Zusammenfassung
Die Krankheitsvorstellungen des Menschen lassen sich auf zwei Konstrukte zurückführen: die Humoralpathologie und die Solidarpathologie. Dem Ersteren liegt die Annahme zugrunde, dass im Körper verschiedene Säfte als Träger des Lebens vorhanden sind, die in Qualität und Quantität harmonisch aufeinander abgestimmt sein müssen. Ist ein Ungleichgewicht vorhanden wird der Körper krank und muss durch Maßnahmen behandelt werden, die darauf abzielen diese Harmonie wiederherzustellen. Hierzu gehören Aderlass, Schröpfen, Skarifizieren, Purgieren und die Anwendung von ableitenden und schweißtreibenden Medikamenten. Bei der solidaren Vorstellung besteht Krankheit aus pathologisch veränderter, genau lokalisierbarer Materie. Diese muss entweder durch chirurgische oder pseudochirurgische (wie etwa bei den Geistheilern auf den Philippinen) Verfahren entfernt oder durch Therapeutika bekämpft werden, die den Krankheits„keim“ eliminieren. Beide Vorstellungen sind nebeneinander vorhanden, nur unsere Hochschulmedizin, mit ihrem Hang zur Verschulung, hat immer nur entweder das eine oder das andere akzeptiert. So war die von der Hippokratischen Medizin abgeleitete Säftelehre bis etwa 1850 Lehrmeinung und wurde dann von der Zellularpathologie abgelöst, die auf Axiomen der bei uns ebenfalls von griechischen Ärzten geprägten Solidarpathologie beruht. Bei anderen Heilkunden sind je nach Krankheit beide Vorstellungen parallel präsent.
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Literatur
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Prinz, A. (2007). Fluidum und Materie. In: Marktl, W., Ekmekcioglu, C., Reiter, B. (eds) Säuren — Basen — Schlacken. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-69373-5_18
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