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Sprachen für Computer und für Menschen

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Book cover Mindstorms
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Zusammenfassung

Die Tausendfüßlergeschichte ist beunruhigend. Wir glauben für gewöhnlich, daß Denken und Verstehen per Definition gute Dinge sind und daß sie insbesondere beim Lernen nützlich sind. Aber der Tausendfüßler kam zu Schaden, als er über seine eigene Handlungsweise nachdachte. Könnte uns dasselbe passieren? Heißt das, daß wir aufhören sollten, über uns selbst nachzudenken? Tatsächlich ist in unserer «rationalen» Kultur die Meinung weit verbreitet, daß Denken das Handeln behindert, sogar daß Denken das Lernen behindert. Über das Fahrradfahrenlernen reden wir gewöhnlich so: «Versuch’s immer wieder — eines Tages wirst du’s’ raushaben» das ist ein elterlicher Standardrat für Kinder, die sich mit dem Zweirad abmühen.

Der Tausendfüßler war glücklich sehr Bis die Kröte zum Spaß Fragt’: Welches folgt denn welchem Bein? Das stürzt’ seinen Geist in solche Pein Er lag verwirrt am Wiesenrain Überm Denken das Laufen vergaß

Anonymus

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Literatur

  1. Hier suche ich einen kleinen Streit mit Jerry Bruner. Aber ich teile viele seiner Ansichten, nicht nur bezüglich Sprache und Handlung, sondern auch bezüglich der Beziehung von kulturellen Materialien und Unterricht zum Lernen. Die systematische Meinungsverschiedenheit zwischen uns tritt am deutlichsten hervor, wenn man unsere jeweiligen Herangehensweisen an mathematische Erziehung vergleicht. Bruner nimmt als Psychologe Mathematik als eine gegebene Größe und betrachtet, auf seine besondere, fruchtbare Weise, die Lern-und Lehrprozesse. Ich versuche, eine lernbare Mathematik zu machen. Ich glaube, etwas Ähnliches trennt uns im Bereich der Sprache und der Kultur und führt uns zu unterschiedlichen Paradigmen für eine «Theorie des Lernens». Vgl. J. S. Bruner, Entwurf einer Unterrichtstheorie (Berlin, Pädag. Verlag Schwann, 1974)

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  2. J. S. Bruner et al.: Studien zur kognitiven Entwicklung (Stuttgart, Klett/Gotta, 1971).

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  3. Die systematischste Untersuchung findet sich in H. Austin, «A Computational Theory of Physical Skill» (Ph. D.-Arbeit, MIT, 1976).

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  4. Diese Verfahren bewirken eine weitere Erweiterung unserer Vorstellung vom Programmieren. Sie können simultan laufen, «parallel». Eine Vorstellung vom Programmieren, die diese Erweiterung nicht aufnimmt, hat die Verbindung zur modernen Welt der Computertechnik völlig verloren. Und ein Kind, das nur aufeinanderfolgende Programme durchführen darf, ist einer Quelle der praktischen und begrifflichen Befähigung beraubt. Dieser Verlust wird spürbar, sobald das Kind versucht, Bewegung in ein Programm zu bringen.

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  5. Angenommen, ein Kind möchte auf dem Computerbildschirm einen Film mit drei getrennten beweglichen Objekten produzieren. Der «natürliche» Weg dahin wäre, für jedes Objekt eine separate Prozedur zu machen und die drei in Bewegung zu setzen. «Sequentielle» Computersysteme erfordern einen weniger logischen Weg. Im typischen Fall würden die Bewegungen jedes Objekts in Schritte aufgesplittert, und eine Prozedur müßte geschaffen werden, das einen Schritt jeder Bewegung in zyklischer Reihenfolge durchführt.

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  6. Das Beispiel zeigt zwei Gründe, warum ein Computersystem für Kinder parallele Berechnungen oder «Vielfach-Verarbeitung» ermöglichen sollte. Erstens: Von einem instrumenteilen Standpunkt aus macht Vielfach-Verarbeitung komplexe Programmsysteme einfacher und begrifflich klarer. «Sequentielles» Programmieren bricht Prozedurblöcke auf, die ganz bleiben sollten. Zweitens: Als Lernmodell bewirkt das sequentielle Programmieren etwas Schlimmeres: Es verrät das Prinzip der Modularität und schließt wirklich strukturiertes Programmieren von vornherein aus. Das Kind sollte in der Lage sein, jede Bewegung einzeln aufzubauen, auszuprobieren, zu debuggen und zu wissen, daß sie als Teil des größeren Systems funktionieren (oder beinah funktionieren) wird.

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  7. Vielfach-Verarbeitung stellt höhere Ansprüche an die Computertechnik als einfache sequentielle Verarbeitung. Keiner der normalerweise in Schulen und Haushalten zur Verfügung stehenden Computer ist dafür leistungsstark genug. Frühe LOGO-Systeme waren «rein sequentiell». Neuere ermöglichen einge-schränkte Formen der Vielfach-Verarbeitung (z.B. die weiter unten in diesem Kapitel beschriebenen WENN DÄMONE), die zugeschnitten sind auf das Programmieren von dynamischen Graphiken, Spielen und Musik. Die Entwicklung einer viel weniger restriktiven Vielfach-Verarbeitungs-Sprache für Kinder ist z.Z. ein Hauptziel der Forschung der MIT-LOGO-Gruppe. Bei dieser Arbeit stützen wir uns stark auf Ideen, die in Alan Kays SMALLTALK-Sprache entwikkel wurden, auf Carl Hewitts Konzeption der «ACTOR»-Sprachen und auf die Minsky-Papertsche «Society Theory of Mind». Aber die solchen Systemen inhärenten technischen Probleme sind noch nicht ganz erfaßt und erfordern eventuell eine Reihe weiterer Forschungen, bevor ein Konsens über den richtigen Weg (oder die richtigen Wege), ein wirklich gutes Vielfach-Verarbeitungssystem für Kinder zu erreichen, entsteht.

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Papert, S. (1982). Sprachen für Computer und für Menschen. In: Mindstorms. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5357-6_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5357-6_5

  • Publisher Name: Birkhäuser, Basel

  • Print ISBN: 978-3-0348-5358-3

  • Online ISBN: 978-3-0348-5357-6

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