Zusammenfassung
Im Oktober 1956 versammelt sich die internationale Presse in einem Ort namens Windermere in Nordwest-England, vorher wohl nur bekannt durch «Lady Winder-mere’s Fan». Die Journalisten sehen dort zunächst wenig. Der Nebel ist so dicht, daß sie erst zwei Tage später merken, daß ihr Hotel ganz nahe am lieblichen Windermere-See steht. Abends ist es schon recht kühl. In der Hotelhalle brennt der Kamin, mit Kohle beheizt. Die Journalisten müssen zwei Tage warten; dann aber wird Elizabeth II. kommen, freundliche Worte reden und einen Knopf drücken. Der Knopfdruck wird das Atomkraftwerk Calder Hall ans Stromnetz schalten. — Über auf- und absteigende, sich schlängelnde Straßen, eher Feldwege zu nennen, wird die Schar der Journalisten am Tage vorher an die Küste nach Calder Hall fahren, um einen Schnellkursus in Atomenergie und eine Vorbesichtigung des Kraftwerkes zu erleben. Wenn erst die Queen dagewesen ist, wird es nicht mehr viel vom Werk zu sehen geben, dann beginnt ja der offizielle Betrieb. Eine schier endlose Folge von Zahlen und Informationen regnet auf die Presse herab. Calder Hall ist ein Natur-Uran-Kraftwerk, als Moderator ist im Reaktor Graphit, die Brennstoff-Elemente sind ca. 1 Meter lang. Im Reaktor stehen sie in mehreren Schichten übereinander, Flossen an den Seiten sollen die Wärme ableiten. Durch die Rohre mit den Brennelementen wird Kohlendioxid gepumpt, das die entstehende Wärme an einen «Wärmeaustauscher» weitergibt. Es ist ein geschlossener Kohlendioxid-Kreislauf. Vom Wärmeaustauscher wird die Wärme zu den Kesseln weitertransportiert, der dort entstehende Dampf treibt Turbinen, die Turbinen drehen große Dynamos — und dann geht der Strom ins Netz.
Die Angst vor einem Atombombenkrieg ist so widerliche Allgegenwart, daß wir sie verdrängen, um weiterleben zu können. Wozu aber sonst Atomenergie verwenden? Es ist traurig, doch genaugenom-men dient Atomenergie fast ausschließlich zur Beheizung von Dampfkesseln. Ob das vorteilhafter als die Beheizung mit Erdöl und Kohle ist, darüber läßt sich diskutieren. Jedenfalls verseucht «Atomasche» bereits weite Landstriche und schafft mehr Unruhe als alle anderen Müllkippen.
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Boschke, F.L. (1988). Kernenergie für Herrn Jedermann. In: Kernenergie. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6683-5_14
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