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Wenn die Kritik verdeckt ermittelt

Einleitende Überlegungen zu einer Ästhetik der Kritik

  • Chapter
Ästhetik der Kritik oder Verdeckte Ermittlung
  • 357 Accesses

Auszug

Kritiké, beim Wort genommen, bedeutet Kunst des Unterscheidens und Urteilens. Das Wort suggeriert eine Distanz, aus der heraus Kritisierende unterscheiden, um zu entscheiden. Wer kritisiert, möchte entscheiden, ob etwas gut oder schlecht, richtig oder falsch, schön oder hässlich, virtuos oder dilettantisch ist. Moderater formuliert heißt das heute gerne: etwas funktioniert, überzeugt, ist gut gebaut — oder eben nicht. Traditionell kann in einem negativen oder positiven Modus kritisiert werden: negativ als Bemängelung eines verbesserungswürdigen Zustandes, positiv als kreativer Entwurf alternativer Optionen. In der Alltagspraxis jedenfalls ist das Wort >Kritik< von einer Aura des Anspruchsvollen und der Kompetenz umgeben. Nur Spezialisten und >kompetente Kenner< — so der Gemeinplatz — können die entscheidende Wende, die nicht nur Kritik, sondern auch krisis ist, hervorrufen. In dieser Prägung beansprucht der Kritiker nicht selten, selber einen nicht kritisierbaren Standpunkt einzunehmen, von dem aus er (oder sie) Kritik üben und das heißt maßgebliche Urteile fällen kann. Der Standpunkt des gesicherten Beobachters ist der des Philosophen, der dem Schiffbruch der Anderen zuschaut (Lukrez).01 Das ist die Prätention des unberührbaren Philosophen, der jenseits der Fährnisse des Lebens auf festem Grund steht, während die Unkundigen dahinschippern, auf Grund laufen und untergehen.

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Literatur

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© 2007 Institut für Theorie der Gestaltung und Kunst (ith), www.ith-z.ch, und Voldemeer AG, Zürich

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Huber, J., Stoellger, P., Ziemer, G., Zumsteg, S. (2007). Wenn die Kritik verdeckt ermittelt. In: Huber, J., Stoellger, P., Ziemer, G., Zumsteg, S. (eds) Ästhetik der Kritik oder Verdeckte Ermittlung. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-70899-6_1

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