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Das Blau, das Gold und das Rosa: Wie Aneignung und Sublimierung einen Reim bilden

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Yves Klein
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Auszug

Der zwischen 1959 und Kleins Todesjahr 1962 vollzogene Übergang vom IKB-blauen Monochrom zu drei miteinander in Verbindung stehenden Farben (Blau, Gold, Rosa) wurde in den letzten Jahren mehrfach analysiert. Zwar hinderte der frühe Tod den Künstler daran, das Projekt so umfassend anzulegen, wie er sich dies gewünscht hätte, doch erweist sich der Plan als ebenso ehrgeizig und bahnbrechend wie derjenige, der ihn 1957 dazu veranlasst hatte, auf die seiner Meinung nach allzu „dekorative“ Vielfalt der Farben zu verzichten, um sich auf das Blau zu konzentrieren. Yves Klein wird im Laufe des Jahres 1959 bewusst, dass er noch weiter gehen muss, um das Verschwinden des Bildes deutlich zu machen und diesem Verschwinden Sinn zu verleihen. Die aus Blau, Gold und Rosa bestehende Trilogie wird nach und nach als Echo und sichtbarer Spiegel des „Immateriellen“ installiert. Es ist dies gleichzeitig eine beinahe unbewusst fortschreitende Konstruktion und in den letzten beiden Jahren seines Lebens entschlossen verfolgte symbolische Wiederaneignung seiner ganzen Arbeit ebenso wie das Schaffen neuer Werke.

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Literature

  1. Yves Klein, „Ľaventure monochrome“ („Das monochrome Abenteuer“), abgedruckt in: Marje-Anne Sichère, Didier Semin (Hg.), Yves Klein. Le dépassement de la problématique de ľart et autres écrits, Paris 2003, S. 252 (künftig zitiert als Ècrits).

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  2. Für die erste—faksimiliert—Fassung siehe Écrits, S. 27–39; für die zweite Fassung siehe die Transkription, ebd., S. 198–213

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  3. Sidra Stich fasst die Bedingungen der Niederschrift der verschiedenen Versionen von La Guerre zusammen und zieht das Datum 1954 für das erste Drehbuch in Zweifel (Stich, Yves Klein, Stuttgart 1994, Anmerkung 37, S. 256); ein Zweifel, der von Marie-Anne Sichère in ihrer Notiz „Esquisse de scenario“ („Drehbuchskizze“), in: Écrits, S. 328, geteilt wird, in der sie über die erste Fassung Folgendes schreibt: „Das mit Kugelschreiber hinzugefügte Datum 1954 ist wenig wahrscheinlich [⋯]. Die zahlreichen Verweise auf René Huyghes Dialogue avec le visible aus dem Jahr 1955 und bestimmte, zwei Jahre danach (1957) in ĽArt et ľhomme veröffentlichte Elemente weisen darauf hin, dass der erste Entwurf wahrscheinlich 1957 verfasst wurde.“

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  4. Die Farbe scheint (nach seiner eigenen Erzählung) von Anbeginn als etwas, das einen realen Raum und eine reale Zeit einnahm: nämlich die des Films und des Schauspiels. Ein schriftliches Projekt, das, dies sei in diesem Zusammenhang erwähnt, seinen ersten Zeichnungen von Monochromen entspricht: im Raum einer Theaterbühne hängend, flattern diese dort als Teile einer zu konstruierenden Erzählung herum, bei der sie nicht die Rolle des Dekors, sondern die der Hauptfiguren spielen.

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  5. Écrits, S. 195

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  6. Farbige Projektionen auf einer glitzernden weißen Wand und die Kostüme der in Vierer-oder Neunergruppen verteilten Tänzer verflechten diese Farbthemen unter Beachtung ihrer Abfolge miteinander.

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  7. Siehe, ebenso wie für das folgende Zitat, Nicolas Charlet, Réécrire ľhistoire. Les Écrits ďYves Klein, Paris 2005, S. 267–275

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  8. „Malewitsch gelangte auf einem eigenen Weg—nicht, wie ich, durch ‚Überreizung der Form‘—beinah zur Monochromie, obwohl dies niemals sein Ziel war, und dies vierzig jahre vor mir (Weißes Quadrat auf weißem Grund aus dem New Yorker Museum)“ Yves Klein, „Sur la monochromie“, in: Écrits, S. 258–259

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  9. „In Gegenwart dieser weißen, monochromen Bilder, die jedoch stark ausgeprägte Formen und Reliefs aufweisen, wurde mir bewusst, wie sehr diese sich aus den Unebenheiten des Oberflächenmaterials des Bildes ergebende Suggestion, dieses Zurückweichen vor dem Raum, dieses Anklammern aus Angst vor der Leere, die reale, malerische Kraft schwächte.“ Yves Klein, „Comment et pourquoi, en 1957⋯“. in: Écrits, S. 387

