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91a GG geschaffen und Kooperationsformen zwischen Bund und Ländern verfassungsrechtlich verankert wurden (vgl. Lauter/Münch 1998: 261ff; Lehmbruch 1999b).

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  106. Weitere Faktoren, die Politikverflechtungsstrukturen begünstigen und zementieren, sind: a) verschiedene Verfassungsgrundsätze wie beispielsweise das Homogenitätsgebot nach Art. 28(1) GG oder der Vorrang des Bundesrechts vor Landesrecht nach Art. 31 GG; b) der intrastaatliche Aufbau des bundesdeutschen Regierungssystems mit seiner funktionalen Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern; c) der gesellschaftliche und wirtschaftliche Kontext, der einsame Entscheidungen angesichts wachsender Politikfeldkomplexität immer weniger möglich macht; d) die Struktur des deutschen Parteiensystems und e) die konsensorientierte politische Kultur der Eliten (vgl. Isensee 1990: 255ff; Schultze 1990, 1999: 174f; Laufer/Münch 1998: 117ff). Für Reformansätze vgl. z.B. Lehmbruch (1998 [1976]), Schultze (1999), Leonardy (1999).

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  107. Im Zuge der deutschen Einheit haben sich Asymmetrien und Störgrößen vervielfacht und Länderinteressen diversifiziert, was im übrigen auch eine erfolgreiche parteipolitische Blockadestrategie im Bundesrat erschwert (vgl. Schultze 1999; Wachendorfer-Schmidt 1999).

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  108. Natürlich gibt es auch Abhängigkeiten des Bundesverfassungsgerichtes von der Politik, weil es in der Kompetenz des Gesetzgebers liegt, Verfassungsnormen zu ändern und eine zwangsweise Durchsetzung der Entscheidungen des Gerichts kaum möglich ist (vgl. Roellecke 1987: 675ff). Aufgrund der Autorität, die das Bundesverfassungsgericht allgemein genießt, wird dieser Zusammenhang im Gegensatz zu den Problemen der Grenzübertritte zwischen Recht und Politik in Folge einer Verhaltenssteuerung durch die Rechtsprechung jedoch selten thematisiert (vgl. ebd.: 675; Schlaich 1997: 369ff).

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  109. Ein Koalitionsausschuss zur Abstimmung der Regierungspolitik wurde zwar zum ersten Mal 1961 eingesetzt und tagte in der Phase der Großen Koalition regelmäßig als „Kressbronner Kreis“, unter den Kanzlern Brandt und Schmidt wurden diese informellen Abstimmungsrunden mit dem kleineren Koalitionspartner jedoch nicht fortgesetzt (vgl. Wewer 1990: 147). Es wird dem Regierungsstil Helmut Kohls als wesentliches Merkmal zugeschrieben, das Regieren in Personalnetzwerken favorisiert, „Koalitionsgespräche in kleiner oder großer Besetzung zur Erledigung der Regierungsarbeit außerhalb des Kabinetts“(ebd.) formalisiert und dafür unter anderem freiwillig Einschränkungen in seiner Personalhoheit und materiellen Richtlinienkompetenz wie auch die Entmachtung des Bundeskabinetts als Ganzes in Kauf genommen zu haben (vgl. Jäger 1994: 41, 53, 57ff; Schreckenberger 1994; Korte 1998: 401; König 1999: 54).

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  110. Zu anderen Konzepten politischer Kultur vgl. z.B. Iwand (1985), Rohe (1996) und Schwelling (2001).

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  111. Zu dieser Diskussion und in kritischer Auseinandersetzung mit derselben vgl. den instruktiven Aufsatz von Kaase (1983), siehe auch Gabriel (2000a: 15).

