Auszug
Die Warnung beinhaltet stets einen Gefahrenhinweis und wird als Steuerungsinstrument oftmals die Konsequenzen eines bestimmten Verhaltens aufzeigen bzw bewerten; mit ihr verbunden ist idR ein Appell, dh die Aufforderung zu einem bestimmten Verhalten, um damit einen bestimmten Erfolg — und zwar insb die Abwehr der individuelle drohenden Gefahr — zu erzielen.1 Die Warnung ist daher ein finaler Realakt: Sie verändert nicht unmittelbar Rechte oder Pflichten und greift so einseitig verbindlich in die Sphäre der Bürgerinnen und Bürger ein, sondern zielt auf einen tatsächlichen Erfolg. Sie erfolgt nicht zweckfrei, sondern mit dem Ziel der Verhaltensbeeinflussung. Damit die Warnung ihre Wirkung erzielen kann, wird sie idR strenger formuliert sein als eine Empfehlung; sie lässt den Angesprochenen idR keinen Handlungsspielraum, weil sie sich sonst dem Schadensrisiko aussetzen würden, während bei einer Empfehlung mehrere ungefährliche Optionen bleiben.
Wird vor einem flüchtigen und schwerbewaffneten Verbrecher gewarnt, braucht es idR keine Erklärung der Konsequenzen. Ist Gegenstand der Warnung hingegen ein Lebensmittel, in dem zB Pestizidrückstände festgestellt wurden, so bedarf es der Aufklärung, wie und ab welcher Menge diese Giftstoffe im menschlichen Körper wirken; der Appell könnte von der Aufforderung des Waschens bis zum Konsumverzicht reichen.
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Literatur
So etwa Heintzen, Handlungsform, 176; Leidinger, DÖV 1993, 926
Als Beispiel für eine behördeninterne Warnung wäre zB das gemeinschaftliche Lebensmittelinformationsnetz gemäß Anhang 8 der RL 92/59/EWG über allgemeine Produktsicherheit, ABL 1992 L 228/1, zu nennen.
So Di Fabio, JuS 1997, 7.
Dies wird oftmals bei den Warnhinweisen auf den Tabakerzeugnissen angenommen. Allerdings lässt sich kaum beziffern, wie sich der Tabakkonsum ohne die staatlichen Warnungen entwickelt hätte. Vgl allerdings http://science.orf.at/science/news/114318, wo von einer deutschen Umfrage berichtet wird, der zufolge sich immerhin fünf Prozent der Raucherinnen und Raucher durch die Warnhinweise verunsichert fühlten und daraufhin mit dem Rauchen aufhören wollten. Umfragen zeigen auch, dass von Bildern eher eine abschreckende Wirkung ausgeht als von Warntexten. Zur Ergänzung der Warnhinweise durch optische Eindrücke vgl auch die Entscheidung 2003/641/EG der Kommission über die Verwendung von Farbfotografien oder anderen Abbildungen als gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Verpackungen von Tabakerzeugnissen, ABl 2003 L 226/24.
Vgl etwa Murswiek, DVBl 1997, 1021 f („weiche Maßnahmen, harte Folgen“); Heintzen, Handlungsform, 170: „hoheitliche Autorität... in dem Sinn, dass sie sich nicht hinterfragen lassen“.
So bereits Heintzen, Handlungsform 171.
So aber zB Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2707; Schulte, DVBl 1988, 515.
So etwa Heintzen, Handlungsform 171 f.
So Gurlit, DVBl 2003, 1131.
Vgl etwa VfSlg 15.068/1998.
So Wiederin, Überwachungsstaat, 28 mwN.
Der Persönlichkeitsschutz ist ein eigenes Habilitationsthema (gewesen); eine erschöpfende Aufarbeitung im Rahmen dieser Arbeit muss daher unterbleiben. Verwiesen sei insb auf folgende einschlägige Arbeiten: Berka, Medienfreiheit, passim (insb 354 ff ); ders, Recht der Massenmedien, 203 ff; ders, JRP 1996, 232; ders, Kommunikationsfreiheit, 448 ff; ders, wbl 1997, 265; Matscher, RZ 2001, 238 ff; Swoboda, Recht der Presse, passim; Kammerlander, Spannungsfeld, 93 ff. Jüngst wurde auch der postmortale Persönlichkeitsschutz ein Thema; vgl dazu aus der Judikatur insb VfSlg 16.109/2001; OGH 29.8.2002, 6 Ob 283/01, JBl 2003, 114; sowie aus der Literatur Eisenberger, in FS Funk, 175 ff mwN; sowie Kneihs, ZfV 2002, 338 ff. Gegen den postmortalen Grundrechtsschutz, weil der Grundrechtsschutz an die bei Toten fehlende Grundrechtsberechtigung anknüpft, etwa Berka, Handbuch Grundrechte, Rz 154; sowie Grabenwarter, EMRK, § 17, Rz 4.