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  10. Écrits, S. 242 und S. 243

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  11. Yves Klein, „Ľaventure monochrome“ („Das monochrome Abenteuer“), abgedruckt in: Marje-Anne Sichère, Didier Semin (Hg.), Yves Klein. Le dépassement de la problématique de ľart et autres écrits, Paris 2003 Zig. Ann. 1, S. 246–248

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  12. Nicolas Charlet zeigt dies klar in seiner Analyse von Yves Kleins Schriften, zit. Anm. 7, sowie auch Jean-Michel Ribettes in: Yves Klein contre C.G. Jung: La grande bataille de ľincamation contre la marée noire de ľoccultisme, Brüssel 2003, besonders ausgehend von jenem Manuskript Kleins, das er als Motto seinem eigenen Buch voranstellt: „Ich lehne Okkultismus und Geheimgesellschaften ab. Obwohl ich einiges davon kenne, fühle ich ihre beklagenswerte Beschränktheit genau“

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  13. Beginnend bei Pierre Restany, später dann Nicolas Charlet, Thomas McEvilley, Jean-Michel Ribettes, Denys Riout, um hier die wichtigsten Monografien oder ausführlichen Texte über Yves Klein zu nennen, deren Ehrgeiz es war, die Grundlagen des Denkens dieses Künstlers zu entschlüsseln.

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  14. Donald Kuspit, „Über das Geistige in der zeitgenössischen Kunst“, in: Maurice Tuchman, Judi Freeman (Hg.), Das Geistige in der Kunst: abstrakte Malerei 1890–1985, Stuttgart 1988.

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  15. 15 1959 „brennt“ das Feuer „blau“, zwei Jahre später stellt er in einem Gespräch mit Restany am 25. April 1961 richtig: „Genau, das Feuer ist jedenfalls blau, gold und auch rosa. Dies sind in der monochromen Malerei die drei Grundfarben, und für mich ist es ein Prinzip universeller Erklärung, ein Prinzip der Welterklärung.“ Ich danke Marion Guibert dafür, dass sie mich auf dieses wesentliche Zitat hingewiesen hat.

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  16. Denys Riout merkt in Yves Klein, zit. Anm. 3, S. 113, an, dass die Mehrzahl der gedruckten Scheckhefte blau ist, dass man aber auch Kleins Handschrift in rosa Tinte in der Serie Nr. 0 findet, die im Geheimen Wember überlassen wurde.

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  17. Manche Kunstliebhaber ließen sich durch den Umstand, dass Klein am Ende seines Lebens versuchte, zumindest die Möglichkeit einer Realisierung der Triptychen zu rekonstruieren, dazu anregen, diesen Weg weiterzuverfolgen, und wir verdanken ihnen wundervolle Ensembles: So sind drei Reliefs Éponges („Schwammreliefs“) und drei_Éponges („Schwämme“) in den Händen privater Sammler, das Triptychon des Louisiana Museum in Humlebæk versammelt drei in Krefeld gezeigte Werke identischer Größe.

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  18. Anlässlich der Krefelder Ausstellung schenkt er der Familie Klapheck drei Bilder in Blau, Gold und Rot, um sich für deren Übersetzungen zu bedanken: Obwohl von fast identischer Größe, stammen diese Bilder doch aus verschiedenen Perioden. Dasselbe kann man von den Malerrollen sagen (S 7, 1956–1962), die 1956 begonnen und 1962 vom Künstler überarbeitet wurden, um zur bekannten Präsenz der drei emblematischen Farben zu gelangen.

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  19. Ich zitiere nur die neuesten Arbeiten zu diesem Thema: Pierre Restany, Yves Klein. Le feu au_cœur du vide, Paris 1990; Sidra Stich, „Feuer und Tod“, in: Yves Klein, 1994, zit. Anm. 3, S. 223–252; Jean-Marc Poinsot, Deux expositions ďYves Klein“, in: ders. Quand ľœuvre a lieu: Ľart exposé et ses récits autorisés, Mamco Genf, Villeurbanne 1999, S. 59–73; Ingrid Pfeiffer, „Yves Klein. Stationen in Deutschland“, in: Yves Klein, Ausstellungskatalog, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Ostfildem-Ruit 2005, S. 55–85

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  20. Jean-Marc Poinsot, Deux expositions ďYves Klein“. in: Ders., Quand ľœuvre a lieu: Ľart exposé et ses récits autorisés, Mamco Genf, Villeurbanne 1999 zit. Anm. 19, S. 72

