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Part of the book series: Forschungen aus Staat und Recht ((STAAT,volume 164))

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Zusammenfassung

Die in Punkt I unternommene Analyse der Struktur der „Beteiligung“ im (ordentlichen) Verwaltungsverfahren — gerade zusammengefasst im „Fazit“ (Punkt I/C/7) — ist, zumindest heutiger Erwartungshaltung795 nichts weniger als selbstverständlich, verlangt daher — gerade, was die aufgezeigten Rechtsschutzlücken anlangt — nach einer Erklärung.

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Literatur

  1. Vgl demgegenüber freilich noch Tezner , Administratiwerfahren, 27f: „Die böhmischen Stände petitionierten nach der Schlacht am Weißen Berge, daß nicht mit der Exekution der Anfang gemacht, sondern der Sache der ordentliche Lauf gelassen werde. Mit der hierin gelegenen Beschwerde ist die militaristische Natur des polizeiobrigkeitlichen Staates treffend gekennzeichnet. Sein ganzes Prozeßrecht ist das amtliche, auf weiche Weise immer erlangte Wissen, das Mandat“ (vgl zu diesem unten Punkt IV/A) „und der Instanzenzug: daß die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorgehen der Behörde zutreffen, dafür besteht keine weitergehende Bürgschaft als die disziplinäre und strafrechtliche Verantwortung der Behörden. Sine sollenitatibus processus, sine strepidu judicii, sola inspecta rei veritate, ex nobili judicis officio, dies sind die Grundsätze, die dem Verwaltungsverfahren in seiner ihm eigentümlichsten Form anhaften. Und sie verschaffen sich noch in der rechtsstaatlichen Epoche Geltung. ... Der Verwaltungsgerichtshof tut darum dem Verwaltungsprozeßrecht eine durchaus unverdiente Ehre an, wenn er sagt, er sei von dem Grundsatz des Parteiengehörs beherrscht. Diese Annahme widerspricht seiner ganzen geschichtlichen Entwicklung und auch dem positiven Recht. ...“ (kursive HiO).

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  2. 157f, uVw ua auf VfSlg 11.196 und Walter /Mayer /Kucsko-Stadlmayer , Bundesverfassungsrecht, Rz 165. HiO.

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  3. Bereits Ermacora (Allgemeine Staatslehre, 1079) hat diese Stellung als, aus dem Prinzip der Menschenwürde erfließend, auch (angesichts von dessen Erwähnung in Art 1 AEMR; vgl auch bereits den zweiten Erwägungsgrund der Satzung der VN sowie die indirekte Rezipierung dieses Prinzips durch die Bezugnahme auf die AEMR in toto im ersten EG der EMRK [siehe etwa Burger, Menschenwürde, 75, 399]) für normativ geboten erachtet. Diese Auffassung scheint sich jedoch, nimmt man die inhaltlich überaus vorsichtige Kommentierung zur rezenten Aufnahme dieses Prinzips in Art 1 der EU-Grundrechte-Charta durch Borowsky, Art 1, Rz 35 (vgl hiezu auch oben FN 316), zum Maßstab, bislang noch nicht durchgesetzt zu haben.

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  4. Im Sinne des bekannten „praktischen Imperativs“ Kants : „Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als auch in der Person eines jedes anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest“ (GMS, 429; vgl hiezu jüngst auch Müller, FS Machacek/Matscher, 302f), auf welchen seinerzeit bereits Zeiller in seiner Kommentierung des — zwar, nach § 9 AVG, auch im Verwaltungsverfahren zu beachtenden, aber, mangels aktuellen Verfassungsranges (zur seinerzeitigen Stellung als Bestandteil einer „materiellen Verfassung“ siehe dagegen oben FN 152), nicht gegen gleichrangige, speziellere Bestimmungen gegenläufigen Inhalts durchdringenden — § 16 ABGB — dass der Mensch „als Selbstzweck existire“ (Nr 1; HiO), dh „nicht, gleich einer Sache, als Mittel zu beliebigen Zwecken Anderer gebraucht werden“ (Nr 2) dürfe — Bezug genommen hatte (Commentar, I, 102f).

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  5. Verwaltungsverfahren, 3f (kursive HiO, fette vm). Hier ist hervorzuheben, dass diese Ausführungen (anders als jene noch Tezners [siehe gerade oben FN 798 Tezner, Administratiwerfahren, 27f]) solche zum AVG — unter der Geltung des B-VG — sind, also auf der (im wesentlichen) gleichen Rechtsgrundlage beruhen wie die unter Z 1 wiedergegebenen.

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  6. Vgl oben FN 798 zu der von Tezner gegebenen Charakteristik.

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  7. Cit Herrnritt , Verwaltungsverfahren, 3.

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  8. Vgl, auch cit, Hengstschläger /Leeb , Kommentar II, § 45, Rz 40.

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  9. Vgl weiters die in Hengstschläger /Leeb , Kommentar II, § 39, Rz 18, angeführte Lit und Judikatur.

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  10. Vgl Hengstschläger /Leeb , Kommentar III, § 65, Rz 1; für Anwendungsfälle des § 39 Abs 3 AVG zwar einschränkend Balthasar, ZÖR 2003, 294, aA jedoch weiterhin die hL (vgl Hengstschläger/Leeb, Kommentar II, § 39, Rz 45).

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  11. Diese Vorgangsweise ist nicht einmal durch § 35 AVG verpönt, betrifft dieser doch nur die Erstattung „ unrichtiger Angaben“ in Verschleppungsabsicht.

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  12. Auch für Beschwerden an den VwGH gilt aber weithin nichts anderes, setzt doch das aus §41 Abs 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot das NichtVorliegen eines Verfahrens-mangels iSd § 42 Abs 2 Z 3 VwGG voraus (siehe unten FN 889). Ein solcher wird aber, zumal in der gegenwärtigen, hinsichtlich der Wahrscheinlichkeitskalküle nicht zwischen den lit b und c unterscheidenden Judikatur des VwGH (vgl oben FN 600) stets dann angenommen, wenn der VwGH zur Auffassung gelangt, die belangte Behörde hätte die erstmals ihm vorgetragenen (nicht offensichtlich unwesentlichen) nova bereits im vorangegangenen Verfahren auch ohne entsprechendes Parteivorbringen, ex officio, ermitteln müssen.

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  13. Cit Hengstschläger /Leeb , Kommentar II, § 39, Rz 10 (HiO).

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  14. Hengstschläger /Leeb , Kommentar II, § 39, Rz 11.

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  15. Dies gilt wohl auch für antragsgebundene Verwaltungsakte (zur diesbezüglichen Judikatur sub titulo „Mitwirkungspflicht“ siehe Hengstschläger /Leeb , Kommentar II, § 39, Rz 13), zumal nur ein solcher präziser Anforderungskatalog einerseits Planungssicherheit für den Antragsteller, andererseits aber eine faire Grundlage für allfällige Einwendungen gegenbeteiligter Parteien bietet.

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  16. Der Umstand, dass eine allfällige „‚Unmöglichkeit‘, die anspruchsbegründenden Tatsachen (positiv) festzustellen (‚Beweisnotstand‘), zu Lasten des Antragstellers geht“, wird auch als Auswirkung der „Mitwirkungspflicht“ begriffen (vgl Hengstschläger /Leeb, Kommentar II, § 39, Rz 14); tatsächlich handelt es sich hier allerdings — was gerade die Konstellation zeigt, dass der „Beweisnotstand“ auch bei vollständiger Kooperation der Partei weiter besteht — um eine Frage des für die Annahme des (Nicht-) Vorliegens einer „Tatsache“ jeweils erforderlichen Wahrscheinlichkeitskalküls (so auch Hengstschläger/Leeb, ib, die hier auf ihre Ausführungen zu § 45, Rz 2, verweisen).

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  17. Dieses Pronomen findet sich zwar nicht im Gesetzestext, wohl aber in den (etwa von Mannlicher /Coreth , Verwaltungsverfahrensgesetze, 64, wiedergegebenen) Materialien (Hvm). Danach hatte bereits die RV, unter Verweis auf § 39 Abs 2 AVG, betont, dass sich „sehr wohl der Fall denken“ lasse, „daß die Behörde ein Gesuch ohne weitere Ermittlung sofort erledigt, wenn ihr der Sachverhalt ohnedies schon klar vorliegt ...“. Der Ausschuss hat sodann, „um diese Absicht“ (dh wohl, die Zulässigkeit dieser Interpretation) „noch deutlicher hervortreten zu lassen“, „die Einschaltung“ des im Text zitierten Passus, jedoch unter Entfall des die Relativität bzw Subjektivität des „Gegebenseins“ der „Klarheit“ markierenden Pronomens, ins Gesetz selbst beschlossen.