Zur mittlerweile ausdrücklich aufgegebenen Rspr, dass Fotos nur in einem positiven Kontext und nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Fotographen veröffentlicht werden durften, vgl Swoboda, ÖJZ 2002, 636 f mwN; Berka, JRP 1996, 244 ff. Seit 1997 hat der OGH die Bildberichterstattung der bloßen Textberichterstattung gleichgestellt und als Meinungsäußerung anerkannt; Bild-und Textveröffentlichung sind nunmehr nach denselben Regeln zu beurteilen. Vgl Swoboda, ÖJZ 2002, 637 f mwN; Unger, Bildnisschutz, 29 ff. Vgl ferner etwa VfSlg 15.426/1999, wonach in einem Fernsehbericht über ein drogenabhängiges minderjähriges Opfer sexuellen Missbrauchs die/der Betroffene optisch und akustisch unkenntlich zu machen ist. Zum Bildnisschutz „öffentlicher Personen“ vgl auch jüngst EGMR 24.6.2004, Caroline von Hannover, EuGRZ 2004, 404.
OGH 11.7.1995, 4 Ob 63/95, ecolex 1995, 817.
OGH 11.7.1995, 4 Ob 63/95, ecolex 1995, 817.
VfSlg 11.062/1986, 13.790/1994, 14.197/1995.
In diesem Sinn zB EGMR 26.3.1982, Adolf, EuGRZ 1982, 297; EGMR 25.3. 1983, Minelli, EuGRZ 1983, 475; EGMR 10.2.1995, Ribemont, ÖJZ 1995, 509. Vgl auch BVerfGE 71, 206 (217), wo im Zusammenhang mit einer Medienfahndung von einer „vorzeitigen Bloßstellung mit dem Gewicht amtlicher Authentizität“ die Rede ist.
Vgl insb Berka, MR 1987, 6 ff.
Berka/ Höhne/ Noll/ Polley, Mediengesetz, 124; VfSlg 14.260/1995.
So sieht etwa Berka, wbl 1997, 272 f, sowie bereits ders, Medienfreiheit, 224 ff, den Menschenwürdekern des Ehranspruchs in Art 3 und 8 EMRK verankert und daher den Staat verpflichtet, einer die Menschenwürde beeinträchtigenden Verletzung der Ehre eines Menschen, wie sie durch grobe und böswillige Verunglimpfungen erfolgt, entgegen zu treten. Zur Menschenwürde als verfassungsrechtlichem Grundprinzip vgl jüngst ders, in FS Mantl, 22 ff und insb 26, wonach die Menschenwürde „die Grundlage der österreichischen Grundrechtsordnung und den Wesensgehalt der durch sie gewährleisteten Grundfreiheiten und Menschenrechte“ darstellt. Vgl weiters Wildhaber/Breitenmoser, Art 8 EMRK, Rz 127 ff; Wiederin, Art 8 EMRK, Rz 34.
Der OGH 17.12.2005, 6 Ob 224/04, MR 2005, 172, entschied jüngst, dass die Namensnennung für die Erkennbarkeit des von einer Berichterstattung Betroffenen nicht erforderlich sei und die Identifizierbarkeit durch wenige ausreiche; entscheidend sei allein die Möglichkeit, dass die sich auf eine bestimmte Person beziehenden Merkmale zu deren Bekanntwerden führen (können).