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  112. Für die den Mainstream bestimmende Auffassung von der notwendigen Vereinigung unterschiedlicher politischer Kulturen vgl. u.a. Feist (1991), Weidenfeld/Korte (1991), Greiffenhagen/Greiffenhagen (1993), Lepsius (1995), Gabriel (1996a, 1996b), Kaina (1996), Ritter (1996); Schluchter (1996), Wiesenthal (1996a). Für empirische Befunde siehe beispielhaft für viele Fuchs (1997a, 1997b), Fuchs u.a. (1997), Roller (1997), Rohrschneider (1999), Falter u.a. (2000). Zweifel an dieser Position äußern etwa Scheuch/Scheuch (1991) und Jesse (1994), bezogen auf individuelle Wertorientierungen auch Klages/Gensicke (1992,1993).

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  113. Unter Einstellungstrukturen wird hier ein Orientierungsmuster verstanden, das ein bestimmtes Maß an Interdependenz und Beständigkeit aufweist (vgl. Gabriel 1996a: 25 [Hervorhebung — V.K.]).

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  114. Beispielhaft für eine Reihe von Arbeiten vgl. Weil (1990, 1993a), Bauer (1991), Feist (1991), Glu-chowski/Zelle(1992).

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  115. Dies gilt unabhängig davon, dass auch in den alten Bundesländern die Zufriedenheit mit der konkreten Form der Demokratie in der Bundesrepublik nach der deutschen Vereinigung abgenommen hat und geringer ausfällt als die Unterstützung der Demokratieidee (vgl. Kaase 1997; Pickel/Walz 1997; Gabriel 1999, 2000b).

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  116. Die akademische Debatte zirkuliert dabei vor allem um die Gegenüberstellung von Situationshypothese und Sozialisationshypothese (vgl. Kaina 2000). Für die Betonung ökonomischer Ursachen für die Akzeptanzmängel der Ostdeutschen gegenüber der Demokratie der Bundesrepublik z.B. Pollack (1997), Veen (1997), Walz/Brunner (1997). Für die Betonung fortwirkender Sozialisationseinflüsse bspw. Fuchs u.a. (1997), Klein (1998), Falter u.a. (2000).

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  117. Empirisch konnte diese Annahme in Ansätzen bereits bestätigt werden (vgl. Walter 2000).

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  118. Die in diesem Kapitel wiedergegebene Argumentation erhielt zusätzliche Anstöße in einer Diskussion mit Suzanne S. Schüttemeyer. Die Verarbeitung von Ideen und Anregungen liegt aber allein in der Verantwortung der Autorin.

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  119. Bisher wurden Ursachen für einen inkrementalen Politikstil überwiegend in der Spezifik des politischen Institutionensystems der Bundesrepublik gesehen (vgl. etwa Schmidt 1996b, 1999). Inzwischen wird jedoch auch argumentiert, dass die Unsicherheit der Eliten einen Kreativitätsschwund bewirkt und sich die bundesdeutsche Führungsschicht zwischen selbstgezogenen Grenzen eingerichtet hat (vgl. Noack 1998).

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  120. Ergebnisse der „Potsdamer Elitestudie 1995“belegen die sektorübergreifende Tendenz von langen Aufstiegswegen innerhalb der gesamtdeutschen Führungsschicht, wobei es beispielsweise im Gewerkschaftsbereich durchschnittlich 18 Jahre dauerte, eine Eliteposition zu erreichen (vgl. Re-benstorf 1997: 185). Typisch sind darüber hinaus bereichs- und betriebsspezifische Sozialisationen. Selbst Späteinsteiger, die durchschnittlich etwas schneller in eine Elitepositionen aufsteigen konnten, hatten eine gewisse Bewährungsfrist zu absolvieren. Rebenstorf (ebd.: 195) kommt daher zu dem Schluss: „Einend [bei den befragten Positionsinhabern — V.K.] ist die Karriereerfahrung als langsamer Prozess des Aufstiegs und als einer Phase der Bewährung und wahrscheinlich immerwährender Prüfung.“

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Kaina, V. (2002). Eliten und repräsentative Demokratien in modernen Gesellschaften. In: Elitenvertrauen und Demokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80419-8_5

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