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  18. Anders als Kant vermeidet das AVG auch (zumindest) jede (explizite) Angabe derjenigen „reinen Verstandesbegriffe“, deren Hinzufügung es erst vermöchte, aus einem bloß subjektiven „Wahrnehmungsurteil“ ein — nach Kants Ansicht — objektives „Erfahrungsurteil“ zu machen (siehe zu dieser Differenz Kant , Kritik der reinen Vernunft2, § 18, sowie Prolegomena, § 20; Mohr, Kommentar, 524f, 538f; Sommer, Evidenz, 30f, 242f ). Der VwGH hat — in seinem bei der Beweiswürdigungskontrolle erfolgenden Abstellen auf „die Übereinstimmung mit den“ nicht näher spezifizierten (vgl bereits Balthasar, uvs aktuell 2007, 153, insbes do FN 87) „Denkgesetzen“ — diesen Umstand bislang schlicht ausgeblendet.

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  19. Dh, insoweit, die „Weltanschauung“ (vgl Heidegger , Phänomenologie, 12f ) des (Gesetzgebers des) AVG, bzw dessen „Geist“.

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  20. Siehe oben FN 98 sowie lit A/3. Mannlicher /Coreth , Verwaltungsverfahrensgesetze, XXXIX, verwenden sogar den Begriff der „objektiven Wahrheit“ (HiO), wobei sie diesen freilich, wie aus dem unmittelbar nachfolgenden Satz („Der Bescheid muß ihre“ — dh der Behörde — „eigene Überzeugung zum Ausdruck bringen, unabhängig von dem Verhalten der einen oder anderen Partei“) ebenso wie aus dem Hauptsatz selbst („Der aus dem Zivilprozeßrecht übernommene Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat gleichwohl hier“ — dh im Verwaltungsverfahren — „eine viel weitergehende Bedeutung“) hervorgeht, sichtlich (nur) als Abgrenzung zum Prinzip der „formellen Wahrheit“ (vgl unten FN 877) verstanden. Auch diesbezüglich finden sich jedoch charakteristische Einschränkungen (namentlich der Hinweis auf die „Präklusion von Einwendungen“ [XL], aber auch in der Aussage: „Der Satz ‚volenti non fit iniuria ‘gilt hier nicht allgemein“ [XXXIX, Hvm]). Siehe näher unten lit C.

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  21. Vgl dagegen, zeitgenössisch (aber, vielleicht bezeichnenderweise [siehe unten FN 839, 856], gerade noch vor dem Fall der Monarchie), Wittgenstein, Tractatus, 3 („Das logische Bild der Tatsachen ist der Gedanke“), iVm 2.222 („In der Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung seines“ [dh des Bildes] „Sinnes mit der Wirklichkeit, besteht seine Wahrheit oder Falschheit“). Siehe, zur Tradition dieser Theorie, etwa Heidegger, Sein und Zeit, 214ff; Tugendhat, Vorlesungen, 250ff; Stegmüller, Hauptströmungen I, 6ff (in Zusammenhang mit der Darstellung der Position Brentanos); zu Wittgensteins ursprünglicher Wirkung auf den „Wiener Kreis“ Hempel, Wahrheitstheorie, 96f.

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  22. Diese, wohl ursprüngliche (vgl Tugendhat , Heideggers Idee von der Wahrheit, 433, uHw auf Homer) Auffassung von „Wahrheit“ als „adaequatio intellectus et rei“ bzw als Korrespondenz einer Aussage mit der Wirklichkeit (siehe vorige FN) — und, gegebenenfalls, Bezeichnung der Aussage als „wahr“ — dürfte jedenfalls problematischer sein als die — hier nicht interessierende, umgekehrte — Subsumption einer (aus einem Sinneseindruck, wie auch immer, gebildeten) Vorstellung unter einen sozial vorgefundenen Begriff (und, gegebenenfalls, Auszeichnung der subsumierten [und daher, insoweit, am Begriff„teilhabenden“] Vorstellung [„intellectus“] mit dem Prädikat „wahr“, jedoch relativ nur zum „Begriff“, nicht aber zur äußeren Wirklichkeit [„res“]).

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  23. Dagegen hatte bekanntlich bereits Platon, angesichts der Unmöglichkeit, die „Suche nach der Ursache“ unmittelbar „mit jedem der Sinne“ „in den Dingen“ selbst vorzunehmen, seinen Sokrates zu einer „zweitbesten Fahrt“, einer Art kohärenztheoretischer Prüfung anhand von „λóγοι“ („... indem ich jedes Mal die Rede zugrundelege, die ich für die stärkste halte, setze ich als wahr, was mir mit dieser übereinzustimmen scheint ..., was aber nicht, als nicht wahr“) aufbrechen lassen (Phaidon, 99c bis 100a, nach Zekl [Einleitung, L] „Keimzelle der aristotelischen Syllogistik“ ). Vgl auch die — zuletzt freilich wiederum inhaltlich abgeschwächte (siehe Tietz , Heidegger, 126ff ) — Kritik Heideggers (Platons Lehre, 40ff; zu deren Einordnung nach Heideggers „Abkehr von der Subjektphilosophie“ vgl Morat, Von der Tat zur Gelassenheit, 141) daran, dass (schon) Platon die „αλήθεια“ durch die „óρθóτης“ — verstanden zwar als „adaequatio“, jedoch nicht in Bezug zu (mit Husserl gesprochen [siehe unten FN 856]) „den Sachen selbst“, sondern zu den den unmittelbaren Zugang zu diesen verstellenden Ideen (vgl aaO, 46f, 51) — ersetzt habe. Auch Thomas von Aquin unterscheidet sehr wohl zwischen der einen göttlichen Wahrheit „in rebus“ und den „multae veritates“, sogar in „eodem intellectu“, „secundum propriam rationem“ (Summa Theologica I, XVI/VI).

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  24. Dh solchen, die „von etwas ausgehen, was wirklich ist und gemäß dem, was wirklich ist, geknetet und eingeprägt sind, wie sie nicht von etwas herrühren könnten, was nicht wirklich ist“ cit Graeser /Schäublin , Einleitung zu Cicero, Lucullus, XVI, in Wiedergabe einer Definition Zenons von Kition, des Gründers der Stoa. Vgl zu dieser „erkennenden Vorstellung“ („καταλϑτικήή φαντασία“`) auch Hossenfelder, Einleitung, 17f.

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  25. Cit Tietz , Heidegger, 110f (Hvm), damit den Ausgangspunkt, zu dem das ursprüngliche (mit dem AVG ungefähr zeitgleiche, vgl bereits oben FN 676) heideggersche Theorem des „In-Der-Welt-Seins“ (Sein und Zeit, 53, 113ff, 130ff ) die (ihrerseits vielleicht allzu) subjektivistische (vgl Tugendhat, Heideggers Idee von der Wahrheit, 443ff ) Antithese darstellt, umreißend. Der Begriff des „Auges Gottes“ ist freilich eine terminologische Bezugnahme auf Putnam (siehe unten im Text bei FN 957).

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  26. Auch für den erheblich weniger skeptischen, im Grundsatz an der Definition von „Wahrheit“ als „sicherem... Wissen“ und zugleich an dessen „Notwendigkeit“ (cit Batscha , Philosophie der Demokratie, 60) festhaltenden Brentano-Schüler Masaryk war, annähernd zeit-(und, vor 1918, staats-)gleich, Demokratie wesentlich mit kritischer rationaler Diskussion, und einem von den Begriffen der Empirie, Induktion und Wahrscheinlichkeit, sowie der Figur fortschreitender Annäherung gekennzeichneten, sohin einem nichtabsoluten Wahrheitsverständnis verbunden (vgl aaO, insbes 15, 29, 41f, 45f, 59, 61f, 64, 67f ).

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  27. Vgl Demokratie1, 29f, 36ff (bzw Demokratie2, 79, 100ff ). Blickt man tiefer, dann ging es Kelsen dabei allerdings viel weniger um Folgerungen aus der positiven konkreten Staatsform der „demokratischen Republik“ als solcher, sondern, negativ, um die Abwesenheit Der konkreten Legitimationsgrundlage der vorangegangenen, auf die „Gnade Gottes“ gestützten Monarchie; mit anderen Worten: es ist der — grundsätzlich staatsformenneutraleRelativismus eines Hobbes (vgl a) Macpherson, Introduction, 13f, insbesondere dessen Charakteristik: Hobbes „preached obedience, that is to say, he set out the rational grounds for obedience, to whatever political authority actually exercised power at the time“, was exakt dem Effektivitätspostulat Kants [Rechtslehre, 318f, 323] sowie der „Reinen Rechtslehre“ entspricht [vgl Balthasar, ZÖR 2006, 578ff ]; b) Röd, Geometrischer Geist und Naturrecht, 13f, zu Hobbes’ „mechanistischer Theorie des Begehrens, derzufolge es keine objektiven Werte, sondern nur... Wertungen gibt“, notwendige Grundlage für die kelsensche Einsicht, wonach „jeder beliebige Inhalt... Recht sein“ könne [cit Reine Rechtslehre1

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  28. Siehe oben das in FN 798 gebrachte Zitat Tezners.