Zum Resozialisationsschutz vgl bereits Berka, Medienfreiheit, 344 ff mwN; ders, Recht der Massenmedien, 251 ff mwN. Vgl auch bereits EGMR 28.8.1992, Schwabe, ÖJZ 1993, 67, dem zufolge Vorstrafen eines Politkers iVm seinem Verhalten in der Öffentlichkeit maßgebliche Faktoren sein können, um seine Eignung zur Ausübung seiner politischen Funktion zu beurteilen. Zutreffend hat mE Richter Vilhjalmsson in seinem abweichenden Votum zu einem Spezifikum dieses Falls gesagt: „Ohne dass ich behaupte, ein Experte in strafrechtlichen Angelegenheiten zu sein, scheint es mir klar, dass 22 Jahre zurückliegende Strafen... keinen Beweis für Charakter und Moral der betroffenen Personen darstellen.“
So EGMR 25.5.2004, ORF gegen Österreich, MR 2004, 244: Die Veröffentlichung eines Fotos, das zu Beginn eines Strafverfahrens gemacht wurde, fügt drei Jahre nach der Verfahrensbeendigung und drei Monate nach der bedingten Entlassung nichts für das öffentliche Interesse Wesentliches hinzu, sodass keine Notwendigkeit für die weitere öffentliche Stigmatisierung bestanden habe.
So die Definition von Leitner, Fahndung, 23.
Zu den Rechtsgrundlagen für eine Fahndung nach einem flüchtigen Häftling vgl insb Leitner, Fahndung, 100 ff mwN.
Raschauer, JBl 1978, 354. Nach Leitner, Fahndung, 161, soll massenmediale Fahndung „nur in wichtigen und schwerwiegenden Fällen erfolgen, weil bei allzu häufiger Inanspruchnahme der Massenmedien das Interesse und die Bereitschaft der Öffentlichkeit, an der Aufklärung von Straftaten mitzuwirken, abnehmen wird“. Für ihn sind also nicht verfassungsdogmatische, sondern fahndungspraktische Überlegungen entscheidend.
Nach § 71 Abs 3 und 4 SPG dürfen erkennungsdienstliche Daten durch die Behörde selbst oder durch Medienunternehmen auf Ersuchen der Behörde nur in drei Fällen veröffentlicht werden: a) bei Personen oder Leichen, deren Identität anders nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand geklärt werden kann („Identitätsfeststellungszweck“); b) bei Straftätern, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Veröffentlichung der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe durch den Betroffenen entgegen wirken werde („Spezialpräventionszweck“); c) wenn gegen einen flüchtigen Betroffenen ein Haftbefehl wegen Verbrechens oder eines vorsätzlich begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Vergehens erlassen wurde („Fahndungszweck“). Gemäß § 71 Abs 5 SPG darf diese Datenübermittlung nur in dem Umfang geschehen, als dies zur Erreichung des angestrebten Zieles notwendig ist und zu dem dadurch bewirkten Eingriff in das Privat-und Familienleben des Betroffenen nicht außer Verhältnis steht. Dem entsprechen unterschiedliche Formen der Öffentlichkeitsfahndung, die Leitner, Fahndung, 161 f mwN, beschreibt: Bei Inanspruchnahme eines bestimmten Personenkreises: mündliche Befragungsaktion, Verteilung von Handzetteln, Rundschreiben (etwa an berufliche Fachverbände) oder Veröffentlichungen in der Fachpresse. Bei Inanspruchnahme eines unbestimmten Personenkreises: Lautsprecherdurchsage, Plakate (zB Steckbriefe) bei den Sicherheitsdienststellen oder auf Litfasssäulen oder an verkehrsreichen Plätzen, Massenmedien.
So die Umschreibung des § 71 Abs 3 Z 1 SPG durch Hollaender, ZÖR 2003, 347.
Schutzwürdige Interessen der/des Betroffenen werden jedenfalls verletzt, wenn sich die Veröffentlichung auf einen Jugendlichen oder bloß auf ein Vergehen bezieht oder das Fortkommen der/des Betroffenen unverhältnismäßig beeinträchtigen kann (§ 7 Abs 2 MedienG). Dieser „Fortkommensschutz“ dient der Sicherung der schon angesprochenen Resozialisierung; vgl etwa OGH 20.10.1998, 4 Ob 275/98). Eine identifizierende Berichterstattung über einen jugendlichen Straftäter ist nach OLG Wien 9.12.2002, 18 Bs 133/02, MR 2003, 21, zulässig, wenn eine Reihe von schweren Straftaten — hier: Brandstiftung — sich geradezu als „Gebietsterror“ manifestiert hat; in einem solchen Fall überwiege das Interesse der Öffentlichkeit an der Identität die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen. Zutreffend verweist Hollaender, ZÖR 2003, 342, darauf, dass bei Personen, die sich bereits in Polizei-oder Gerichtsgewahrsam befinden, die Weitergabe personenbezogener Daten keine Fahndungsmaßnahme, sondern allenfalls als „Aufdeckungserfolgsmeldung“ darstellt.
