Zusammenfassung
Die SPD leitet ihren Ursprung vom Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein, 1863 von Ferdinand Lassalle gegründet, und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, von Bebel und Liebknecht 1869 errichtet, her, die sich 1875 zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands zusammenschlossen. Prägend für die Partei war die traumatische Erfahrung staatlicher Verfolgung und gesellschaftlicher Ausgrenzung sowie Diffamierung unter dem Sozialistengesetz (1878–1890). Diese Jahre hinterließen tiefe Spuren in der Sozialdemokratie, sie prägten ihr Selbstverständnis und ihre Praxis:
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1.
Der Staat wurde als „Klassenfeind“, als feindliche Macht gegenüber der Arbeiterschaft erfahren. Die positive Einschätzung des Staates und seiner Rolle bei der Emanzipation des Proletariats, wie sie von den Lassalleanern vertreten worden war, wich der Theorie einer negativen Interpretation, ein vereinfachter Marxismus hielt als Integrationsideologie Einzug. Durch den Klassenkampf von oben und von Staats wegen wurde das, was in der marxistischen Theorie an Erklärung angeboten wurde, als Realität erfahren. Unter dem Sozialistengesetz wurde die Sozialdemokratie in ihrem Selbstverständnis erst richtig (vulgär)marxistisch, revolutionär, internationalistisch, antiklerikal, antimonarchistisch und antipreußisch.
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2.
Parteiorganisationen und freie → Gewerkschaften, offiziell verboten, wichen in private Vereine aus, verbargen sich hinter dem unpolitischen Etikett von Gesang-, Rauch- oder Sportvereinen. Hier wurde das Fundament für das Organisationsnetzwerk gelegt, das die spätere Solidargemeinschaft ausmachte.
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3.
Da man weiter an Wahlen teilnehmen und im Parlament mitarbeiten konnte, richtete in der politischen Praxis die Sozialdemokratie ihren Fokus auf Wahlkampf und parlamentarische Tätigkeit, was genau der Lassalleanischen Tradition entsprach und theoretisch im Gegensatz zum Vulgärmarxismus gesehen werden muß. Trotz oder vielleicht auch wegen der Verfolgung gewannen die Sozialdemokraten Anhänger, die Stimmen bei den Reichstagswahlen stiegen kontinuierlich: 1881 312.000, 1887 763.000 und 1890 fast 1,5 Millionen.
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4.
Unter dem Sozialistengesetz wurde die Sozialdemokratie überhaupt erst zu einer Partei, die reichsweit Industriearbeiter organisierte und repräsentierte.
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Literatur
Braunthal, Gerald 1994: The German Social Democrats Since 1969: A Party in Power and Opposition, Boulder.
Dowe, Dieter (Hrsg) 1993: Von der Bürgerbewegung zur Partei. Die Gründung der Sozialdemokratie in der DDR, Bonn.
Dowe, Dieter (Hrsg.) 1993: Partei und soziale Bewegung. Kritische Beiträge zur Entwicklung der SPD seit 1945, Bonn.
Lösche, Peter/Walter, Franz 1992: Die SPD. Klassenpartei — Volkspartei — Quotenpartei, Darmstadt.
Lösche, Peter 1996: Die SPD nach Mannheim: Strukturprobleme und aktuelle Entwicklungen, in: APuZ, B 6, S. 20–28.
Walter, Franz 1995: Die SPD nach der deutschen Vereinigung — Partei in der Krise oder bereit zur Regierungsübernahme?, in: Zparl 26, S. 85–112.
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Lösche, P. (2002). SPD. In: Greiffenhagen, M., Greiffenhagen, S., Neller, K. (eds) Handwörterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80358-0_106
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