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  29. Siehe gerade oben FN 826.

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  30. Die — nicht nur rein anordnungsmäßige, sondern auch innere — Nähe zum gleichfalls eine Alternative zum Regelverfahren bildende „Mandat“ iSd § 57 AVG (siehe näher unten Punkt IV/A) — einem „in Reserve gehaltenen ‚dauernden Transformator‘, um aus förmlicher Rechtsprechung wieder ‚reine Verwaltung ‘entstehen zu lassen“ (cit Balthasar , uvs aktuell 2007, 62, do FN 39) — ist unverkennbar.

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  31. Dh der „clara et distincta perceptio“ (bzw „idea“) bereits Descartes’ (siehe etwa Röd , Gottesbeweis, 62ff ), stoischer (und epikuräischer, vgl Hossenfelder, Epikur, 111ff, insbes 117) Provenienz (siehe gerade oben FN 836).

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  32. Institutionell sei noch hinzugefügt, dass bekanntlich Mach in Wien von 1895 bis 1901 eben die vormalige Lehrkanzel Brentanos innegehabt hatte und jener „Wiener Kreis“, dem ua Carnap angehörte, sich 1928 im „Verein Ernst Mach“ konstituierte (siehe Haller , Mach, 327, 339).

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  33. Zeitlich und örtlich ferner, jedoch nicht nur seinerzeit auch unter Juristen einflussreich (vgl Achenwall /Pütter , Elementa, § 27), sondern bis in die Gegenwart hineinwirkend (vgl Braun, Rechtsphilosophie, 292), steht Wolff, dessen „geometrische Methode“ im engeren, dh rein deduktiven, „demonstrierenden“ Sinne (vgl Röd, Geometrischer Geist und Naturrecht, 122ff, 150; Braun, aaO, 291f; zur Alternative siehe gleich unten FN 859) „Gewissheiten“ (gerade auch über Fakten), die letztlich dem damaligen, nicht weiter hinterfragten „Konsens der Gebildeten“ (cit Braun, aaO, 296) entnommen waren, als Ausgangspunkte voraussetzte.

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  34. Vgl Stegmüller , Hauptströmungen I, 11. Zur zentralen Stellung Brentanos als Ausgangspunkt einer (bezogen auf die Grenzen vor 1918) „Österreichischen Philosophie“ (cit Haller) siehe näher Fischer, Philosophie aus Wien, insbes 57ff, 63, 104ff, 113ff, 136, 184ff, 204ff.

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  35. Vgl Sommer , Evidenz, 10f, 244ff, insbes 251ff. Mach verneint jedoch (gegen Descartes [siehe gerade oben FN 843]), mit einer an die nachmalige „Unschärferelation“ Heisenbergs erinnernden Begründung), dass die „Evidenz“ zugleich „klar“ und „bestimmt“ sein könne („clara et confusa perceptio“, siehe Sommer, aaO, 253ff, 313). Damit wird aber auch schon für Mach die Adäquation der Erkenntnis an die Wirklichkeit zu einer immer nur näherungsweise zu bewältigenden, letztlich unendlichen Aufgabe (Sommer, aaO, 272ff, insbes 276ff, 287ff, 299ff; Haller, Mach, 340f ).

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  36. Siehe etwa Stegmüller , Hauptströmungen I, 391f, zur (ursprünglichen, 1925 noch vorhandenen) „Ausgangsbasis“ Carnaps, den eigenpsychischen „Elementarerlebnissen“. Zur Problematik der späteren vollständigen Ausblendung der „Problematik der Subjektivität“, im Rahmen des „physikalistischen“ bzw „syntaktizistischen“ Ansatzes, siehe dagegen Tugendhat, Tarskis semantische Definition, 209f. Zu Carnaps (von Neurath angeregter) Entwicklung bereits früh Hempel, Wahrheitstheorie, 96ff.

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  37. Vgl etwa Hellbling , Kommentar I, 274, mNw aus der Judikatur des VwGH bereits aus der I. Republik, sowie die von Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, § 45, E 362ff, gebrachten Belege (ausgehend von „VwSlg 357 A/1948“).

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  38. 851 So auch schon, in etwa zeitgenössisch, Dewey , Logik, 174 („provisorische und operationale Stellung“ jeder Art von „Urteil“ und demgemäß „Bestreitung der Existenz unmittelbarer Erkenntnis“, kulminierend in dem Satz: „Die Geschichte der Wissenschaft zeigt auch, dass immer dann, wenn Hypothesen als endgültig wahr und deshalb unbezweifelbar aufgefasst wurden, sie die Forschung behindert und die Wissenschaft auf Lehren festgelegt haben, die sich später als ungültig herausstellten“; HiO).

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  39. Vgl Stegmüller, Hauptströmungen I, 47 (zu Brentano): „Die Evidenz soll sich von der bloßen subjektiven Gewißheit unterscheiden; denn Gewissheit kann es auch bei gröbsten Irrtümern geben, Evidenz nicht. Hier erhebt sich jedoch die Frage: Kann es für uns (als endliche Wesen) überhaupt mehr als Gewißheit geben? Liegt nicht auch dann, wenn jemand meint, es sei etwas vollkommen evident, bloße Gewißheit vor? Wie oft ereignet es sich, daß ein Mensch behauptet, etwas leuchte ein, und später erweist es sich als falsch!“. Dies ist ersichtlich der (schließliche) Standpunkt Husserls (der sich ja mit dem von Brentano übernommenen Begriff der „Evidenz“ intensiv auseinandergesetzt hatte (siehe etwa Römpp, Phänomenologie, 55ff, 69ff) und Poppers (siehe gleich unten FN 856 und 859); vgl auch Alexy, Argumentation, 31 („Berufung auf Evidenzen... ein — methodisch gesehen — äußerst zweifelhaftes Verfahren“).

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  40. Die genaue Parallele des hier beschriebenen Zusammenhanges findet sich in der — verwandten (siehe oben FN 842) — Konstruktion des „Mandates“, bei dem es die Partei gleichfalls stets in der Handuvs aktuell 2007, 62 hat, den Übergang ins Regelverfahren (mittels Vorstellung nach § 57 Abs 2 AVG) zu erzwingen (vgl Abs 3). Gerade des damit zugegebenen problematischen Charakters auch der „bei Gefahr im Verzug“ herangezogenen Entscheidungsgrundlagen wegen ist denn auch der dem „Mandat“ prima facie eignende erhebliche Bestandsschutz bis zum rechtskräftigen Abschluss des Regelverfahrens so bedenklich (vgl Balthasar, uvs aktuell 2007, 60ff). Siehe auch unten Punkt IV/A.

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  41. Gerade die Kenntnis sämtlicher gleich anschließend genannter Autoren kann bei den damaligen Redaktoren des AVG aufgrund ihrer (damals in weit stärkerem Maße als heutzutage üblich gewesenen) humanistischen Schulbildung angenommen (ja als präsenter Hintergrund ihres Denkens vorausgesetzt) werden (vielleicht sogar in etwas stärkerem Maße als bei der etwas evidenz-gläubigeren [?; siehe oben FN 826] Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses). Damit soll keineswegs eine zwangsläufige Kausalität behauptet werden (zumal gleichartige Voraussetzungen wohl auch bei den gerade oben [im Text nach FN 845] benannten zeitgenössischen philosophischen Vertretern einer „Evidenz“ vorlagen). Wohl aber konnte diese präsente Kenntnis, in Verbindung etwa mit der damals gerade erfahrenen unmittelbaren Erschütterung der bisher für selbstverständlich gehaltenen Grundlagen des Staates (insbesondere auch der mangelnden Tragfähigkeit sogar der „Gnade Gottes“!), den raschen Übergang zu einem alternativen Paradigma außerordentlich erleichtern (immerhin hat ja auch Kelsen seine bereits oben [FN 839] erwähnte Auffassung vom notwendigen Relativismus der Demokratie mit einem Platon-Zitat [„Politeia, III, 9“] illustriert [Demokratie1, 30, do FN 36; ähnlich Demokratie2, 79]). Vgl im übrigen, dass der Brentano-Schüler Husserl letztlich genau in dieser Zeit den gleichen Weg — von ursprünglich objektiver, platonistischer „Wesensschau“ (vgl Stegmüller, Hauptströmungen I, 47; Römpp, Phänomenologie, 102f) zur Annahme lediglich noch relativer, dh aktuell „intersubjektiv“ gültiger, einem niemals abgeschlossenen „Prozess der Bewährung“ unterworfener Erkenntnis (vgl Römpp, aaO, 103f, 278; Prechtl, Husserl, 68, 76f; Fellmann, Phänomenologie, 68) — gegangen ist (hieran scheint nicht zuletzt auch Poppers Theorem der Falsifizierbarkeit [Logik der Forschung, 15ff, 47ff; dieser Titel entspricht übrigens einem bereits von Mach geprägten Ausdruck, siehe Haller, Mach, 330], trotz persönlicher Distanzierung von Husserl [aaO, XXIV], inhaltlich angebunden zu haben), und zwar unter explizitem Rückgriff auf antikes Vokabular: so stammt, wohl vermittelt über Hume (vgl Wiesing, Kommentar, 401ff, 422ff), der eine Zentralbegriff, die „Epoché“, von den Skeptikern (Sepp, Epoché, 145; Sextus Empiricus, Grundriß, I/8), während der andere — „Zu den Sachen selbst“ — sich bereits bei Thukydides (zu diesem siehe gleich unten FN 864) findet (siehe Schadewaldt, Geschichtsschreibung, 282f).