So der OGH in stRspr; vgl etwa OGH 10.7.2001, 4 Ob 162/01, EvBl 2001/205 mwN.
Vgl auch dazu OGH 10.7.2001, 4 Ob 162/01, EvBl 2001/205 mwN. Vgl ferner Holoubek, AfP 2003, 197 mwN zur EGMR-Rspr betreffend mutmaßliche Briefbomber: „Wenn die Person nicht von sich aus das öffentliche Rampenlicht betritt, indem sie selbst die Initiative zur Beteiligung an der öffentlichen Debatte setzt, gleichwohl aber ein legitimes Interesse an einer öffentlichen Diskussion über ihr Verhalten besteht, muss anhand inhaltsorientierter Kriterien beurteilt werden, ob ein besonderes Interesse an der öffentlichen Berichterstattung besteht, das Beschränkungen untersagt, die ansonsten, wenn dieses besondere öffentliche Interesse fehlt, durchaus zulässig wären.“
Treffend Waechter, VerwArchiv 2001, 385: „Man kann wohl sagen, dass bewusste Anprangerung derartig mit Irrationalitäten — Sündenbockphänomene, Abladen von aus der eigenen Lebensgeschichte erzeugtem Hass, Neid — in der Gesellschaft durchsetzt ist, dass man auf sie verzichten sollte — auch wenn es um Prävention geht.“ AaO, 386, zeigt er, dass die Stigmatisierung nur dort erfolgreich präventiv wirken könnte, wo sie mangels Rückfallwahrscheinlichkeit idR nicht notwendig ist; auch hätten die US-Gesetze keinen Erfolg gehabt und den potentiellen Opfern ein ungerechtfertigtes Sicherheitsgefühl suggeriert. AaO, 385, weist er auch darauf hin, dass die Anprangerung zur endgültigen Entsozialisierung führen kann: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s ganz ungeniert“ könnte im Extremfall zu „Verbrechen aus verlorener Ehre“ führen. Auch Rinsche, ZRP 1987, 384, weist darauf hin, dass die Prangerstrafe geeignet ist, Ansehen und Ehre dauerhaft zu zerstören.
Vgl auch Waechter, VerwArchiv 2001, 371: „Wenn man also die betroffene Person nicht zur Selbstanprangerung zwingen will, muss man über die Person sprechen; man ‚heftet ‘ihr eine Assoziation an. Man kann den Straftäter im Internet an den Pranger stellen und darauf warten, dass seine Umgebung diese Anprangerung zur Kenntnis nimmt.... Zielgenauer ist es, wenn man direkt die sozialen Bezugsgruppen anspricht. Wichtige soziale Bezugsgruppen sind heute die Arbeitsumwelt, die Nachbarschaft sowie Vereine; die Kommune dagegen ist unwichtiger geworden.“ Während es im Mittelalter durch Wohnortwechsel uU noch möglich war, der über die Strafverurteilung hinausreichenden weiterwirkenden Schmach zu entgehen, bleibt diese Möglichkeit den amerikanischen Sexualstraftätern vorenthalten; ihnen bleibt — so sie dazu in der Lage sind — nur die Möglichkeit des Auswanderns, wenn sie ihre Vergangenheit geheim halten wollen.
Vgl näher dazu http://www.parentsformeganslaw.com. Auch über die Homepage der Crime Sex Offenses Society (http://www.cbel.com/crime_sex_offenses) hat jedermann Zugang zu den bundesstaatlichen Registern samt Adressen und Fotos. Vgl auch dazu Waechter, VerwArchiv 2001, 369 f, zu den „Scarlet Letter Laws“ der US-Staaten über die Veröffentlichung von Steckbriefen.
Vgl dazu Finanzmarktaufsichts(behörden)G, BGBl I 2001/97 idF I 2004/70.
Eine Anordnung der Festnahme nach Art 4 Abs 2 PersFrG bei Gefahr in Verzug wird idR nicht in Betracht kommen, weil auf Grund der Gerichtsorganisation jederzeit ein richterlicher Haftbefehl (§§ 175 f StPO) erwirkt werden kann; für sicherheitsbehördliche Haftbefehle (§ 177 Abs 1 Z 2 StPO) sind daher kaum mehr Anwendungsfälle denkbar. Zur Fahndung nach § 24 Abs 1 Z 1 SPG vgl Leitner, Fahndung, 86.
