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Sinn als Gefüge

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Zusammenfassung

Anatomie muß nicht Schicksal sein, aber sie ist alles, was wir in diese Welt mitbringen und alles, was wir mitnehmen können, wenn wir wieder gehen. Nicht, daß wir von Geburt an mit einer festen und unveränderbaren Struktur ausgestattet wären; unaufhörlich stirbt sie und wird wiedergeboren. Aber in diesem verwickelten, dichten, feuchten Geflecht von Zellen, das wir mit uns herumtragen (und nicht in irgend etwas Ungreifbarem, das ihm angehängt ist), liegt der Stoff von allem an Liebe und Haß, Freude und Trauer, nüchterner Analyse und erregter Phantasie, was wir während unserer Reise auf diesem Planeten erleben. Und nur weil bestimmte Zellen chemische und elektrische Signale erzeugen, um miteinander in Verbindung zu treten, können wir überhaupt denken und fühlen.

Nach jedem törichten Tag schlafen wir die Dämpfe und Furien seiner Stunden aus, und obschon wir stets mit Einzelnem beschäftigt und oft seine Sklaven sind, bringen wir für jedes Experiment die eingewurzelten Universalgesetze mit. Ralph Waldo Emerson ‹Natur›

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Anmerkungen und Quellen

  • Gute Bücher über das Nervensystem gibt es jetzt zu Hunderten, und ich kann nicht mehr tun, als ein paar bedeutende kurze Arbeiten über verschiedene Seiten des Themas zu erwähnen: Raymond Carpenter, ‹Human Neuroanatomy›, 7. Aufl., Baltimore 1976, eine maßgebliche Einführung in die Struktur; Gordon Shepherd, ‹The Synaptic Organization of the Brain›, 2. Aufl., New York 1979, eine kurze und überzeugende Darstellung von Nervenzellen-und Schaltungsfunktion; und Jack R. Cooper, Floyd E. Bloom und Robert H. Roth, ‹The Biochemical Basis of Neuropharmacology›, 3. Aufl., New York 1978. Andere Arbeiten sind viel theoretischer, aber sogar die eben erwähnten dürften für Leser ohne vertiefte biologische Kenntnisse mühsam zu lesen sein. Es gibt keinen Weg, sich auf einfache Weise mit dem Nervensystem vertraut zu machen, aber andererseits ist es jedem durchaus zugänglich, der viel Zeit dafür aufwendet. Am besten beginnt man wohl mit dem Heft von ‹Scientific American› im September 1979, das sich ausschließlich mit Hirnstruktur und-funktion beschäftigt.

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  • 74 Rattenjunge bei Entbehrung: Mark R. Rosenzweig, ‹Effects of Environment on Development of Brain and Behavior› in ‹The Biopsychology of Development›, New York 1971; und Mark R. Rosenzweig, Edward Bennett und Marian C. Diamond, ‹Brain Changes in Response to Experience› in Scientific American 226, 1972.

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  • 76 Nicht einfach passiv zusehen: Rosenzweig u. a., ‹Brain Changes›. Außerdem müssen die Ratten sowohl soziale Stimulation als auch Interaktion mit unbelebten Gegenständen haben, damit bedeutsame Hirnveränderungen eintreten können. Rosenzweig, ‹Effects of Environment›.

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  • 80 Fakten über das menschliche Gehirn: Siehe auch Raymond Carpenter, ‹Human Neuroanatomy›.

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  • 81 ‹... eine sündige Orchidee...›: Private Mitteilung an den Verfasser, aber er drückte sich auch anderen gegenüber so aus. Mit 86 Jahren verbringt er seine Tage (und viele Abende) mit der Sammlung, die er selbst aufgebaut hat und die mehr als eine Viertelmillion Mikroschnitte von menschlichen Gehirnen umfaßt.

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  • 82 Embryologie zur Jahrhundertwende: Siehe Stephen Jay Gould, ‹Ontogeny and Phylogeny›, Cambridge, Mass., 1977. Ein ausgezeichneter historischer Überblick.

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  • 82 Fortgesetzte Beschreibung durch das Lichtmikroskop: Paul Flechsig, ‹Meine myelogenetische Hirnlehre mit biographischer Einleitun›, Berlin 1927; J. Leroy Conel, ‹The Postnatal Development of the Human Cerebral Cortex›, 6 Bände, Cambridge, Mass., 1939–1963; Paul Yakovlev und André Roch-Lecours, ‹Myelogenetic Cycles of the Regional Maturation of the Brain› in ‹Regional Maturation of the Brain in Early Life›, A. Minkowski, Hsgb., Oxford 1967.

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  • 83 Bedenken, was geleistet werden muß: Marcus Jacobsons developmental Neurobiology›, New York 1978, ist das gängige Lehrbuch zur Neuroembryologie.