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  42. Trotz der gleich in der übernächsten FN aufgewiesenen Tradition ist der Grad gesellschaftlicher Zustimmung zu dieser typischen, unspektakulären Mittelposition zwischen der Behauptung (der Möglichkeit) absolut wahrer Einsichten und radikaler Skepsis über die Zeit hinweg naturgemäß nicht konstant geblieben. Gerade für die hier in Rede stehende Zeit, insbesondere aber auch für den betreffenden Ort, lässt sich nun aber auch in anderen Wissenschaften (Soziologie, Nationalökonomie, Psychoanalyse) eine verstärkte Beachtung des Subjektiven (ohne Abgleiten in radikale Skepsis) feststellen, vgl die Belege bei Balthasar , Grundordnung, 360 (do FN 1676).

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  43. Nikomachische Ethik, I/1, 1094b. Bekanntlich findet sich auch im Schlusskapitel der Zweiten Analytik die Warnung: „Ursprung von Beweis ist selbst nicht Beweis, also auch nicht von Wissen Wissen“ (100b 13f), sondern gründe in je und je verschieden entwickelter, jedenfalls aber stets individueller, endlicher Erfahrung. Vgl auch, dass jedenfalls schon zur Zeit Ciceros „der durch... Andronikos“ von Rhodos „erneuerte Peripatos offensichtlich seine Aufgabe in der Pflege einer gesunden wissenschaftlichen Skepsis sah,...“ (cit Gigon, Einführung, 49; Hvm).

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  44. In Ergänzung zu dem gerade in FN 856 Ausgeführten sei nur stichwortartig auf den jedenfalls bis in die Entstehungszeit des AVG lebendigen Traditionsstrang aufmerksam gemacht, der geradewegs von der spätmittelalterlichen, (besonders stark) aristotelisch geprägt gebliebenen, aber explizit gerade auch auf Cicero zurückgreifenden (vgl Coelen , Wahnsinn und Methode, 218 [va auch do FN 1]) Schule von Padua (siehe zu dieser auch Röd, Geometrischer Geist und Naturrecht, 10) über Galilei und Hobbes sowie die Philosophie der Aufklärung bis auf Kant und (einen Zeitgenossen des AVG, den Altösterreicher) Husserl geführt hat: Denn Hobbes hat von Galilei gerade die Ergänzung der strikt deduktiven, „geo-metrischen“ Methode (siehe oben FN 845), die „resolutiv-kompositive“ (dh analytischsynthetische) Methode (auch als „geometrische Methode“ im weiteren Sinn bezeichnet, siehe Röd, ib) übernommen (siehe etwa Macpherson, Introduction, 25f; für Pufendorf und Leibniz siehe Röd, aaO, 88f, 100ff), die — von subjektiven Erscheinungen ausgehend (siehe Röd, aaO, 11ff) — unübersehbare Ähnlichkeiten nicht nur zur nachmaligen „transzendentalen“ Methode Kants (soweit bereits Röd, aaO, 14; vgl auch, dass sich Kant selbst explizit auf Galilei beruft [Kritik der reinen Vernunft2, Vorrede, XIIf]; Mohr, Kommentar, 70 [do FN 18], sieht hierin eine Antizipation Poppers [vgl zu diesem auch gerade oben FN 856]), sondern gerade auch zur (transzendentalen) Phänomenologie von Husserl (gute Darstellung etwa bei Wuchterl, Gegenwartsphilosophie, 205f; vgl auch, prägnant komprimiert, Sommer, Evidenz, 392) zeigt. Siehe auch bereits oben FN 63 zur Methode von Bernatzik sowie Balthasar, uvs aktuell 2007, 154f (do FN 103), 156 (do FN 113; vgl auch bereits Ders, migralex 2006, 57 [do FN 24]), zu dem § 45 AVG entnehmbaren Gebot der — „möglichst abstrakten“ — „Konstruktion der der rechtlichen Beurteilung zugrundeliegenden ‚Tatsachen‘ als den ‚Gegenständen ‘der behördlichen Erkenntnis“ (Rechberger, Vor § 266 ZPO, spricht, in der Sache vollkommen gleichartig, von „Tatsachenurteilen“, die „in Wahrheit“ nur „in den Prozess eingeführt“ bzw „Beweisgegenstand“ seien) „aus deren ‚Mitteln‘, dh eben den ‚Er-mittlungsergebnissen‘“, und damit der auch von dieser Perspektive aus fasslichen, mit dem gerade angesprochenen Traditionsstrang gut kompatiblen Absage des AVG an einen „naiven Realismus“.

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  45. Dieser Konnex ist auch keineswegs ein zufälliger; vielmehr erwuchs bekanntlich bereits der Relativismus der Sophistik aus den aus ihrem praktischen Anwendungsgebiet, der politischen wie der Gerichtsrede, geschöpften Erfahrungen. In neuerer Zeit vgl etwa die paradigmatische Stellung, die Dewey dem gerichtlichen Urteil beimaß (Logik, 149ff).

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  46. Ausführlicher findet sich Ciceros Haltung im (möglicherweise später entstandenen, vgl Graeser /Schäublin , Einleitung, XLVIIIf) Prolog (§ 7; hier in der Übersetzung von Schäublin wiedergegeben; Hvm) zusammengefasst: „Es bleibt schließlich noch eine letzte Art von Kritikern: diese können die Denkweise der Akademie“ (gemeint ist die in erkenntnistheoretischer Hinsicht [gegenüber der pyrrhonischen jedoch moderat skeptische „Neue Akademie“ eines Karneades und Philon Von Larissa, vgl Graeser/Schäublin, aaO, XIII–XXX, XXXVIIff; Hossenfelder, Einleitung, 14ff) „nicht gutheißen... Da wir selbst indes gegen alle, die ein Wissen für sich beanspruchen, vorzubringen pflegen, was uns scheint“ („quae videntur“), „können gerade wir keinen Einspruch dagegen erheben, daß andere unsere Auffassung nicht teilen. Unser eigener Fall freilich bereitet keine Schwierigkeiten: völlig frei von verkrampfter Streitsucht wollen wir die Wahrheit finden und nach ihr forschen wir mit einem Höchstmaß an Hingabe und Eifer. Denn es ist zwar alles Erkennen mit vielen Schwierigkeiten verbaut, und solche Dunkelheit liegt über den Dingen selbst, eine solche Schwäche kennzeichnet unsere Urteile über sie“ („in iudiciis nostris infirmitas“), „daß mit gutem Grund die ältesten und gelehrtesten Männer an der Möglichkeit verzweifelten, das zu finden, wonach sie strebten. Trotzdem sind sie nicht abtrünnig geworden, und auch wir werden unseren Forschungseifer nicht aus Ermüdung preisgeben.... besteht zwischen uns und denen, die ein Wissen für sich in Anspruch nehmen, nur insofern ein Unterschied, als“ jene „nicht an der Wahrheit dessen zweifeln, was sie vertreten, während wir über viel Glaubhaftes“ („multa probabilia“) „verfügen, nach dem wir uns ohne weiteres richten, das wir aber schwerlich mit Sicherheit behaupten können“ („quae sequi facile, adfirmare vix possumus“).