Vgl etwa OGH 27.5.1999, 8 Ob 99/99; OGH 27.11.2001, 1 Ob 257/01; OGH 26.8.2004, 6 Ob 145/04; OGH 15.9.2004, 9 Ob 42/04. Ob auch ein „erhöhtes Sicherheitsrisiko“ für ein kostenloses Storno ausreicht, hat der OGH bisher offen gelassen.
So Hauer, Lebensmittelrecht, 177.
Vgl dazu auch den Erlass des Bundeskanzleramtes vom 6.5.1988, GZ 760.038/2-VII/12a/88, abgedruckt in: Barfuss/Smolka/Onder, Lebensmittelrecht, Komm zu § 25a LMG, 3 ff. Darin wird ua darauf hingewiesen, dass aus der Information keine Schlussfolgerungen bezüglich des Verschuldens ableitbar sein dürfen, weil derartige Rechtsfragen erst in einem allfälligen Strafverfahren zu klären seien, und dass die Nennung von Firmen bzw Markennamen dann rechtlich nicht gedeckt sei, wenn keine Gesundheitsschädlichkeit, sondern ein anderer Beanstandungsgrund vorliege.
So Hauer, Lebensmittelrecht, 177.
Nachdem das Eigentumsgrundrecht nach der hA nur vermögenswerte Rechte, nicht aber „wirtschaftliche Chancen“ (VfSlg 12.485/1990) oder „wirtschaftliche Interessen“ (VfSlg 11.623/1988) schützt, erfolgt durch die mit der Produktwarnung möglicherweise verbundene Unverkäuflichkeit kein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht.
Vgl etwa Mayer, B-VG, 542; Pöschl/Kahl, ÖJZ 2001, 43. Aus der jüngeren VfGH-Rspr vgl etwa VfSlg 15.431/1999, wonach die Erwerbsausübungsfreiheit nur verletzt wer den kann, wenn gesetzlos oder auf verfassungswidriger Basis unmittelbar gegen die Erwerbsbetätigung vorgegangen wird. Nach stRpsr (vgl etwa VfSlg 15431/1999, 13.856/ 1994, 13.385/1993, 11.516/1987, 10.140/1984, 7856/1976) wird die Erwerbsbetätigungsfreiheit nicht verletzt, wenn der Verwaltungsakt die Realisierung einer bestimmten Erwerbsbetätigung lediglich faktisch verhindert.
Darüber hinaus verweisen Barfuss/Smolka/Onder, Lebensmittelrecht, Komm zu § 25a LMG, 3, darauf, dass die Öffentlichkeitsinformation über Verstöße gegen des LMG als Ausnahme von Art 20 Abs 3 B-VG einer gesetzlichen Grundlage bedurfte.
Nach Barfuss/Smolka/Onder, Lebensmittelrecht, Komm zu § 25a LMG, 3, verstoßen solche Warnungen gegen Art 20 Abs 3 B-VG, was bei der Beurteilung etwaiger Amtshaftungsansprüche von Bedeutung sei.
Nach §§ 176, 177 StGB liegt eine Gemeingefährdung vor, wenn eine Gefahr für eine größere Zahl von Menschen vorliegt; nach der hA müssen wenigstens zehn Personen konkret gefährdet sein (vgl etwa Bertel/Schwaighofer, BT II, §§ 176–177 StGB, Rz 2 mwN). Aus der OGH-Judikatur ergibt sich, dass diese Personen gleichzeitig gefährdet sein müssen. Wird beispielsweise in einer Bierflasche ein ätzendes Reinigungsmittel abgefüllt und diese eine Flasche gemeinsam mit anderen in Verkehr gesetzt, besteht idR nur für eine Person eine konkrete Gefahr; wird hingegen ein ganzes Bierfass oder eine ganze Kiste mit Reinigungsmittel in Verkehr gesetzt, erfüllt dies wohl den strafrechtlichen Tatbestand der Gemeingefährdung. Es kommt somit darauf an, ob die „große Bevölkerungsgruppe“ gleichzeitig einer konkreten Gefahr ausgesetzt sind; dass alle potentiellen Biertrinkerinnen und-trinker gefährdet sind, reicht nicht. Die Heranziehung strafrechtlicher Überlegungen ist mE insb deshalb zulässig, weil nach § 81 LMSVG das Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher Lebensmittel einen Justizstraftatbestand darstellt.