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  • 84 Funktionen der Myelinscheide: Stephen G. Waxman, ‹Conduction in Myelinated, Unmyelinated and Demyelinated Fibers›, ‹Archives of Neurology› 34, 1977.

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  • 84–85 Tritierte Thymidinmethode: Die Verfolgung der Zellteilung durch schweren Wasserstoff oder Tritium. Tritium ist lediglich die radiochemische Markierung, ein radioaktives Isotop von Wasserstoff, das beim Thymidin eine Rolle spielt, genauso, als wäre es Wasserstoff selbst. Thymidin, einer der Grundstoffe von DNS, und damit ein entscheidender Baustein des Gens, ist das Interessante dabei. Es geht darum, das markierte Thymidin einzuspritzen und das in Entwicklung befindliche Nervensystem des Embryos danach zu untersuchen. Die Markierung findet sich konzentriert in den DNS-gefüllten Kernen mancher Zellen, und es sind diese Zellen, die sich während des Zeitraums kurz nach der Injektion teilen. Der Grund für diese Gewißheit ist ein doppelter: Erstens enthält nur DNS und nicht RNS, der zweite Hauptbestandteil des Zellkerns, Thymidin; zweitens kann ein äußerlich zugeführtes, markiertes Thymidinmolekül nur dann in die DNS — das Gen — gelangen, wenn es von einem DNS-Molekül aufgenommen wird, das entlang seiner Längsachse aufgeplatzt und im Begriff der Reproduktion ist — Basen von der unmittelbaren chemischen Umgebung aufnimmt, um die lange Spirale von Basenpaaren zu bilden. Dieser Prozeß findet nur während der Zellteilung statt; eine Suche nach markierten Nervenzellen einige Monate nach der Injektion erbringt deshalb nur diejenigen, die im Zeitraum unmittelbar nach der Injektion geboren wurden.

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  • 88 Amöbenartige, wandernde Nervenzellen: Solche Bewegungen sind das Ureigentliche am Immunsystem im Körper — etwa die Lymphozyten-, ebenso wie bei den Amöben, so daß ihr Anblick also keine totale Verwunderung hervorruft, sieht man davon ab, daß im Embryo das viel mehr Zellarten leisten können und sie in toto kompliziertere Größenordnungen sind als das Zusammenströmen von Lymphozyten an einer Wunde oder die Annäherung einer Amöbe an ein bedauernswertes Stückchen Einzellerbeute.

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  • 89 Erforschung der chemischen Gradienten: Beispielsweise wurden im Labor von Perry Karfunkel (früher an der biologischen Abteilung am Amherst College, heute praktizierender Mediziner in New York) Zellkulturen dazu benützt, wandernde Zellen mit chemischen Gradienten zu versorgen. Es war bekannt, daß verschiedene Embryozellen an ihren Oberflächen verschiedene Zuckerstoffwechselenzyme haben — ein Beispiel für die vorhin erwähnten genetisch codierten Moleküle der Zelloberfläche. Karfunkel ging davon aus, daß Gradienten komplexer Zucker, die für diese Zelloberflächenenzyme verschiedene Grundlagen liefern, für frühe Zellenwanderung von Bedeutung sein könnten. Er wies tatsächlich nach, daß verschiedene Embryozellen (Herz-und Nervenzellen) verschiedene Wanderungsabläufe über verschiedene darunterliegende Zellschichten in der Petrischale zeigen (die Schichten bestanden aus Nerven-, Herz-oder Gliedmaßzellen, die ebenfalls aus Kükenembryos stammten). Noch wichtiger: Diese Abläufe ließen sich dadurch verändern, daß der darunterliegenden Zellschicht verschiedene komplexe Zucker hinzugefügt wurden.