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  47. Thukydides vereinigte bekanntlich ein intensives Streben nach Wahrheit mit der Einsicht nicht nur in die ihrer vollständigen Erfassung entgegenstehenden Schwierigkeiten, sondern auch in deren Mehrdimensionalität, was ihn zur Suche nach unter der oberflächlichen Datenfülle liegenden Strukturen führte (vgl Schadewaldt , Geschichtsschreibung, 233f, 277ff, 283ff, insbes 291ff). Damit hat er nicht nur auf römische Historiker wie Nepos, SallÜst und Tacitus (sämtlich jedenfalls seinerzeit Schulautoren; zur Bedeutung dieses Faktums siehe gerade oben FN 856), sondern gerade auch wiederum auf bekannte Historiker des 19. Jhdts wie Niebühr oder Ranke (vgl Schadewaldt, aaO, 228ff, 232f), und auf Husserl (siehe ebenso gerade oben FN 856), also gleichfalls jeweils innerhalb des näheren Erfahrungshorizonts der Redaktoren des AVG, gewirkt. Dem (juristischer Seite vielleicht) naheliegenden Einwand, das Geschäft (und damit auch die Methode) eines Historikers liege dem (bzw der) eines Juristen denn doch zu ferne, um (den hier aufzuweisen versuchten) Einfluss glaubhaft zu machen, sei entgegnet, dass gerade in der Beantwortung der (ja hier gegenständlichen) quaestio facti (zu deren eigenständiger Bedeutung siehe unten im Zweiten Teil, Punkt II/B, insbes Text nach FN 1186 und Z 3) jedenfalls insoweit, als deren Beantwortung nicht durch unmittelbaren, experimentellen Augenschein erfolgen kann, geradezu auf der Hand liegende Gemeinsamkeiten bestehen. Thukydides selbst hat denn auch, keineswegs zufälligerweise, umgekehrt Zentralbegriffe seiner Methode der damaligen (bereits von der Sophistik durchgearbeiteten) Gerichtssprache entlehnt (wie etwa „βασανίζειν“ [„verhören“, „prüfen“, „erproben“] oder „είκóς“ [„wahrscheinlich“], vgl Schadewaldt, aaO, 278, 286, 299). Dem entspricht, dass schon bei (dem bis in die Moderne prägenden) Parmenides ganz allgemein der „Weg der Forschung“ (fr 2, 2, iVm fr 8, 2f) zur „Wahrheit“ („Άλήϑεια“) über das „Recht“ („Δίκη“) führt (fr 1, 14ff, iVm 28ff). Auch Kant nennt „Geschichtsschreiber und Richter“ in einem Atemzuge (Kritik der reinen Vernunft2, 27).

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  48. Vgl zu diesem Begriff oben FN 8, (Text bei) FN 230 Zur Terminologie siehe gleich unten FN 233 Ringhofer (Verwaltungsverfahren I, § 68, do Anm 36, in der Sache bereits Herrnritt, Verwaltungsverfahren, 54f. Wenn Schulev-Steindl sich an dem von mir in diesem Zusammenhang bereits früher verwendeten (ÖJZ 1998, 331) Begriff „freiwillig“ stößt (Subjektive iVm FN 233 In diesem Kontext verwendete noch Ringhofer (Verwaltungsverfahren I, § 68, do Anm 36) den hier im Text aufgegriffenen Begriff „Belieben“ ausdrücklich (fett hervorgehoben)., 237 Die mit den beiden voranstehenden FN belegten Konstellationen sind offenbare Reste der früheren typischen Konstellation einer Bewerbung um eine im Belieben der Behörde stehende Rechtsverleihung (vgl Balthasar, ÖJZ 1998, 330 [in do FN 82 uHw auf Tezner] Hengstschläger/Leeb, Kommentar II, § 40, Rz 4). In der zu VfGH 27.6.2008, Z1 G 246/07 ua (siehe gerade vorige FN) durchgeführten Verhandlung hat ein Richter die der Beschränkung auf amtswegige Verfahrenseinleitung zugrundeliegende „Gesinnung“ wohl nicht ganz unzutreffenderweise als „in die Zeiten vor dem ‚Übergang vom Polizeistaat zum Rechtsstaat ‘zurück“ reichend bezeichnet (Der Standard, 28.6.2008). Die Problematik der nunmehr eingenommenen Position erhellt jedoch schlagend aus der zugleich, anlässlich dieses Verfahrens, vom dermaligen Präsidenten des VfGH, Holzinger, geprägten Formel „Für Gnadenrechte ist im Rechtsstaat kein Platz“ (Wiener Zeitung 27-6.2008). Denn diese (an das seinerzeitige, vormärzliche Diktum Anton Graf Auerspergs [„Gnade... ist die mildeste Tochter der Willkür“; zitiert nach Castle, Leben und Wirken, LVIII] erinnernde) Formel verlangt ja — über die schriftliche Begründung (siehe gerade vorige FN), die ja gerade den Konnex zu einem präzisen Grundrecht herausgestellt hatte, weit hinausgehend — nicht nur ein rechtsstaatliches Verfahren zur Geltend machung bereits vorhandener materieller Berechtigungen, sondern spricht überdies dem Staat geradezu jede Befugnis ab, Einzelnen im Einzelfall auch ohne jeden Anspruch, dh ohne allen in vergleichbarer Lage zustehende materielle Berechtigung — also durch gnadenweise, konstitutive Verfügung — Rechte zu gewähren. Damit würde der Rechtsstaat aber im Wortsinne „gnadenlos“ und wohl, angesichts seiner unvermeidlichen Imperfektivität (vgl zu den Grenzen der Sachlichkeitsprüfung etwa VfGH 13.3.2008, Zl B 1276/05: „Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden“) überscharf (vgl zur Sinnhaftigkeit des Instituts der „Gnade“ auch schon etwa Berchtold, Bundespräsident, 280f). Oder sollte der Rechtsfehler gar nur darin liegen, dass für einen solchen Gnadenerweis im System des B-VG exklusiv der BPräs — nach (allenfalls extensiver Auslegung des) Art 65 Abs 2 lit c oder Abs 3 B-VG — zuständig sein solle?.

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  49. Insoweit richtig Hengstschl Äger /Leeb , Kommentar II, § 45, Rz 8 uHw auf Judikatur des VwGH.

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  50. Siehe oben bei FN 829.

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  51. Dies wiegt umso schwerer, als auch mit der prima facie naheliegenden Alternative einer Kontrolle lediglich der (bei der nach § 60 AVG gebotenen „Zusammenfassung“ der „Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens“, einschließlich der „bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen“, von der Behörde eingesetzten, fachwissenschaftlichen) Syllogismen auf ihre formale Schlüssigkeit weder hinsichtlich des Wahrheitswertes der Prämissen noch hinsichtlich jenes der Konklusionen irgendetwas zu gewinnen wäre (vgl etwa Zekl , Einleitung, XXVIIIf, Cf; Carnap, Logik, 85; siehe auch das oben in FN 858 gebrachte Zitat des Aristoteles).

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  52. Beachte, dass Tezner (siehe oben FN 798) als eines der Kernelemente des „Prozeß-rechts“ des „polizeiobrigkeitlichen Staates“ gerade den „Instanzenzug“ — womit er, selbst anderer Auffassung, gerade einen solchen meinte, bei dem „die Oberbehörde die Sache ganz in ihre Hand (bekommt) und... sie... so (ordnen kann), als wäre sie erste Instanz“ (cit Administrativverfahren, 297) — genannt hatte.

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  53. Dieser wurde sichtlich dem Verfahren nach Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG nachgebildet (vgl Balthasar , ZÖR 2003, 305; siehe auch Hengstschläger/Leeb, Kommentar III, § 67h, Rz 13); diesbezüglich sei daher auf lit δ verwiesen.

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  54. Auf die Frage, ob bzw inwieweit seinerzeit § 42 Abs 1 AVG idF vor BGBl I 1998/ 158 (siehe oben FN 358) im Umfange seiner Anwendbarkeit eine Einschränkung des § 66 Abs 4 AVG bewirkt gehabt habe (befürwortend bekanntlich seinerzeit Hauer, ZfV 1982, 596 [insbes auch do FN 33], ablehnend Mayer, ZfV 1981, insbes 526ff; ZfV 1983, 375f ), braucht, angesichts der gegenwärtigen Fassung (siehe oben FN 356), hier nicht mehr eingegangen zu werden (siehe daher nur unten FN 912). Immerhin hat bereits Hellbling (ohne dass Mayer dies berücksichtigt hätte) sogar unmittelbar zu § 66 Abs 4 AVG den dort aufscheinenden Begriff „berechtigt“ dahin ausgelegt, „daß die Behörde... nicht verpflichtet ist, über den Berufungsantrag und die Berufungsgründe hinauszugehen“ (Kommentar I, 405; H teils iO, teils vm), was sich unschwer auf bereits nach § 42 Abs 1 AVG aF präkludiertes Vorbringen übertragen ließ, und es wäre der von Mayer (ZfV 1983, 376), unter Rückgriff auf § 29 Abs 1 GewO 1859, versuchten Gleichsetzung des sachlichen Anwendungsbereiches des § 42 Abs 1 mit jenem des — und damit Beschränkung auf — § 43 Abs 6 AVG 1950 (siehe zu dieser Bestimmung bereits oben Punkt I/C/5/5.1/a/ab/α) entgegenzuhalten, dass hiegegen gerade die Unterschiedlichkeit der in der GewO 1859 vorgesehenen Rechtswege ([nur!] für „Einwendungen aus privatrechtlichen Titeln“, nach § 30 Abs 4 leg cit, der Zivilrechtsweg, für alle anderen, nach § 34 Abs 2 leg cit, jedoch nur nach Maßgabe ihrer tatsächlichen Erhebung!, der Verwaltungsrechtsweg) sprach.

