Zusammenfassung
Modeerscheinungen kommen auch in der modernen Wissenschaft vor, die zu wissen vorgibt, wie die Geschichte der menschlichen Natur aussah. In den 60er und frühen 70er Jahren behaupteten Autoren wie Konrad Lorenz («Das sogenannte Böse») oder Robert Ardrey («The Territorial Imperative»), gewaltsame und kriegerische Handlungen einzelner Arten bewiesen, daß der Mensch einen angeborenen Aggressionstrieb besitzt; dieser sei wiederum als Schutzmaßnahme der Natur entstanden, damit deren Ressourcen nicht zu stark ausgebeutet werden. Die modernen Menschen hätten demnach die Veranlagung geerbt, um Sexualpartner und Lebensräume kämpfen zu müssen.
Komm heraus, mein lieber Feind, komm, wir wollen kämpfen heut, bring auch deine Doggenmeute, fall in meinen Stacheldraht, rutsch auf meinem Messerblatt in den Folterkeller ab.
Dann sind wir munt’re Feindesleut’ für heute, morgen, allezeit
Kinderlied (1990) [1]
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Anmerkungen
Dieses Lied zum Mitklatschen wurde von Lauren Gage (6 Jahre) vorgetragen.
Das Thema wird ausgezeichnet bei Meredith Small dargestellt; besonders informativ ist die Einleitung, die Jane Lancaster verfaßt hat. Small, M. (Hrsg.): Female Primates: Studies by Women Primatologists. Alan R. Liss, New York (1984).
Dieser Gedanke stammt von Sarah Baffer Hrdy, deren Arbeiten häufig leider nicht bei Untersuchungen über Frauen zitiert werden. Blaff er Hrdy, S.: The Woman That Never Evolved. Harvard University Press, Cam- brigde (1981).
Die in diesem Abschnitt geschilderten Fakten stammen überwiegend aus Jane Goodalls Buch über Schimpansen; siehe Goodall, J.: The Chimpanzees of Gombe, Patterns of Behavior. Belknap Press, Cambrigde (1986).
a.a.O., Seite 272.
Waal de, F.: Peacemaking Among Primates. Harvard University Press, Cambrigde (1989).
a.a.O., Seite 65–66.
a.a.O., Seite 238–239.
Vermutlich kann ich diesen Satz nicht zuende bringen, ohne schon die ersten Einwände der Verfechter der Milieutheorie vernehmen zu müssen. Anscheinend sind die Vertreter der zweiten Schimpansenart, die Zwergschimpansen oder Bonobos, von Natur aus sehr friedlich; doch glaubte man das bis vor zehn Jahren auch von ihren Vettern, den großen Schimpansen - wie auch de Waal im zitierten Buch (Anmerkung 6, Kapitel 9) auf Seite 221 erwähnt. Bisher hat man die Bonobos kaum untersucht; und darüber hinaus fehlen vielen Zwergschimpansen Finger, Zehen oder gar eine Hand, was de Waal als Spuren aggressiver Verhaltensweisen wertet.
Knauft, B.M.: Reconsidering violence in simple human societies. Current Anthropology 28, 457–500 (1987).
a.a.O., 466.
verabschiedeten die Mitglieder der American Anthropological Association (AAA) auf ihrer Geschäftstagung einstimmig einen Resolutionsvorschlag, in dem als Nachtrag das «Sevilla-Memorandum zum Thema Gewalt und Aggressionen» aufgenommen wurde. Dieses Memorandum wurde von einem Komittee aufgestellt, das sich aus Wissenschaftlern verschiedener Nationen und Fachrichtungen zusammensetzte; diese Sitzung, als deren Sponsor der spanische Nationalausschuß der UNESCO auftrat, fand am 16. Mai 1986 statt. Auszugsweise heißt es im Resolutionsvorschlag der AAA: Die Vorschläge lauten: Die Behauptung, der Mensch habe die Veranlagung, Kriege zu führen, von seinen Tiervorfahren geerbt, ist wissenschaftlich nicht korrekt. Ferner ist auch die Behauptung, Krieg oder andere Gewaltakte seien genetisch im Menschen vorprogrammiert, wissenschaftlich nicht korrekt. Die Behauptung, im Laufe der menschlichen Evolution sei die Selektion für aggressives Verhalten stärker gewesen als für andere Verhaltensformen, ist wissenschaftlich ebenfalls nicht korrekt. Wissenschaftlich nicht korrekt ist auch die Behauptung, der Mensch besitze ein «gewaltsames Gehirn». Ferner ist auch die Behauptung, Krieg werde durch «den Instinkt» oder eine andere einzelne Motivation ausgelöst, wissenschaftlich nicht haltbar. Das «Memorandum zum Thema Gewalt und Aggressionen» stellt fest, daß die Menschheit nicht zum Krieg verdammt ist, sondern im Gegenteil befähigt ist, genausogut in den Frieden zu investieren. Aufgrund des weit verbreiteten Pessimismus bezüglich der Möglichkeiten, zwischenmenschliche Aggressionshandlungen abzubauen bzw. gewaltfreie Alternativen für kriegerische Handlungen zu entwickeln, begrüßt das Memorandum die Verbreitung dieser Gedanken und Diskussionsanregungen gleich welcher Herkunft. Jedermann, nicht nur die Anthropologen, sind aufgefordert zu überdenken, in wieweit sie in ihrer jeweiligen Rolle als Lehrer, Forscher; Berater und Staatsbürger, das «Sevilla-Memorandum» anwenden bzw. seine Anwendung erweitern können. In der anschließenden Abstimmung per Briefwahl stimmten alle Mitglieder des AAA der Resolution zu. Ich stimmte ihr allerdings nicht zu, da sie in ihrer Intention sicherlich sehr nobel, in einigen Punkten jedoch nicht korrekt ist: So ist die erste Behauptung vermutlich falsch, und weiterhin wurden die Thesen 2 bis 4 noch nicht ausreichend getestet, als daß man entscheiden könnte, ob eine Aussage wissenschaftlich korrekt ist oder nicht. (Der 5. Vorschlag scheint jedoch zuzutreffen.) Die Resolution des AAA spiegelt die momentane Auffassung unter den Sozio- anthropologen wider, insbesondere deren große Furcht, der Mensch sei biologisch auf ein aggressives Verhalten vorprogrammiert. Selbstverständlich vermuten viele naturwissenschaftliche Anthropologen (ich selbst inbegriffen) das Gegenteil. Sollten wir Recht behalten, so könnte keine Resolution irgendetwas daran verändern; Veränderungen können nur eintreten, wenn wir verstehen, den Tatsachen ins Auge sehen, sie akzeptieren können und damit umgehen lernen. Ironischerweise führte dieser seit längerem bestehende, beispielhafte Streit zwischen den einzelnen Disziplinen der Anthropologie zu einem aggressiv und emotional geführten akademischen Gedankenaustausch. Obgleich die Thematik «Natur oder Milieu» für viele Anthropologen und andere Sozialwissenschaftler ein rotes Tuch darstellt, basiert sie eigentlich nur auf einer falsch verstandenen Dichotomie. Denn im Prinzip ist der Mensch auf die Dualität von Natur und Milieu angewiesen: Das eine kann nicht ohne das andere existieren. Jede anders lautende Argumentaion ist deshalb nur als kindisch zu bezeichnen.
Daly, M., und M. Wilson: Homicide. Aldine de Gruyter, New York (1988).
a.a.O., Seite 24.
a.a.O., Seite 128.
Obwohl sich dieser Abschnitt wie eine düstere Science-Fiction-Story liest, entspricht sie der Realität. Inhaltlich stammt das meiste aus Stevan Emersons Titelgeschichte, die am 7. August 1989 unter der Überschrift «America’s Dooms- day Project (Amerika am Jüngsten Tag)» in der Zeitschrift US News and World Report erschienen ist.
Die geschilderte Informationen stammen aus einem Artikel, den Robert C. Toth von der Los Angeles Times verfaßte und der am 23. Juli 1989 in der Sunday Times Union in Albany (New York) veröffentlicht wurde.
Die Informationen sind aus einem Artikel für die Los Angeles Times, der am 11. Februar 1990 in der Sunday Times Union in Albany (New York) abgedruckt wurde.
Zumindest gibt es in Colonel Harry G. Summers junior einen Militärexperten, der behauptet, «das Zeitalter des Atomkrieges sei vorüber.» (So behauptet Summers jedenfalls in dem Artikel «How to be the World’s Policeman», der im New York Times Magazine vom 19. Mai 1991 erschienen ist.) Nach seiner Auffassung sind Atomwaffen keine kriegerischen Waffen, sondern dienen nur als Abschreckung, damit der Gegner die eigenen Waffen nicht verwendet. Da die Supermächte, um abschreckend zu wirken, nicht «abertausende von Nuklearsprengköpfen» horten müssen, folgert Summers, daß die Anzahl der Atomwaffen stark abgebaut und folglich auch die von ihnen ausgehende Bedrohung geringer werde. Ferner glaubt Summers, daß die USA im Bereich der konventionellen Waffen aufrüsten sollten. Trotz seines Optimismus, daß von Atomwaffen nun keine Bedrohung mehr ausgeht, gesteht Summers ein, daß folgende neun Länder im Besitz der Atombombe sind: die USA, die (damals noch bestehende) Sowjetunion, China, Großbritannien, Frankreich, Indien, Israel, Pakistan und Südafrika.
Das amerikanische Repräsentantenhaus handelte nicht sehr überlegt, als es im Budget der NASA für das Jahre 1991 sämtliche Geldmittel strich, mit denen die Erforschung extraterrestrischer Formen der Intelligenz (SETI) finanziert werden sollte. Glücklicherweise wurden die Gelder doch noch bewilligt. Wie aus einem Bericht Richard Kerrs in der Zeitschrift Nature hervorgeht, kann die heutige Technologie «zu einem spottbilligen Preis» ein Gerät entwickeln, das 20 Millionen verschiedene Radiokanäle überwachen kann. Sicherlich würde das Wissen um tatsächliche außerirdische Lebensformen den Lauf der terrestrischen Einigungsprozesse nicht beeinträchtigen. Siehe hierzu: Kerr, R.: Nature 249,249–250 (1990)
Goodall, J. (Anmerkung 4, Kapitel 9), Seite 534
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Falk, D. (1994). Brainwar oder Choreographie des Krieges. In: Braindance oder Warum Schimpansen nicht steppen können. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6181-6_10
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