Zusammenfassung
Die um das Revolutionsjahr 1848 an Gotthelf gerichteten Briefe Springers sind nicht nur Zeugnisse für das Engagement und die direkte Verwicklung des Verlegers in die Märzereignisse in Berlin, sie werfen auch die Frage nach der politischen Richtung der beiden Partner auf. Dabei scheint die Antwort bald und leicht ausgemacht: Springer war ein Achtundvierziger, er begrüßte die Revolution als den Anbruch einer besseren Zeit: «Gebrochen ist der Militär-Staat, der Bürger-Staat wird sich organisieren, gebe Gott mit Verstand und Ruhe!« «Es ist eine große, ganz neue Zeit, in der wir leben; es ändern sich alle Verhältnisse und Beziehungen der Menschen im Staatenverbande, wir sind in der größten Revolution, welche menschliche Verhältnisse bisher erfahren…» Springer müßte demnach als «liberal», «radikal» und «deutsch-national» eingestuft werden — was an der Oberfläche auch zutreffen mag. Da Gotthelf die Aktivitäten der 1846–50 amtierenden radikalen Regierung, die er auch als «Antichrist» (7:237) bezeichnete, heftig bekämpfte, bietet sich Gottfried Kellers Etikette an: «Er gehört der konservativen Partei des Kantons Bern an, welche schon seit mehreren Jahren gründlich in Ruhestand versetzt ist.»
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Literatur
Huber Co.: Buchhandlung in Bern, die von Johann Koerber geführt wurde.
Zirkular: Werbe- und Informationsprospekt des «Allgemeinen deutschen Volksschriftenvereins» und der «Allgemeinen deutschen Volksbibliothek».
Lehrer Schmidt: Ferdinand Schmidt; s. Einleitung zum 4. Kapitel. Vgl. ferner die durchweg beschönigende Darstellung von Gotthelfs Tochter Henriette: «Mit pietätvollster Schonung wurden die betreffenden Werke von einem warmen Verehrer des Dichters, Herrn Ferdinand Schmidt in Berlin, durchgesehen und die nicht mehr zeitgemäßen politischen Auslassungen abgekürzt oder ausgemerzt, da sie oft mit dem Vorhergegangenen und Nachfolgenden außer allem Zusammenhang stehen und uns den Eindruck des Ganzen trüben. Es war gleichsam ein Wetterleuchten seines Geistes, während sein dichterisches Gemüt die lieblichsten Bilder, die herrlichsten Charaktere schuf, die wie Sterne durch nächtliches Dunkel glänzen» (Muschg, S. 55).
Nieritz’schen, Auerbach’schen: s. die Anmerkungen 2,7 und 4,6.
Elsässische Blätter: In den «Elsässischen Neujahrsblättern für 1847», verlegt bei der Schweighauserschen Buchhandlung in Basel, erschien Gotthelfs Erzählung Der Besuch auf dem Lande,ein Stück aus dem nicht publizierten Roman Herr Esau.
Bübchen: Gotthelfs Sohn Albert Bitzius (1835–1882). Tänzerin:vgl. im Brief vom i. 11.46 an Hagenbach: «Gestern hatte ich eine herzliche Freude. Mein Bub war an seinem ersten Ball, ein deutscher Schlingel von Musiklehrer nahm ihm sein Mädchen weg und tanzte mit ihm, und mein Bube lief hinten drein und schrie ihm Schelm, Schelm nach. Wäre er zwanzig Jahre statt elf gewesen, so hätte er ihn geprügelt und das Mädchen wieder erobert. Zum Erobern muß es wieder kommen, Kraft muß uns aus dem Sumpfe ziehen, in welchen uns Lavieren, Tolerieren, Konzessionieren gebracht hat, aber keine brutale Kraft, sondern allerdings eine intelligente, d. h. eine solche, welche weiß, daß jedes Ding seine Zeit hat, die Feder ihre Zeit hat und die Faust ihre Zeit hat. Zweihundert entschlossene Männer werfen in Bern die Regierung in die Aare, und wäre nicht in Basel 200 Männern ähnliches möglich, der Rhein ist ebenfalls nicht weit» (6:324).
mit Langlois eingelassen: mit einem an diesen gesandten Artikel für den «Berner Volksfreund» (s. 6:30f.).
Zustände Ihres Kantons: 1846–1850 hatte der Kanton Bern eine radikale Regierung, das sogenannte “Freischarenregiment”, mit der Gotthelf auf Kriegsfuß stand. Zur «gereizten Stimmung« vgl. das Zitat in Anmerkung 6. Vgl. ferner das sehr lesenswerte Buch von Richard Feller: Berns Verfassungskämpfe 1846,Bern 1948.
Partei des Sonderbundes: Anhänger der konservativen Kantone Luzern, Uri, Unterwalden, Zug, Fribourg und Wallis, die sich 1845 zu einer Schutzvereinigung zusammengeschlossen hatten. Von seinen Feinden wurde der Sonderbund als reaktionär, jesuitisch, papistisch hingestellt.