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  55. Gegenteilig hat der VfGH bereits in VfSlg 1412 aus der schlichten Anordnung des § 87 Abs 1 VfGG, „auszusprechen, ob“ eine Verletzung stattgefunden habe, eine Verpflichtung zur Erhebung des „wirklichen“ Tatbestandes — ohne Bindung an Annahmen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid — abgeleitet (vgl Grof, FG Machacek/Matscher, 156, do FN 53 Bei Hengstschläger/Leeb handelt es sich um den aktuellen (mangels Vorliegens des IV Bandes noch gar nicht vollständigen), ausweislich des Vorwortes (V) ausdrücklich, in der Nachfolge Hellblings, „umfassenden Kommentar“; die Studie Grabenwarters wurde für den 16. ÖJT erstellt.).

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  56. Rein ausgeprägt fand sich dieses etwa in § 107 AGO („Wenn die Partei selbst einen Umstand des vom Gegentheile angeführten Factums gerichtlich eingestehet, ist dieser Umstand in eben diesem Processe für vollkommen erwiesen zu halten“). Der, für sich genommen, durchaus noch in ebendiesem Sinne verstehbare § 266 Abs 1 ZPO wird dagegen durch deren § 272 Abs 1 jedenfalls in bestimmtem Umfange (siehe, zu den hinsichtlich des genauen Ausmaßes durchaus differierenden Positionen der heutigen zivilprozes-sualen Lehre und Judikatur, etwa Rechberger , Glosse zu § 266 ZPO, Rz 6ff) relativiert und restringiert.

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  57. Vgl Öhlinger , Verfassungsrecht, Rz 646, 728.

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  58. Vgl die in Balthasar , Grundordnung, 490, do FN 2359, angeführten Belege.

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  59. Die — erstmals mit BGBl 1981/350 geschaffene — Ermächtigung zur Ablehnung einer Beschwerde nach Art 144 Abs 2 B-VG scheint mir nur ein weiterer Ausdruck der im Text angestellten Überlegung bzw eine weitere — technisch besonders effiziente — Handhabungsform zu sein, zumal man — als Ausfluss des auch den VfGH bindenden Gleichheitssatzes bzw des rechtsstaatlichen Bauprinzips — auch dem VfGH (vgl, für die parallele Kompetenz nach Art 131 Abs 3 B-VG, bereits Balthasar , uvs aktuell 2007, 155 [do FN 109]) nicht freies Belieben, sondern nur eine Handhabung „im Sinne des Gesetzes“ — dh hier der Systematik der Verfassung — zugestehen wird.

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  60. Diese Überlegung schließt, bei gesamthafter Betrachtung, nicht aus, einzelne Grundrechte einer exklusiven „Feinprüfung“ durch den VfGH zu unterwerfen, soferne es sich hier um, quantitativ gesehen, Ausnahmen anhand eines qualitativ einleuchtenden Abgrenzungskriteriums handelt. Insoferne nun hiebei, wie vom VfGH in der Vergangenheit, auf die Art des Geset-zesvorbehalts abgestellt wird (vgl Oberndorfer , Verwaltungsgerichtsbarkeit, 41; Mayer, B-VG, 616), müssten dann freilich gänzlich vorbehaltslos gewährte Grundrechte (wie insbesondere Art 3 EMRK) umso eher dem Bereich exklusiver „Feinprüfung“ durch den VfGH vorbehalten bleiben. Dies führte dann dazu, im Anwendungsbereich des Art 144a Abs 1 B-VG — wo es regelmäßig um Beeinträchtigungen von Rechten nach Art 3 EMRK geht, mangels Anrufbarkeit des VwGH nach Art 130, 131 B-VG die im Text ausgeführte, gegenläufige Überlegung jedoch keine Relevanz besitzt — in noch stärkerem Maße jedenfalls eine Berechtigung des VfGH zur „Feinprüfung“ anzunehmen. Tatsächlich deutet das etwa in seinem E vom 8.10.2008, Zl U5/08, angewandte Kalkül („Das gemäß Art 3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, wird durch eine Entscheidung des AsylGH verletzt, wenn eine Entscheidung in Anwendung eines der genannten Verfassungsvorschrift widersprechenden Gesetzes ergangen ist, wenn sie auf einer dem genannten Grundrecht widersprechenden Auslegung des Gesetzes beruht oder wenn dem AsylGH grobe Verfahrensfehler unterlaufen sind [vgl. zur früheren Rechtslage VfSlg. 13.897/1994, 15.026/ 1997, 15.372/1998 und 16.384/2001]“; Hvm) durchaus bereits in diese Richtung, zumal der Ausdruck „grobe Verfahrensfehler“ nur semantisch an „Grobprüfung“ erinnert, tatsächlich aber wohl viel eher dem Maßstab der „Wesentlichkeit“ iSd § 42 Abs 2 Z 3 VwGG entsprechen dürfte. In Verbindung mit der Ablehnung freien Beliebens (vgl gerade oben FN 865) folgt hieraus dann aber auch eine entsprechende Verpflichtung des VfGH, und hieraus wiederum die Notwendigkeit, Art 144a Abs 2 B-VG einschränkend auszulegen.

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  61. Abgesehen vom Sonder-Fall des § 38 Abs 2 VwGG und vom spezifisch objektivrechtlichen Aufhebungstatbestand des § 42 Abs 2 Z 2 VwGG (zu dessen Problematik siehe näher Balthasar , ZÖR 2003, 285ff) besteht damit gerade auch keine Bindung an einen iSd § 42 Abs 2 Z 3 VwGG mangelhaften Sachverhalt (vgl bereits Balthasar, aaO, 274, insbes do FN 129, mwNw).

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  62. Eisenberger /Ennöcki /Helm , Maßnahmenbeschwerde, 88, vertreten, freilich nur belegt (do FN 156) mit einem Erlass des BMI aus 1993, die Ansicht, ein Amtsbeschwerdeführer vermöge „zwar die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, nicht jedoch die unrichtige Beweiswürdigung geltend (zu) machen“. Für diese Differenzierung vermag ich weder in § 41 f VwGG noch in der Judikatur des VwGH selbst irgendeinen Anhaltspunkt zu erkennen.

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  63. Diese Situation gliche hinsichtlich der Diskrepanz zwischen Entscheidungsgrundlage und „materieller Wahrheit“ der „formellen Wahrheit“ des traditionellen Zivilprozesses (siehe gerade oben FN 877), freilich — in rechtsstaatlich wohl inakzeptabler Weise — dadurch verschärft, dass diese nicht im Konsens der Parteien des Verfahrens vor dem VwGH zustandegekommen wäre, sondern von einer dieser Parteien — der belangten Behörde — auch dem VwGH oktroiert würde.

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  64. Cit Oberndorfer , Verwaltungsgerichtsbarkeit, 137, uHw auf VwSlg 5982/A. Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 550, nennt als Folgejudikat noch das E vom 16.12.1963, Zl 248/62.

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  65. Siehe näher Balthasar , uvs aktuell 2007, 154. Der traditionelle Maßstab findet sich freilich auch noch gegenwärtig bei Müller, Verwaltungsgerichtshof, 181f, als einziger angegeben.

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  66. Vgl aber auch, ohne jeden derartigen thematischen Bezug, kürzlich die Kritik von Fritz , uvs aktuell 2008, 15ff.

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  67. Siehe näher Balthasar , uvs aktuell 2007, 154ff.

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  68. Vgl bereits Balthasar , ZÖR 2003, 288. Nicht von diesem Verbot betroffen sind all jene Ermittlungen tatsächlicher Art, die genuin dem Prozessthema des Verfahrens vor dem VwGH geschuldet sind, die also den VwGH erst in den Stand setzen, a) das (weitere) Vorliegen der Prozessvoraussetzungen an-bzw b) eine eigenständige Würdigung der von der belangten Behörde aufgenommenen Beweise vorzunehmen, oder c) das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 42 Abs 2 Z 3 VwGH, insbesondere auch das Gegebensein des Kriteriums der Wesentlichkeit eines konstatierten Mangels für den Ausgang des Bescheidverfahrens, zu beurteilen (vgl bereits, uHw auf Ringhofer, Balthasar, aaO, 267f, 281ff, insbes 284f).