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  21. Die schließlich gezeigten rosa und blauen Pluies („Regen“) sollten nach den beiden Vorbereitungsplänen von einer Pluie in Gold begleitet werden, die nie ausgeführt wurde. Dem ersten Plan zufolge beherrschen drei horizontale Bilder die drei Hauptsäle: ein „rosa Bild“—so lautet eine handschriftliche Anmerkung Kleins—im Raum der blauen Werke, ein „Monopink oder ein Relief oder Blätter in Rosa-Gold“ im rosa Bereich und schließlich ein als „goldenes Bild oder Obelisk oder andere From“ beschriebenes Quadrat in dem Saal, der der Farbe Gold gewidmet ist. Nun bleiben im zweiten Plan ja nur mehr zwei horizontale Werke übrig. Das eine, Tombe or frémissant („Zitterndes goldenes Grab“), verweist auf das für diese Gelegenheit produzierte und auch tatsächlich gezeigte Ci-gît ľespace („Hier ruht der Raum“). Das andere Werk, Tombe de pigment bleu („Blaues Pigmentgrab“), war rekonstruiert oder wiederverwendet und bereits zuvor gezeigt worden, doch stellt der Gebrauch des Wortes „Grab“ im Titel eine Neuerung dar. Das horizontale „rosa Bild“ wird niemals realisiert werden: nur die Rosen auf Ci-gît ľespace bleiben davon übrig.

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  22. Tatsächlich entscheidet sich Virginia Dwan dafür, alles zu zeigen, was in ihrer Galerie möglich ist, besonders die drei Obélisques, ein Monopink sowie ein Werk, das Klein dort produzierte, ein Relief Éponge doré („Goldenes Schwammrelief“). Hinten in der Galerie wird eine Filmaufnahme der Anthropometrien gezeigt.

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  23. Laut Rotraut Klein-Moquay sollten von der größten Schwammskulptur, die Yves Klein zu malen plante, Arbre bleu („Blauer Baum“), nur zwei Styropormodelle, eins in Rosa, das andere in Gold, übrigbleiben ⋯Noch erstaunlicher, aber auch bereits eine Vorahnung vieler postmoderner Arbeiten über Abdruck und Performanz, ist das Projekt, das laut Rotraut auf die blau auf goldenem Grund ausgeführten Abgüsse seiner Kollegen vom Nouveau Réalisme als Abschluss folgen sollte. Klein selbst wäre stehend in Gold gegossen worden, wobei er, statt aus dem Bild zu treten, aus einem Farbtopf eine blaue Flüssigkeit gegossen hätte, die den rosa Körper einer ausgestreckt liegenden Frauteilweise bedeckt hätte. Bei Niki de Saint-Phalle war vorgefühlt worden, ob sie das weibliche Modell dieser ultimativen und neuen Interpretation des Triptychons sein wolle: der Mann (gold), die Frau (rosa) und die Malerei (blau).

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  24. „Le vrai devient réalité“, erster Teil, in: Écrits, S. 230

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  25. Handschriftlicher Vermerk auf dem Store Poème.

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  26. Auszug aus La Guerre (1954), in: Écrits, S. 39

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  27. Denys Riout weist darauf hin, dass das Immaterielle, die Leere zu der Zeit auftritt, in der die ersten Anthropometrien ausgeführt werden. Für Pierre Restany ist in erster Linie das Gold, in zweiter Linie das Feuer mit seinen drei Farben die „endgültige Erklärung“ des Werks. Thomas McEvilley befasst sich mit Kleins Rosenkreuzertum. Jean-Michel Ribettes bestreitet die Alchimie und predigt eine religiöse Erklärung. Alle stimmen darin überein, dass die Inkarnation, die Yves Klein dazu veranlasst, die Anziehung. die die Leere auf ihn ausübt, mit seinen Anthropometrien „auszugleichen“, ein wichtiges Thema ist.

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  28. 28 „Das Blau, das Gold, das Rosa, das Immaterielle“ ist zugleich der Titel und der in Großbuchstaben geschriebene, erste Nominalsatz dieses Texts. Auf der nächsten Zeile steht: „Die Leere“, ebenfalls in Großbuchstaben, worauf—in Kleinbuchstaben—eine genauere Liste der Projekte im Raum folgt.

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  29. Zum Beispiel: „Möge alles, was aus mir kommt, schön sein“, vgl. Pierre Restany, Yves Klein e la mistica di Santa Rita da Cascia=Yves Klein et la mystique de sainte Rita de Cascia, Mailand 1981; Restany zitiert hier als Erster den gesamten handschriftlichen Text.

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Morineau, C. (2007). Das Blau, das Gold und das Rosa: Wie Aneignung und Sublimierung einen Reim bilden. In: Yves Klein. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-71391-4_5

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