Springers ältester Sohn wurde Buchhändler, seit 1872 Teilhaber, 1877 Nachfolger seines Vaters.
«in dem Strom der Welt»: Goethe, Torquato Tasso,I,2.
Kriege in Ihrem Vaterlande: der Sonderbundskrieg im November und Dezember 1847. Gotthelf nannte in einem Brief an Fröhlich vom 28.12.48 Uli den Pächter «ein Sonderbunds-kind, in Zorn und Weh geboren, aber auch ein Ableiter von Zorn und Weh, eine Art Blitzableiter«.
Ihr Bube: s. Anmerkung 6.
Erzählung, die noch zum Joggeli gehört: Harzer Hans, auch ein Erbvetter.
Sammlung der Volksschriften: «Allgemeine deutsche Volksbibliothek« von Simion und Springer.
Schickler: Gebrüder Schickler, Bankhaus in Berlin.
kleines Mädchen: Antonie Springer (1848–1862).
«Notar Stößli»: die Erzählung Der Notar in der Falle erschien in den «Elsässischen Neujahrsblättern für 1848«.
Frau Birch-Pfeiffer: Charlotte Birch-Pfeiffer (1800–1868), Schauspielerin, Verfasserin von Theaterstücken, dramatisierte bekannte Romane wie Victor Hugos Notre Dame de Paris und Auerbachs Die Frau Professorin,aus dem ein Werk mit dem Titel Stadt und Land wurde.
Vertreibung Louis Philipps: Sturz des Bürgerkönigs und damit der Monarchie in Frankreich zu Beginn der Februarrevolution am 24.2.1848.
18. März: Märzrevolution in Berlin, Unruhen und Straßenkämpfe. Die Truppen verlassen auf Befehl des Königs ihre Stellungen und marschieren aus der Stadt. Bildung einer Bürgerwehr zum Schutze des Schlosses und zur Aufrechterhaltung der Ordnung. Amnestie für alle politischen Vergehen.
als freier Bürger: Marie Springer in der Lebensskizze: «Es kam die Zeit der Bürgerwehr, hochkomischen Angedenkens, wo wir nachts alarmiert wurden und ich Kaffee kochte und ihn nach der Spittelmarktwache schickte, wo mein Mann, der keine Ahnung vom Militärdienst hatte, als Zugführer mit dem Kavalleriesäbel meines seligen Vaters figurierte« (S. 27).
Johann Heinrich Meyer: (1802–1877), Kupferstecher und Lithograph in Zürich.
Corrodische Fabeln: Wilhelm Corrodi (1798–1866), Pfarrer, Verfasser von Kinderbüchern. Seine Acht Fabeln für Kinder und Fünfzig Fabeln und Bilder aus der Jugendzeit,beide Zürich 1840, wurden von Meyer illustriert.
Dietler: Johann Friedrich Dietler (1804–1874), Porträt-und Genremaler. Porträtierte 1844 Gotthelf und schuf damit das bekannteste Bild des Dichters, das heute in der Berner Burgerbibliothek hängt.
Theodor Hosemann: (1807–1875), Maler, Graphiker, Buchillustrator (u. a. E.T.A. Hoffmann, Uli der Knecht, Uli der Pächter).
Kapitelsversammlung: Wahl Gotthelfs zum Präsidenten des Kantonalpfarrvereins.
das kalte Fieber: Malaria.
Herrn Koerber in Bern: s. Anmerkung i.
Belagerungszustand: Am 10.1 1.48 marschierten die Truppen, die Berlin am 18.3. verlassen hatten, wieder in die Stadt ein. Am 12.11. Verhängung des Belagerungszustands, am 14.11. des Kriegsrechts, am 5.12. Staatsstreich durch oktroyierte Verfassung.
Protégé Ihres Gewerbesvereins: Der 1843 gegründete Schweizerische Gewerbeverein eröffnete in den vierziger Jahren eine Sektion in Burgdorf.
Mayer/«Dr. Dornbach der Wühler»: Im September 1847 hatte der Leipziger Verleger Gustav Mayer Kontakt mit Gotthelf aufgenommen und ihn durch das Handbuch für Wühler oder kurzgefaßte Anleitung, in wenig Tagen ein Volksmann zu werden, von Peter Struwwel, Demagog zu der Erzählung Doktor Dorbach der Wühler angeregt. Peter Struwwel ist Heinrich Hoffmann (1809–1894), der Verfasser des Struwwelpeter. Die Figur des Dr. Dorbach wurde von Fritz Huber-Renfer als Dr. Carl Friedrich Borberg identifiziert (s. Juker/Martorelli S 718).
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© 1992 Springer Basel AG
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Holl, H.P. (1992). «…Inmitten dieser Zeit, in welcher eben niemand Bücher kauft…» Briefe 1847–1849. In: Holl, H.P. (eds) Julius Springer und Jeremias Gotthelf. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5730-7_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5730-7_5
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