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  69. Diese Lücke des VwGG offenbart sich sehr schön — wohl unwillkürlich — in der von Thienel (Mehrpolige Rechtsverhältnisse, 17; Hvm) gegebenen Beschreibung der unmit-telbar gegebenen Rechtslage: „Der VwGH hat lediglich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu prüfen, eine eigenständige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes ist ihm durch § 41 VwGG verwehrt“, kommt doch hier die „Beweiswürdigung“ — ein zwischen Sachverhaltsermittlung und rechtlicher Beurteilung (und zwar auch in Ansehung des Verfahrensrechts) gelegener Schritt — gar nicht vor.

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  70. Dh der Ermittlungs ergebnisse als solcher, unter Ausschluss des hierüber gefällten „Tatsachen urteils“ (vgl hiezu bereits oben FN 859).

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  71. Die traditionelle Lösung wäre in einem solchen Fall dagegen darauf angewiesen, die vom VwGH gesehene „Unschlüssigkeit“ als Verfahrensmangel iSd § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG zu kategorisieren (so noch gegenwärtig Müller, Verwaltungsgerichtshof, 181; dagegen jedoch zu Recht bereits Pichler [JBl 1988], 278; siehe auch bereits oben FN 601).

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  72. Die „Gegenprobe“ ließe sich dabei wie folgt führen: Wenn (wie bereits oben FN 889 festgehalten) die Bindung nach § 41 Abs 1 VwGG erst an einen iSd § 42 Abs 2 Z 3 leg cit mängelfreien „Sachverhalt“ eintritt, und dieser Begriff (entgegen dem gerade in der vorvorigen FN angegebenen Verständnis) an beiden Stellen die „Beweiswürdigung“ inkludieren soll, dann muß diese vor ihrer allfälligen Zugrundelegung nach § 41 Abs 1 VwGG in allen denkbaren Konstellationen gemäß § 42 Abs 2 Z 3 leg cit überprüft worden sein können. Dafür mangelt es aber — gerade wenn man Pichler (siehe gerade vorige FN) oder auch Jabloner (vgl dessen, im Anschluss an Walter , in ÖJZ 1994, 335ff, vorgenommene rechtspolitische Erörterung der Sinnhaftigkeit einer Ergänzung des bestehenden § 42 Abs 2 Z 3 VwGG um eine „Bewertungsrüge“) folgt — gegenwärtig an einer ausreichenden tatbestandlichen Basis. Liegt demnach aber § 42 Abs 2 Z 3 VwGG ein enges, die Beweiswürdigung exkludierendes Verständnis von „Sachverhalt“ zugrunde, dann auch, in gleicher Weise, § 41 Abs 1 VwGG; maW: Zu einer Bindung des VwGH an die von der belangten Behörde angestellte Beweiswürdigung nach § 41 Abs 1 VwGG kommt man überhaupt nur dann, wenn man — wohl unvertretbarerweise — den Begriff „Sachverhalt“ einmal (in § 41 Abs 1 VwGG) weit (dh in einem die Beweiswürdigung inkludierenden), das andere Mal (in § 42 Abs 2 Z 3 VwGG) eng (exkludierend) versteht.

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  73. Dass diese im nachfolgenden Rechtsgang eintretende Bindung nicht durch das (ansonsten) der im Instanzenzug untergeordneten Behörde aufgetragene Prinzip der „freien Beweiswürdigung“ logisch ausgeschlossen werde, hat schon Jabloner (ÖJZ 1994, 336) betont und dürfte auch durch die Wirkungen einer auf § 66 Abs 2 AVG gestützten Kassation (Bindung auch an die tragenden Gründe [vgl Hengstschläger/Leeb, Kommentar III, § 66, Rz 26], worunter wohl auch die Würdigung eines wesentlichen Beweises verstanden werden muß) belegt sein.

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  74. Vgl oben FN 830.

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  75. Vgl unten FN 915 und 934.

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  76. So bereits Hinterauer , AnwBl 1980, 16. Siehe auch unten lit C/3/c.

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  77. Siehe Müller , Verwaltungsgerichtshof, 180; Mayer, B-VG, 837f; Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 552ff.

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  78. Siehe näher Balthasar , ZÖR 2003, 280 (do FN 152).

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  79. Vgl zu diesem als solchem (dh unter Ausblendung der heute gegenstandslosen Frage nach dem systematischen Verhältnis zu § 66 Abs 4 AVG [siehe zu diesem oben FN 871]), umfassend und — mE — überzeugend, Hauer, ZfV 1982, insbes 595f („Verschweigung, Konzentrationsmaxime“), 598.

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  80. Siehe etwa Müller , Verwaltungsgerichtshof, 180.

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  81. Dh erst nach Erlassung der angefochtenen Entscheidung neu entstandener Tatsachen (der zivilprozessualen „nova producta“, vgl etwa OGH 20.5.2008, Zl 17 Ob11/08d), im Unterschied zu „nova reperta“, also nur (nach Wiederaufnahme oder, allenfalls, auch Wiedereinsetzung) neu vorgebrachter, aber zum Entscheidungszeitpunkt bereits bestanden habender Tatsachen (vgl, zur Abgrenzung, etwa Walter /Thienel, Verwaltungsverfahren, § 68, Anm 12, § 69, Anm 12, VwGH 17.2.2006, Zl 2006/18/0031). Die generelle Unbeachtlichkeit neu entstandener Tatsachen im Verfahren vor dem VwGH ergibt sich für die hL weniger nur aus § 41 Abs 1 VwGG, sondern primär schon aus dem Wesen verwaltungsgerichtlicher Kontrolle (siehe näher Balthasar, ZÖR 2003, 251, 258).

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  82. Vgl VwSlg 5621/A (aufgegeben mit VwSlg 10.317/A, VS), oder Mayer, ZfV 1981, 523, ZfV 1983, 373. Vgl auch das von Wessely , Eckpunkte, 243 (do FN 489) gebrachte Beispiel des § 7 Abs 9 Sbg BauPolG idF LGBl 2004/65. Vgl schließlich, auf der Ebene des Verfahrens vor dem VwGH, die — noch in VwGH 12.3.2002, Zl 2000/01/0452, herangezogene — „Praxis der ‚Revocirung der Beiziehung einer Partei als mitbetheiligt in Folge der in der erstatteten Gegenschrift abgegebenen Erklärungen‘“.

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  83. Vgl etwa die bei Walter /Thienel , Verwaltungsverfahren I, § 66, E 357, angegebene (bzw die bereits oben in FN 390 verwiesene) Judikatur des VwGH; vgl auch bereits Cicero, Lucullus, § 7: „Neque nostrae disputationes quicquam aliud agunt, nisi ut in utramque partem dicendo et audiendo eliciant et tamquam exprimant aliquid, quod aut verum sit aut ad id quam proxime accedat“. Eben auf diesen Grundgedanken hat sich auch Hauer, unter ausführlicher Berufung bereits auf Tezner, bezogen (ZfV 1982, 590f iVm 596).

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  84. Vgl im Grundsatz auch, neben Alexy , Argumentation, 270ff, 356ff, 434f (dessen — unmittelbar freilich spezifisch auf die deutsche Rechtslage [Art 20 Abs 3 dGG, vgl aaO, 34, 44f] bezogene — Ausführungen [im Nachwort] geradewegs mit dem Satz schließen: „Das zeigt, daß die Argumentation vor Gericht nicht nur im Sinne der Diskurstheorie gedeutet werden kann, sondern auch gedeutet werden muß“ [!; Hvm]), die Unterlegung der Funktion des Gesetzgebers (vor dem Hintergrund der vom VfGH geübten Normenkontrolle nach Art 140 B-VG) mit einem „argumentationstheoretischen Modell“ durch Stelzer, Wesensgehaltsargument, 310, oder Hartwig, Die diskurstheoretische Begründung der Grundrechte, insbes 32f, ja sogar die Heranziehung der Diskurstheorie zur Steigerung der Legitimität des Völkerrechts bei Lindblom, NGOs, 27ff.

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  85. Siehe näher Balthasar, uvs aktuell 2007, l47f, insbes auch do FN 46.

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  86. Siehe gerade oben (im Text bei) FN 917.