So auch Barfuss/Smolka/Onder, Lebensmittelrecht, Komm zu § 25a LMG, 3. Triffterer, ÖJZ 1986, 450, kritisiert, dass der Hinweis, „Haltbarmilch überschreite nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl die zulässigen Grenzwerte und werde zurückgenommen“ nach allgemeinem Erfahrungswissen den weiteren Genuss dieser Milch nicht ausschließen könne; dieser Hinweis genüge nicht der Verpflichtung nach § 43 LMSVG, die „Öffentlichkeit... zu warnen“. Dabei verkennt Triffterer mE die Tatsache, dass § 43 LMSVG eine Informationspflicht normiert; dieser kann aber durch eine reine Tatsachenmitteilung ebenso nachgekommen werden wie durch eine dramatische Warnung. Die „Intensität der Information“ muss dabei wohl von der Eignung der Gesundheitsgefährdung und den betroffenen Bevölkerungskreisen abhängen. Auf unterschiedliche Informationsinteressen hat auch Schlachter, Öffentlichkeit, 158 f, hingewiesen: „Während mancher Bürger beispielsweise statt des genauen Becquerelgehaltes der Milch lieber wissen möchte, ob er sie gefahrlos trinken kann, wird sich ein anderer nicht mit dieser Antwort zufrieden geben und stattdessen die Becquerelwerte erfragen und deren Gefährlichkeit selbst nachprüfen.“
Holoubek, DVBl 1997, 1038.
Als „gefährlich“ gilt ein Produkt, wenn es nicht den in § 4 Abs 1 PSG 2004 normierten Sicherheitsanforderungen entspricht; die Übereinstimmung eines Produkts mit den innerstaatlichen technischen Normen oder dem Stand der Technik (§ 71a GewO) hindert nicht, Maßnahmen gemäß § 11 PSG 2004 zu treffen. Zur Beurteilung der Produktsicherheit vgl L. Binder, Produktsicherheitsrecht, 126 f; Stolzlechner, in FS Schäffer, 815 ff.
Produkt iSd PSG ist gemäß § 3 Abs 1 leg cit jede bewegliche körperliche Sache einschließlich Energie, auch wenn sie Teil einer anderen beweglichen Sache oder mit einer unbeweglichen Sache verbunden worden ist, die für Verbraucherinnen und Verbraucher bestimmt ist oder unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen von ihnen benützt werden könnte und die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit geliefert oder zur Verfügung gestellt wurde. Zum Produktbegriff vgl insb L. Binder, Produktsicherheitsrecht, 121 ff mwN.
Zur expliziten Warnbefugnis in Deutschland vgl insb Tremml/Nolte, NJW 1997, 2265 ff. Zum Amtshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Produktinformation vgl etwa Tremml/Luber, NJW 2005, 1745.
Zur Produktbeobachtung und dem allfälligen Rückruf vgl jüngst Linder, wbl 2004, 449 ff.
Vgl dazu insb VfSlg 16.282/2001: Der VfGH entscheid, dass die in der auf das PSG gestützten LaserpointerV (BGBl II 1999/321) enthaltenen Beschaffenheitsanforderungen ein gelinderes Mittel als ein Verkaufsverbot sei, dass für gesundheitsgefährdende Laserpointer der Klasse 3B aber kein weniger einschneidendes Mittel als ein Verbot zur Zielerreichung geeignet sei, weshalb die Verhältnismäßigkeit zu bejahen wäre.
Ebenso Merli, Verbraucherschutz, 8 f. Stolzlechner, in FS Schäffer, 825 ff, geht auf Grundrechtsfragen und auf Besonderheiten von Informationsakten nicht ein.
Ebenso für das deutsche ProduktsicherheitG Tremml/Nolte, NJW 1997, 2271.
ABl 2002 L 11/4; umzusetzen bis 15.1.2004. Sie ersetzt die ProduktsicherheitsRL 92/59/EWG, ABl 1992 L 228/24. Vgl dazu jüngst Fluck/Sechting, DVBl 2004, 1392 ff.
Vgl statt aller Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht, 61 f mwN.
Vgl jüngst Eilmansberger, JBl 2004, 292: „kein Entstehen von Richtlinienpflichten für Private“ und „kein Entstehen einer Staatenverpflichtung bei gleichzeitiger Aktivierung einer Privatenverpflichtung“; sowie EuGH 7.1.2004, C-201/02, Delena Wells.
Eilmansberger, JBl 2004, 365.
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(2007). Ausgewählte Rechtsfragen und Beispiele zur Warnung. In: Öffentliche Verwaltungskommunikation. Forschungen aus Staat und Recht, vol 148. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-69387-2_12
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