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  • 89 Wie sich das wachsende Axon bewegt: Diese erste Frage ist provisorisch in einer Reihe von Experimenten und in einem eleganten theoretischen Modell von Dennis Bray am Laboratory of Molecular Biology an der Cambridge University beantwortet worden. Seine Arbeit konzentrierte sich auf den Wachstumskegel, eine komplexe, mikroskopisch kleine Struktur an der Spitze des wachsenden Axons. Er hat eine Reihe von Ähnlichkeiten zwischen der Art, wie der Wachstumskegel hinausgeschoben wird, und der Art, wie Zellen eine Anzahl grundlegender Funktionen ausführen, nachgewiesen oder behauptet. Beispielsweise scheint die Wachstumskegelausdehnung im Prinzip der Bewegung der Zelle ähnlich zu sein. Letztere kann anscheinend konkretes neues Wachstum der Zelle auf einer Seite umfassen, wobei die alten Zellstrukturen auf der anderen Seite absorbiert werden; eine scheinbar unzulängliche, aber trotzdem erfolgreiche Art der Bewegung. Damit der Prozeß sich von Bewegung in Ausdehnung verwandeln kann, ist lediglich erforderlich, daß die Absorption unmittelbar hinter dem Wachstumskegel stattfindet, langsamer als das Wachstum an der Spitze. Der Unterschied kann wettgemacht werden durch den Zellkörper selbst, der Energie und Material für den Bau liefert und sie am Axon entlang zum Wachstumskegel schickt. Ein Teil dieses Materials sind Bläschen — kleine, kugelige Strukturen innerhalb der Zelle, die ähnliche Oberflächen besitzen wie Zellmembranen. Diese werden an der Innenseite der Zellmembran in einem Ablauf entlanggezogen, nicht unähnlich der Anziehung komplexer Proteine, die Grundlage der Muskelkontraktion sind. Wenn die Bläschen die wachsende Spitze erreichen, verschmelzen sie mit der Zellmembran und verlängern die Spitze. Das Axon dehnt sich nicht in der Mitte aus oder fügt dort etwas an, sondern wird langsam an der Spitze verlängert wie eine Eisenbahnstrecke. Dennis Bray, ‹Model for Membrane Movements in the Neural Growth Cone›, ‹Nature› 244, 1973.

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  • 89 Kräfte waren mechanisch: Zu einer Diskussion über diese Theorie, ‹Kontaktleitung› genannt, und des Streits darüber, vergleiche Marcus Jacobson, (Developmental Neurobiology›, New York 1978.

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  • 89–90 Chemische Affinitäten: R. W. Sperry, ‹Chemoaffinity in the Orderly Growth of Nerve Fiber Patterns and Connections›, ‹Proceedings of the National Academy of Sciences›, 50, 1963.

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  • Man muß betonen, daß Chemospezifität nicht auf einer Grundlage Zelle für Zelle stattfindet. Kürzliche Erweiterungen von Sperrys Experimenten über Monate statt Wochen hinweg zeigen beispielsweise folgendes: Wird bei diesen Tieren die Hälfte der Netzhaut entfernt, dann fächert die verbleibende Hälfte ihre Verbindungen schließlich auseinander, um das von der fehlenden Hälfte freigegebene Gebiet im Zentralgehirn zu übernehmen. Das sind falsche Verbindungen im Sinne Sperrys. Die Situation ist offenbar sehr kompliziert. Siehe M. Edds, Jr., Hsgb., ‹Specificity and Plasticity of Retinotectal Connections›, ‹Neuroscience Research Program Bulletin›, 17:2, 1979.

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  • 90 Nachweise zu Gunsten chemischer Markierungen: Solche Regenerationsexperimente bewiesen natürlich nicht, daß der Prozeß, mit dem Axonen im sich normal entwickelnden Embryo ihren Weg finden, ähnlich ist. Vielmehr besteht die Möglichkeit, daß die von Sperry beobachtete Spezifität wechselseitigen Erkennens an zweiter Stelle hinter der Etablierung von Schaltungen steht. Das heißt, Schaltungen stellen sich ursprünglich mechanisch her, beeinflussen einander danach aber chemisch, so daß sie, voneinander getrennt, sich durch Chemospezifität wiederfinden. Neue Untersuchungen von Zellkulturen haben jedoch gezeigt, daß chemische Gefälle sogar in frühen Stadien eine Rolle spielen können. Zum Beispiel ist beim Nervenwachstumsfaktor (‹NGF›), von dem man seit langem wußte, daß er das Wachstum von Nerven durch erhöhte Wachstumsgeschwindigkeit fördert, nachgewiesen worden, daß er auch eine ‹chemotaxische› Wirkung besitzt; das heißt, wenn alle Nervenzellen in einer Kultur mit einem Hintergrundpegel von NGF ausgestattet werden, schicken alle Zellprozesse ihre Wachstumskegel ungefähr mit derselben Geschwindigkeit hinaus, diejenigen in der Nachbarschaft des zusätzlichen NGF zielen jedoch darauf. Wie bei Karfunkels Experimenten über Zellwanderung auf Gradienten komplexer Zucker bringt uns dieser Forschungsweg über die chemische Richtung des Axon-Wachstumsverkehrs einem Verständnis für die Art und Weise näher, wie Gene den Bau von Nervenschaltungen steuern. R. W. Gunderson und J. N. Barrett, (Neuronal Chemotaxis: Chick Dorsal-Root Axons Turn Toward High Concentrations of Nerve Growth Factor›, ‹Science› 206, 1979.

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Konner, M. (1984). Sinn als Gefüge. In: Die unvollkommene Gattung. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6749-8_4

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  • Publisher Name: Birkhäuser, Basel

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