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  87. Hinsichtlich der grundsätzlichen wissenschaftlichen Legitimität der auch hier gewählten Vorgangsweise der Explikation einer Norm des aktuellen österreichischen positiven Rechts durch außerhalb seines unmittelbaren Einzugsbereiches entwickelte Denkansätze sei auf den rezenten Präzedenzfall, die Heranziehung der Analysen Hohfelds, durch Schulev-Steindl (Subjektive Rechte, X, 102ff), verwiesen (vgl aber auch bereits, mit Blick auf [auch] eine „Theorie der Grundrechte des [deutschen] Grundgesetzes“, Alexy, Grundrechte, 187ff oder, mit Blick auf nichtstaatliche Akteure des Völkerrechts, Lindblom, NGOs, 121 ff). Allerdings steht, darüber hinaus, der hier bezogene Habermas (über den von Husserl übernommenen Begriff der „Lebenswelt“ [vgl etwa Faktizität und Geltung, 37ff]) durchaus in eben jenem geistigen Traditionszusammenhang, der gerade oben (lit B/2/b/ba/δ) als präsenter Hintergrund des „erkenntnistheoretischen Standortes“ bzw des „Geistes“ des AVG aufzuweisen versucht wurde.

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  88. Dh „der intersubjektiv geteilten Lebenswelt“ (cit Theorie des kommunikativen Handelns I, 32; H teilweise iO).

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  89. Theorie des kommunikativen Handelns I, 33.

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  90. Theorie des kommunikativen Handelns I, 31 (HiO).

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  91. Der (auch) speziell rechtliche Bezug der Diskurstheorie wurde von Habermas selbst wie folgt umrissen: „Die Idee des Rechtsstaates läßt sich dann“ — dh in einer „Diskurstheorie des Rechts“ — „aus der Absicht verstehen, die anspruchsvollen Kommunikationsvoraussetzungen und Prozeduren eines nach Fragestellungen differenzierten Netzwerkes von Argumentationen und Verhandlungen rechtlich zu institutionalisieren“ (cit Erläuterungen, 201).

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  92. Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns I, 29 (Hvm).

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  93. So auch, gleichfalls unter Bezugnahme auf Peirce , Apel , Pragmatismus, 120f. Noch weiter in der Ablehnung dieses „Bildes von Wahrheit und Konvergenz“, als Resultat eines „Gottesgesichtspunktes“, zugunsten einer bloßen „gemeinschaftsrelativen Vernünftigkeit“ bekanntlich nunmehr Putnam, vgl etwa Antwort, 319f (Hvm); FS Habermas, 298.

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  94. Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns I, 71 (Hvm); ähnlich Ders, Faktizität und Geltung, 29ff. Vgl auch Theorie, 65 (HiO), zum Unterschied zwischen Stellungnahmen zu „Macht-“ und zu „Geltungsansprüchen“ (nur letztere beruhen auf „Einsicht“ in „Gründe“).

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  95. Dieser Gesichtspunkt gilt grundsätzlich — dh abzüglich der sich aus einem allfälligen „Neuerungsverbot“ (siehe gleich nächste FN) ergebenden Beschränkungen — für sämtliche Instanzen. Vor diesem Hintergrund erscheint freilich die Judikatur des VwGH, neben dem Beschwerdeführer nicht einfach sämtliche (übrigen) Parteien des Verfahrens vor der belangten Behörde auch in seinem Verfahren als „mitbeteiligte Parteien“ zu akzeptieren (vgl etwa VwGH 12.3.2002, ZI 2000/01/0452), als suboptimal.

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  96. Bezeichnenderweise konnte der VwGH (in seinem E vom 4.11.2004, Zl 2004/20/ 0216) mit diesem Begriff nichts anfangen. Vgl dagegen die gängige Rede von der „Arbeitsgemeinschaft Zivilprozess“ (cit Rechberger , Vor § 266 ZPO, Rz 1).

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  97. Vgl Habermas (Theorie des kommunikativen Handelns I, 29, do FN 18 [Hvm]): „Der Sprecher, der eine Behauptung aufstellt, muß über eine ‚Deckungsreserve ‘guter Gründe verfügen, um erforderlichenfalls seine Gesprächspartner von der Wahrheit der Aussage überzeugen und ein rational motiviertes Einverständnis herbeiführen zu können“. In der Situation einer Verhandlung wird diese „Deckungsreserve“ regelmäßig in der Fachkunde der bestellten Sachverständigen bestehen und in Gestalt ergänzender Äußerungen bzw Beantwortungkonkreter Fragen abrufbar sein.

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  98. Bei dessen Handhabung ist ja auch, angesichts notorisch knapper Ressourcen, die Lage anderer Verfahren — und damit des insgesamt optimalen Mitteleinsatzes — zu bedenken (vgl, zum „Problem der großen Zahl“, Balthasar , uvs aktuell 2007, 157ff).

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  99. Vgl Verdroß /Simma , Universelles Völkerrecht, § 62, § 597 (do FN 2).

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  100. Cit Salficky , AnwBl 2007, 120, uHw auf §§ 179, zweiten Satz, 275 Abs 2 ZPO idF BGBl I 2002/76 (Hvm).

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  101. Siehe näher bereits oben FN 875. Nachdem das Verfahren nach Art 144 B-VG ursprünglich geradewegs für nichtgerichtliche belangte Behörden konzipiert worden war, ist anzunehmen, dass primär die Vorschriften für das erstinstanzliche (Regel-, dh Gerichtshof-) Verfahren zur Anwendung gelangen sollten.

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  102. Vgl Hengstschläger /Leeb , Kommentar II, § 45, Rz 25; vgl auch, zur Reichweite des „Überraschungsverbots“ nach AVG (Schutz nur vor der Einbeziehung unbekannter „Sachverhaltselemente“ in die „rechtliche Würdigung“, die bei Hauer/Leukauf, Handbuch, § 37 AVG, E 1e, angegebene Rspr [zustimmend bezogen noch etwa in VwGH 3.5. 2005, Zl 2002/18/0053]).

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  103. Dies ist ersichtlich auch der aktuelle Standpunkt des — seinerzeit für das AVG vorbildhaft gewesenen (siehe Balthasar , uvs 2008, 111, insbes die in do FN 51 gegebenen Nw) — Zivilverfahrensgesetzgebers, der sich erst in der Zivilverfahrensnovelle 2002 (BGBl I 2002/76) wieder gegen eine „Eventualmaxime“ ausgesprochen (vgl Salficky, AnwBl 2007, 120ff ) und überdies in § 182a ZPO ein umfassendes „Rechtsgespräch“ verankert hat; vgl denn auch Salficky, aaO, 122 (im hier vernachlässigbaren Kontext der „Prozessförderungspflicht“): „..., dass das Gesetz ... das Gericht zu solchen Fürsorgepflichten, die den Parteien erst klar machen sollen, welche rechtlichen Gesichtspunkte das Gericht für seine Entscheidung für erheblich hält, anhält ...“.

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  104. Bezeichnenderweise dürfte aber eben diese Linie (zu ihrer Fortwirkung siehe etwa die bei Walter /Thienel , Verwaltungsverfahren, § 45 AVG, E 438, angegebene Rspr) in jüngerer Zeit zurückgenommen worden sein (vgl die Kritik von Hengstschläger/Leeb, Kommentar II, § 45, Rz 24).

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  105. Dass am Ende des Verfahrens nur eine solche vorliegen könne, betont zutreffend auch Rechberger , Vor § 266 ZPO, Rz 9.

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  106. Genau besehen, stellen auch die gerne als mit erweiterter, „erga omnes“ wirkender Rechtskraft versehen bezeichneten Ausnahmen, etwa in Statusangelegenheiten (vgl Raschauer , Allgemeines Verwaltungsrecht, Rz 199, 1088; siehe auch Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 236), keine Abweichung in der Sache selbst dar; vielmehr lenken diese Fälle nur in besonderer Weise die Aufmerksamkeit darauf, dass auch in Zivilrechtssachen jeder an der Angelegenheit rechtlich Unbeteiligte deren Ausgang (etwa die [Un-] Gültigkeit des Eigentumsüberganges einer bestimmten Sache) gegen sich gelten zu lassen hat, selbst wenn dies seinen eigenen faktischen Interessen zuwiderlaufen (etwa weil mit dem anderen Prätendenten leichter ein Anschlussgeschäft über die betreffende Sache abzuwickeln gewesen wäre) oder das Verfahrensergebnis sogar objektiv rechtswidrig sein sollte. Der Grundsatz „res iudicata ius facit (solum) inter partes“ — mit der Bedeutung, dass ein nicht am Verfahren Beteiligter durch dessen Ergebnis nicht gebunden werde — bezieht sich daher immer nur darauf, dass nicht, ohne Verfahrensbeteiligung, in Rechte Dritter eingegriffen werden dürfe (daher nur hinsichtlich der verwaltungsverfahrensrechtlichen Seite richtig Bernatzik, Rechtsprechung, 189). Damit ist der genannte verfahrensrechtliche Grundsatz nichts anderes als das Pendant zur materiellrechtlichen Unwirksamkeit von Verträgen zu Lasten Dritter.

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(2010). Deutung. In: Die Beteiligung im Verwaltungsverfahren. Forschungen aus Staat und Recht, vol 164. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-99421-4_3

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